Terror und Performance

Die Performance der RAF in historischer, kultureller und medialer Hinsicht


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2005

26 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Die Geschichte der Roten Armee Fraktion
1.1 Die erste Generation der RAF
1.2 Die zweite Generation
1.3 Die dritte Generation
1.4 Das Ende des RAF Terrors

2. Die historische Performance der RAF
2.1 Schnelle und teure Autos
2.2 Das äußere Escheinungsbild

3. Die kulturelle Performance der RAF
3.1 Die RAF-Ausstellung in Berlin
3.1.1 Ulrike Meinhof als Kunstobjekt
3.1.2 Terrorismus meets Performance
3.2. Das RAF Symbol

4. Die mediale Performance der RAF
4.1 Die RAF im auf der Leinwand
4.1.1 Das Todesspiel
4.1.2 Black Box BRD
4.1.3 Deutschland im Herbst
4.2 Die RAF im Hörfunk

5. Epilog

6. Appendix
6.1 Bibliographie:
6.2 Internet:
6.3 Filmographie:
6.4 Abbildungsverzeichnis:

Prolog

Deutschland im Herbst:

„Bis in die neunziger Jahre wird das Land erschüttert von der Machtprobe zwischen Staat und Rote Armee Fraktion. Die Gesellschaft ist zerrissen, die Staatsmacht verfolgt ihre Kritiker.“[1]

Deutschland erlebte in den Siebzigerjahren eine Welle des Terrors, den die Bundesrepublik Deutschland bis dato nicht kannte. Dieser Terror bzw. Terrorismus ging von einer kleiner Gruppe aus, die sich selbst die „Rote Armee Fraktion“ nannte. Ihr oberstes Ziel war die Auflehnung gegen Imperialismus und Kapitalismus.

Die Mitglieder riefen damals gemäß dem Konzept der Stadtguerilla zum bewaffneten Kampf gegen die „Gewalt der Herrschenden“, also Regierung der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Wirtschaftsbosse, auf. Um auf sich und ihre politischen Ziele aufmerksam zu machen, dienten ihnen Sabotageakte und Mordanschläge, was ihnen nicht nur eine Medienpräsenz, sondern auch das Prädikat zwielichtiger Berühmtheit im Volk einbrachte. Um im Gespräch zu bleiben, war eine stetige „Zusammenarbeit“ zwischen den Medien und den Terroristen nötig, wobei besonders das Fernsehen „half“, den Bundesbürgern ein Bild von den Aktionen zu vermitteln. Je berühmter das Opfer, desto größer das Medienecho und die Promotion, daher fielen der RAF unter anderem auch Alfred Herrhausen, Vorstandsvorsitzender der deutschen Bank, und Hanns Martin Schleyer, der Arbeitgeberpräsident – auf die in dieser Arbeit noch näher eingegangen wird – zum Opfer.

Heute – über 25 Jahre später – ist die RAF zu einem globalen Kult mutiert. Andreas Baader und Ulrike Meinhof sind die Stars einer neuen Popkultur geworden. Das Terroremblem der RAF ist heute auf vielen Kleidungsstücken, Aufklebern etc. zu finden.

Man stellt sich also die Frage, wieso die RAF medial und kulturell wiederbelebt wurde. In Berlin findet sogar eine Ausstellung zu dem Thema RAF mit dem Titel „Zur Vorstellung des Terrors“ statt. Ein Kapitel dieser Seminararbeit wird sich auch mit dieser interessanten Ausstellung beschäftigen, wobei die Strategien der medienpolitischen Inszenierung aus künstlerischer Sichtweise unter die Lupe genommen werden. Welcher Mythos geht nun von dieser Terrororganisation aus, wenn sich dutzende Bücher, Filme und Songtexte mit ihr beschäftigen?

Diese Arbeit über die Rote Armee Fraktion beleuchtet vor allem die Aspekte der Performance. Dabei muss aber dezidiert zwischen historischer, kultureller und medialer Performance unterschieden werden.

Die historische Performance steht für die direkte, blutig-realistische Aktion der Terroristen zu ihrer Zeit. Kulturelle und mediale Performance hingegen sind unter anderen Blickwinkeln zu beachten: Sie bedienen sich zwar des Terrorismus und der großen Gefühle, die dahinter stehen, werden aber subtil für bestimmte Zwecke genutzt. Diese indirekte Performance ist besonders spannend und bis heute aktuell, daher macht sie einen Großteil dieser Arbeit aus und wird zusätzlich mit Filmanalysen belegt, denen besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Bereits im ersten Kapitel dieser Forschungsarbeit stellt sich die grundlegendste Frage überhaupt: Was sagen uns die Begriffe „Terrorismus“ und „Performance“, wie werden diese definiert?

Die Wurzeln des Terrorismus gehen auf das politische Vokabular der Französischen Revolution zurück:

Beim Terrorismus handelt es sich um eine politische Strategie von Gruppen, die nicht an der Macht sind und den Umsturz der bestehenden politischen Ordnung anstreben – und zwar durch den zielgerichteten Einsatz von Gewalt. Terroristen wollen Angst und Schrecken verbreiten – sei es, um auf sich aufmerksam zu machen, sei es, um den Staat zu Überreaktionen zu verleiten, sei es um zur Destabilisierung beizutragen. Ziel ist der Sturz des ihnen verhassten politischen Systems.“[2]

Anders als bei „modernen“ Terroristen wurden damals jedoch aus umstürzlerischen Mördern und Dieben Nationalhelden und Befreier vom Joch der Unterdrückung des „falschen“ Herrschaftssystems. Die Wahrheit liegt meist nicht nur im Auge des Betrachters sondern vor allem in jenem der Macht, dass heißt vereinfacht: Wer den politischen Sieg davonträgt, ist der „Gute“ und hat Recht, was wiederum die Opposition in die Rolle des Terrorismus zwängt. Zwischen „Gut und Böse“ zu unterscheiden, ist – gerade unter dem Einfluss von Politik und Medien bzw. deren Verflechtungen – auch heute nicht immer leicht.

Dies leitet bereits zum zweiten wichtigen Punkt dieser Arbeit über – der Performance:

Seit dem Ende der 1960er Jahre gebräuchliche Bezeichnung für die gestisch-theatralische Aktion eines Künstlers, bei der das Publikum im Gegensatz zum Happening nur zusieht und nicht einbezogen wird.“[3]

Bezeichnender Weise verschmelzen bei den meisten Terroraktionen – wie auch das Beispiel RAF zeigt – Opfer und Täter in einem grausam theatralischen Akt. Anders als in den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts, als sich der Terror der RAF noch real „vor der Haustüre“ der Bevölkerung der BRD abspielte, vermittelt er heute ein eher verklärtes Bild. Der einstige Schrecken ist vergessen, die vermeintlichen Helden aber nicht. Nachahmer, die sich ebenso medienwirksam verkaufen wie seinerzeit die RAF, finden sich aber immer wieder aufs Neue. Heute hält die Al-Kaida die Welt in Atem, und vielleicht hat auch sie – wie die RAF – eines Tages selbst in unseren Breiten ihre Bewunderer…

1. Die Geschichte der Roten Armee Fraktion

Damit die nachfolgenden Kapitel dieser Arbeit richtig interpretiert werden, ist es nötig die Entstehungsgeschichte der RAF etwas zu erläutern.

1.1 Die erste Generation der RAF

Abb. 1: Andreas Baader

Quelle: www.rafinfo.de

Die RAF war eine linksterroristische Gruppe, deren Führer bzw. Initiatoren Andreas Baader (Abb. 1) und Gudrun Ensslin waren. Die Bezeichnung Rote Armee Fraktion tauchte erstmals im Jahre 1975 in einem Schreiben von Ulrike Meinhof auf. Zuvor wurde diese Gruppe allgemein als Baader-Meinhof-Gruppe bezeichnet. Anbei muss man aber bemerken, dass der Name Baader-Meinhof-Gruppe ein Produkt der Medien ist. Wahrscheinlich deshalb, weil sich Ulrike Meinhof im „legalen“ Leben bereits einen Namen als Journalistin gemacht hatte, doch dazu etwas später. Im April 1968 verübten Andreas Baader, Gudrun Ensslin und noch zwei weitere Mitglieder Brandanschläge auf die Kaufhäuser Schneider und Kaufhof in Frankfurt. Bei diesen Anschlägen wurde niemand verletzt, sie dienten nur zu der Zerstörung von materiellen Werten. Die vier Brandstifter wurden bereits einen Tag später festgenommen und zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Aber bereits 14 Monate später – am 13. Juni 1969 – waren die Terroristen wieder auf freiem Fuß. 1970 verübte die Baader-Meinhof-Gruppe verschiedene kleine Aktionen. Die Jagd auf die Gruppe entwickelte sich langsam in der gesamten BRD zur Hysterie.

Auch die Medien pushten des Thema immer weiter hoch, bis es am Höhepunkt hieß: „Bonner Geheimpolizei jagt Staatsfeind Nr. 1: Die Baader-Bande.“[4]

Andreas Baader ging in den Untergrund, wurde aber doch mit Hilfe eines V-Mannes wieder festgenommen. Nun kommt Ulrike Meinhof (Abb. 2), eine Journalistin der ebenfalls linksgerichteten Zeitschrift „konkret“, ins Spiel. In der Mai-Ausgabe von 1968 kommentiert Meinhof die Brandanschläge wie folgt: „Es ist dokumentiert worden, dass es in diesem Land noch Leute gibt, die Terror nicht nur verurteilen, sondern […] bereit sind, Widerstand zu leisten, so dass begriffen werden kann, dass es so nicht weitergeht[5]

Sie plante die Befreiungsaktion von Andreas Baader und nahm auch an derselben teil. Wie bereits oben erwähnt, war Ulrike Meinhof als Journalistin (sie war in den Jahren 1962-1964 Chefredakteurin bei „konkret“) und in diversen Fernsehauftritten den Medien nicht unbekannt. Und da Ihr Name medienwirksamer war als der von Ensslin, konstruierten die Medien die Baader-Meinhof-Gruppe.

Am 14. Mai 1970 wurde Andreas Baader unter der Begleitung von 2 Beamten in das Institut für soziale Fragen gebracht, wo ihn Ulrike Meinhof schon erwartete. Bei der folgenden Befreiungsaktion wurde der Institutsangestellte Georg Linke angeschossen und zwei Beamte in einem kurzen Handgemenge überwältigt. […] Diese Befreiungsaktion wird als die Geburtsstunde der RAF angesehen.“[6]

Als ihr Ziel nannte die RAF meist pauschal die Beseitigung der „faschistischen Grundstruktur des Staates“. Besonders heftige Angriffe der RAF galten der Konsumgesellschaft.

In den Jahren 1971/72 folgte wieder eine Welle des Terrors. Bombenanschläge auf amerikanische militärische Ziele, Polizeistationen und den Springer-Verlag – bei dem es viele Verletzte gab – wurden verübt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Bundeskriminalblatt

Quelle: www.rafinfo.de

Auf diese Bombenanschläge folgte die größte Fahndung in der Geschichte der Deutschen Bundesrepublik (Abb. 3). Im Juni 1972 wurde, durch eine größere Belagerung und durch Tränengaseinsatz der Polizei und des Bundeskriminalamtes, Andreas Baader und Holger Meins verhaftet. Gudrun Ensslin wurde sechs Tage später inhaftiert. Ulrike Meinhof ging am 15. Juni 1972 dem Bundeskriminalamt ins Netz.

Das BKA hatte die erste Runde gegen den Terrorismus gewonnen und die RAF erheblich dezimiert.

Die Gefangenen kamen in Isolationshaft. Um bessere Haftbedingungen zu erzwingen, traten sie mehrmals in Hungerstreik, wobei der Terrorist Holger Meins ums Leben kam. Danach wurden die Sträflinge nach Stammheim überführt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Uneinigkeit über den Tod

Quelle: www.rafinfo.de

Alle wurden zu lebenslanger Haft verurteilt. Ulrike Meinhof beging am 6. Mai 1976 in ihrer Zelle in Stammheim Selbstmord. Sie erhängte sich dort. Nach der Nachricht von ihrem Tod kam es im In- und Ausland zu Gewalttätigkeiten und Protestkundgebungen von Sympathisanten und RAF-Mitgliedern. Die Medien und die RAF bzw. RAF-Gefangene sprachen von gezieltem Mord oder Hinrichtung (Abb. 4). So viel zur ersten Generation der RAF. Doch damit war diese Organisation nicht tot – es folgten neue Gesichter und mit ihnen neuer Terror.

1.2 Die zweite Generation

Der Herbst 1977 stellt den Höhepunkt der Konfrontation zwischen Staat und RAF dar. Der Generalbundesanwalt Siegfried Buback und der Bankier Jürgen Ponto werden ermordet, und der Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer entführt. Zur selben Zeit wird von palästinensischen RAF-Sympathisanten die Lufthansa-Maschine „Landshut“ gekidnapped. Das Ziel: die Gefangenen der ersten Generation zu befreien. Doch die Maschine wurde von einer Spezialeinheit des Bundesgrenzschutzes, den Terroristenjägern GSG9 gestürmt.

Nachdem die Flugzeugentführung gescheitert war und Baader, Ensslin und Jan-Carl Raspe daraufhin Suizid verübten, erschossen die Entführer Hanns-Martin Schleyer und gaben folgende Erklärung ab:

„Wir haben nach 43 Tagen Hanns-Martin Schleyers klägliche und korrupte Existenz beendet. Herr Schmidt, der in seinem Machtkalkül von Anfang an mit Schleyers Tod spekulierte, kann ihn in der Rue Charles Peguy in Mülhausen in einem grünen Audi 100 mit Bad Homburger Kennzeichen abholen […].
Wir werden Schmidt und den ihn unterstützenden Imperialisten nie das vergossene Blut vergessen. Der Kampf hat erst begonnen. Freiheit durch bewaffneten antiimperialistischen Kampf.“[7]

Am Ende des Jahres sind die bekanntesten Protagonisten der ersten RAF-Generation tot. Anfang der achtziger Jahre wird ein Großteil der zweiten RAF-Generation verhaftet.

[...]


[1] Black Box BRD – Ein Film von Andres Veiel. http://www.black-box-brd.de/inhalt.html Zugriff: 07. 05. 2005

[2] Terrorismusdefinition. In: Onlinelexika: http://www.wissen.de Zugriff : 28. 03. 2005

[3] Performancedefinition. In: Onlinelexika: http://www.wissen.de Zugriff: 28. 03. 2005

[4] Rafinfo. Die Geschichte der RAF. http://www.rafinfo.de/hist/kap05.php Zugriff: 10.05.2005

[5] Terrorismus in der Bundesrepublik. http://geschichtsverein-koengen.de/Terrorismus.htm Zugriff: 09.06.2005

[6] Rafinfo. Die Geschichte der RAF. http://www.rafinfo.de/hist/kap04.php Zugriff: 10.06.2005

[7] Rafinfo. Die Geschichte der RAF. http://www.rafinfo.de/hist/kap10.php Zugriff:18.05.2005

Fin de l'extrait de 26 pages

Résumé des informations

Titre
Terror und Performance
Sous-titre
Die Performance der RAF in historischer, kultureller und medialer Hinsicht
Université
University of Vienna  (Film- und Medienwissenschaft)
Cours
Forschungsseminar zur Film- und Medienwissenschaft
Note
2,0
Auteur
Année
2005
Pages
26
N° de catalogue
V122375
ISBN (ebook)
9783640275878
ISBN (Livre)
9783640276097
Taille d'un fichier
997 KB
Langue
allemand
Mots clés
Terror, Performance, Forschungsseminar, Film-, Medienwissenschaft
Citation du texte
Jürgen Alfred Eder (Auteur), 2005, Terror und Performance, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122375

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