Die Auseinandersetzung mit der Bildungs- und Unterrichtstheorie Wilhelm von Humboldts (1767-1835) und Johann Friedrich Herbarts (1776-1841) ist von hochbedeutender Thematik, begründet durch eine fühlbare Kongruenz des gegenwärtigen Zeitgeistes mit der Epoche des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts. Die Konkordanz zwischen diesen beiden Zeiträumen findet in der Parole des „Nützlichkeitsdenkens“ ihre begriffliche Bestimmung. Dieses Denken kennzeichnet die Zeit überdauernd zentrale Bereiche des menschlichen Zusammenlebens.
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war der Philanthro- pismus die vorherrschende Denkrichtung im Erziehungswesen. Die Philanthropen, zu deren bekanntesten Vertretern Johann Bernhard Basedow, Johann Heinrich Campe, Christian Gotthilf Salzmann, Ernst Christian Trapp und Peter Villaume zählen, setzten als Ziel der Erziehung die Vervoll- kommnung des Einzelnen fest. Unter Vervollkommnung wurde die Abrichtung des Menschen zu seiner gesellschaftlichen Brauchbarkeit verstanden. Dies war der Trend der Zeit. Nur zeigte sich dieser „so offensichtliche Fort- schritt (…) in Wahrheit als ein immer zweckmäßigeres Einfügen in den Funktionszusammenhang der staatlichen und gesellschaftlichen Maschinerie“1. Gegenwärtig wird diese Maschinerie, würde man wenn auch nicht ganz zutreffend das Erziehungswesen der Philanthropen mit der heutigen Form der Schule gleichsetzen, von der OECD bzw. PISA bedient. „Was zählt ist die Gegenwart und die in ihr sich stellenden Möglichkeiten für eine ‚Gewinnbringende„ Zukunft. Die Richtung und die Prioritäten bestimmen immer ungenierter die OECD und ihre Gefolgsleute“2.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Die Bildungstheorie Wilhelm von Humboldts
- 2.1. Humboldts Leben bis zur Niederschrift seines Werks
- 2.2. „Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen“ (1792)
- 2.2.1. Hintergrund
- 2.2.2. Werkbetrachtung
- 2.2.2.1. Erläuterung der zentralen Termini
- 2.2.3. Sentenz
- 2.3. „Theorie der Bildung des Menschen“ (1794)
- 2.3.1. Hintergrund
- 2.3.2. Werkbetrachtung
- 2.4. Humboldts Bemühungen um eine vergleichende Anthropologie
- 2.4.1. Hintergrund
- 2.4.2. Werkbetrachtung
- 2.5. Die Bedeutung der Sprache in der Bildungstheorie Wilhelm von Humboldts
- 3. Die Bildungs- und Unterrichtstheorie Johann Friedrich Herbarts
- 3.1. Herbarts Leben in den Jahren von 1776-1802
- 3.1.1. Jugend und Studium (1776-1797)
- 3.1.2. Aufenthalt in der Schweiz (1797-1800)
- 3.1.3. Rückkehr nach Deutschland (1800-1802)
- 3.2. Herbarts Theorie des „Erziehenden Unterrichts“
- 3.2.1. Die „Regierung“ als Voraussetzung für den „Erziehenden Unterricht“
- 3.2.2. Die Synthese von Erziehung und Unterricht („Erziehender Unterricht“)
- 3.2.3. Die „Zucht“ als Ergänzung des „Erziehenden Unterrichts“
- 3.1. Herbarts Leben in den Jahren von 1776-1802
- 4. Wilhelm von Humboldt und Johann Friedrich Herbart im Vergleich ihrer Bildungstheorien
- 5. Die Unterrichtstheorie Wilhelm von Humboldts in Ansehung der preußischen Bildungsreform (1809/1810)
- 5.1. Hintergründe
- 5.2. Der „allgemeinbildende Unterricht“ Wilhelm von Humboldts
- 5.3. Herbarts Kritik an der Bildungsreform
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Bildungstheorien von Wilhelm von Humboldt und Johann Friedrich Herbart im Kontext des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts und vergleicht sie mit aktuellen Entwicklungen im Bildungswesen. Der Fokus liegt auf der Analyse der zentralen Konzepte beider Denker und deren Relevanz für heutige bildungspolitische Diskussionen.
- Vergleich der Bildungstheorien Humboldts und Herbarts
- Analyse des „Nützlichkeitsdenkens“ und dessen Einfluss auf die Bildung
- Die Rolle der Sprache in Humboldts Bildungstheorie
- Herbarts Konzept des „erziehenden Unterrichts“
- Bedeutung der preußischen Bildungsreform
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Thematik vor und beleuchtet die Parallelen zwischen dem damaligen und dem heutigen Zeitgeist bezüglich des „Nützlichkeitsdenkens“ im Bildungswesen. Kapitel 2 analysiert Humboldts Bildungstheorie anhand seiner zentralen Schriften. Kapitel 3 befasst sich mit Herbarts Leben und seiner Theorie des „erziehenden Unterrichts“. Kapitel 4 vergleicht die Bildungstheorien Humboldts und Herbarts. Kapitel 5 untersucht Humboldts Unterrichtstheorie im Kontext der preußischen Bildungsreform.
Schlüsselwörter
Wilhelm von Humboldt, Johann Friedrich Herbart, Bildungstheorie, Unterrichtstheorie, „Nützlichkeitsdenken“, „erziehender Unterricht“, preußische Bildungsreform, Sprache, Vergleichende Anthropologie, Vielseitigkeit des Interesses.
- Quote paper
- Dipl.-Päd. Marco Johannes Messina (Author), 2008, Bildung und Unterricht in der Theorie von Humboldt und Herbart, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122569