Ist Coaching für die Entwicklung von Führungskompetenzen geeignet? Anforderungen und Problemfelder des Coachings für Nachwuchsführungskräfte


Thèse de Master, 2018

76 Pages, Note: 1,3


Extrait


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung
1.1 Gegenstand, Problemstellung und Ziel
1.2 Methodik und Aufbau

2. Theoretische Grundlagen I: Herausforderungen für Führungskräfte
2.1 Neues Führungsverständnis
2.2 Herausforderungen im Rahmen von Veränderungsprozessen
2.3 Anforderungen in Bezug auf Diversity Management
2.4 Salutogene Führung: Die Rolle der Führungskräfte im betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM)

3. Theoretische Grundlagen II: Coaching als Personalentwicklungsmaßnahme
3.1 Merkmale und Ziele von Coaching in Unternehmen
3.2 Formen und Ablauf von Coaching

4. Theoretische Grundlagen III: Unternehmenskultur und Kompetenzentwicklung
4.1 Unternehmenskultur und Führung
4.2 Kompetenzen und Potentiale

5. Anwendungsbezogener bzw. exemplarischer Teil: Kompetenzentwicklung durch Coaching zur Bewältigung der Führungsherausforderungen
5.1 Die drei Ebenen des Coachings im Hinblick auf die Kompetenzentwicklung
5.2 Führungsherausforderungen und Themenschwerpunkte im Coaching
5.3 Überblick und Zwischenfazit

6. Empirischer Teil: Nachwuchsführungskräfteentwicklung in der Unternehmenspraxis
6.1 Grundlagen der empirischen Untersuchung
6.2 Expertinnen-Interview über die strategische Führungskräfteentwicklung eines Automobilkonzerns
6.3 Experten-Interview über die Nachwuchsführungskräfteförderung einer Versicherungsgesellschaft
6.4 Expertinnen-Interview mit einer als Coach tätigen Unternehmensberaterin
6.5 Expertinnen-Interview mit einer als Coach tätigen Diplom-Psychologin
6.6 Experten-Interview mit einer Nachwuchsführungskraft in einer Versicherungsgesellschaft
6.7 Expertinnen-Interview mit einer Nachwuchsführungskraft in einem Automobilkonzern
6.8 Zusammenfassung und Zwischenfazit zu den relevanten Untersuchungsergebnissen

7. Fazit und Ausblick

8. Literaturverzeichnis

9. Anhang

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

1 Die Verbindung zwischen dem Aufbau von Kompetenzen und den drei Ebenen des Coachings

2 Die Vermittlung der drei Bestandteile von Inter-Generationen-Kompetenz auf den drei Ebenen des Coachings

3 Die Vermittlung der drei Bestandteile von interkultureller Kompetenz auf den drei Ebenen des Coachings

4 Die Vermittlung der drei Bestandteile von salutogenem Führen als Kompetenz innerhalb eines BGM-Konzepts auf den drei Ebenen des Coachings

5 Übersicht über die aktuellen Herausforderungen für Nachwuchsführungskräfte in Theorie und Praxis

6 Übersicht über weitere Herausforderungen für Nachwuchsführungskräfte in der Praxis (eigene Darstellung)

1. Einleitung

1.1 Gegenstand, Problemstellung und Ziel

Im Zusammenhang mit der Entstehung des Web 2.0 und der mit dem Internet aufgewachsenen Y-Generation findet eine Entwicklung von der Arbeits- zur Wissensgesellschaft statt. Mit dem Ziel einer höheren Kundenorientierung sowie schnellerer und kostengünstigerer Wertschöpfungsprozesse übernehmen Führungskräfte zunehmend die Rolle von Unterstützern und Wegbereitern anstelle von Befehlsgebern und Kontrolleuren (vgl. Schmid 2012b). Das zeigt sich an der Weiterentwicklung des herkömmlichen Führungsverständnisses von autoritärer, hierarchisch begründeter Führung hin zu einem fördernden und partizipativen Führungsstil, bei dem den Geführten mehr Verantwortung übertragen wird. Dementsprechend verlagert sich in der Personalentwicklung der Fokus von formellen und fachbezogenen Fortbildungen in die Richtung von selbstbestimmtem, arbeitsplatznahem Lernen sowie zur Förderung der Persönlichkeitsentwicklung sowohl von Mitarbeiter/innen als auch von Führungskräften (vgl. Büning 2012).

Infolge der Auswirkungen der Globalisierung und der Digitalisierung sowie zahlreicher weiterer demographischer, ökonomischer und technologischer Herausforderungen des 21. Jahrhunderts sind im Hinblick auf die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen fortlaufende Anpassungsprozesse erforderlich. Eine gelungene Gestaltung dieser Veränderungsprozesse, d.h. ein erfolgreiches Change Management, kann dabei nur erreicht werden, wenn die beteiligten Führungskräfte über die entsprechenden fachlichen und persönlichen Kompetenzen verfügen. Da sie hierbei sowohl in Bezug auf die Unternehmensführung eine zentrale Rolle einnehmen als auch die Mitarbeiter/innen zu einer erfolgreichen Umsetzung von Veränderungen befähigen und führen müssen, ergeben sich daraus zahlreiche zusätzliche Kompetenzanforderungen (vgl. Götz/Heider 2011). Aufgrund dessen ist die Persönlichkeitsentwicklung von Führungskräften ein bedeutsamer Bestandteil von Personalentwicklung geworden.

Der demographische Wandel erzeugt einen zunehmenden Mangel an Fach- und Führungskräften. Dies führt für Unternehmen vermehrt zu dem Erfordernis, den eigenen Führungskräftenachwuchs weiterzuentwickeln. Des Weiteren steigt die Gruppe der älteren Arbeitnehmer an, was zwangsläufig bedeutet, dass immer häufiger junge Führungskräfte älteren Mitarbeiter/innen vorgesetzt sind (vgl. Schneider 2015). Die Digital Natives (vgl. Schmid 2012b) der Y-Generation sind zudem aufgrund ihrer digitalen Kompetenzen als Führungskräfte gefragt (vgl. Kemmer/Crummenerl 2015). Im Rahmen dieser Entwicklung drohen Generationenkonflikte erfolgreiche Führung zu verhindern. Deshalb ist es erforderlich, ein entsprechendes Instrumentarium zu entwickeln, um diesen neuen Herausforderungen begegnen zu können. Dies hängt eng mit dem Thema Diversity Management zusammen. Hier ist es notwendig, dass die Führungskräfte die Potentiale der älteren Mitarbeiter/innen erkennen und gewinnbringend zu nutzen wissen. Diversity Management umfasst neben dem Altersaspekt die Dimensionen Geschlecht/Gender, Religion/Weltanschauung, ethnische Zugehörigkeit/Kultur, sexuelle Orientierung sowie physische Fähigkeiten/Behinderung (vgl. Charta der Vielfalt 2011). Diese sind von Unternehmen bzw. Führungskräften zu berücksichtigen. Insbesondere ist neben der Generationen-Frage aufgrund der Internationalisierung der Wirtschaftsbeziehungen Cultural Diversity ein weiteres zentrales Thema, sowohl in Bezug auf internationale Lieferanten, Märkte und Kundenbeziehungen sowie Dienstreisen oder Standorte im Ausland als auch in der Zusammenarbeit mit Mitarbeiter/innen anderer Kulturen. Dies erfordert die Vermittlung interkultureller Kompetenz, um Missverständnisse zu vermeiden und den Unternehmenserfolg zu sichern.

Des Weiteren gewinnt vor dem Hintergrund der Zunahme von Arbeitsausfällen aufgrund psychischer Belastungen, stressbedingter sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen das betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) vermehrt an Bedeutung (vgl. Streich 2006; Strauss 2012a; Treier/Uhle 2016). Die Führungskräfte haben hier eine vielschichtige Aufgabe zu bewältigen: Zum einen fungieren sie als Vorbilder für ihre Mitarbeiter/innen, zum anderen tragen sie die Verantwortung für eine erfolgreiche Führung sowie für die Umsetzung gesundheitsförderlicher Arbeitsbedingungen in ihrem Arbeitsbereich (vgl. Europäisches Netzwerk zur betrieblichen Gesundheitsförderung 2014; Strauss 2012a).

Im Rahmen der Gesamtheit dieser Herausforderungen für das Führungspersonal ergibt sich die Frage, mit welchen Personalentwicklungsinstrumenten die Förderung und Weiterentwicklung – insbesondere von diesbezüglich weitgehend unerfahrenen Nachwuchsführungskräften – am wirkungsvollsten erreicht werden kann. Mit dem Begriff Nachwuchsführungskräfte sind grundsätzlich diejenigen jüngeren Mitarbeiter/innen gemeint, die sich durch interne Beförderungen oder durch Neueinstellungen auf der unteren bis mittleren Führungsebene befinden und sich dort mit einer Vielzahl von neuen Anforderungen konfrontiert sehen.

In der vorliegenden Arbeit soll untersucht werden, in welcher Form das Instrument des Coachings vor dem Hintergrund der genannten Führungsherausforderungen eine geeignete Maßnahme zur Kompetenzentwicklung für Nachwuchsführungskräfte darstellt.

1.2 Methodik und Aufbau

Zunächst wird im ersten Grundlagenkapitel ein Überblick über die Führungsherausforderungen – gegliedert nach vier Themenfeldern – gegeben. Die Themenfelder als Herausforderungen für die Personalentwicklung umfassen

1. die generellen Ansprüche an Führungskräfte sowie das neue Führungsverständnis und die daraus erwachsenden Anforderungen,
2. die Herausforderungen im Zusammenhang mit Change Management, d.h. im Rahmen der Umsetzung von Veränderungsprozessen,
3. den Bereich Diversity Management mit dem Schwerpunkt auf den aus Generationenkonflikten resultierenden Problemfeldern sowie auf den aus der Internationalisierung und der kulturellen Vielfalt resultierenden Herausforderungen, und
4. die Schnittstellenfunktion von Führungskräften bei der Implementierung und Durchführung von BGM. Letzteres stellt eine optimale Ergänzung der allgemeinen Führungsherausforderungen dar, da bedeutsame Themen wie Work-Life-Balance oder der Umgang mit psychisch belasteten Mitarbeiter/innen nochmal explizit aufgegriffen werden können, die sonst implizit zu den Führungsaufgaben gehören und dementsprechend trotz ihrer Relevanz im Führungsalltag in der Regel noch wenig Beachtung finden.

In einem zweiten Grundlagenkapitel folgt zur Konkretisierung des Untersuchungsgegenstands und als Basis für die weiteren Ausführungen ein Überblick über Coaching als Instrument der Personalentwicklung, indem eine Definition erarbeitet sowie Ziele, Merkmale, Ablauf und Formen von Coaching beschrieben werden.

Darauf folgt ein weiteres Kapitel zur Darstellung theoretischer Grundlagen. Zum einen ist es erforderlich, den Zusammenhang von Unternehmenskultur und Führung herauszustellen, um die Relevanz von Coaching in der (Nachwuchs)Führungskräfteentwicklung für den Erfolg des gesamten Unternehmens darzulegen. Zum anderen erfolgt eine nähere Begriffsbestimmung von Kompetenzen und Potentialen, denn diese sind der Gegenstand eines jeden Coachings. Sie sind es, die durch das Instrument des Coachings hervorgebracht bzw. gefördert und weiterentwickelt werden sollen. Um dies zielgerichtet erreichen sowie beurteilen zu können, ob Coaching die geeignete Methode zur Nachwuchsförderung darstellt, ist es notwendig, die einzelnen Bestandteile von Kompetenzen zu kennen.

Auf dieser Basis wird anschließend in einem anwendungsbezogenen bzw. exemplarischen Teil die Durchführung von Coaching zu den zuvor erarbeiteten Kompetenzanforderungen und Problemfeldern in Bezug gesetzt. Dies geschieht durch die Verknüpfung der drei Ebenen des Coachings nach Weidemann (2012) mit den drei Bestandteilen von Kompetenz nach Paschen (2012) am Beispiel von möglichen Coaching-Inhalten. Dies wird in drei konkreten Beispielen vertieft. Diese umfassen die Kompetenzentwicklung in den zwei Diversity-Dimensionen Alter und Kultur sowie im Bereich der salutogenen d.h. gesundheitsfördernden Führung im Rahmen von BGM. Des Weiteren wird anhand der drei Themenschwerpunkte des Coachings nach Wallner (2012) dargelegt, dass die zentralen Inhalte des Instruments des Coachings mit den genannten Führungsherausforderungen weitgehend kongruent sind. Dieser Teil bildet somit die theoretische Zusammenführung der Erkenntnisse aus den ersten drei Kapiteln und bringt diese in einen Bezug zur Praxis, indem anhand der Anwendungsbeispiele verdeutlicht wird, wie der Führungsnachwuchs durch Coaching auf die in Kapitel 2 erläuterten Herausforderungen vorbereitet werden kann. In einem Zwischenfazit werden die Ergebnisse zur weiteren Verwendung zusammengefasst.

Da es sich beim anwendungsbezogenen bzw. exemplarischen Teil trotz des Praxisbezugs um eine auf schriftlichen Quellen und theoretischen Schlussfolgerungen beruhende Untersuchung handelt, folgt zur Ergänzung ein empirischer Teil. Dieser besteht aus einer Reihe von Expert/innen-Interviews mit Personalentwickler/innen, Coaches und Nachwuchsführungskräften. Neben der Frage, welche Themen im Allgemeinen als größte Führungsherausforderungen angesehen werden, werden die Zielgruppe der Nachwuchsführungskräfte sowie das Verständnis und die Rolle von Coaching näher betrachtet. Die Untersuchungsergebnisse werden zur Ergebnissicherung in einem Zwischenfazit analysiert und zusammengefasst.

Im Fazit werden die theoretischen, anwendungsbezogenen und empirischen Erkenntnisse zusammengeführt, um auf dieser Grundlage abschließend die Wirksamkeit von Coaching als Kompetenzentwicklungsinstrument für Nachwuchsführungskräfte zu beurteilen. Als Ausblick wird Bezug darauf genommen, wie die Personalentwicklung die Einbindung von Coaching in die Nachwuchsführungskräfteentwicklung im Sinne effektiver Ergebnisse gestalten sollte.

2. Theoretische Grundlagen I:

Herausforderungen für Führungskräfte Die folgende Darstellung der Führungsherausforderungen und der daraus entstehenden Kompetenzanforderungen soll als Grundlage für die Beurteilung dienen, ob Coaching bzw. welche Formen des Coachings als Instrumente der Nachwuchsführungskräfteentwicklung geeignet sind.

2.1 Neues Führungsverständnis

Der Weiterbildungsbedarf für Führungskräfte hat sich aufgrund der veränderten Kompetenzanforderungen insbesondere im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung erhöht. Eine Führungskraft sollte sich heutzutage durch die Fähigkeit auszeichnen, „in den unterschiedlichsten, komplexen und sich rasch ändernden Situationen zielorientiert, personenbezogen und situationsangemessen zu handeln.“ (Wallner 2012, S.1)

Demzufolge ist Führung nicht mehr allein durch die Tatsache der Positionsautorität gewährleistet, sondern es spielen zahlreiche weitere Faktoren eine Rolle. So stellen Interpersonalität, Verhaltensbeeinflussung, Zielbezogenheit und Kommunikation sowie die Berücksichtigung der Situation weitere Einflussfaktoren von Führung dar. Führung ist immer interpersonell, da sie in einer wechselseitigen Beziehung zwischen Vorgesetzter/m und Mitarbeiter/in stattfindet. In diesem Zusammenhang wird zwischen formaler, fachlicher und personaler Autorität der Führungskraft unterschieden, d.h. zwischen hierarchischer Positionsmacht, Akzeptanz aufgrund fachlicher Fähigkeiten sowie Führungskompetenz durch bestimmte Persönlichkeitsmerkmale (vgl. Graf/Ungersböck 2012). Die fachliche Kompetenz und die Persönlichkeitsentwicklung der Führungsperson haben vor dem Hintergrund einer Abflachung von Unternehmenshierarchien und eines sich in Richtung demokratisch, informell und funktional ändernden Führungsverständnisses an Bedeutung gewonnen (vgl. Schmidt 2012b; 2013).

Zudem hängt der Führungserfolg stark davon ab, wie gut die Führungsperson die Verhaltensbeeinflussung der Geführten beherrscht. Das Medium hierfür bildet die Kommunikation (vgl. Graf/Ungersböck 2012). An Befehl und Gehorsam orientierte Kommunikationsmuster werden zunehmend ersetzt durch Überzeugung, Einbindung und Förderung der Mitarbeiter/innen. So ist es unerlässlich, dass Führungskräfte neben den dafür erforderlichen sozialen Kompetenzen über eine ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit verfügen. Dabei sind aufgrund der Notwendigkeit der Zielbezogenheit von Führung die jeweiligen Ziele zu beachten. Sie werden unterteilt in Organisationsziele, welche von der oberen Hierarchieebene vorgegeben sind, in Gruppenziele, welche – zum Teil unter dem Einfluss von informellen Führern – im Interaktionsprozess zwischen den Gruppenmitgliedern entstehen, sowie in die individuellen Ziele der einzelnen Mitarbeiter/innen. Nur wenn die Führungsperson über ausreichend analytische Kompetenzen verfügt, diese Ziele und ihre Wechselbeziehungen zueinander zu beurteilen und idealerweise miteinander in Einklang zu bringen, kann sie die Situation der/des Geführten einschätzen und ihre Kommunikationsmittel im Sinne der beabsichtigten Verhaltensbeeinflussung darauf abstimmen (vgl. Graf/Ungersböck 2012). Dadurch wird bereits angedeutet, dass die spezifische Führungssituation einen wesentlichen Einfluss auf eine gelungene Führung ausübt. Diese wird von der Persönlichkeitsstruktur des Geführten, der Struktur und Funktion seiner Gruppe, seiner Position sowie der Art seiner Arbeitsaufgaben und deren Kontext bestimmt. Erfolgreiche Führung hängt davon ab, wie gut die Führungsperson dies einschätzen und berücksichtigen kann. Hier ist ein gutes Urteilsvermögen unerlässlich. Vor diesem Hintergrund ist die Flexibilität der Führungsperson gefragt, ihr Handeln entsprechend anpassen zu können (vgl. Graf/Ungersböck 2012).

Des Weiteren hat sich die Rolle von Führungskräften in Bezug auf die Weiterentwicklung ihrer Mitarbeiter/innen gewandelt. Was gelernt werden soll, wird nicht mehr von oben diktiert, sondern der Lernbedarf wird anhand von Mitarbeitergesprächen und Kompetenzprofilen ermittelt und kommuniziert. Den Mitarbeiter/innen stehen dabei nicht nur die Personalabteilung oder einzelne Trainer/innen, sondern auch ihre Vorgesetzten unterstützend zur Seite und sorgen für einen Transfer des Gelernten in den Arbeitsalltag im Sinne von arbeitsplatznahem und nachhaltigem Lernen (vgl. Büning 2012). Es geht zunehmend darum, Eigenständigkeit zu fordern und zu fördern. Dementsprechende lernprozessunterstützende Kompetenzen seitens der Führungskräfte sind somit gefragt, wie z.B. die Fähigkeit, eine angemessene Lernumgebung mitzugestalten oder zielführende Mitarbeitergespräche bezüglich der individuellen Potentiale bzw. des entsprechenden Weiterbildungsbedarfs zu führen.

Kotter (1990) unterscheidet die Begriffe Management und Leadership. Beim Management geht es um die herkömmlichen Führungsaufgaben, d.h. Planen, Budgetieren, Organisieren, Stellenbesetzung, Controlling und Problemlösung, welche Ordnung und Konstanz garantieren. Jedoch gewinnt Leadership zunehmend an Bedeutung. Darunter werden Richtungsvorgaben verstanden sowie die Fähigkeit, die Mitarbeiter/innen daran auszurichten und entsprechend zu inspirieren und zu motivieren. Leadership erzeugt Wandel und Bewegung im Unternehmen und garantiert dadurch seine Marktfähigkeit und sein Weiterbestehen (vgl. Kotter 1990). Heutzutage ist der Wandel eine feste Größe in jedem Unternehmen und Leadership-Fähigkeiten sind so bedeutsam wie nie zuvor. Kotter (1990) nennt drei Faktoren, welche bei passender Ausrichtung Leadership-Fähigkeiten fördern: Persönlichkeit, Erfahrung sowie Unternehmenskultur.

2.2 Herausforderungen im Rahmen von Veränderungsprozessen

Unter Change Management wird im Allgemeinen die Gestaltung notwendig gewordener organisationsinterner Anpassungs- bzw. Veränderungsprozesse mit dem Ziel der Wettbewerbsfähigkeit – und damit Existenzsicherung – eines Unternehmens oder einer Organisation verstanden. Führungskräfte sind im Rahmen von Veränderungsprozessen sowohl in Bezug auf die Unterstützung der Unternehmensführung als auch im Hinblick auf die Mitarbeiterführung stark gefordert. Einerseits sind sie in die Umsetzung des Change-Management-Konzepts eingebunden, andererseits bilden sie die Schnittstelle zu den Mitarbeiter/innen (vgl. Götz/Heider 2011).

Die Beteiligung der Führungskräfte vor Ort ist unumgänglich; zum einen zur Koordinierung des Informationsflusses von oben nach unten und umgekehrt, zum anderen um Überzeugungsarbeit zu leisten und die Glaubwürdigkeit zu erhöhen (vgl. Büning 2012). Gleichzeitig hängt eine offene Kommunikationskultur von der Unterstützung durch die Führungskräfte ab, welche die Mitarbeiter/innen zu einer erfolgreichen Umsetzung von Veränderungen befähigen und führen (vgl. Götz/Heider 2011). Die Einbeziehung der Mitarbeiter/innen zur Vorbeugung von möglichen Widerständen ist unbedingt erforderlich. Widerstände seitens der Belegschaft stellen nämlich den Hauptgrund für das Scheitern von Veränderungsinitiativen dar. Durch präventive und begleitende Maßnahmen kann dem auf formeller sowie auf informeller Ebene konstruktiv begegnet werden. Dabei besteht die Herausforderung für die Führungskräfte in der Auswahl geeigneter Maßnahmen sowie in der Bestimmung von Ziel, Zeitpunkt und Beteiligten. Außerdem sind sie für die Kommunikation und Sicherstellung der Ergebnisse verantwortlich (vgl. Stolzenberg/Heberle 2006).

Im Folgenden sind die vielfältigen Aufgaben der Führungskräfte im Change-Management-Prozess in den drei Phasen nach Lewin – Unfreezing, Changing und Refreezing (vgl. Lewin 2012) – dargestellt. Anschließend folgt eine Zusammenfassung der damit zusammenhängenden Kompetenzanforderungen.

Grundlegende Erfolgsfaktoren in der Unfreezing-Phase zu Beginn eines Veränderungsprozesses sind eine adäquate Situationsanalyse sowie Kunden- und Marktorientierung bei der Entwicklung einer Vision und dazu passender Strategien. Hier sind insbesondere die Führungskräfte auf unterer und mittlerer Stufe einzubeziehen, da sie die Stärken und Schwächen des Status Quo am besten kennen und somit bei der Entwicklung entsprechender Maßnahmen wichtige Impulse geben können (vgl. Weber 1999). Auch ist eine ausreichende Vorbereitung, Weiterbildung und Förderung der Führungskräfte notwendig. Das beinhaltet die Entwicklung eines gemeinsamen Führungsverständnisses für die veränderte Zukunft, die Konkretisierung von Führungsleitlinien und deren Integration in die erforderlichen Personalinstrumente, wie z.B. Mitarbeitergespräche (vgl. Capgemini 2010).

Dazu werden eine ausgeprägte Analysekompetenz sowie die Fähigkeit zur Entwicklung von Zielen und zur (Neu)Strukturierung von Arbeitsabläufen benötigt (vgl. Götz/Heider 2011; Capgemini 2010). Es bedarf umfassender Information und Beteiligung aller Betroffenen sowie klar formulierter Ziele, um den Mitarbeiter/innen eine Orientierung zu bieten und sie zur Umsetzung der Veränderung zu motivieren (vgl. Buchholz 2012; Kotter 1996). Das kann Konflikte und Widerstände innerhalb der Belegschaft reduzieren (vgl. Götz/Heider 2011). Durch präventive und begleitende Maßnahmen kann diesen auf formeller sowie auf informeller Ebene konstruktiv begegnet werden (vgl. Stolzenberg/Heberle 2006). Dies erfordert Empathie und weitere soziale Kompetenzen zur Wahrnehmung der Bedürfnisse der Betroffenen und eine entsprechende Konfliktfähigkeit zum Erkennen, Ansprechen und konstruktiven Lösen von Widerständen. Des Weiteren bedarf es Motivationsfähigkeit, um die Mitarbeiter/innen für die Veränderung zu begeistern, sowie einer ausgeprägten Kommunikationsfähigkeit. Verhandlungsgeschick für das Interessenmanagement zwischen Veränderungsinitiatoren und Mitarbeiter/innen gehört auch dazu (vgl. Götz/Heider 2011).

Die zentralen Faktoren in der Changing-Phase, d.h. in der Umsetzungsphase, sind die Entwicklung der Mitarbeiter/innen und die Weiterentwicklung der Unternehmenskultur sowie die Identifizierung und nachhaltige Verankerung von Erfolgen (vgl. Capgemini 2010). Auf Unternehmensführungsebene beinhaltet diese Phase eine effiziente Umsetzungsplanung unter Einbeziehung der verfügbaren Ressourcen und der ermittelten Defizite. Im Einzelnen bedeutet das die Umsetzung von Zielen und Steuerungsprozessen, eine klare Definition der künftigen Mitarbeiteraufgaben, die kontinuierliche Kommunikation der Ergebnisse, die gemeinsame Reflexion des Umsetzungsfortschritts sowie die konsequente Umsetzung von Entscheidungen (vgl. Kraus et al. 2006). Hier sind Entscheidungskompetenz, Zielstrebigkeit und aufgrund vieler schwieriger und unvorhersehbarer Situationen Belastbarkeit und Flexibilität gefragt (vgl. Götz/Heider 2011). Auf der Mitarbeiterführungsebene geht es um die Fortsetzung der in der vorherigen Phase begonnenen umfassenden Information und Beteiligung an der Umsetzung. Dazu gehört der Aufbau einer Rückkopplungsschleife, um die Akzeptanz der Maßnahmen evaluieren zu können. Eine wesentliche Personalentwicklungsmaßnahme zur Unterstützung des Veränderungsprozesses ist in dieser Phase die zielgruppenorientierte Qualifizierung der Mitarbeiter/innen, da neue Kompetenzen definiert und vermittelt werden müssen. Das beinhaltet u.a. das Anpassen erforderlicher Kompetenzprofile und -niveaus und das Aufzeigen veränderter Karrierewege (vgl. Capgemini 2010; Büning 2012). An dieser Stelle sind das Urteilsvermögen der Führungskraft sowie ihre Fähigkeit zum Aufdecken attraktiver Möglichkeiten von Bedeutung. Ebenso wird die Bereitschaft der Führungskraft vorausgesetzt, sich selbst zu verändern und offen für Neues zu sein (vgl. Götz/Heider 2011).

Zum Abschluss des Veränderungsprozesses, in der Refreezing-Phase, sind Rückmeldung und Erfolgskontrolle, Diskussionen über den Verlauf des Veränderungsprozesses sowie Absprachen zur langfristigen Erfolgssicherung entscheidend (vgl. Bierhoff/Piwinger 2012). Auch bei dieser Reflexion des Prozessablaufs und der damit einhergehenden Verfestigung der neu geschaffenen Arbeitsabläufe und Strukturen ist die Kommunikation zwischen Führungskräften und Mitarbeiter/innen essentiell. Die Fähigkeit zur Selbstreflexion und wiederum Kommunikationskompetenz sind somit an dieser Stelle gefragt.

Des Weiteren sind in steigendem Maße fundierte und weitreichende digitale Kompetenzen erforderlich. Nur auf diese Weise sind Führungskräfte in der Lage, entsprechende Veränderungsprozesse unterstützend zu begleiten und verfügen damit über ein geeignetes Instrumentarium zur Bewältigung einer der zahlreichen Herausforderungen beim Kampf um die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen – der fortschreitenden Digitalisierung (vgl. Capgemini 2015; Kemmer/Crummenerl 2015). Da diese gleichzeitig eine große Chance bietet, Prozesse wie Kommunikation, Partizipation und Wissensteilung zu vereinfachen und dadurch die Effektivität zu steigern, ist es entscheidend, dass die verantwortlichen Führungskräfte dies zu nutzen wissen, d.h. über die technischen Möglichkeiten sowie ihre Anwendungsbereiche informiert sind und digitale Kompetenzen ausbilden bzw. weiterentwickeln.

Die Darstellung der Erfolgsfaktoren in den einzelnen Phasen zeigt, dass die aktive Beteiligung der Führungskräfte unter Einbeziehung der Belegschaft über den gesamten Change-Management-Prozess erforderlich ist. Daraus ergeben sich nach Götz und Heider (2011) für die Führungskräfte zahlreiche Kompetenzanforderungen. Zum einen wird Empathie als soziale Kompetenz zur Wahrnehmung der Bedürfnisse der Betroffenen und die entsprechende Konfliktfähigkeit zum Erkennen und Ansprechen sowie zur konstruktiven Lösung von Widerständen benötigt. Zum anderen bedarf es einer großen Motivationsfähigkeit, um die Mitarbeiter/innen für die Veränderung zu begeistern, sowie einer ausgeprägten Kommunikationskompetenz. Dazu gehört Verhandlungsgeschick für das Interessenmanagement zwischen Veränderungsinitiatoren und Mitarbeiter/innen. Entscheidungskompetenz wird ebenfalls gebraucht, da zahlreiche Entscheidungen konsequent gefällt und vertreten werden müssen. Zuletzt sind aufgrund vieler schwieriger und unvorhersehbarer Situationen Belastbarkeit und Flexibilität gefragt (vgl. Götz/Heider 2011).

Diese Erläuterungen zeigen, dass erfolgreiches Change Management ohne Beratung und Hilfestellung bei der Aus- und Weiterbildung zahlreicher Führungskompetenzen – insbesondere Kommunikationsfähigkeit, Analyse- und Entscheidungskompetenz sowie Flexibilität im Denken und Handeln – kaum umsetzbar ist. Gerade für junge Nachwuchsführungskräfte mit wenig Erfahrung ergibt sich daraus ein beträchtlicher Weiterentwicklungsbedarf.

2.3 Anforderungen in Bezug auf Diversity Management

Unter Diversity wird die Vielfalt der Mitarbeiter/innen eines Unternehmens verstanden (vgl. Ahlers 2012; Becker 2013). Die genauen Unterschiede bestehen in den Diversity-Dimensionen Alter, Geschlecht/Gender, Religion/Weltanschauung, ethnische Zugehörigkeit/Kultur, sexuelle Orientierung sowie physische Fähigkeiten/Behinderung (vgl. Charta de Vielfalt 2011). Der bewusste Umgang mit der Vielfalt und die Nutzung ihrer Potentiale dienen dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Das Management der Unterschiede und die Gestaltung der Vielfalt zur Steigerung des wirtschaftlichen Erfolges wird als Diversity Management bezeichnet (vgl. Ahlers 2012; Becker 2013). Dabei wird „Vielfalt nicht als Problem, sondern als Chance und Ressource“ (Ahlers 2012, S. 5) gesehen. Zur Umsetzung eines gelungenen Diversity Managements zum Wohl der Mitarbeiter/innen und des Unternehmens ist von den Führungskräften viel Fingerspitzengefühl gefragt. Als Voraussetzungen für erfolgreiches Diversity Management nennt Ahlers (2012) das Bewusstsein der vielfältigen Bedürfnisse der Zielgruppen, sowie die Erkenntnis, dass Diversity sowohl zwischen als auch innerhalb von Gruppen existieren kann bei gleichzeitiger Anerkennung der Tatsache, dass eine Person verschiedenen Gruppen angehören und sich die Bedeutsamkeit der jeweiligen Zugehörigkeit abhängig vom Kontext ändern kann. Hier zeigt sich bereits eine anspruchsvolle Aufgabe für die Führungskräfte.

Die Vorteile von Diversity Management bestehen in einer höheren Arbeitszufriedenheit und Motivation durch Inklusion, einer stärkeren Flexibilität in Bezug auf Veränderungen, der Erhöhung des innovativen und kreativen Potentials, einer optimalen Personalrekrutierung sowie der Möglichkeit einer passgenauen Ansprache der einzelnen Zielgruppen des Unternehmens, da sich aufgrund des Diversity-Bewusstseins besser auf diese eingestellt werden kann (vgl. Ahlers 2012). Für das Führungspersonal ist es essentiell, diese Potentiale zu erkennen und aus den Vorteilen der Vielfalt die richtigen Schlüsse zu ziehen und diese sowohl strategisch als auch im Unternehmensalltag umzusetzen.

Im Folgenden sollen die Problemfelder bzw. Führungsherausforderungen am Beispiel der Dimensionen Alter und Kultur aufgezeigt werden.

2.3.1 Problemfelder beim altersgerechten Führen

Nachwuchsführungskräfte, d.h. Mitarbeiter/innen, welche zum ersten Mal Führungsaufgaben übernehmen, sind mit vielfältigen neuen Anforderungen sowie Fragen und Unsicherheiten konfrontiert (vgl. Wallner 2012). Dazu kommt als Auswirkung der demographischen Entwicklung, dass immer häufiger junge Führungskräfte deutlich älteren und erfahreneren Mitarbeiter/innen vorgesetzt sind. Mangelnde Führungserfahrung trifft hier auf die Herausforderungen des Führungsgenerationswandels, woraus zusätzliche Schwierigkeiten erwachsen (vgl. Capgemini 2007; Schneider 2015). Die wesentlichen sich daraus ergebenden Problemfelder in Bezug auf Veränderungsbereitschaft, Erfahrungsunterschiede, Akzeptanz und Eigenständigkeit nach Schneider (2015) sowie daraus resultierende Anforderungen für die Nachwuchsführungskräfte sollen im Folgenden erläutert werden.

Vor dem Hintergrund ihres aktuellen Wissens aus Studium und Ausbildung stellen junge Nachwuchsführungskräfte die bestehenden Verhältnisse gern in Frage. Sie denken dabei oft idealistisch und möchten Veränderungen initiieren. Hierbei neigen sie schnell dazu, die Bedürfnisse der älteren Mitarbeiter/innen zu übergehen. Diese wiederum schätzen bewährte und bekannte Arbeitsabläufe und Gewohnheiten und verbinden damit ihre berufliche Identität und ihren Selbstwert. Aufgrund dessen stehen sie dem aus der Veränderung entstehenden Lernaufwand und den aus ihrer Sicht unberechenbaren Neuerungen oftmals negativ gegenüber. Diese Hintergründe zu verstehen und ein entsprechendes Problembewusstsein zu schaffen sowie zu lernen, diese Veränderungswiderstände zu überwinden – einhergehend mit den übrigen Kompetenzanforderungen im Rahmen der Durchführung von Veränderungen – stellt in Bezug auf die Förderung der Nachwuchsführungskräfte somit eine nicht zu unterschätzende Herausforderung dar.

Da junge Nachwuchsführungskräfte sich erst am Anfang ihrer Berufslaufbahn befinden, verfügen sie zwar über ein beachtliches Theoriewissen, besitzen aber einen weitaus geringeren Erfahrungsschatz als die langjährigen älteren Mitarbeiter/innen. Deren explizites und implizites Erfahrungswissen bezieht sich nicht nur auf die Arbeitsabläufe, sondern auf das gesamte Unternehmen, seine Sozialstruktur und seine Geschichte. Dadurch haben sie bei der Einschätzung verschiedener Situationen einen entscheidenden Vorteil, weil sie in informelle Netzwerke eingebunden sind und wissen, wo die Schalthebel bzw. inoffiziellen Machtzentralen liegen. So befinden sie sich gegenüber den jungen Führungskräften in einer strategisch besseren Position und verfügen ggf. über die Möglichkeiten, dies auszunutzen. An dieser Stelle bietet sich an zu trainieren, wie voneinander profitiert werden kann, anstatt sich gegenseitig zu übergehen oder zu behindern.

Ältere Mitarbeiter/innen leiten ihre Akzeptanz der Führungskraft oftmals daraus ab, ob diese hierarchisch über ihnen steht, ob sie Kompetenz bei der Bewältigung der anstehenden Arbeitsaufgaben bewiesen hat und ob sie auf eine langjährige Unternehmenszugehörigkeit zurückblicken kann. Junge Nachwuchsführungskräfte erfüllen in der Regel nur das erste Kriterium, was häufig zur Infragestellung ihres Führungsanspruchs führt und sich nicht selten in Ablehnung ihrer Entscheidungen, in Abwertung ihres Urteilsvermögens oder Umgehen ihrer Anweisungen äußert. Dies kann leicht zu dem Fehler führen, sich übermäßig auf ihre Positionsautorität zu berufen, woraus sich jedoch – entsprechend der Ausführungen in Kapitel 2.1 – nicht automatisch eine erfolgreiche Führung ableiten lässt. Ein weiteres Risiko besteht darin, aus dem Wunsch nach Anerkennung heraus die Hierarchieebenen aufzuweichen und sich von den Mitarbeiter/innen entgegen der eigenen Überzeugungen in Entscheidungen beeinflussen zu lassen, um Konflikte zu vermeiden. Hier wäre es zielführend, verschiedene Handlungsoptionen und Sichtweisen herauszuarbeiten, welche den Führungsanspruch auf eine für beide Seiten akzeptable Art und Weise festigen.

Des Weiteren neigen erfahrene Mitarbeiter/innen bisweilen dazu, eine junge Nachwuchsführungskraft nicht ernst zu nehmen, sondern sie zu bevormunden. Die jungen Führungskräfte stehen damit vor dem Problem, ihre Eigenständigkeit behaupten und beweisen zu wollen, ohne die Mitarbeiter/innen vor den Kopf zu stoßen. Andererseits ist es wichtig einschätzen zu können, an welcher Stelle es eventuell angebracht und sinnvoll sein könnte, erfahrenere Mitarbeiter/innen um Rat zu fragen.

Generell empfiehlt es sich, den älteren Mitarbeiter/innen mit Respekt und Anerkennung für ihre Leistungen zu begegnen und dies zu kommunizieren. So kann Fehlurteilen aufgrund von überhöhtem Anspruchsdenkens oder mangelnder Kenntnis der unternehmensinternen Kontexte vorgebeugt werden. Dabei sollte die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden – was bedeutet, Entscheidungen selbstbewusst auch gegen auftretende Widerstände zu fällen und zu vertreten sowie Fehlverhalten nicht aus Unsicherheit zu ignorieren (vgl. Schneider 2015). Nur auf diese Weise erhält die Forderung nach Respekt der eigenen Führungsrolle eine Basis. Des Weiteren sind die unterschiedlichen Lebenslagen und die daraus resultierenden Einstellungen und Verhaltensweisen zu berücksichtigen. Außerdem ist es erforderlich, das richtige Feedbackverhalten und die Vermittlung von Wertschätzung einzuüben sowie eine Trennung zwischen Beruflichem und Privatem vollziehen zu können. Generell ist Konfliktfähigkeit zu trainieren – und gleichzeitig zu begreifen sowie akzeptieren zu lernen, dass Differenzen und Konflikte zum Führungsalltag dazugehören (vgl. Schneider 2015).

Diese Ausführungen verdeutlichen, dass mit der Rolle der Nachwuchsführungskraft zahlreiche Verhaltensempfehlungen und -anforderungen verbunden sind. Hierin zeigt sich für Unternehmen die Notwendigkeit, die diesbezügliche Weiterentwicklung von jungen Nachwuchsführungskräften zu fördern bzw. sie zur Lösung der auftretenden Konflikte entsprechend zu befähigen und zu unterstützen.

Neben der Thematik des altersgerechten Führens ist es empfehlenswert, dass Führungskräfte sich mit der Diversity-Dimension Alter auskennen, um die Vorteile der Vielfalt für das Unternehmen gewinnbringend nutzen zu können. Hierzu gehört die Kenntnis über die Vorzüge beider Altersgruppen sowie die Fähigkeit, dies den Mitarbeiter/innen als positiven Aspekt vermitteln zu können. Häufig sind Führungskräfte geneigt, den Fehler zu begehen, ältere Mitarbeiter/innen nicht mehr ausreichend wertzuschätzen und sie u.a. durch Altersteilzeitmodelle oder anderweitig frühzeitig freizusetzen, um an ihrer Stelle jüngere und damit billigere Arbeitskräfte einzustellen. Umso wichtiger ist es, sich ihrer Bedeutung für den Erfolg des Unternehmens bewusst zu werden. Als Vorzüge älterer Mitarbeiter/innen beschreibt Schmid (2012a) unter anderem einen hohen Erfahrungsschatz sowie ein breites Wissen bezüglich der Abläufe innerhalb des Unternehmens bzw. der Organisation. In der Regel sind sie loyaler, dem Kunden gegenüber aufmerksamer, im Handeln überlegter und systematischer, haben eine höhere soziale Kompetenz, handeln verantwortungsbewusster und können Risiken besser abschätzen, sind zuverlässiger, qualitätsorientierter und verfügen über eine höhere Arbeitsmoral (vgl. Schmid 2012a). Die hier beschriebenen Charakteristika könnten mit den Stichworten Sicherheit, Tradition und Stabilität umschrieben werden. Ältere Mitarbeiter/innen eignen sich deshalb z.B. gut für Tätigkeiten, in denen Unternehmenskunden komplexe Sachverhalte vermittelt werden müssen. Zudem können sie optimal im Umgang mit langjährigen und schwierigen Kunden eingesetzt werden. Ein weiterer Einsatzbereich ist die Wissensvermittlung, denn ältere und erfahrene Mitarbeiter/innen sind am besten geeignet, um jüngere Mitarbeiter/innen anzulernen und in die Unternehmenskultur einzuführen. Für Abteilungen welche die Unternehmenskultur mitgestalten, beispielsweise eine Compliance Abteilung, bieten sich ebenso ältere Mitarbeiter/innen an. Hier gilt es, bei den Führungskräften das entsprechende Bewusstsein zu schaffen und dies in der Unternehmenskultur zu verankern, um die Vorteile von Diversity erfolgreich ausnutzen zu können. Diese Sensibilisierung kann durch passende Weiterbildungsmaßnahmen erreicht werden.

2.3.2 Interkulturelle Unterschiede

Die zunehmende kulturelle Vielfalt innerhalb von Unternehmen ist auf die Globalisierung und die Internationalisierung der Wirtschaftsbeziehungen zurückzuführen. Unternehmen haben vermehrt Kontakt zu Geschäftspartnern unterschiedlicher Herkunft und zu Kunden auf internationalen Märkten. Zweigstellen im Ausland werden gegründet, es wird in interkulturellen Teams gearbeitet und auch die Belegschaft wird in steigendem Maße international. Dies führt zur Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen kulturellen Werten, Normen und Einstellungen sowie der Entwicklung von interkultureller Kompetenz. Zum einen im Heimatland im Kontakt mit ausländischen Geschäftspartnern und Kunden oder bei der Arbeit in multikulturellen Teams, und zum anderen in Niederlassungen im Ausland. Bei letzterem ist insbesondere die interkulturelle Kompetenz der ins Ausland entsandten Mitarbeiter/innen zu unterstützen sowie ihre Wiedereingliederung sensibel zu gestalten. Um interkulturelle Kompetenz gezielt fördern zu können, ist zunächst eine Begriffsdefinition erforderlich:

„Interkulturelle Kompetenz beschreibt die Fähigkeit effektiv und erfolgreich mit Menschen eines anderen kulturellen Hintergrunds zu interagieren und kulturelle Unterschiede in Werten, Einstellung, Erwartungen und Verhaltensweise von Menschen anderer Kulturen vorauszusehen und sich dieser Unterschiedlichkeit entsprechend angemessen zu verhalten. Diese Interaktion schließt Kommunikation (...) mit ein.“ (Haghirian 2012b, S. 1)

Im Unternehmenskontext bedeutet interkulturelle Kompetenz von Mitarbeiter/innen somit die Fähigkeit zur Identifikation und zum Verständnis kultureller Herausforderungen im internationalen Arbeitsalltag. Haghirian (2012b) unterscheidet sechs verschiedene Aspekte von interkultureller Kompetenz. Erstens das Verständnis für die wirtschaftlichen, sozialen sowie religiösen Unterschiede anderer Kulturen zur Heimatkultur und deren Auswirkungen auf die Arbeitswelt, zweitens das Erkennen, Bewusstmachen und Hinterfragen der aus der eigenen Kultur resultierenden Sichtweise auf Arbeitsprozesse (ethnozentrischen Sichtweise) sowie gleichzeitig das Verstehen von entgegenstehenden Sichtweisen, drittens ein generelles Interesse an fremden Kulturen und Sprachen, viertens das Erkennen von Kulturschocks sowie die Entwicklung von Bewältigungsstrategien, fünftens die Prävention interkultureller Konflikte und sechstens die Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Managementprozessen, Produktideen und Konsumenteneinstellungen (vgl. Haghirian 2012b). Für den Unternehmenserfolg sind die Fähigkeit zur Früherkennung von kulturellen Missverständnissen und Konflikten sowie ein lösungsorientiertes Vorgehen zu ihrer Vermeidung bzw. Bewältigung von zentraler Bedeutung. Auf diese Weise können negative und geschäftsschädigende Auswirkungen auf die Geschäftsbeziehungen oder den Absatzmarkt verhindert werden. Die Voraussetzung für diese Sensibilität besteht im Bewusstsein der die Arbeitswelt betreffenden Unterschiede der eigenen Sichtweisen bzw. Kultur zu anderen Sichtweisen und Kulturen (vgl. Haghirian 2012b; Ostendorf 2012). In engem Zusammenhang zur interkulturellen Kompetenz steht die interkulturelle Kommunikation. Diese bezieht sich auf alle Kommunikationsformen zwischen zwei Menschen mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund. Die Einsatzgebiete interkultureller Kommunikation beinhalten die Kommunikation mit Geschäftspartnern und Kunden aus dem Ausland, die Kommunikation in interkulturellen Teams sowie die Kommunikation beim Einsatz für das Unternehmen im Ausland (vgl. Haghirian 2012a).

Zielgruppe der Weiterbildungsmaßnahmen sind somit alle Mitarbeiter/innen, die im Arbeitsalltag häufig mit kulturellen Unterschieden in Kontakt kommen. Des Weiteren sollten alle Führungskräfte, auch die Nachwuchsführungskräfte, unbedingt dazugehören, um ein Bewusstsein für interkulturelle Unterschiede zu erlangen. Dies gilt insbesondere für die aus Vielfalt resultierenden Chancen, um z.B. Konflikte in ihren Teams vorbeugen und lösen zu können. Deshalb gehört das Erlangen interkultureller Kompetenz unbedingt zu den Herausforderungen einer modernen Führungskraft.

2.4 Salutogene Führung: Die Rolle der Führungskräfte im betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM)

Das betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) gewinnt in steigendem Maße an Bedeutung. Der Grund dafür ist die Zunahme von psychischen Belastungen, stressbedingten Erkrankungen und Herz-Kreislauf-Krankheiten, was vermehrt zu Arbeitsausfällen führt. Das Problem wird verschärft durch die demografische Entwicklung und dem damit einhergehenden Fachkräftemangel (vgl. Streich 2006; Strauss 2012a; Treier/Uhle 2016). BGM beinhaltet von Unternehmensseite deutlich mehr als einzelne Fitnesskurse, die Gründung einer Betriebssport-Gruppe oder das Anbieten von Informationsveranstaltungen und Workshops zu Themen wie Raucherentwöhnung oder Stressmanagement. Gemäß der Definition des Europäischen Netzwerks zur betrieblichen Gesundheitsförderung beinhaltet betriebliches Gesundheitsmanagement

„alle gemeinsamen Maßnahmen von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Gesellschaft zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz. Dies kann durch eine Verknüpfung folgender Ansätze erreicht werden:

- Verbesserung der Arbeitsorganisation und der Arbeitsbedingungen
- Förderung einer aktiven Mitarbeiterbeteiligung
- Stärkung persönlicher Kompetenzen“

(Europäisches Netzwerk zur betrieblichen Gesundheitsförderung 2014, S. 2).

Das bedeutet, dass zur Schaffung einer gesundheitsförderlichen Arbeitsumgebung sowohl die Veränderung der äußeren Umstände, d.h. der Verhältnisse, als auch des Verhaltens der Mitarbeiter/innen in Form der Stärkung ihrer Kompetenzen notwendig ist. Dies sind die beiden Säulen des BGM. Sein Fundament bildet die mental-emotionale Verfassung der Mitarbeiter/innen. Nur durch die Förderung einer aktiven Beteiligung aller, d.h. durch ihre Einbindung, kann Einfluss auf die Haltung Einzelner und auf die Unternehmenskultur insgesamt genommen werden, damit Verhältnis- und Verhaltensverbesserungen erfolgreich durchgeführt werden können (vgl. Strauss 2012a). Somit ist die Implementierung eines fundierten BGM-Konzepts unter Einbeziehung der Unternehmenskultur, der Unternehmensleitung und der direkten Vorgesetzten unter Beachtung beider Säulen des BGM erforderlich. Eine Verbesserung des Verhaltens, d.h. eine Weiterentwicklung entsprechender Kompetenzen, erfordert gleichzeitig eine Anpassung der Verhältnisse, also der Arbeitsbedingungen. Eine Integration der jeweiligen Ziele in das Unternehmensleitbild kann hierbei eine weitere förderliche Maßnahme sein. Ein auf diese Weise praktiziertes BGM hat unmittelbare Auswirkungen auf die Erhöhung der Arbeitsmotivation und Leistungsbereitschaft, die Verringerung von psychischen Belastungen, die Reduzierung von Krankheits- und Fehltagen, die Verminderung der Mitarbeiterfluktuation aufgrund einer verstärkten Bindung an das Unternehmen sowie auf die Erhöhung der Attraktivität des Unternehmens für potentielle neue Mitarbeiter/innen durch die Schaffung einer Arbeitgebermarke, was insgesamt zu einer Reduzierung von Unternehmens- und Rekrutierungskosten führt (vgl. Brenneke/Rotering-Steinberg 2012; Strauss 2012a).

BGM sollte umfassend praktiziert, d.h. in allen Unternehmensbereichen und insbesondere in den Unternehmensleitlinien verankert werden (vgl. Europäisches Netzwerk zur betrieblichen Gesundheitsförderung 2014). Hier ist die Unternehmensführung gefragt, den Prozess zu unterstützen (vgl. Treier/Uhle 2016). Dabei ist zu beachten, dass die Instrumente, welche zu Verhaltensverbesserungen führen sollen, wie z.B. Vorträge oder Workshops zum Thema Stressmanagement, durch Maßnahmen auf der Verhältnisebene nicht konterkariert, sondern unterstützt werden. Dies kann z.B. durch die Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle, durch die Schaffung von Möglichkeiten, Überstunden abzubauen bzw. zu verhindern oder durch eine gleichmäßigere Verteilung der Arbeitsbelastung erreicht werden (vgl. Strauss 2012a). Demgegenüber ist es nicht ausreichend, lediglich Leitbilder zu formulieren oder die äußeren Bedingungen bzw. Verhältnisse zu ändern, ohne dies durch entsprechende verhaltensverbessernde Personalentwicklungsmaßnahmen zu unterstützen. Das Ganze sollte durch eine Stabilisierung der inneren mentalen Haltung bzw. der Veränderung von inneren Einstellungen untermauert werden (vgl. Strauss 2012a).

Hierbei kommt den Führungskräften und ihrer persönlichen Weiterentwicklung eine bedeutende Rolle zu (vgl. Europäisches Netzwerk zur betrieblichen Gesundheitsförderung 2014; Strauss 2012a). Sie tragen sowohl die Verantwortung für eine gute Selbstführung im Sinne ihrer Vorbildfunktion, als auch für eine erfolgreiche Mitarbeiterführung. Salutogenes Führen ist somit als Kompetenz zunehmend gefragt (vgl. Schneider 2014; Strauss 2012b). Stressbedingte Erkrankungen bis hin zum Burnout-Syndrom können durch ein ganzheitlich und nachhaltig praktiziertes BGM-Konzept vermindert werden. Wesentlich ist hierbei nicht eine punktuelle, sondern eine kontinuierliche Gesundheitsförderung. Zum einen kann die Resilienz gestärkt oder eine bessere Work-Life-Balance geschaffen werden, zum anderen ist dies im Arbeitsalltag durch die Vorgesetzten jeden Tag vorzuleben. Die direkten Führungskräfte haben auf diese Weise eine zweifache Funktion zu erfüllen: Zum einen müssen sie mit guten Beispiel vorangehen, und zum anderen sind entsprechende Weiterentwicklungsbestrebungen ihrer Mitarbeiter/innen zu unterstützen. Es liegt in ihrer Verantwortung, die Leitlinien der Unternehmensführung mitzugestalten und umzusetzen, d.h. für die Einhaltung der Verhältnisverbesserungen zu sorgen. Konkret bedeutet dies, dass es nicht zielführend ist, seine Mitarbeiter/innen zur Entspannung in ein Seminar für autogenes Training zu entsenden, sie jedoch gleichzeitig durch viele Überstunden und ungleich verteilte Arbeitsbelastungen an den Rand ihrer gesundheitlichen Leistungsfähigkeit zu bringen.

Im Führungsalltag müssen die beiden Säulen des BGM stets auf neue miteinander vereinbart werden. Die aktive Einbeziehung und Beteiligung der Mitarbeiter/innen ist ebenso wichtig, denn nur ein von der breiten Mehrheit getragenes BGM-Konzept kann in der Unternehmenskultur verankert und mit Leben gefüllt werden. Führungskräfte fungieren hier oftmals als eine Art Coach für ihre Mitarbeiter/innen. Es gilt, erste Anzeichen von Überlastung und Burnout zu erkennen und im Arbeitsalltag gemeinsam Strategien zu entwickeln. Ein Unternehmen ist somit gut beraten, seine Führungskräfte als Seismographen und Multiplikatoren in den Fokus seines BGM-Konzepts zu stellen und insbesondere entsprechende Weiterbildungsangebote speziell für diese Zielgruppe anzubieten. An dieser Stelle nennt Strauss (2012a) Kommunikationstrainings, Coaching-Maßnahmen sowie die Möglichkeit, sich selbst als Coach für die Mitarbeiter/innen ausbilden zu lassen, um dadurch noch besser gesundheitsschädliche Faktoren wie z.B. übermäßigen Perfektionismus bei den Mitarbeiter/innen erkennen und präventiv beheben zu können, bevor es zu stärkeren Stressbeeinträchtigungen oder gar zum Burnout kommt. Mit dem Thema der Bewältigung psychischer Belastungen, ihrer Erkennung und den wichtigsten Verhaltensregeln sollte sich eine Führungskraft ebenfalls auskennen (vgl. Strauss 2012b).

Vor dem Hintergrund dieser vielfältigen Anforderungen ist es notwendig, dass die Personalentwicklung die Führungskräfte in ihrer diesbezüglichen Kompetenzentwicklung unterstützt. Das Ziel dieser Unterstützung sollte die Herausbildung von salutogener Führungskompetenz sein.

Salutogene Führung bedeutet in diesem Zusammenhang die präventive Beseitigung betrieblicher Risikofaktoren für psychische Erkrankungen bei gleichzeitiger Schaffung von gesundheits- und motivationsfördernden Arbeitsbedingungen. Dies beinhaltet die Aufgabe, sowohl durch angemessenes Führungsverhalten in Form von kommunikativer Kompetenz und Empathie, als auch durch die Schaffung geeigneter Verhältnisse bzw. Randbedingungen die psychische Gesundheit der Mitarbeiter/innen präventiv zu unterstützen (vgl. Strauss 2012b).

3. Theoretische Grundlagen II:

Coaching als Personalentwicklungsmaßnahme

Zunächst werden die Merkmale und Ziele von Coaching dargestellt, um daraus eine Definition von Coaching abzuleiten. Darauf aufbauend werden der Ablauf und die Besonderheiten verschiedener Coaching-Formen vorgestellt. Diese Grundlagen sollen in den folgenden Kapiteln dazu dienen, einen Bezug zu den im vorigen Kapitel geschilderten Herausforderungen, Kompetenzanforderungen und Problemfeldern für Nachwuchsführungskräfte herzustellen und eine Beurteilung des Coachings als Instrument der Personalentwicklung ermöglichen.

3.1 Merkmale und Ziele von Coaching in Unternehmen

Eine einheitliche Definition für Coaching als Personalentwicklungsmaßnahme ist in der Fachliteratur angesichts der ausgedehnten Verwendung des Begriffs nicht zu finden. Coaching wird sehr häufig als individuelle (vgl. Bönning 2012; Rotering-Steinberg/Steinmüller 2012; Weidemann 2012) bzw. zielgruppenorientierte (vgl. Rotering-Steinberg/Steinmüller 2012), freiwillige (vgl. Rotering-Steinberg/Steinmüller 2012; Weidemann 2012), zeitlich begrenzte (vgl. Rotering-Steinberg/Steinmüller 2012; Weidemann 2012;) und zielorientierte (vgl. Bönning 2012; Tschumi 2014; Weidemann 2012) Maßnahme beschrieben. Die Grundlage bildet eine partnerschaftliche Beziehung (vgl. Tschumi 2014) und ein offenes, vertrauensvolles Verhältnis (vgl. Weidemann 2012). Der Coach1 dient hierbei als „sozialer Spiegel“ (Bönning 2012, S. 1) und bietet Hilfe zur Selbstverantwortung bzw. Selbsthilfe sowie zum Entwickeln von Handlungsalternativen (vgl. Becker 2013; Rotering-Steinberg/Steinmüller 2012; Tschumi 2014; Wallner 2012). Als Ziel des Coachings wird die Veränderung von Wissen bzw. Fähigkeiten , von Verhalten und von Einstellungen bzw. der Persönlichkeit (vgl. Weidemann 2012) genannt. Dies sind die drei Ebenen, auf denen Coaching stattfindet. Des Weiteren zielt es auf eine Verbesserung der Arbeitsresultate und eine Effizienzsteigerung des Unternehmens auf der einen und auf die Persönlichkeitsentwicklung (vgl. Bönning 2012; Tschumi 2014) auf der anderen Seite. Dabei unterscheiden sich die Auffassungen bezüglich des Anwendungsbereiches von Coaching. Zum einen wird der organisatorische Kontext hervorgehoben, d.h. die Ausrichtung an Entwicklungszielen des Unternehmens (vgl. Bönning 2012; Weidemann 2012), in anderen Sichtweisen sind private Ziele mit eingeschlossen (vgl. Rotering-Steinberg/Steinmüller 2012). Da die Persönlichkeitsentwicklung einen wesentlichen Bestandteil des Coaching-Prozesses darstellt, lassen sich sowohl Einflüsse aus Erfahrungen aus dem Privatleben als auch Auswirkungen auf dieses nicht ausschließen. Im Zentrum der hier betrachteten Maßnahmen steht der berufliche Kontext.

Aufgrund der in dieser Beschreibung enthaltenen Merkmale von Coaching lässt sich für die weiteren Ausführungen als eigene Arbeitsdefinition folgendes Verständnis von Coaching ableiten:

Coaching ist eine individuelle, freiwillige, zeitlich begrenzte und zielorientierte Personalentwicklungsmaßnahme, welche in einem partnerschaftlichen, von Vertrauen und Offenheit geprägten Verhältnis zwischen Coach und Coachee Hilfe zur Selbsthilfe sowie die Möglichkeit zur Entwicklung von Handlungsalternativen bietet und eine Veränderung auf drei Ebenen – des Wissens, des Verhaltens und der Einstellungen – im Hinblick auf die persönliche Weiterentwicklung im unternehmerischen Kontext zum Ziel hat.

Für die Durchführung eines effektiven Coachings ist die Orientierung an einem Ziel erforderlich (vgl. Weidemann 2012). Dieses kann allgemeiner oder konkreter Natur sein. Typische Coaching-Ziele sind beispielsweise die Befähigung zur Selbstreflexion, die Erweiterung der sozialen Kompetenz oder des Verhaltensrepertoires, die Vorbereitung auf neue Aufgaben oder auf betriebliche Veränderungsmaßnahmen sowie die generelle Verbesserung von Management- oder Führungskompetenzen (vgl. Bönning 2012). Oftmals werden im Rahmen eines Coachings auch konkretere Kompetenzentwicklungsziele formuliert (vgl. Weidemann 2012), wie z.B. die Verbesserung der Konfliktfähigkeit oder die Förderung der Kommunikationskompetenz.

[...]


1 Aufgrund der englischsprachigen Herkunft der Begriffe “the Coach“ und „the Coachee“ werden diese als Fachbegriffe geschlechtsneutral verwendet und stehen somit gleichzeitig für die weibliche und die männliche Form.

Fin de l'extrait de 76 pages

Résumé des informations

Titre
Ist Coaching für die Entwicklung von Führungskompetenzen geeignet? Anforderungen und Problemfelder des Coachings für Nachwuchsführungskräfte
Université
University of the Federal Armed Forces München  (casc)
Note
1,3
Auteur
Année
2018
Pages
76
N° de catalogue
V1234948
ISBN (ebook)
9783346662736
ISBN (ebook)
9783346662736
ISBN (ebook)
9783346662736
ISBN (Livre)
9783346662743
Langue
allemand
Mots clés
Kompetenzentwicklung, Kompetenz, Coaching, Führungskräfte, Change Management, Personalentwicklung, BGM, Herausforderungen, Führungsherausforderungen, Führungskräftenachwuchs, Training, Betriebliches Gesundheitsmanagement, Unternehmenskultur
Citation du texte
Katharina Schaefer (Auteur), 2018, Ist Coaching für die Entwicklung von Führungskompetenzen geeignet? Anforderungen und Problemfelder des Coachings für Nachwuchsführungskräfte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1234948

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