Die Ritualtheorien von Arnold van Gennep, Victor Turner und Mary Douglas. Rituale am Beispiel der katholischen Bestattung


Dossier / Travail, 2016

21 Pages, Note: 1,7

Anonyme


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Ritual
2.1 Definition und Funktion
2.2 Aden von Ritualen

3. Ritualtheorien
3.1 Arnold van Gennep: „Ubergangsriten“
3.2 VictorTurner: ,,Das soziale Drama"
3.3 Mary Douglas: „Symbolsystem und Gruppenidentitat"

4. Fallbeispiel: Die katholische Bestattung

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

Abstract

The aim of this paper is to analyse rituals and to find an appropriate definition, with the example of the catholic funeral. Hence the first part of the assignment will deal with an accurate definition of rituals. Furthermore the ritual theories of Arnold van Gennep, Victor Turner and Mary Douglas will be illustrated and explained. In the end the obtained results will be used to demonstrate the rituals oft the catholic funeral.

1. Einleitung

Rituale sind au&ergewohnliche soziale Phanomene, die stets eine wichtige Rolle im menschlichen Zusammenleben gespielt haben und in jeder Kultur zu finden sind. Sie lassen sich in fast jedem Bereich unseres Lebens entdecken und sind Teil unserer kulturellen Praxis geworden. Man kann sogar behaupten, dass es keine Gemeinschaft bzw. keine Gesellschaft gibt, die ohne Rituale lebt. Kein Wunder also, dass der Begriff „Rituale“ von verschiedensten Disziplinen, wie z.B. der Ethnologie, der Soziologie, der Psychologie, der Padagogik, der Religionswissenschaft, der Medienwissenschaft Oder den Politikwissenschaften etc. aufgegriffen und aus unterschiedlichen Perspektiven naher untersucht wurde.

Verband man Rituale und Riten fruher noch mit religiosen Zeremonien, wie Gottesdiensten, hat sich die Definition seit den letzten hundert Jahren deutlich verandert und urn ein vielfaches aufgeteilt. So lassen sich heute moderne soziale Rituale im Sport, der Werbung Oder auch in der Popularkultur finden. Aber erst seit der Einfuhrung der Psychologie und Soziologie als anerkannte Wissenschaften, wird der Begriff Ritual immer weniger mit der Kirche verbunden, sondern viel mehr als ein allgemeines menschliches Handeln und Verhalten verstanden. Nicht nur gibt es bedeutende Ereignisse im Lebenslauf, wie Geburten, Hochzeiten, Todesfalle, Geburtstage, Jubilaen, bestandene Prufungen Oder Pensionierungen, die mit Ritualen zelebriert werden, sondern auch alltagliche Rituale, die uns einen gewissen Halt in der Gesellschaft geben. So ist es z.B. fur uns ublich am Familientisch Mahlzeiten zu uns zu nehmen Oder bestimmte Freizeitaktivitaten zu unternehmen und diese immer erneut zu wiederholen.

Die Popularitat des Begriffs steigt seit dem her also stetig an und entwickelt dadurch eine immer gro&ere Bedeutungsvielfalt. Dabei sind die Rituale selbst einem standigen Wandel unterworfen. Sie konnen sich mit der Zeit verandern Oder erneuern und konnen dann schlie&lich in veranderter Gestalt wieder in die sich dauerhaft wandelnde Gesellschaft eintreten. Dazu wurden auch verschiedene Kulturtheorien entwickelt, die das Rituelle in der Gesellschaft und ihrer Kultur genauer untersuchen und beschreiben wollen. Dabei hat sich sogar ein eigener Teilbereich der Kulturwissenschaften, die ,,Ritual Studies", herausgebildet.

Deswegen sollen nun im Folgenden einige „Ritualtheorien“ erarbeitet und genauer erlautert werden. Dazu werden in knapper Form die Theorien von Arnold van Gennep, Victor Turner und Mary Douglas dargestellt. Dabei soil den Fragen nachgegangen werden, was Rituale uberhaupt sind und was sie fur uns eigentlich leisten, da sie ein grower Teil des gesellschaftlichen Lebens sind. Ziel soil es dabei auch sein, die Bedeutung des Rituellen fur das Religiose bzw. das Katholische aus soziologischer Sicht herauszuarbeiten. Deswegen soil in dieser Arbeit ebenfalls, anhand des Beispiels „katholische Bestattung", die Relevanz und Erneuerung religioser Rituale geklart werden.

2. Das Ritual

2.1 Definition und Funktion

Bei der gro&en Anzahl an verschiedenen Disziplinen, die sich mit Ritualen beschaftigen, gestaltet es sich als schwierig eine genaue Definition vorzunehmen. Der ursprunglich in der Religion entstandene Begriff wurde von anderen Fachgebieten aufgenommen und auf ihre Definitionen ubertragen. So spricht die Ethologie beispielsweise von Ritualen im Zusammenhang mit tierischen Verhaltensmustern Oder die Psychologie von Zwangshandlungen. Die Padagogik verwendet hingegen Rituale, wie Vorlesen und Singen, urn eine Art Geborgenheits- bzw. Gemeinschaftsgefuhl der Anwesenden herzustellen. Au&erdem wird das Problem, eine allgemein anerkannte Definition zu formulieren, durch die Vielzahl der unterschiedlichen kulturgepragten Formen und Umsetzungen von Ritualen noch zusatzlich erschwert. Die Frage ist dabei auch immer, inwieweit man heute in den verschiedenen Fachbereichen indirekt Religion antrifft.

Um ein besseres Verstandnis des Ritual Begriffs zu generieren, wird hier zunachst die lateinische Ubersetzung des Wortes „Ritus“ aufgefuhrt. Demnach bedeutete Ritus soviel, wie „religiose Vorschrift; Zeremonie; Brauch; Sitte; Gewohnheit" (Stowasser 1994: 447).

In der modernen Gesellschaft haben sich die herkommlichen Strukturen von religiosen Ritualen weitestgehend aufgelost und sakularisiert (vgl. Brosius 2013: 197). Trotzdem gibt es nach wie vor traditionelle Rituale, wie z.B. Familienrituale, feierliche Zeremonien, Konventionen, Hochzeiten Oder Trauerfeiern. Dabei konnen heute auch Massenereignisse wie Sportevents, Musikkonzerte Oder Festivals mit dem Ritual Begriff verbunden werden. Durch den gemeinschaftlichen Charakter dieser Rituale wird auch gleichzeitig der Gruppenzusammenhalt gefordert und eine einfachere Verstandigung untereinander wird ermoglicht. Damit bieten Rituale uns Anknupfungsstellen, urn mit anderen Menschen zusammen zu kommen, zu kommunizieren, andere wahrzunehmen und ein Gefuhl der Zusammengehorigkeit zu erleben. Insgesamt sorgen sie somit auch fur eine Starkung und Bildung von gemeinschaftlichen Gruppen, da sie „solidarisierend, kontrollierend, hierarchisierend Oder stabilisierend" wirken konnen (Brosius 2013: 40).

Dies fasst Bernhard Lang in folgendem Zitat treffend zusammen:

Ritual ist der Oberbegrifffur „religiose Handlungen, die zu bestimmten Gelegenheiten in gleicher Weise vollzogen werden, deren Ablauf durch Tradition Oder Vorschrift festgelegt ist, und die aus Gesten, Worten und dem Gebrauch von Gegenstanden bestehen mogen“ (Lang 1998: 442).

Heute jedoch kann man festhalten, dass Rituale etwas sind, das jeder Mensch hat. Sie sind also nicht nur fur das menschliche Miteinander verantwortlich und fordern das Gemeinschaftsgefuhl, sondern bestimmen, durch personliche Rituale, auch das individuelle Verhalten. Oft sind diese Rituale aber fur uns ganz selbstverstandlich und unbewusst. Wir fuhren sie automatisch aus, ohne noch genauer daruber nachzudenken. Rituale sind also auch Handlungen bzw. menschliches Verhalten, das wir immer wieder auf eine bestimmte Art und Weise ausfuhren. Dabei haben die Rituale fur uns selbst haufig eine viel hohere Bedeutung als fur andere. Ihre Bedeutung wird u.a. auch durch ihre kulturelle Einbindung bedingt. Die Kultur einer Gesellschaft strukturiert somit Rituale und macht damit die Bedeutung einer Handlung sichtbar und nachvollziehbar (vgl. Brentrup 2015: 22). Rituale bilden aus diesem Grund vorgefertigte Handlungsablaufe, indem sie z.B. auch bekannte Symbole verwenden. Trotzdem konnen sich Rituale auch verandern und unbekannten Situationen anpassen.

Au&erdem unterstutzen sie uns dabei, unseren Tag zu strukturieren und zu ordnen. So hilft uns z.B. ein bestimmtes Aufwach- und Weckritual in der Fruh, gut in den Tag zu starten und nicht jeden Tag neu zu uberlegen, wie wir am Besten aufstehen sollen. Oder wir sind beispielsweise als Kinder gewohnt von den Eltern ins Bett gebracht zu werden und konnen ohne unser Gutenachtritual nicht schlafen. Somit sind Rituale auch oft an Orte und Raume gebunden.

Die Funktion von Ritualen besteht also darin, uns ein Gefuhl der Verlasslichkeit, Geborgenheit, Sicherheit, Ordnung zu geben und uns Erklarungen zu liefern. Dabei kontrollieren und intensivieren siefolglich unsere individuellen Emotionen.

Ebenfalls helfen sie uns dabei komplexe lebensweltliche Situationen und Aufgaben zu bewaltigen und uns, durch Wiederholungen, eine gewisse Routine zu verleihen. So vermitteln uns z.B. wochentliche Konferenzen auf der Arbeit Oder regelma&ige Besuche in der Familie, Halt und Orientierung. Sie ermoglichen dadurch auch Kommunikation und strukturieren sowohl zeitliche, als auch soziale Ablaufe. Rituale wie z.B. Begrabnisse und Grabbeigaben verweisen au&erdem auf den Glauben an eine transzendente Wirklichkeit und das Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit, welche durch das rituelle menschliche Handeln gepragt ist (vgl. Brentrup 2015: 22). Weiterhin sind Rituale soziale Praktiken, die z.B. auch den Ubergang bzw. eine Schwelle in neue Lebensphasen/Lebensabschnitte Oder in neue Rollen markieren und diese ermoglichen konnen. Deswegen konnen Rituale auch als ein Mittel zur Angstreduzierung und zur Bewaltigung von Krisen und Ubergangen gesehen werden (vgl. Brosius 2013: 40). Da das rituelle Handeln auch durch den sozialen bzw. gesellschaftlichen Kontext beeinflusst wird, sind Rituale auch von Werten, Konvention und Regeln einer Gesellschaft abhangig und haben damit auch eine identitatsbildende Funktion (vgl. Belliger/Krieger 2013: 31). Ihre Bedeutung druckt sich beim Ausfuhren eines Rituals auch durch bestimmte Bewegungsarten, Gesten, Mimik usw. aus. Au&erdem konnen auch Kleidung, Sprache Oder spezifische Zeichen eine Rolle beim Verstandnis bestimmter Rituale spielen. Trotzdem konnen Rituale auch falsch gedeutet und interpretiert werden.

Dabei gibt es auch Unterschiede bei der Offenheit der Durchfuhrung von Ritualen. Wo manche Rituale extrem formalisiert ablaufen, konnen andere sich in ihrem Ablauf standig andern. Der Begriff Ritual wird daher auch oft mit dem Begriff der Routine, Sitte Oder dem Brauch gleichgesetzt.

Zudem sind Rituale kulturell, historisch und regional gepragt und sind deswegen auch nur in ihren zugehorigen Kontexten zu verstehen. Daher kann das Untersuchen von Ritualen auch ein geeigneter Weg sein, urn eine Kultur besser zu verstehen und kennen zu lernen.

Schafer und Wimmer haben dazu eine passende zusammenfassende Definition formuliert: „Rituale gelten als kulturelle Au&erungen, die ihren Sinn in der Erhaltung und Bestatigung, der Festigung und Bekraftigung sozialer Oder kultureller Ordnungen haben.

[...]

Fin de l'extrait de 21 pages

Résumé des informations

Titre
Die Ritualtheorien von Arnold van Gennep, Victor Turner und Mary Douglas. Rituale am Beispiel der katholischen Bestattung
Université
LMU Munich  (Soziologie)
Note
1,7
Année
2016
Pages
21
N° de catalogue
V1239643
ISBN (ebook)
9783346665249
ISBN (Livre)
9783346665256
Langue
allemand
Mots clés
ritualtheorien, arnold, gennep, victor, turner, mary, douglas, rituale, beispiel, bestattung
Citation du texte
Anonyme, 2016, Die Ritualtheorien von Arnold van Gennep, Victor Turner und Mary Douglas. Rituale am Beispiel der katholischen Bestattung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1239643

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