Direkte / partizipative Demokratie: Beteiligung, Bürgerentscheid, neue Beteiligungsformen und Strukturen

Bürgerkommune


Essay, 2005

22 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abstrakt

1 Einführung

2 Bürger-Kommune in der neuen kommunalpolitischen Situation

3 Formen der Demokratie
3.1 Mittelbare und unmittelbare Demokratie
3.1.1 Definition
3.1.2 Unmittelbare (direkte) Demokratie
3.1.3 Mittelbare (repräsentative) Demokratie
3.2 Formen der Demokratie auf kommunaler Ebene
3.2.1 Bisherige Ausgestaltung
3.2.2 Neuer Mix aus repräsentativer, direkter und kooperativer Demokratie

4 Formen und Gegenstand der unmittelbaren demokratischen Bürgerbeteiligung
4.1 Beteiligungsformen klassifiziert nach Entscheidungszuständigkeit
4.1.1 Beteiligungsformen ohne Entscheidungszuständigkeit
4.1.2 Beteiligungsformen mit Entscheidungszuständigkeit
4.2 Gegenstände der Beteiligungsformen
4.2.1 Entscheidungen im Selbstverwaltungsbereich
4.2.2 Entscheidungen der Kommunen als Teil der Staatsverwaltung
4.3 Beteiligungsformen mit Entscheidungszuständigkeit
4.3.1 Bürgerbegehren und Bürgerentscheid als neuere Beteiligungsformen
4.3.1.1 Zur Institution im allgemeinen
4.3.1.2 Bürgerbegehren
4.3.1.3 Bürgerentscheid
4.3.1.4 Gegenstand von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid
4.3.2 Bürgermitwirkung durch Wahlen
4.3.3 Bürgermitwirkung in Ausschüssen

5 Die unmittelbare demokratische erweiterte Bürgerbeteiligung am Beispiel Niedersachsens

6 Allgemeine Thesen zur Entwicklung der Bürgerbeteiligung

7 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abstrakt

Im Zuge der Wandlung der Erwartungen von Bürgern gegenüber Entscheidungsträgern im Staat und insbesondere in den Kommunen wird die Frage aufgeworfen, inwieweit welche Demokratie- und Mitbestimmungsmodelle zumindest auf kommunaler Ebene eingeführt werden können, um den Transfer vom Konsumenten zum Mitgestalter realisieren zu können. Das Schlagwort der Bürgerkommune ist in aktuellen Forschungsarbeiten sowie den Ausarbeitungen der Kommunen vorherrschend. Diese Arbeit geht den Fragen nach, was unter der Bürgerkommune zu verstehen ist, und welche möglichen Formen diese mit sich bringt, um den Bürgern in der vorherrschenden Form der Demokratie erweiterte Beteiligungsrechte einzuräumen.

1 Einführung

Die Entwicklung der verfassungsrechtlichen Rahmensetzung für kommunale Politik und Demokratie bietet seit den frühen 90-er Jahren ein verfassungs- und kommunalpolitisch wie auch politik- und kommunalwissenschaftlich neues Bild. Schritt die Entwicklung landesgesetzlicher Regelungen über Jahrzehnte nur langsam voran, so hat sie seit Beginn dieses Jahrzehnts enorm an Schnelligkeit gewonnen. Die Länder schritten mit dem Einsatz von dialogorientierten Beteiligungsverfahren wie beispielsweise im Rahmen der Lokalen Agenda 21 (zur Erläuterung hierzu vgl. Plamper 2000: 13), mit der Einführung der kommunalen Referenden (wie dem Bürgerentscheid) und der Direktwahl von Bürgermeister und Landrat zur direkt-demokratischen Auf- und Umrüstung ihrer Kommunalverfassungen (vgl. Bogumil 2005: 128). So wurden beispielsweise in Niedersachsen erst mit der Kommunalverfassungsreform von 1996 die kommunalpolitischen Instrumente wie Bürgerbegehren und –entscheid geschaffen.

Um einigermaßen gesicherte Aussagen über deren langfristige Auswirkungen auf die kommunale Politik- und Verwaltungswelt zu machen, ist die bisherige Bestands- und Wirkungszeit der neuen Regelungen einfach zu kurz. Bei einem Rückblick auf bis dato gemachte Erfahrungen und auf die vorliegenden Informationen bezüglich der neuen direktdemokratischen Regelungen ist festzustellen, dass diese eine tief greifende Verschiebung der politischen Gewichte im kommunalverfassungsrechtlichen und kommunalpolitischen Dreieck von Gemeindebürger („direkt-demokratischem lokalem Souverän“), Kommunalvertretung (repräsentativ-demokratischem Kommunalparlament) und Verwaltung, insbesondere der Verwaltungsspitze (kommunaler Exekutive) auslösen. Auf diese Neugestaltung des Kräftedreiecks zielt die Bürgerkommune, die seit Ende der neunziger Jahre zunehmend als Leitbild für die Kommunalverwaltung und -vertretung in die Modernisierungsdiskussion eingebracht wurde (vgl. Bogumil 2005: 128 f.). Sie ermöglicht dem Bürger aktiv am kommunalpolitischen Geschehen teilzunehmen und mitzuentscheiden.

In der nachfolgenden Arbeit wird in diesem Zusammenhang auf zwei wesentliche Fragen eingegangen: erstens, was unter der Bürgerkommune zu verstehen ist, zweitens, welche möglichen Formen diese mit sich bringt, um den Bürgern in der vorherrschenden Form der Demokratie erweiterte Beteiligungsrechte einzuräumen.

Ausgehend von der neuen kommunalpolitischen Situation wird in Kapitel 2 der Begriff der Bürgerkommune erläutert.

Kapitel 3 befasst sich mit den Formen der Demokratie, die sich in der Bürgerkommune neu zusammensetzen.

Kapitel 4 analysiert auf Basis des neuen Demokratieverständnisses, welche Formen der Bürgerbeteiligung die Bürgerkommune ermöglicht, was diese zum Gegenstand haben und welche Bedeutung Bürgerentscheid und Bürgerbegehren insoweit zukommt.

Als Gegenüberstellung zu den theoretischen Ausführungen wird in Kapitel 5 in kurzer Form die erweiterte Bürgerbeteiligung in Niedersachsen betrachtet.

In Kapitel 6 werden abschließend Vorschläge als allgemeine Thesen über die unmittelbare demokratische Bürgerbeteiligung vorgestellt und in Kapitel 7 die wichtigsten Ergebnisse kurz zusammengefasst und deren Bedeutung nochmals hervorgehoben.

2 Bürger-Kommune in der neuen kommunalpolitischen Situation

Für „Kommune“ findet sich in Lexika neben mehreren Bedeutungen unter anderem die der politischen Gemeinde. Die gesetzliche Bedeutung der „Kommune“ ist die nach der Gemeindeordnung festgelegte Gebietskörperschaft Gemeinde, Stadt, Kreis.

Bürger entwickelten sich seit dem Mittelalter zu den vollberechtigten Einwohnern einer Stadt mit Rechten und Pflichten. „Von einem Bürger spricht man, im Gegensatz zum Einwohner, bei jemanden der das Bürgerrecht besitzt. Das Bürgerrecht ist das Recht und die Pflicht zur Teilnahme am poltischen Leben eines Gemeinwesens“ (http://www.lexexakt.de/glossar/buerger.php).

Im Hinblick auf „Bürgerkommune“ gibt es in der Literatur vorerst divergierende Ansichten. So wirken nach Plamper in einer Bürgerkommune „... Menschen, private und öffentliche Institutionen, darunter die Kommune, bezogen auf ein kommunales oder regionales Territorium freiwillig, zur Förderung des Gemeinwohls gleichberechtigt, kooperativ und sich ergänzend (Koplanung und Koproduktion) zusammen. Niemand ist ausgeschlossen“ (Plamper 2000: 27).

Im Vergleich dazu definiert Bogumil in Anlehnung an Banner die Bürgerkommune als ein neues Zusammenspiel von repräsentativen, direkten und kooperativen Demokratieformen (vgl. Bogumil 2004e: 2). Gründe hierfür lassen sich aus den einzelnen Begriffserklärungen schließen, auf die in Kapitel 3 eingegangen wird.

Beiden Erklärungsversuchen zur Bürgerkommune ist gemeinsam, dass die Partizipation des Bürgers zum Ausdruck gebracht wird. Partizipation beinhaltet „... Möglichkeiten, die Bürger stärker in Entscheidungsprozesse bei Verwaltungsentscheidungen einzubeziehen ...“ (http://www.lexexakt.de/glossar/partizipation.php) mittels Beteiligungsformen wie dem Bürgerantrag und Bürgerbegehren. Die Möglichkeiten der Partizipation tragen zu einer deutlichen Veränderung der politischen Handlungslogik im kommunalen Raum bei.

So kommt dem Bürger in der Gesellschaft eine dreifache Rolle zu. Als politischer Auftraggeber nimmt der Bürger die Auftraggeberposition über Stimmzettel wahr, indem er eine Partei seiner persönlichen Präferenz wählt. Er kann somit die Möglichkeit wahrnehmen, stärker an der demokratischen Willensbildung und Revitalisierung der Demokratie teilzunehmen. Die Auftraggeberrolle ist von zentraler Bedeutung.

Ferner tritt er als Koproduzent bei der Leistungserstellung dann in Erscheinung, wenn er am Produktionsprozess der öffentlichen Leistung beteiligt ist.

Als letztere Rolle nimmt der Bürger die des Adressaten der Leistungserstellung ein (vgl. Bogumil 1999b: 3ff.). Er ist Endverbraucher – der bereitgestellten öffentlichen Güter – der Verwaltung oder der von ihr beauftragten externen Stellen.

Die drei Beteiligungsrollen, die in der Literatur auch als „die Säulen der Bürgerkommune“ bezeichnet werden, sind im unterschiedlichen Maße dazu geeignet, die fünf Ziele der Bürgerkommune (Akzeptanz seitens der Bürger, Demokratisierung, Solidarität, Effizienz und Effektivität politischen Handelns) zu realisieren (vgl. Bogumil 2005: 130).

3 Formen der Demokratie

3.1 Mittelbare und unmittelbare Demokratie

3.1.1 Definition

Der Begriff Demokratie kommt aus dem Griechischen im Sinne von Macht, Herrschaft, Kraft, Stärke und wurde ursprünglich von Aristoteles abwertend im Sinne von „Herrschaft des Pöbels“ benutzt. Sie bezeichnete zunächst die direkte Volksherrschaft. Heute wird Demokratie als Sammelbegriff für Regierungsformen gesehen, deren Herrschaftsgrundlage aus dem Volk abgeleitet wird (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Demokratie). Das Volk, d.h. jeder Bürger, ist Inhaber und Träger der Staatsgewalt. „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“ (Art. 20 Abs. 2 GG).

Der Grundgedanke der Demokratie liegt darin, dass das Volk als „Urquell“ aller staatlichen Macht und alle Staatsbürger als gleichberechtigt angesehen werden. Demokratie ist nach herrschender Meinung die gleichberechtigte Teilnahme aller an der gemeinsamen Regelung der gemeinsamen Aufgaben und strebt nach einer Identität von Regierten und Regierenden. Unter den verschiedensten Erscheinungsformen der demokratischen Staatsform werden im Rahmen dieser Arbeit nur die wesentlichen beleuchtet. Dazu gehören die Einteilung in unmittelbare (direkte) und mittelbare (repräsentative) Demokratie, sowie die Untergliederung der mittelbaren Demokratie in das parlamentarische und präsidiale System.

3.1.2 Unmittelbare (direkte) Demokratie

Kennzeichnend für die unmittelbare Demokratie ist, dass die endgültige Entscheidungen über Personen (Plebiszite) und Sachfragen (Referendum) von der Aktivbürgerschaft, dem überwiegenden Teil der Gesamtbevölkerung grundsätzlich selbst, unmittelbar getroffen werden. Die Bürger nehmen direkt an der Staatstätigkeit teil und üben die Staatsgewalt weitgehend selbst aus (vgl. Wehling 1998: 31). Demokratie umfasst politische Entscheidungsverfahren und Formen der Bürgerbeteiligung, bei denen in der Regel ausgewählte politische Themenbereiche direkt durch Volksabstimmungen entschieden werden können. Da aber eine unmittelbare Demokratie nur dort vertretbar ist, wo überschaubare Verhältnisse bestehen, ist diese Staatsform fast ausgestorben. So kommt direkte Demokratie auf Bundesebene kaum vor. Einzige Ausnahme ist die Änderung von Landesgrenzen, die gemäß Artikel 29 GG der Zustimmung des Volkes bedarf. Die deutschen Länder verfügen in meist geringem Maße über direkte Demokratie. Lediglich Bayern weist weitgehende direktdemokratische Elemente auf Landes- und Kommunalebene auf. Demokratische Staatsformen sind heute in der Regel als mittelbare Demokratien (repräsentative Demokratie) ausgestaltet.

3.1.3 Mittelbare (repräsentative) Demokratie

Bei der mittelbaren Demokratie, die in der Bundesrepublik Deutschland vorherrscht, bleibt das Volk Inhaber der Staatsgewalt. Die Ausübung der Staatsgewalt wird jedoch von Repräsentanten (Vertretern), die von den Bürgern eines Staates durch Wahlen dazu legitimiert sind, wahrgenommen (vgl. Art. 20 Abs. 3 GG). Hierbei gibt es für den Bürger keine Möglichkeit, jenseits der Wahlen selbst einen unmittelbaren Einfluss auf die Wahrnehmung der Staatsgewalt auszuüben. Ausnahmen hiervon müssen ausdrücklich in der Verfassung selbst zugelassen sein, wie etwa in Art. 29 GG.

Die bisherige Unterscheidung beantwortet lediglich die Frage, ob die Ausübung der Staatsgewalt unmittelbar beim Volk liegt oder durch Repräsentanten wahrgenommen wird. Geht man der Frage nach, wie die Ausgestaltung innerhalb der mittelbaren Demokratie zwischen dem Parlament (Gesetzgebungsorgan) und der Regierung (Exekutivorgan) aufgeteilt ist bzw. wie das Verhältnis zwischen diesen beiden Gewalten festgelegt ist, ist weiter zu unterscheiden zwischen parlamentarischer und präsidialer Demokratie. Bei der parlamentarischen Demokratie hat die Volksvertretung (Parlament) entscheidenden Einfluss auf Bildung und Tätigkeit der Regierung (parlamentarisches Prinzip). Bei der Präsidialdemokratie hingegen wird der Staatspräsident als das wichtigste Exekutivorgan vom Volk gewählt und deshalb ist diese weitgehend dem Einfluss des Parlaments entzogen.

3.2 Formen der Demokratie auf kommunaler Ebene

3.2.1 Bisherige Ausgestaltung

Während auf der staatlichen Ebene das Wortlautargument des Art. 20 Abs. 2 GG von einer Mindermeinung in der Literatur als Argument für die Möglichkeit von Plebisziten gesehen wird, kann der Bürgerschaft auf der kommunalen Ebene gemäß Art. 28 Abs. 1 S. 4 GG ein endgültiges Urteil zugetraut werden (vgl. Wehling 1998: 31).

Durch Art. 28 Abs. 1 S. 4 GG ist dem Landesgesetzgeber die Möglichkeit gegeben, an die Stelle der gewählten Vertretungskörperschaft die Gemeindevertretung treten zu lassen. Mutius stellt fest, dass in Artikel 28 Abs. 1 Satz 2 GG das repräsentative Element auf kommunaler Ebene zwar sehr stark betont wird, Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG jedoch mit dem Hinweis auf Bürgerversammlungen das Grundgesetz für unmittelbar demokratische Ansätze öffnet (vgl. von Mutius 1980: 213, 226). Die herrschende Meinung in der Rechtsprechung geht davon aus, dass das Homogenitätsprinzip aus Art. 28 GG den Landesverfassungen und den Kommunalordnungen einen erheblichen Spielraum dahingehend einräumt, auch unterhalb der Schwelle der grundgesetzlichen Vorgaben unmittelbar demokratische Ausformungen vorzunehmen. Durch Art. 28 Abs. 1 GG wird eine Bedingung für die Länder geschaffen, die lediglich den Grundsatz des repräsentativen Systems fordert. Durch Vorschriften des Landesrechtes kann das Prinzip der repräsentativen Demokratie ausgestaltet und ergänzt, das heißt durch plebiszitäre Elemente modifiziert werden (vgl. Nawiasky 1952: 33, 43, 51).

[...]

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Direkte / partizipative Demokratie: Beteiligung, Bürgerentscheid, neue Beteiligungsformen und Strukturen
Untertitel
Bürgerkommune
Hochschule
Hochschule Osnabrück
Veranstaltung
Kommunalpolitik
Note
2,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
22
Katalognummer
V124764
ISBN (eBook)
9783640611416
ISBN (Buch)
9783640611393
Dateigröße
532 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Direkte, Demokratie, Beteiligung, Bürgerentscheid, Beteiligungsformen, Strukturen, Bürgerkommune
Arbeit zitieren
Diplom Kauffrau (FH) Katharina Schlosser (Autor:in), 2005, Direkte / partizipative Demokratie: Beteiligung, Bürgerentscheid, neue Beteiligungsformen und Strukturen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124764

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