Die Religion der Sklaven


Hausarbeit, 2008

16 Seiten, Note: 2,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Was Religion ist

III. Hauptteil
1. Kapitel – Hatten Sklaven überhaupt eine Religion?
2. Kapitel – Hatten Sklaven dieselbe Religion wie ihre Herren?
3. Kapitel – Wie ist die sakralrechtliche Stellung der Sklaven?

IV. Zusammenfassung

V. Quellen- und Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Diese Arbeit befasst sich mit dem Thema der Religion der Sklaven, dazu gehört eine Definition von Religion, um damit zu arbeiten. Dies werde ich im II. Teil behandeln, welches dann die Grundlage zur Beantwortung der sich hier zu stellenden Fragen ist. Das wird nötig, wenn man sich der Fragestellung zu dem oben genannten Thema annimmt. Was stellt man sich vor, wenn man an Sklaven und deren Religion denkt? Dazu hat jeder sicher seine eigenen Vorstellungen und wird sich viele Fragen stellen. Drei grundlegende Fragen möchte ich aufgreifen. Erstens: Hatten Sklaven überhaupt eine Religion? Zweitens: Hatten Sklaven dieselbe Religion wie ihre Herren? Und drittens: Wie ist die sakralrechtliche Stellung der Sklaven?

Das Sakralrecht bringe ich mit Absicht ein, um ein Kontrast zu zeigen, jedoch auch um eine allumfassende Sichtweise anzureißen. Zumindest von zwei Seiten soll diese Thematik betrachtet werden.

Um die Aussagekraft dieser Arbeit zu beurteilen, sollte noch ein Blick auf den Forschungsstand geworfen werden, welcher als relativ gut zu bezeichnen ist, da es seit den 50er Jahren die Reihe „Forschungen zur antiken Sklaverei“ der Universität in Mainz gibt. Die Standardwerke wie von Bömer [1], welches schon älter ist, stammen aus dieser Reihe. Neuere Literatur, ebenfalls aus dieser Reihe, gibt es zum rechtlichen Teil [2]. Hinzu kommen noch einige Übersichtwerke [3].

II. Was Religion ist

Da wir bereits das Problem der Definition von Religion in der Einleitung angerissen haben, wollen wir es nun näher betrachten. Im Neuen Pauly steht als Definition: „Religion bezeichnet ein System von gemeinsamen Praktiken, individuellen Glaubensvorstellung, kodifizierten Normen und theologischen Erklärungsmustern, dessen Gültigkeit zumeist auf ein autoritatives Prinzip oder Wesen zurückgeführt wird.“ [4]

Dies ist eine ziemlich abstrakte und allumfassende Definition, welches durch die Entwicklung der Religion und des Begriffes in der Neuzeit bedingt ist. Die Bedeutung und Deutung des Begriffes ist nicht konstant. So steht der Begriff heute für ein religiöses Gefühl [5] und wird als Oberbegriff verwendet, während in der Antike die vielen Feste integrativer Bestandteil waren bzw. sie die Religion erst definierten. Doch in der Antike (und auch im Mittelalter) beschränkte sich der Begriff, der seinen Ursprung im lateinischen Wort religio hat, auf den Bereich des gemeinsamen Handels. Die anderen Bereiche, wie z.B. der Privatkult oder die eigene Glaubenswelt, gehören trotzdem mit dazu, haben aber eigene Begriffe, wie z.B. ίερός/hierόs “mit den Göttern verbunden“, „heilig“ oder άγνός/hagnόs „rein“ im Griechischen und im Lateinischen sacer „den Göttern geweiht“ oder pietas „die rechte Einstellung“. Denn den einen Gesamtbegriff gab es damals nicht. Dies gilt für die lateinisch als auch griechisch geprägte Antike. Zu dieser speziellen Ausprägung passt die allgemeine Definition nicht, daher sollte er in Bezug auf die Antike präzisiert werden. Geeignet für Rom ist die Definition von John Scheid: „Die römische Religion war keine Universalreligion, sie war die Religion einer geschlossenen Gemeinschaft. Alle diejenigen, die nicht zu dieser sozialen Gruppe gehörten, wurden von den Göttern und den Kulten dieser Gemeinschaft nicht berührt.“ [6] Dieser Definition schließe ich mich an.

Wichtig ist die Gemeinschaft, der Einzelne stand nicht im Mittelpunkt der Religion.

III. Hauptteil – 1. Kapitel

Hatten Sklaven überhaupt eine Religion?

Nachdem wir nun die Problematik von Religion geklärt haben, wollen wir zum 1.Kapitel kommen.

Schon Homer äußerte sich zum Problem, ob Sklaven überhaupt eine Religion haben. Er war der Annahme, dass Zeus dem Menschen mit dem Tag seiner Knechtschaft die halbe Arete (Tugend/~Heil im Christentum) nehme [7]. Da ihnen nun eine Hälfte fehle, haben sie keine „heile Natur“ mehr, welches man Mana nennt. Dadurch werden sie zu halbwertigen Menschen, denen ihr Mana fehlt. Doch ist dieses unabdingbar für eine Religion, laut Homer, was zu dem Schluss führt, dass Unfreie keine Religion haben können. Somit würde dies auch bedeuten, dass Sklaven keine Gemeinschaft bilden könnten.

Bei Platon [8] ist dies ähnlich, doch meinte er, dass Sklaven viel tüchtiger seien als Freie, daher haben sie eine volle Arete, aber nur einen halben Nous (=Einsicht). Dies lässt sich so erklären, dass eine Unfreier zwar weiß was zu tun ist, sich aber dagegen sträubt. Da er nur einen halben Nous besaß, hatte er laut Überlegung Platons nur die Hälfte seiner Ousia, welche gleichbedeutend wie das Mana ist. Doch ob nun ihn oder Homer folgt, die Religion wurde den Sklaven abgesprochen. Damit waren sie nicht alleine, denn alle Scholiasten dachten so.

Doch dies ist nur die Theorie, denn schriftliche und inschriftliche Überlieferungen zeigen, dass auch Unfreie Götter verehrten, was die Behauptung von fehlender Religion widerlegt, zumindest im individuellen Bereich. Zudem zeigen diese auch, dass Freie im Alltag den Unfreien ihre Religion nicht abgesprochen haben und sie Kultrituale und -praktiken ausüben ließen [9]. Besonders viele Weihinschriften kommen aus Rom, welche sich auf Altären oder ähnlichem befinden. Man trifft sie hauptsächlich seit dem 2.Jh.v.Chr. an, während sie in

1. Kapitel – Hatten Sklaven überhaupt eine Religion?

Griechenland weniger häufig sind, was aber nicht am Fundmaterial liegt, welches schon reichlich vorhanden ist. Doch sind die griechischen Inschriften nicht so eindeutig tituliert wie die Römischen, weshalb viele nicht eindeutig einer bestimmten Personengruppe oder besser -stand zugeordnet werden können. Schuld daran ist die Doppeldeutigkeit im Griechischen, was ich an zwei Beispielen verdeutlichen möchte.

Erstes Beispiel ist eine Weihinschrift aus dem Gebiet von Kap Sunion [10], 4.Jh.v.Chr., wo 11 Stifter genannt werden:

Kadous, Beltion, Kallias, Mandion, Philon, Tibeios, Phanias, Stephanos, Elpinikos,

Agathokles und Syros.

Nun sind Namen wie Kallias oder Agathokles auch für freie Bürger bekannt, nur in Verbindung mit den anderen Namen lässt sich vermuten, dass es sich hier allesamt um Sklaven handelt, die eine Gemeinschaftsweihung [11] vollzogen. Der Fundort im Gebiet von Kap Sunion, welches in der Antike ein Bergbaugebiet war, lässt darauf schließen, dass es sich bei der gemeinsamen Weihung um Bergwerkssklaven handelte.

Das zweite Problem der griechischen Inschriften zeige ich am zweiten Beispiel auf. Eine zweisprachige Weihung auf der Insel Delos [12], um 100 v.Chr., nennt fünf Stifter:

Marcus Granius Heras, Diodotos, Apollonios, Prepon und Nikandros.

Ersterer war ein freigelassener Sklave, was erst aus der lateinischen Version mit M(arcus) Granius M(arci) l(ibertus) Heras deutlich wird. Auf Griechisch folgt der Familienname lediglich im Genetiv: Maarkos Granios Heras Markou (Μάαρκος Γράνιος Έρας Μάρκου) – wobei Markou sowohl Sohn des als auch Freigelassener des oder auch Sklave des Markus bedeuten kann. [13]

Nur durch die bilinguale Inschrift wird der Status der Person deutlich, was so nicht möglich ist. Darum können viele Inschriften nicht eindeutig zugeordnet werden, wodurch das Fundmaterial erheblich reduziert wird. Dennoch sind eindeutige Inschriften belegt, was für eine

1. Kapitel – Hatten Sklaven überhaupt eine Religion?

Kultausübung durch Sklaven sowohl im römisch als auch griechisch geprägten Teil spricht und den Besitz einer Religion, oder besser einer geschlossenen Gemeinschaft, bei Unfreien voraussetzt.

Belegt ist allerdings auch, dass Sklaven von öffentlichen, also politischen, teilweise auch von privaten Kulthandlungen ausgeschlossen waren. Was impliziert, dass Sklaven wohl doch nicht über eine Religion verfügten, sonst hätten sie daran teilgehabt.

Doch diese Vermutung ist nicht richtig, denn Ausschluss heißt nicht gleich Ausschluss. Völlig ausgeschlossen waren Unfreie vom politischen Staatskult und dessen religiösen Handlungen, da diese nicht Teil der Kultgemeinschaft der Bürger waren, sie gehörten nicht zu dieser Gemeinschaft, daher berührte sie dies nicht, auch weil sie über kein politisches Mitspracherecht verfügten. Bei privaten Auspicia galt der Ausschluss nur für kultische Handlungen, nicht für die Anwesenheit oder sogar für die Verrichtung von Hilfsdiensten, was vielfach literarisch bezeugt ist. Inwieweit Sklaven, obwohl sie schon zum Hauskult bzw. dessen Gemeinschaft gehörten, dabei involviert wurden lag im Ermessen des Hausherrn, da es keine festen Vorschriften gab. Inwieweit Sklaven die privaten Auspicia störten, ist umstritten, denn im Gegensatz zur öffentlichen Auspicia, wo die Gemeinschaft die Kulthandlungen unterbrechen musste, scheint dies im Privatbereich Ansichtssache gewesen zu sein. [14]. Dennoch verfügten Sklaven über eine Religion, denn als Einzelperson konnten sie Götter verehren und ihnen opfern [15]. Noch deutlicher wird dies bei den collegiae, den so genannten Kultvereinen [16], wo Unfreie sich treffen und Kulte praktizieren konnten. Hier bildeten sie eine eigene geschlos-sene Gemeinschaft, was zeigt, dass sie durchaus über eine Religion verfügten, da dies der Kern der Definition ist. Zudem sind auch in Kulten Ämter von Sklaven bekleidet worden [17].

[...]


[1] Bömer, F., Untersuchungen über die Religion der Sklaven in Griechenland und Rom, 4 Bde.,

Mainz 1958-63 (Forschungen zur antiken Sklaverei).

[2] Schuhmacher, L., Stellung der Sklaven im Sakralrecht, in: Chiusi, T.J. (Hrsg.), Corpus der

römischen Rechtsquellen zur antiken Sklaverei (CRRS), 6, Stuttgart 2006 (Forschungen zur

antiken Sklaverei Beiheft 3,6).

[3] Schuhmacher, L., Sklaverei in der Antike. Alltag und Schicksal der Unfreien, München 2001

(Beck´s Archäologische Bibliothek).

[4] Bendlein, A., Religion. Einleitung, in: Cancik, H. (Hrsg.), Der neue Pauly: Enzyklopädie der

Antike, Bd.10, Stuttgart 2001, 888-891.

[5] Dazu Bendlein: „Schon Friedrich Schleiermacher (1768-1834) spricht von einem „Gefühl

schlechthinniger Abhängigkeit“ und reduziert damit den Begriff auf eine nicht kommunizierende

und soziale Glaubenswelt.“ Siehe Bendlein, A., Religion, in: Cancik, H., Der neue Pauly, 889.

[6] Scheid, J., Römische Religion, in: Graf, F. (Hrsg.), Einleitung in die lateinische Philologie,

Stuttgart und Leipzig 1997, 470.

[7] Homer, Odyssee, XVII, 322ff. Bei Homer geht es um die Wesensunterschiede zwischen Freien und

Unfreien und woran sie zu erkennen sind. Der Sauhirt Eumaios, selber unfrei, stellte diese Frage auf

seine Art und Weise und beantwortete sie durch die Annahme, dass Zeus die Hälfte der Arete

nehme.

[8] Bömer, 921f. (65f.).

[9] Hier verweise ich auf die Einleitung, was Religion ist, denn der Ursprung liegt im lateinischen Wort

religio und seiner Bedeutung mit „(gemeinsam) handeln“, also der Ausübung von Kulten.

[10] Inscriptiones Graecae II/III² 2937.

[11] Gemeinschaftsweihungen kommen häufiger vor, da die Kosten nicht unerheblich sind, denn

sowohl das Material als auch die Arbeitsleistung musste bezahlt werden.

[12] Dessau, H., Inscriptiones Latinae selectae, Vol. 3, Ps. 2 , Berlin 1916, 9236 (Delos).

[13] Siehe Schumacher, L., Sklaverei in der Antike, 255/56.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Die Religion der Sklaven
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Veranstaltung
Von der Sklaverei zum Kolonat? Die rechtliche und soziale Stellung der Unfreien in der Hohen Kaiserzeit und der Spätantike
Note
2,5
Autor
Jahr
2008
Seiten
16
Katalognummer
V126283
ISBN (eBook)
9783640315314
ISBN (Buch)
9783640318650
Dateigröße
414 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Religion, Sklaven
Arbeit zitieren
André Naleppa (Autor:in), 2008, Die Religion der Sklaven, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126283

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