Anglizismen in der Werbung - Ein Vergleich zwischen dem Deutschen und dem Spanischen


Mémoire de Maîtrise, 2009

64 Pages, Note: 2,9


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung – Allgemeines und Vorgehensweise

2 Anglizismus – Begriffsbestimmung
2.1 Klassifikation der Anglizismen für das Deutsche
2.1.1 äußeres Lehngut
2.1.2 inneres Lehngut
2.2 Klassifikation der Anglizismen für das Spanische

3 Sprachhistorischer Überblick
3.1 Beeinflussung des Spanischen durch andere europäische Sprachen
3.2 Beeinflussung des Deutschen durch andere europäische Sprachen
3.3 Gründe für die Übernahme und Verwendung von Anglizismen

4 Werbung
4.1 Abriss Entstehung
4.2 Werbesprache
4.2.1 Anglizismen in der Werbesprache

5 Das Korpus der Untersuchung

6 Darstellung der Ergebnisse
6.1 Anglizismenliste für das Deutsche
6.2 Anglizismenliste für das Spanische

7 Quantitative Ergebnisanalyse
7.1 Verwendungshäufigkeit der Anglizismen
7.2 Analyse der Wortarten
7.3 Analyse der Entlehnungskategorien für das Deutsche
7.4 Analyse der Entlehnungskategorien für das Spanische

8 Qualitative Ergebnisanalyse für das Deutsche – Integration der Anglizismen
8.1 Substantive
8.1.1 Das Genus
8.1.2 Die Flexion: Deklination und Pluralbildung
8.2 Komposita
8.3 Verben
8.4 Adjektive
8.5 Orthografische Integration

9 Qualitative Ergebnisanalyse für das Spanische – Integration der Anglizismen
9.1 Substantive
9.1.1 Das Genus
9.1.2 Die Pluralbildung
9.1.3 Die Kasusentsprechungen
9.2 Komposita
9.3 Verben
9.4 Adjektive
9.5 Orthografische Integration

10 Zusammenfassung und Ergebnisse

11 Literaturverzeichnis

1 Einleitung – Allgemeines und Vorgehensweise

Seit dem Zweiten Weltkrieg beschäftigt sich die Forschung intensiv mit Anglizismen im deutschen Sprachgebrauch. Die Besatzung von Deutschland durch englische und amerikanische Soldaten hatte erstmals einen sehr intensiven Sprachkontakt zwischen dem Englischen und dem Deutschen zur Folge. Aufgrund der dominanten Rolle des Englischen begann dies, einen starken Einfluss auf die deutsche Sprache auszuüben. Doch nicht nur Deutschland war einer Flut von Anglizismen, Wörtern englischen Ursprungs, ausgesetzt, sondern viele Länder Europas, darunter auch Spanien. Die USA hatten in der Entwicklung neuer Technologien und auch auf kultureller Ebene einen deutlichen Vorsprung gegenüber den europäischen Ländern. Dies hatte zur Folge, dass neue Begriffe und besonders Produktbezeichnungen aus der Technik aus dem Englischen in das Deutsche und Spanische in vermehrter Anzahl aufgenommen wurden. Die Anglizismen werden bei der Entlehnung und Aufnahme in eine andere Sprache in unterschiedlichem Ausmaß an das neue Sprachsystem adaptiert und in die Sprache integriert. Einige bleiben unverändert und werden, gleich dem englischen Original, in der neuen Sprache verwendet. Andere wiederum werden teilweise oder komplett nach den Regeln der aufnehmenden Sprache verändert.

Vergleicht man die Alltagssprache mit der „Sondersprache“ der Werbung, findet man in der Werbesprache eine höhere Anzahl an Anglizismen, aufgenommen durch unterschiedliche Entlehnungsvorgänge. Die Werbesprache tendiert dazu, häufig mit Fremdwörtern zu jonglieren, die einen geringen Integrationsgrad besitzen und demnach dem englischen Original gleichen. Mithilfe des englischen Wortguts soll die Werbeanzeige modern erscheinen und den Kunden zum Kauf des beworbenen Produktes anregen. Trends sind interessant und das, was „in“ ist, wird gern gekauft. Es lassen sich schlussfolgernd folgende Thesen aufstellen:

These 1: Die Anglizismen in den Werbeanzeigen besitzen einen geringen Integrationsgrad und werden häufig unverändert in die Empfängersprache Deutsch beziehungsweise Spanisch aufgenommen.

These 2: In der Sprache der Werbung werden viele Luxuslehnwörter[1] nur um der Fremdheit willen verwendet.

In einer Untersuchung von Anglizismen in der deutschen und spanischen Werbesprache soll herausgefunden werden, ob diese Vermutungen ansatzweise oder als Regelmäßigkeiten bestätigt werden können.

Die Untersuchung wird sich auf Werbeanzeigen in den Printmedien beschränken.

Wie aus vorherigen Studien zu diesem Thema hervorgeht, ist der Anglizismenanteil unter anderem in Werbeanzeigen für Mode besonders hoch.

Deshalb wurden als Untersuchungskorpus 24 deutsche und spanische Ausgaben der Modezeitschrift „Cosmopolitan“ gewählt, die sowohl in deutscher als auch in spanischer Sprache erscheint.

Die im Rahmen der Untersuchung registrierten Anglizismen werden für das Deutsche und Spanische getrennt in jeweils einer Liste dargestellt. Im Anschluss folgt eine Analyse der morphologischen und orthografischen Veränderungen der englischen Entlehnungen im Vergleich zu ihrem englischen Vorbild. Anhand dieser Veränderungen können Aussagen über den Integrationsgrad des Lehnguts getroffen werden.

Ein Vergleich der deutschen und spanischen Untersuchungsergebnisse soll zeigen, ob Unterschiede in der Verwendungsfrequenz der verschiedenen Anglizismen in der Werbesprache des Spanischen und des Deutschen vorhanden sind und in welchem Ausmaß und auf welche Art und Weise, aufgespaltet in die häufigsten Wortarten (Substantive, Verben, Adjektive), sie in die jeweilige Sprache integriert sind.

Doch vorerst, zu Beginn der Arbeit, erfolgt eine theoretische, thematische Einführung mit den unterschiedlichen Ansätzen zur Begriffsbestimmung und Klassifikation der Anglizismen in Kapitel 2. Daran schließt in Kapitel 3 ein historischer Überblick an, über die fremdsprachlichen Einflüsse auf das Deutsche und das Spanische und die Gründe für die Übernahme von Anglizismen.

Kapitel 4 vollzieht eine nähere Betrachtung der Werbung und deren Sprache, bevor im Anschluss die Untersuchung und deren Ergebnisse, als Kernpunkt der Arbeit, dargestellt und ausführlich erläutert werden.

2 Anglizismus – Begriffsbestimmung

In diesem Kapitel wird der Begriff ‚Anglizismus’ erläutert. Eine einheitliche Definition scheint aber fast unmöglich, da sehr viele Ansätze in der Forschungsliteratur dazu existieren. Nach Pfitzner (1978:13) ist ein Anglizismus

„[…] ein sprachliches Zeichen, dessen äußere Form aus englischen Morphemen beziehungsweise einer Kombination englischer und deutscher Morpheme besteht, dessen Inhalt stets die Übernahme einer im englischen Sprachgebrauch üblichen Bedeutung voraussetzt.“

In der spanischsprachigen Forschung definiert Pratt (1980) einen Anglizismus als ein linguistisches Element oder Gruppe, die im aktuellen Spanisch der Iberischen Halbinsel gebraucht wird und ein englisches Äußeres besitzt.[2]

Den Definitionen des Begriffs ‚Anglizismus’ ist gemein, dass es sich um eine linguistische Entlehnung englischen Ursprungs handelt. Das schließt nicht nur das britische Englisch (BE) ein, sondern auch das amerikanische Englisch (AE) in den USA, die diversen anderen englischen Varietäten in Kanada, Australien, Neuseeland, Südafrika und sämtliche kleine, englische Sprachgebiete. Einige Sprachwissenschaftler versuchen, die Anglizismen anhand ihrer Herkunft in britische und amerikanische Entlehnungen zu unterscheiden. Doch dies ist meist nicht eindeutig zu gewährleisten, da die genaue Herkunft oft unklar ist. Viele britische Wörter werden im amerikanischen Englisch verbreitet und auf diesem Umweg anschließend als Anglizismen in andere Sprachen entlehnt. Ebenso werden auch Wörtern aus dem amerikanischen Englisch über das Britische in andere Sprachen, wie das Deutsche, entlehnt. Fink (1968:452) sagt hierzu:

„In Folge des parallellaufenden BE-Einflusses und der vielgestaltigen sonstigen fremdsprachlichen Einwirkungen auf das heutige Deutsch lässt sich bei bestimmten Entlehnungen nicht eindeutig ermitteln, ob sie Amerikanismen sind, zumal diese manchmal amerikanisches Lehngut aus nicht-englischen Sprachen darstellen.“

Da eine Differenzierung der englischen Entlehnungen in Britizismen und Amerikanismen selten möglich ist, wird in dieser Arbeit, wie unter anderem auch bei Pfitzner (1978) darauf verzichtet. Sie erhalten weiterhin den Oberbegriff ‚Anglizismus’.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Anglizismen sprachliche Entlehnungen sind, stammend aus der englischen Sprache, die an das Sprachsystem der Empfängersprache in variierendem Ausmaß morphologisch, orthografisch und phonologisch adaptiert und in den Sprachgebrauch integriert werden.

Auf die Integration der Anglizismen in die spanische beziehungsweise deutsche Sprache wird in Kapitel 6.4 dieser Arbeit noch ausführlicher eingegangen.

2.1 Klassifikation der Anglizismen für das Deutsche

Auch in Bezug auf die Klassifizierung des Terminus ‚Anglizismus’ existiert kein allgemeingültiges Konzept. Linguisten haben unterschiedliche Ansätze entwickelt, um das englische Lehngut zu untergliedern. Nachfolgend werden verschiedene Klassifikationsmodelle von deutschen Sprachwissenschaftlern dargestellt, die zahlreichen nachfolgenden Arbeiten zum Teil als Grundlage dienten. Sie lassen sich im Großen und Ganzen auch auf die englischen Entlehnungen im Spanischen übertragen und überschneiden sich teilweise mit den Konzepten der spanischen Sprachwissenschaftler. Deshalb werden an einigen Stellen zum Vergleich neben den deutschen auch spanische Sprachbeispiele angeführt.

Eine Möglichkeit, das Lehngut zu klassifizieren, ist nach dem Kriterium des Bekanntheitsgrad und der Verwendung:

Yang (1990:9) differenziert dazu drei Typen von Anglizismen:

1. Konventionalisierte Anglizismen: Diese Anglizismen sind in starkem Ausmaß in die Alltagssprache integriert, obwohl sie häufig noch die Orthografie oder die Aussprache des englischen Originals innehaben. Beispiele dafür sind Jeans, Computer und Manager.
2. Anglizismen im Konventionalisierungsprozess: Sie sind noch nicht Teil des alltäglichen Sprachgebrauchs und erscheinen vielen Leuten noch fremd. Sie werden im weiteren Verlauf der Zeit entweder vollständig konventionalisiert oder verschwinden wieder aus dem Sprachgebrauch, zum Beispiel: Gay, Underdog.
3. Zitatwörter, Eigennamen und Verwandtes: Dieser Typ von Anglizismen wird für Begriffe gebraucht, die in Zusammenhang mit englischsprachigen Ländern stehen, wie US-Army oder Highway.

Auch Fink (1968:470f) unterscheidet drei Typen von Anglizismen, jedoch nach dem Kriterium der Lebensdauer:

1. Gelegenheitsbildungen: Sie werden meist nur einmal verwendet und verschwinden anschließen wieder aus dem Sprachgebrauch.
2. Wörter, die einen zeitgemäßen Gegenstand oder eine Modeerscheinung bezeichnen: Sie bleiben längere Zeit im Wortschatz, bis sie von Neuerungen abgelöst werden.
3. Wörter, die länger im Wortschatz verweilen, weil sie bereits lange und tief in die Sprache integriert sind.

Eine der wichtigsten Klassifikationen des englischen Lehnguts hat Werner Betz 1959 vorgenommen. Sie diente vielen nachfolgenden Arbeiten über lexikalische Entlehnungsvorgänge als Grundlage. Zur Differenzierung wählte Betz das Kriterium der Art der Entlehnung. Er teilte die Anglizismen in ‚äußeres’ und ‚inneres Lehngut’ auf. Das äußere Lehngut beinhaltet die an der äußeren Form erkennbaren Übernahmen. Sie bestehen aus englischem Wortmaterial. Das innere Lehngut besteht aus Wortteilen der aufnehmenden Sprache; die Entlehnung ist äußerlich somit nicht erkennbar. (vgl. Betz 1959 [zitiert in Muhr 2002:32])

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Sinngemäß entnommen aus Yang (1990:16)

2.1.1 äußeres Lehngut

Das äußere Lehngut unterteilt Betz in ‚direkte Entlehnungen’, ‚Mischkomposita’ und ‚Scheinentlehnungen’. Des Weiteren differenziert die direkte Entlehnung das ‚Fremdwort’, das ‚Lehnwort’ und das ‚Fremde Wort’. Diese Unterscheidung ist vergleichbar mit den drei Anglizismen-Typen nach Yang (1990). Fremdwörter sind Termini, die aus dem Englischen übernommen wurden, ohne äußerlich verändert worden zu sein. Sie bestehen demzufolge komplett aus englischen Morphemen. Typische Fremdwörter in der gegenwärtigen Alltagssprache sind Power, Job oder Homepage.

Duckworth (1977:239) definiert ein Wort als

„[…] ‚fremd’, wenn Schreibung und Lautung nach den deutschen Lautregeln nicht übereinstimmen.“

Im Gegensatz dazu wird ein fremdes Wort zum Lehnwort,

„[…] wenn Schreibung und Lautung nach den deutschen Lautregeln tatsächlich übereinstimmen.“

Lehnwörter haben im Zuge der Übernahme aus dem Englischen eine äußerliche Veränderung erfahren. Sie wurden in unterschiedlichem Ausmaß an die aufnehmende Sprache adaptiert. Bei diesem Prozess unterliegen die Wörter den orthographischen, phonologischen und morphologischen Regeln der aufnehmenden Sprache.

Die morphologische Adaption erfolgt, wenn an das englische Verb die deutsche Infinitivendung -en beziehungsweise im Spanischen eine der spanischen Infinitivendungen -ar, -er oder - ir angehängt wird:

engl. to walk – dt. walken

engl. to film – span. filmar

Auf phonologischer Ebene wird die Aussprache des entlehnten Wortes an die der aufnehmenden Sprache angepasst. Die orthografische Adaption erfolgt durch die Veränderung der Schreibung nach dem Vorbild der aufnehmenden Sprache:

engl. club – dt. Klub

engl. football – span. fútbol

Da im Deutschen beispielsweise der Wortanfang aller substantivischen Fremdwörter groß geschrieben wird, bleibt dieses Merkmal bei der Unterscheidung zwischen Lehn- und Fremdwort unberücksichtigt.

Von Polenz (1979:23f) differenziert drei verschiedene Kategorien von Lehnwörtern:

1. Wörter des Bildungswortschatzes: Sie werden von Akademikern verstanden und verwendet, umfassen aber keine bestimmten Fachbereiche.
2. Wörter des Fachwortschatzes bestimmter Gebiete oder Berufe
3. bekannte Wörter des Gemeinwortschatzes

Die Grenzen zwischen Fremd- und Lehnwort sind fließend und die Forschung ist sich nach wie vor uneinig, wo diese Grenzen exakt gesetzt werden können.

Diese undefinierbaren Grenzen sind nicht nur im Deutschen sondern auch im Spanischen zu beobachten, wo nahezu alle Fremdwörter in größtmöglichem Ausmaß an das Spanische angepasst werden, da die spanischen Muttersprachler, aufgrund der Unterschiedlichkeit der spanischen und der englischen Sprache, meist die englische nicht sehr gut beherrschen und somit unveränderte Fremdwörter schlecht verstehen und nur mangelhaft verwenden können.

Fremde Wörter, auch als ‚Exotismen’ bezeichnet, benennen ausschließlich Gegenstände und Einrichtungen, die lediglich im englischen Sprachraum zu finden sind, wie zum Beispiel die high school. (vgl. Muhr 2002:33)

Ebenfalls eine Form des äußeren Lehnguts ist neben der direkten Entlehnung das Mischkompositum. Es besteht äußerlich aus einem englischen Teil und einem Teil in der aufnehmenden Sprache. Im Deutschen findet man Mischkomposita wie Management-Studium oder Catering-Firma, im Spanischen el efecto lifting oder el Pack regalo.

Die dritte Form des äußeren Lehnguts ist die Scheinentlehnung. Am häufigsten tritt die lexikalische Form der Scheinentlehnung auf. Sie ist im engeren Sinne keine richtige Entlehnung, da sie nicht aus einer fremden Sprache wie dem Englischen stammt. Das Wort wurde zwar mit Hilfe von fremden englischen Morphemen gebildet, existiert aber in der englischen Sprache nicht. Es stellt eine Neuschöpfung der deutschen Sprache dar. Die so entstandenen Wörter werden auch als ‚Pseudoanglizismen’ bezeichnet. Carstensen (1980:77) definiert sie als

„[…] Bildung von Wörtern […] im Deutschen mit englischen Morphemmaterial, meistens in Analogie zu im Englischen existierenden ähnlichen Begriffen.“

Als typische Beispiele sind an dieser Stelle zu nennen: Handy (engl. mobile phone) oder Showmaster (engl. announcer, Talkmaster). (Muhr 2002:32f)

Ebenso englisches Wortmaterial wird bei der morphologischen Scheinentlehnung verwendet. Doch es handelt sich um Wörter, die in der englischen Sprache auch existieren. Sie werden morphologisch verändert ins Deutsche übernommen und in dieser veränderten Form im Deutschen verwendet.

Auch auf semantischer Ebene finden Scheinentlehnungen statt. Englisches Wortmaterial wird in die deutsche Sprache übernommen, ohne orthografisch, morphologisch oder phonologisch an diese angepasst zu werden. Zusammen mit der Bezeichnung werden auch eine oder mehrere seiner Bedeutungen übernommen. Zusätzlich nimmt die Entlehnung eine oder mehrere Bedeutungen im Deutschen an, die das Wort im Englischen nicht besitzt. Es unterliegt einer Bedeutungserweiterung. (vgl. Carstensen 1980:78) Die Gründe dafür liegen in der mangelhaften Beherrschung der englischen Sprache. Deutsche Sprecher, die das Englische nur teilweise oder gar nicht beherrschen, verwenden die Anglizismen in falscher Bedeutung. Engl. s elfmade wird beispielsweise mit dt. „selbst gemacht“ übersetzt, obwohl dies die korrekte Übersetzung für engl. homemade ist. (vgl. Carstensen 1980:95f)

Die ‚falschen Freunde’, die Verwechslung ähnlich klingender Wörter, führen ebenso zur Bedeutungserweiterung der entlehnten Anglizismen. Ein Begriff nimmt zusätzlich die Bedeutung des anderen an, wie bei Rezession und Rezeption.

Im Unterschied zu den verschiedenen Formen des äußeren Lehnguts ist das innere nicht äußerlich erkennbar und deshalb für Nicht-Muttersprachler sehr schwer wahrnehmbar.

2.1.2 inneres Lehngut

Betz unterteilt das innere Lehngut in seiner Klassifikation vorerst in ‚Lehnbedeutung’ und ‚Lehnbildung’ (siehe Grafik in 2.1). Bei der Entlehnung, der Übernahme der Anglizismen, wird selten der vollständige Bedeutungsumfang des Begriffes mit entlehnt. Häufig umfasst der Anglizismus in der aufnehmenden Sprache nur einen Teil seiner ursprünglichen Sememe (Wortbedeutungen). Man spricht von einer Bedeutungsverengung, wie sie beispielweise bei dem englischen Wort gag stattfand. Im Deutschen trägt es lediglich die Bedeutung „komischer Einfall“ und hat die zusätzliche Bedeutung „knebeln“ beim Entlehnungsvorgang verloren. (vgl. Muhr 2002:33) Eine weitere Form der Bedeutungsveränderung stellt die Bedeutungserweiterung dar. Wird ein englischer Begriff übernommen, erhält dieser in der Empfängersprache zu der bereits existierenden Bedeutung eine oder mehrere weitere Bedeutungen hinzu; zum Beispiel engl. cocktail („alkoholisches Mischgetränk) erhält im Deutschen die zusätzliche Bedeutung „Mischung“.

Im Falle der Bedeutungsverschiebung, der dritten Form der Bedeutungsveränderung, erhält der Anglizismus eine komplett andere Bedeutung in der Empfängersprache; zum Beispiel engl. body („Körper“) kennt man im deutschen Sprachgebrauch als Unterwäschestück für Frauen.

Die zweite Kategorie inneren Lehnguts benennt Betz als ‚Lehnbildung’, die er nochmals in ‚Lehnübersetzung’, ‚Lehnübertragung’ und ‚Lehnschöpfung’ differenziert. Während bei der Lehnübersetzung der englische Begriff direkt in die jeweilige Sprache übersetzt wird, wird bei der Lehnübertragung lediglich ein Teil des Wortes übersetzt und der andere Teil aus der aufnehmenden Sprache übertragen. Eine direkte Übersetzung findet zum Beispiel bei engl. skyscraper statt, welches im Deutschen mit „Wolkenkratzer“ und im Spanischen mit „rascacielos“ übersetzt wird. Ein Beispiel für die Lehnübertragung ist dagegen engl. airlift. Der Teil air wird bei der Übernahme in dt. Luft übersetzt und der zweite Teil lift sinngemäß, analog zum englischen Modell, übertragen und durch dt. Brücke ersetzt: dt. Luftbrücke. (vgl. Muhr 2002:34) Ein spanisches Beispiel für die Lehnübertragung wäre cuenta atrás nach engl. count down. Das erste Wort count wurde in span. cuenta übersetzt und der zweite Teil down sinngemäß in span. atrás (dt. zurück) übertragen.

Eine weitere Form der Lehnbildung, die Lehnschöpfung, ist eine Wortneubildung, die deswegen stattfindet, weil in diesen Fällen eine Übersetzung des englischen Wortes nicht möglich ist. Der semantische Inhalt des Wortes oder der Wendung bleibt erhalten: engl. fifty-fifty – dt. halbe-halbe (vgl. Muhr 2002:34) oder engl. to have in mind – span. tener en mente (Junker 2008:15).

Die Klassifikation der Anglizismen nach dem Kriterium der Entlehnungsarten hat auch Carstensen (1979) in seiner Arbeit aufgegriffen und ein nahezu deckungsgleiches Konzept zu dem von Betz erstellt. Das ‚äußere Lehngut’ nennt er in seiner Gliederung ‚evidentes Lehngut’ und das ‚innere Lehngut’ trägt bei Carstensen den Namen ‚latentes Lehngut’.

Zusätzlich zu den hier dargestellten, teilweise auch für das Spanische gültigen, Klassifikationsformen sind aus der spanischen Forschungsliteratur noch einige weiter, relevante Ansätze hinzuzufügen.

2.2 Klassifikation der Anglizismen für das Spanische

Auch spanische Linguisten haben für die Klassifizierung der Anglizismen verschiedene Konzepte entwickelt, auf der Grundlage gewisser Unterscheidungskriterien. Auch diese Forschungsansätze sind zum größten Teil allgemeingültig und auf das englische Lehngut in der deutschen Sprache übertragbar.

Nach dem Kriterium der Verwendungsfrequenz differenziert Lope Blanch[3] (1977:273 [zitiert in Junker 2008:12f]) die Anglizismen in fünf Typen:

1. Anglicismos de uso general (im Allgemeingebrauch). Zum Beispiel: béisbol (engl. baseball) oder elevador (engl. elevator).
2. Anglicismos muy usuales (sehr gebräuchlich). Beispiele dafür sind:
bar oder show.
3. Anglicismos de uso medio (mittelmäßig gebräuchlich). Zum Beispiel:
grill oder manager.
4. Anglicismos poco usados (weniger gebräuchlich). Zum Beispiel: stewardess oder spray.
5. Anglicismos esporádicos (sporadische Benutzung). Zum Beispiel:

interview oder comics.

Rodríguez Segura (1999) unterteilt die Anglizismen, nach dem Kriterium der Herkunft der einzelnen Morpheme, in drei verschiedene Kategorien, in ‚préstamos’, ‚extranjerismos’ und ‚calcos’.

Verglichen mit der Klassifizierung von Betz für das Deutsche, entsprechen die ‚extranjerismos’ (dt. die Fremden) den Fremdwörtern. Sie wurden ohne äußerliche Veränderung in die Sprache aufgenommen. Die ‚préstamos’ sind mit den Lehnwörtern vergleichbar. Sie haben bei der Entlehnung in das Spanische eine lautliche und/oder schriftliche Veränderung erfahren. ‚Préstamos’ und ‚extranjerismos’ unterscheiden sich wie bei Betz durch den Grad der Anpassung an die aufnehmende Sprache.

Im Gegensatz zu diesen beiden Anglizismus-Kategorien sind die ‚calcos’ keine lexikalischen Anglizismen, sondern Neubildungen oder Kopien eines englischen Wortes oder einer englischen Wendung mit spanischen Morphemen. Diese entsprechen den unterschiedlichen Möglichkeiten der Lehnbildung und Lehnbedeutung, wie sie in der Klassifikation von Betz auch schon zusammenfassend als inneres Lehngut angegeben sind. Deshalb werden diese nachfolgend nicht wiederholt näher erläutert.

Pratt (1980), der eine ähnliche Klassifizierung erstellt hat, unterteilt das englische Lehngut lediglich in lexikalische und syntaktische Anglizismen. Bei den lexikalischen Anglizismen unterscheidet Pratt nochmals den ‚anglicismo patente’ (dt. offensichtlicher Anglizismus) und den ‚anglicismo no patente’. Der ‚anglicismo patente’ entspricht dem Betz’schen äußeren Lehngut, umfasst also alle englischen Fremd- und Lehnwörter. Der ‚anglicismo no patente’ dagegen umfasst das innere Lehngut nach der Klassifizierung von Betz. Er besteht aus Morphemen des Spanischen und ist aufgrund dessen nicht offensichtlich und meist nur für den spanischen Muttersprachler zu erkennen. Der ‚anglicismo no patente’ entspricht dem ‚calco’ in der Klassifikation von Rodríguez Segura (1999) und ist entweder ein Neologismus oder eine Form der semantischen Entlehnung. Beim zweiten Anglizismen-Typ, dem syntaktischen Anglizismus, findet der Einfluss des Englischen auf syntaktischer Ebene statt. Syntaktische Elemente aus dem Englischen werden in die spanische Sprache aufgenommen und integriert. Ein typisches Beispiel ist die Übernahme von englischen Verben und ihren obligatorischen Präpositionen:

engl.: We’re not asking for more charity.

span.: No estamos pidiendo por más caridad.

(Pelzer 2006:147)

Zusammen mit dem Verb (ask) wird die obligatorisch dazugehörende Präposition (for) aus dem Englischen entlehnt. In Anpassung an die spanische Sprache wird for durch das spanische Pendant por ersetzt. Syntaktisch korrekt steht im Spanischen das Verb pedir aber ohne eine Präposition.

Diese Form des englischen Einflusses findet nur in solchen Situationen statt, in denen ein sehr enger Kontakt zwischen den beiden Sprachen herrscht und eine massive Mischung der Sprachen unvermeidlich ist. Besonders in den USA, wo eine große Anzahl an südamerikanischen Migranten lebt, hat sich die Mischform ‚Spanglish’ entwickelt. Vor allem die Nachkommen der Einwanderer lernen meist zu gleichen Teilen einerseits ihre Muttersprache Spanisch (in der häuslichen Domäne), aber auch die Umgebungssprache Englisch in sämtlichen Institutionen, wie den Schulen oder Universitäten. ‚Spanglish’ hat sich in den letzten Jahren zu einer eigenständigen, eher gesprochenen als geschriebenen Sprache entwickelt und gewinnt zunehmend an Prestige.

Da diese Arbeit den alleinigen Fokus auf den lexikalischen Einfluss des Englischen und die Übernahme von Anglizismen in die spanische beziehungsweise deutsche Sprache setzt, sei der syntaktische Anglizismus nur am Rande erwähnt und wird nachfolgend keine weitere Relevanz finden.

3 Sprachhistorischer Überblick

In diesem Kapitel liegt das Hauptaugenmerk auf der Entwicklung der beiden Sprachen Deutsch und Spanisch. Diese werden nicht nur in Deutschland und Spanien gesprochen. Deutsch als Landessprache findet man unter anderem auch in Österreich, in Teilen der Schweiz und Luxemburg. Spanisch wird in großen Teilen Süd- und Mittelamerikas und auch auf den Philippinen gesprochen. Da aufgrund der teilweise großen geografischen Entfernung in den meisten dieser Länder die Entwicklung der Sprache abweichend zu der in Spanien beziehungsweise Deutschland verlaufen ist und noch immer verläuft, werden diese in dem nachfolgenden Überblick nicht berücksichtigt. Die historische Beeinflussung der beiden Sprachen durch andere bezieht sich lediglich auf Spanien und Deutschland.

3.1 Beeinflussung des Spanischen durch andere europäische Sprachen

Ebenso wie das Deutsche war auch das Spanische dem permanenten Einfluss durch andere Sprachen ausgesetzt. Beginnend im 13. Jahrhundert wurde aufgrund der Eroberung der Iberischen Halbinsel durch die Araber die spanische Sprache massiv durch das Arabische beeinflusst. Viele Wörter stammen ursprünglich auch aus dem Persischen, Indischen oder Sanskrit und gelangten über das Arabische in die spanische Sprache. Im Zuge der Renaissance und des Humanismus gewann besonders das Italienische an Prestige und übte bis hinein ins 18. Jahrhundert einen starken Einfluss aus. Begründet durch die Aufklärung, der Aufnahme französischen Gedankenguts, löste anschließend das Französische daraufhin das Italienische in seiner Vormachtstellung ab. Viele Gallizismen sind in der spanischen Sprache des 18. und 19. Jahrhunderts belegt. Das Volk besann sich in der Zeit der Geistesrichtung Romantik auf seine Eigenständigkeit zurück. Als Vorbilder galten Frankreich und England. Dies war der Grund, weshalb bereits im 19. Jahrhundert Anglizismen, besonders im Zusammenhang mit wichtigen Erfindungen, in der spanischen Sprache vertreten waren. Zum Beispiel estación (dt. Bahnhof, Haltestelle) oder tren (dt. Zug).

Durch den wirtschaftlichen und politischen Machtgewinn der USA nach dem Zweiten Weltkrieg verstärkte sich der amerikanische Einfluss und verdrängte somit den französischen. Durch Bündnissysteme, Abkommen und Kongresse wuchsen die internationalen Beziehungen. Das angelsächsische errang ein hohes kulturelles Prestige.

[...]


[1] Das sind Entlehnungen, die eine oder mehrere spanische bezeihungsweise deutsche Entsprechungen haben und daher nicht zwingend notwendig übernommen werden müssen.

[2] Sinngemäß wiedergegeben nach Pratt (1980:115): „Un anglicismo es un elemento lingüístico, o grupo de los mismos , que se emplea en el castellano peninsular contemperaneo y que tiene como étimo inmediato un modelo inglés.“

[3] Lope Blanch, J.M. (1977): Anglicismos en la norma lingüística culta de México. In: Lope Blanch (Hrsg.): Estudios sobre el español hablado en las principales ciudades de América. México, UNAM. S. 271-279.

Fin de l'extrait de 64 pages

Résumé des informations

Titre
Anglizismen in der Werbung - Ein Vergleich zwischen dem Deutschen und dem Spanischen
Université
University of Cologne
Note
2,9
Auteur
Année
2009
Pages
64
N° de catalogue
V127015
ISBN (ebook)
9783640329946
ISBN (Livre)
9783640331741
Taille d'un fichier
696 KB
Langue
allemand
Mots clés
Anglizismen, Spanisch, Werbung
Citation du texte
Susann Piersig (Auteur), 2009, Anglizismen in der Werbung - Ein Vergleich zwischen dem Deutschen und dem Spanischen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/127015

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