Seitdem der Mensch existiert, bildet er Gruppen mit ihm Gleichen und grenzt sich dadurch sowohl sozial als auch räumlich von anderen
Gruppen ab. Segregation als Phänomen ist allgegenwärtig und zeitlos. Wichtig ist nicht ob, sondern wie und wie tief die Kluft
zwischen den einzelnen Menschen und Gruppen ist und ob sich aus dieser räumlichen Abgrenzung soziale Schwierigkeiten oder negative
Effekte für die Gesamtgesellschaft und für die Menschen in den Armutsvierteln ergeben. Die Unruhen 2005 in Pariser Vororten haben
verdeutlicht, welche gesamtgesellschaftlichen Folgen von städtischen Armutsgebieten ausgehen können. Am Anfang dieser Hausarbeit wird der Begriff Segregation eingegrenzt und erläutert. Nachkommend werden die Vor-und Nachteile von Segregation aufgezählt. Es folgt eine ausführliche Darstellung der Ursachen und Folgen von Segregation. Am Schluss wird anhand eines Gutachtens des Institutes für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein-Westfalen der Umgang mit Armutsvierteln von Seiten der Politik umrissen. Die Hausarbeit hat das Ziel einen umfassenden Überblick über die vielschichtigen und multidimensionalen Problemfelder von Segregation zu geben. Ferner sollen Handlungsansätze aus unterschiedlichen Politikfeldern, Möglichkeiten zeigen wie konkret der Problematik begegnet werden kann.
INHALT
1 EINLEITUNG
2 DER BEGRIFF SEGREGATION
2.1 Residentielle Segregation
2.2 Soziale, demografische und ethnische Segregation
3 SEGREGATION: EIN PROBLEM?
4 URSACHENSEGREGIERTERARMUT
4.1 Determinanten der Wohnortentscheidung
4.1.1 Makroebene
4.1.2 Mesoebene
4.1.3 Mikroebene
4.2 Selektive Mobilitat
4.3 Der Fahrstuhleffekt
4.4 Das Ende des sozialen Mietwohnungsbaus
5 EFFEKTE UND FOLGEN EINES MARGINALISIRTEN VIERTEL
5.1 Wirkungauf die drei Kapitalarten
5.2 Materielle Kategorie
5.2.1 Soziale Infrastruktur
5.2.2 Baulich isolierte Viertel
5.2.3 GebauteStrukturen
5.2.4 ,,Broken Windows"
5.3 Soziale Kategorie
5.3.1 Das soziale Netz
5.3.2 Lerneffekte im Quartier
5.4 Symbolische Kategorie
6 STRATEGIEN IM UMGANG MIT SEGREGATION AM BEISPIEL VON STADTEN IN NRW
6.1 Stadtentwicklungspolitik
6.2 Wohnungspolitik
6.3 Schul- und Bildungspolitik
6.4 Gesamtstadtische Konzepte
7 FAZIT
8 QUELLEN
1 EINLEITUNG
Seitdem der Mensch existiert, bildet er Grup- pen mit ihm Gleichen und grenzt sich dadurch sowohl sozial als auch raumlich von anderen Gruppen ab. Segregation als Phanomen ist allgegenwartig und zeitlos. Wichtig ist nicht ob, sondern wie und wie tief die Kluft zwischen den einzelnen Menschen und Gruppen ist und ob sich aus dieser raumlichen Ab- grenzung soziale Schwierigkeiten oder negative Effekte fur die Gesamtgesellschaft und fur die Menschen in den Armutsvierteln ergeben. Die Unruhen 2005 in Pariser Vororten haben verdeutlicht, welche gesamtgesellschaftlichen Folgen von stadtischen Armutsgebieten ausgehen konnen.
Am Anfang dieser Hausarbeit wird der Begriff Segregation eingegrenzt und erlautert. Nachkommend werden die Vor- und Nachteile von Segregation aufgezahlt. Es folgt eine ausfuhrliche Darstellung der Ursachen und Folgen von Segregation. Am Schluss wird anhand eines Gutachtens des Institutes fur Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein-Westfalen der Umgang mit Armutsvierteln von Seiten der Politik umrissen. Die Hausarbeit hat das Ziel einen umfassenden Uberblick uber die vielschichti- gen und multidimensionalen Problemfelder von Segregation zu geben. Ferner sollen Hand- lungsansatze aus unterschiedlichen Politikfel- dern, Moglichkeiten zeigen wie konkret der Problematik begegnet werden kann.
2 DER BEGRIFF SEGREGATION
Unter Segregation wird die ungleiche Vertei- lung von bestimmten Bevolkerungsgruppen in stadtischen Raum verstanden. Leser definiert Segregation wie folgt: „Prozess der raumlichen Trennung und Abgrenzung von sozialen Gruppen gegeneinander, insbesondere innerhalb einer Siedlungseinheit, sowie der dadurch hervorgerufene Zustand" (Leser, 2001 S. 769) Es handelt sich bei dem Begriff Segregation sowohl um den Prozess der raumlichen Trennung sozialer Gruppen, als auch um die Situation die dadurch hervorgerufen wird. Segregation ist die Verbindung von sozialen und raumlichen Disparitaten. (Vgl. Strohmeier, 2003)
2.1 Residentielle Segregation
Eine Stadt bildet einen Sozialraum. Die sozial- raumliche Struktur einer Stadt ist Ausdruck vielschichtiger und komplexer Prozesse. Im Verlauf dieser Prozesse finden soziale Gruppen ihren Ort in der Stadt. Dieser Findungsprozess wird beeinflusst vom Woh- nungsmarkt, von Individuellen- oder Gruppen- praferenzen sowie wie historischen Entwicklungen und dem okonomischen Potential einzelner Gruppen. Die sozialen Gruppen und Milieus sind teilweise sehr heterogen uber ein Stadtgebiet verteilt. Diese Struktur wird als residentielle Segregation bezeichnet. (Vgl. HauRermann, 2004 S. 239)
Das Konzept der residentiellen Segregation gehorte bereits in den 1920er Jahren zu den zentralen Themen der US-amerikanischen Stadtforschung. Insbesondere die soziologische Chicagoer Schule nahm hierbei eine Vorreiterrolle ein. Die von der Chicagoer Schule erarbeiteten Grundlagen bilden noch heute den ideellen und theoretischen Ausgangspunkt fur aktuelle Segregationsfor- schungen. Die Methodik und theoretischen Annahmen erfuhren im Laufe der Zeit eine Anpassung an die jeweiligen zeitlichen Erfordernisse, Bedingungen und Entwicklun- gen. (Vgl. Friedrichs, 1995)
Vier resideielle Segregtaionstendenzen lassen sich zur Zeit erkennen. Da ist zum einen die Segragation der Oberschicht und die Gentrifizierung durch yung urban professionals auf der einen Seite und die Segregation von benachteiligten Gruppen auf der anderen Seite zu nennnen. Als vierte Tendenz ist die Suburbanisierung zu nennen, die besonders von der Mittelschicht getragen wird. (Vgl. Keller, 1999 S. 40)
2.2 Soziale, demografische und ethni- sche Segregation
Segregation lasst sich in drei Subtypen glie- dern: In soziale, demografische und ethnische Segregation. Bei der sozialen Segregation erfolgt die raumliche Trennung der Bevolke- rungsgruppen nach vorwiegend okonomi- schen Kriterien bzw. nach Klassen- oder Schichtzugehorigkeit. Die ethnische Segregation zeichnet sich durch die raumliche Trennung von Eingewanderten und Einheimischen aus. Die beiden Formen der Segregation kon- nen sich in der Realitat uberlagern. In Deutschland gehoren Zuwanderer meist zu den unteren sozialen Schichten. Beide Formen unterscheiden sich in ihren Ursachen und sozialen Folgewirkungen. Eine spezifische Form ist die demografische Segregation. Sie charakterisiert sich durch die Merkmale Alter,
Haushaltstyp und Lebenszyklus. Eine beson- dere Problematik stand bislang nicht dahinter. In Zukunft ist aufgrund der Sterbeuberschusse und der Alterung der Bevolkerung von einer Zunahme der demografischen Segregation auszugehen. Im Verlauf dieser Arbeit soll hauptsachlich auf die soziale Segregation eingegangen werden.
3 SEGREGATION: EIN PROBLEM?
Die Bewertung von Segregation per se ist nicht eindeutig mit positiv oder negativ zu beantworten. Es lassen sich sowohl fur eine negative als auch fur eine positive Bewertung Hypothesen und Argrumente finden.
Vorteile:
- Zuwanderer sind auf informelle Hilfs- netze angewiesen, welche sich in so- zial homogenen Wohngebieten leichter bilden.
- Ethnische Okonomien benotigen eine Konzentration von Landsleuten.
- Die raumliche Konzentration von Menschen mit ahnlicher Lebenssitua- tion und folglich auch verwandten Interessen verbessert ihre Organisationsfahigkeit.
- Segregation ermoglicht es, eine zu den Bedurfnissen der Zuwanderer pas- sende Infrastruktur, mit all ihren Dienstleistungen und Gutern aufzu- bauen.
- Fur Einwanderer bietet Segregation soziale Vorteile wie: Informationen jeglicher Art, praktische Hilfe und
Unterstutzung, sozialer und psychologischer Beistand, Schutz vor Isolation, die allgemeine Hilfe den Schock des fremden Landes zu verrin- gern
Nachteile:
Konzentration der armeren Bevolke- rungsgruppe mit den entsprechenden Folgen wie:
- Abnahme des Guter und Dienstleistungsangebot o Wegzug der Mittelschicht :
- Sinkenden Mieteinnahmen :
- Unterlassene Investitionen der Hauseigentumer und der damit verbundenen Verschlechterung der bauli- chen Zustande der Hauser. :
- Sozial heterogene Wohnquartiere besitzen vermehrt soziale und politi- sche Kompetenzen, wodurch die Vertretung von Interessen der Bewohner ermoglicht wird.
- Es ist Vorteilhaft, wenn politische Eli- ten auch im Alltag mit sozialen Problemfallen und Auslandern in Kon- takt kommen, um sich den Problemen uberhaupt bewusst zu sein.
- Die raumliche Konzentration einer sozialen Gruppe erleichtert das zuruckziehen in das eigene Milieu. Dadurch entstehen zwar sozial homogene Hilfsnetze, die allerdings nicht so vielfaltig und daher leistungsfahig sind wie heterogene Hilfsnetze.
- Durch die Konzentration von Minderheiten kann ein Gefuhl der Be- drohung durch diese in der Bevolkerung entstehen
Die Punkte zeigen deutlich, dass eine differen- zierte Betrachtung des Begriffes Segregation notwendig ist. Die ethnische Segregation bietet beispielsweise fur die betroffene Gruppe Vorteile die fur eine sozial segregierte Gruppe nicht gelten. Andererseits gehoren Migranten haufig der unteren sozialen Schicht an, so dass eine Differenzierung ist in der Praxis schwierig ist. (Vgl. HauRermann, 2001)
Segregation ist nicht gleich Segregation. Die Segregation von Angehorigen der Oberschicht durfte in etwa dem der Turken entsprechen. Dennoch wurde niemand ein segregiertes Viertel der Oberschicht als Problemviertel deklarieren. Dies hat zwei Grunde: Zum einen handelt es sich um eine freiwillige Segregation gegrundet auf dem Wunsch moglichst konfliktfrei mit seinesgleichen zusammen zu wohnen. Zum anderen hat diese Art von Segregation sogar eher Vorteile fur die Oberschicht, da beispielsweise durch eine gute Adresse die Immobilienpreise steigen. Fur die Bewertung von Segregation ist neben der Unterscheidung von ethnischer und sozialer Segregation der Grad der Freiwilligkeit entscheidend. AuRerdem ist fur eine Bewertung eine Differenzierung nach sozialen Grup- pen und Untergruppen notwendig.
4 URSACHEN SEGREGIERTER ARMUT
Um die Ursachen von Segregation naher zu spezifizieren ist es notwendig zu klaren, von welchen Faktoren die Wohnortentscheidung einer Person abhangt. Die raumliche Vertei- lung von Haushalten ergibt sich aus ihren je- weils individuellen Wohnstandortentscheidun- gen. Nur einer kleinen Minderheit von Haushalten wird ihr Wohnstandort durch das Wohnungsamt zugewiesen. In der Regel ergibt sich der Wohnstandort durch eine Kombina- tion von Restriktionen und Praferenzen. Generell gilt, dass je weniger Restriktionen vorhanden sind, die Praferenzen an Gewicht gewinnen. Die entscheidenden Faktoren bezuglich der Wohnstandortentscheidung sollen im Folgenden vorgestellt werden. AnschlieRend werden selektive Mobilitat, der sogenannte Fahrstuhleffekt und die Auswirkungen der Abschaffung des sozialen Wohnungsbaus naher erlautert. Diese drei Punkte werden extra aufgefuhrt, da sie entwe- der haufig Segregation auslosen oder aber massiv verstarken.
4.1 Determinanten der Wohnortentscheidung
Die Wohnstandortentscheidung eines Haushaltes ist eingebettet in politische, okonomische und soziale Zusammenhange die jeweils auf unterschiedlichen, raumlichen Ebnen vorkommen(vgl. Abb.1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Determinanten der Wohnortentscheidung verandert nach: (HauRermann, etal., 2004 S. 154)
4.1.1 Makroebene
Auf europaischer/deutscher Ebene konnen diverse makrosoziale Trends ausgemacht werden, die die Zahl an benachteiligten Quartieren erhoht und in letzter Konsequenz auch die Wohnortentscheidung von Indivi- duen, beeinflusst.
Ein Trend ist die Zunahme an relativer Armut in den letzten Jahren. Anfang der 90er Jahre lag die Armutsquote in Deutschland bei rund einem Viertel der durchschnittlichen Armutsquote der OECD-Lander. Mittlerweile liegt die Armutsquote in Deutschland uber der Halfte des OECD-Mittelwertes. (OECD, 2008) Das weitere offnen der Wohlstandsschere schlagt sich letzten Endes auch auf die sozialraumliche Struktur in den Stadten wieder.
Ein weiterer Trend ist die Verknappung von preiswertem Wohnraum. Das Angebot an preiswertem Wohnraum ist in den letzten Jahren zuruckgegangen. Der Ruckgang hangt eng mit dem Ende des sozialen Mietwohnungsbaus zusammen (vgl. Kap. 4.4). Personen in relativer Armut fragen verstarkt offentlich geforderte und billige Mietwohnun- gen nach, so dass es eine eigene Angebotsstruktur auf dem Wohnungsmarkt fur finanziell marginalisierte Personengruppen gibt. Obwohl die der Mietpreis solcher Woh- nungen absolut gesehen relativ gering ist, so ist das Preis-Leistungsverhaltnis eher schlecht. Auf anderen Teilsegmenten des Wohnungsmarktes erhalt man fur ein wenig mehr Geld zwar deutlich besser ausgestattete Wohnungen; die Wohnqualitat ist im Verhalt- nis gesehen billiger. Der Grund dafur liegt in der Relation von Angebot und Nachfrage. Bedingt durch das Ende des sozialen Wohnungsbaus, der damit verbundene geringer werdender Anzahl an Sozialwohnun- gen und der steigenden Anzahl an Personen in relativen Armutssituationen, kann eine gunstige Wohnung zu einem begehrtem Gut werden. Begehrte Guter konnen bekanntlich teuer verkauft werden.
Der Trend der Deindustrialisierung verstarkt ebenfalls die Segregation. Durch Deindustrialisierungsprozesse und dem damit verbunden Wegfall an Arbeitsplatzen kann es in einigen Vierteln zu einem so genannten Fahrstuhleffekt kommen (vgl. Kap. 4.3).
Die europaischen Migrationswellen der vergangen Jahrzehnte tragen auch zur Segregation bei. Der Umstand, dass eine zahlenmaRig bedeutsame ethnische Gruppe in ein Land kommt ist per se noch keine Ursache fur Segregationsbildung. Im Falle der BRD und DDR gilt allerdings dass sich die Integration der Migranten zu einem hohen Anteil auf der unteren Stufe der sozialen Hierarchie be- wegte. Gerade die erste Generation von „Gastarbeitern" wohnte in unterdurchschnitt- lich ausgestatteten kleinen Wohnungen, welche sich meist in einem Stadtteil konzentrierten.
Letztendlich ist es das Zusammenwirken und die Uberlagerung dieser Trends die Segregation fordern. Die Zunahme relativer Armut beispielsweise kann nur im Zusammenhang mit einer Verknappung gunstigen Wohnrau- mes als Ursache fur Segregation gesehen werden. Die Deindustrialisierung kann ein vorubergehend soziales Absinken eines Vier- tels erklaren, kaum jedoch ein dauerhaftes. Wenn dann aus unterschiedlichen Grunden von privater Seite nicht in ein sozial absteigen- des Viertel investiert wird und von politischer Seite nicht entgegengesteuert wird, so verstarken sich Entwertungs- und soziale Entmischungsprozesse. Die Deindustrialisierung macht sich beispielswiese in Arbeitervier- teln deutlicher bemerkbar als in Siedlungen des sozialen Wohnungsbaus. Durch den Ans- tieg der Arbeitslosigkeit unter den Arbeitern fuhrt dies aber sehr wohl zu einem Druck auf die Wohnungsbausiedlungen.
Nicht in jedem Viertel kommen alle Facetten zum tragen. Auf der Ebene der Gesamtgesell- schaft sind sie allerdings wirksam. In den Quartieren Treffen sie mit unterschiedlicher Gewichtung und Ausformung aufeinander. Makroszial sind die die Trends in dem Sinne als dass sie ein strukturierendes Element der Gesamtgesellschaft bilden. Die Trends ebnen letztendlich den Weg zu einer Zunahme der Segregation.
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