Fast Food-Slow Food

Zeit, Profit und Esskultur


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

16 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhalt

1. Zeichen der Zeit
1.1. Vom Kulturgut zum Wirtschaftsfaktor
1.2. Darlegung der Vorgehensweise

2. Zeit, Profit und Esskultur?
2.1. Erfolgskonzept Fast Food
2.1.1. Systemgastronomie am Beispiel McDonald’s
2.1.2. Erwartungshaltung seitens der Kundschaft
2.2. Der Einfluss des Fast Food auf die Gastronomie
2.2.1. Adaption im Restaurant am Beispiel Egger Schwabing
2.2.2. Restaurantbesuch im Alltag

4. Essen als Event - Zeit als Gutesiegel

5. Literaturverzeichnis

1. Zeichen der Zeit

Der Faktor Zeit spielt eine auBerordentlich wichtige Rolle in unserer modernen Gesellschaft. Auch wenn Zeit ein abstrakter Begriff ist, den man nicht greifen kann, steht doch eines fest: Zeit ist Geld, kostbar, wertvoll und alles in allem Mangelware. Der Druck des alltaglichen Lebens erhoht sich durch die Schnelllebigkeit der Gesellschaft und wirkt sich deshalb massiv auf unseren Tagesablauf aus. Gerade deshalb wird Zeit gespart, wo es nur geht. Als Resultat wirkt sich diese Hektik auch auf die Nahrungsaufnahme aus:

Es ist ein allgegenwartiger Topos nicht nur der Markt- und Trendforschung, dass der durchschnittliche Lebensmittelkonsument der Gegenwart und Zukunft nur wenig Zeit fur Zubereitung und Verzehr aufbringen kann bzw. will.( Lincke. 2006. S. 15)

1.1. Vom Kulturgut zum Wi rtschaftsfaktor

Soziologen und Ethnologen sind sich daruber einig, dass das Essen gerade im 20. Jahrhundert, eine Wandlung bezuglich seiner Funktion durchlaufen hat. Bereits mit der Erfindung der Dose war ein erster Schritt in Richtung ,Industrialisierung der Nahrung’ getan. Nach Ende des 2. Weltkrieges wurden bereits bestehende Produktionsverfahren prazisiert und neue chemische Verfahren entwickelt, die schlieBlich dazu beitrugen, dass der Lauf der Natur nicht langer bestimmte, was auf den Teller kam, sondern die Nahrungsmittelkonzerne. (vgl. Goody.1997.S.340-356)

Divorced from its primary function of feeding people, treated simply as a commercial commodity, food loses its primary significance.(Mead. 1970.S.17)

Im Amerika der 1940er Jahre ubertrug sich der Industrialisierungsgedanke auch auf die Gastronomie, mit groBem Erfolg, wie die zahlreichen Fastfood - Ketten beweisen, und lautete die Geburtsstunde der Systemgastronomie ein.

1.2. Darlegung der Vorgehensweise

Dass die Systemgastronomie weitreichende Auswirkungen hatte, kann ich aus eigener Erfahrung bestatigen, da ich seit 10 Jahren in der Gastronomie tatig bin. Im Folgenden stelle ich dar, wie sich nach meinen Beobachtungen das Essverhalten der Kunden verandert hat und wie aus gastronomischer Sicht mit dieser Veranderung umgegangen wird. Theoretische Grundlage meiner Erkenntnisse sind zum einen Quellen und Studien aus den Bereichen der Ethnologie und der Soziologie, zum anderen beziehe ich mein Praxiswissen in diese Arbeit mit ein, das ich wie folgt erlangt habe:

- Von 1997-2000 arbeitete ich bei McDonald’s in Freilassing, wo ich zu einem sogenannten Crew-Trainer ausgebildet wurde. Das Jobprofil sah vor, dass ich mein erlangtes Wissen an die Mitarbeiter der jeweiligen Stationen (Kuche, Kasse, Lobby) weitergab, aber auch kontrollierte, ob diese die von McDonald’s geforderten Standards einhielten.
- Im Juni 2003 ging ich ein Arbeitsverhaltnis mit der Peralo Restaurant GmbH in Munchen ein, welche mehrere Restaurants im Raum Munchen unterhalt. Egger Schwabing heiBt das Lokal, in dem ich bis Juli 2007 beschaftigt war. Als Schichtleitung, sowohl in der Fruh-, als auch in der Spatschicht, war es Teil meines Aufgabenbereiches mich um die tagliche Abrechnung und Bestellungen zu kummern und das Personal zu schulen.
- Parallel dazu begann ich im September 2006 meine Arbeit als Servicekraft in einem spanischen Lokal namens Bodega Dali, ebenfalls in Munchen, welches sich sowohl in der Erwartungshaltung der Kunden als auch der Selbstprasentation durch den Besitzer deutlich von den beiden zuvor genannten unterscheidet.

2. Zeit, Profit und Esskultur?

Die Veranderung der gesellschaftlichen Strukturen erweckt den Eindruck, dass Essen in den letzten Jahren zu einer lastigen Pflichtubung verkam, die es im Alltag schnell hinter sich zu bringen gilt. Gleichzeitig reagiert die Gastronomie auf dieses Phanomen: Fastfood-Lokale so wie Schnellimbiss-Buden schieBen wie Pilze aus dem Boden, denn schlieBlich heiBt das Zauberwort Schnelligkeit. (Furtmayr- Schuh.l993.S.13-63)

Um diese zu gewahrleisten, war es auch notwendig, die Speisen entsprechend zu verandern. Entscheidend dabei ist, gerade im Fastfood Sektor, dass man das Endprodukt aus der Hand essen kann und weder Besteck noch Teller benotigt. Im Grunde genommen muss man sich nicht einmal zu Tisch begeben. Das Endprodukt, ob nun Burger, Hot Dog, Kebab oder auch die bayerische Fastfood Variante, die Leberkassemmel, ist schnell bestellt, bezahlt und verzehrt:

Seinen Hunger stillen kann man heute uberall, sozusagen im Vorrubergehen. Die ,Schnellnahrung’ mit dem Marketing-Namen Fast Food lasst billig und schnell knurrende Magengerausche verstummen.

Aber eben nur das. (Furtmayr-Schuh.1993.S.41)

So beschreibt die Wissenschafts- und Medizinjournalistin Annelies Furtmayr- Schuh in ihrem Buch Postmoderne Ernahrung. Food-Design statt Esskultur die veranderte Haltung zur Nahrungsaufnahme im Alltag. Der Kunde hat sich mit dem System der Selbstbedienung abgefunden. Letzten Endes erweckt dieser Umstand den Verdacht, dass es weniger zahlt, was man zu sich nimmt, sondern, dass man etwas verzehrt, um den Organismus am Laufen zu halten. Die Frage, um welche Nahrung es sich dabei handelt, spielt dabei zunachst eine untergeordnete Rolle. Auch der kulturelle Akt des gemeinsamen Essens, gleichsam als soziales Event, wie es der Soziologe Georg Simmel in der Soziologie der Mahlzeit beschreibt, ruckt in den Hintergrund. (Simmel.1984.S. 205-211)

2.1. Erfolgskonzept Fast Food

Diese Entwicklung machte auch nicht vor Restaurants halt, die sich selbst nicht als Fastfood-Restaurants bezeichnen wurden. Zur Grundausstattung gehoren mittlerweile fast uberall sogenannte doggybags, welche ursprunglich dazu dienten, ubriggebliebenes Essen so zu verpacken, dass es der Gast mit nach Hause nehmen konnte. Mittlerweile sollen sie es jedoch dem Kunden ermoglichen, per Anruf die Bestellung aufzugeben, dann auf die Lieferung zu warten oder das Gericht selbst im Lokal abzuholen.

Damit ist eine gewisse Freiheit verbunden, den Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme selbst zu bestimmen, um sie dem restlichen Tagesplan anzupassen. Unvorhersehbare Vorkommnisse, die Zeit kosten, konnen so, zumindest gefuhlsmaBig, eingedammt werden.

2.1.1. Systemgastronomie am Beispiel McDonald’s

Prozess- und Leistungsoptimierung sind mit Sicherheit zwei Attribute, welche die Systemgastronomie treffend beschreiben. Eine McDonald’s- Filiale ist von Grund auf durchstrukturiert. Auch wenn der Vergleich profan anmutet, hat alles, angefangen vom Gebaude bis hin zum Interieur und den zu verkaufenden Waren, den Anstrich eines Playmobilsets: Alles funktioniert im Baukastenprinzip und wird am Bestimmungsort fertig zusammengesetzt.

Die Lokalitat ist gleichzeitig auf Funktionalitat ausgerichtet, wobei das Ambiente zwar einen hohen Wiedererkennungswert hat, aber nicht darauf abzielt, dass sich die Kundschaft ,langer als notig‘ dort aufhalt. Marc Auge bezeichnet diese als sogenannte Nichtorte, da sie weder Identitat noch Geschichte symbolisieren, noch mit einem bestimmten geographischen Ort in Verbindung stehen. Sie sind uberall und nirgends zu finden und im Falle von McDonald’s weltweit. (Romhild. Abresch.2008.S.80)

Auch wenn das Konzept, welches sich hinter McDonald’s verbirgt, aus marketingtechnischer Sicht interessant ist, werde ich es an dieser Stelle aussparen, da dies den Umfang der Arbeit sprengen wurde, und gleich auf die Verkaufsphilosophie ubergehen. Dieser liegen vor allem wirtschaftliche Aspekte zugrunde, welche eine Antwort auf die veranderten Lebensumstande sind. Gemeint ist die „massenhafte Trennung von Wohn-, und Arbeitsort“, wodurch das Essen auBer Haus ein Element des Alltags geworden ist.( Lincke,. 2006. S. 10)

McDonald’s betreibt Franchising, das heiBt, der Name wird vermietet und der Abnehmer dazu verpflichtet, alle Produkte von der Company zu kaufen. Wie oben bereits angesprochen, wird die Ware so geliefert, dass sie an Ort und Stelle innerhalb von wenigen Minuten zu einem fertigen Gericht, zusammengestellt werden kann. Ein Hamburger sollte in der Produktion beispielsweise nicht langer als 75 Sekunden dauern. Schnelligkeit ist eine der wichtigsten Bedingungen bei McDonald’s. So schnell das Produkt auch fertiggestellt ist, so begrenzt ist seine Haltbarkeit. Ein fertiger Burger etwa, muss innerhalb von 20 Minuten verkauft werden. 1st dies nicht der Fall, muss das Produkt eigentlich entsorgt werden.

Gerade deshalb ist es essentiell, dass auch die Kassenkrafte schnell arbeiten. Diese werden sozusagen zum verlangerten Arm des Kunden. Eine Kassenkraft bei McDonald’s hat ein Zeitlimit von 65 Sekunden, um die Bestellung aufzunehmen, zu kassieren und abschlieBend alles auf dem Tablett fur den Kunden zusammenzustellen.

Eine in der Kasse integrierte Uhr speichert jede Bestellung und deren Dauer. Wird dieses Limit zu oft uberschritten, hat dies eine erneute Schulung zur Folge. Dahinter steht ein einfacher Gedanke: Je schneller der Service, desto mehr Kundschaft kann in kurzer Zeit abgefertigt werden. AuBerdem ist damit gewahrleistet, dass die begrenzt haltbaren Burger schnell verkauft werden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Fast Food-Slow Food
Untertitel
Zeit, Profit und Esskultur
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Department für Anglistik und Amerikanistik/ Institut für Ethnologie und Afrikanistik)
Veranstaltung
Essen und Identität aus transkultureller Sicht
Note
1
Autor
Jahr
2008
Seiten
16
Katalognummer
V127963
ISBN (eBook)
9783640345267
ISBN (Buch)
9783640345106
Dateigröße
577 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Kommentar des Dozenten: "Wie schon ihr Seminarvortrag im Juni deutlich gemacht hat, haben Sie das Thema sehr gut in den Griff bekommen, eine sinnvolle Aufteilung gefunden und die Thesen, die sich aus Literaturrecherche und Feldforschung ergeben haben, sehr plausibel und anschaulich aufbereitet. Insgesamt würdige ich die Gesamtleistung als eine ebenso engagierte wie produktive Auseinandersetzung mit dem Thema mit der Bestnote."
Schlagworte
Fast Food, Slow Food, Essverhalten, Esskultur
Arbeit zitieren
Elisabeth Heckl (Autor:in), 2008, Fast Food-Slow Food, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/127963

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Titel: Fast Food-Slow Food



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