Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Hinführung
1.1. Problemstellung
2. Möglichkeiten des Makro-Scaffoldings
2.1. Was ist (Makro-)Scaffolding?
2.2. Integration des Makro-Scaffoldings in den intermedialen Literaturunterricht
3. Förderung durch Makro-Scaffolding
3.1. Kontext
3.2. Differenzierungskonzept zu Emil und die Detektive
4. Konklusion
5. Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Hinführung
In diesem Essay wird ein mediales Makro-Scaffolding anhand des Kinderbuches Emil und die Detektive von Erich Kästner untersucht. Zunächst wird betrachtet, was unter Scaffolding verstanden wird und welche theoretischen Möglichkeiten das Makro-Scaffolding besitzt. Auf dieser Grundlage kann anschließend ein Differenzierungskonzept zu Emil und die Detektive entwickelt werden, wobei die Förderung durch das Makro-Scaffolding mit einem Medienwechsel im Kontext des intermedialen Literaturunterrichts nach Kruse (2014) verknüpft wird. Abschließend folgen ein Fazit sowie ein kurzer Ausblick.
Doch warum ist ein Medienwechsel insbesondere im Literaturunterricht sinnvoll? Auch heutzutage findet der Literaturunterricht überwiegend buchdominiert statt (vgl. Kruse 2014, 179), wodurch die Lesekompetenz der Schüler:innen gefördert wird bzw. werden kann. Dies wiederum gilt nicht zwangsläufig für alle Schüler:innen, da der Lerneffekt einerseits von der individuellen Lernbereitschaft, aber andererseits auch von Faktoren wie dem Elternhaus und der familiären Erziehung abhängt. Somit kann ein Wechsel des Mediums im Literaturunterricht, bspw. vom Medium Buch zum Medium Film, insbesondere „für Kinder aus buch- und leseferner Sozialisation die Anschlussfähigkeit [.] an die schulisch initiierten Lernprozesse sichern“ (Kruse 2014, 179f.).
Gerade in der heutigen Zeit der Digitalisierung ist den Schüler:innen der Umgang mit Medien wie dem Film vertraut. Da aber jede:r Schüler:in unterschiedliche Zugänge zu verschiedenen Medien besitzt, ist eine mediale Differenzierung im Unterricht elementar. Es handelt sich hierbei um eine Binnendifferenzierung, „die den heterogenen Lernvoraussetzungen der Lernenden durch angepasste unterschiedliche Zugangsformen gerecht zu werden versucht“ (Brand 2015, 224). Schüler:innen, denen es schwer fällt, bestimmte Themen ausschließlich anhand eines Buches zu erschließen, können durch eine mediale Differenzierung dahingehend unterstützt werden, dass sie unter Zuhilfenahme anderer Medien zum Lernziel gelangen. Kruse (2014, 184) erkennt in diesem Zusammenhang, dass „das sehende und hörende Kind [.] auch ein lernendes werden [kann]“.
1.1. Problemstellung
Wie kann ein mediales Makro-Scaffolding innerhalb einer Unterrichtsstunde eingesetzt werden und inwieweit werden die Schüler:innen durch einen Medienwechsel im Sinne eines Lerngerüsts gefördert?
2. Möglichkeiten des Makro-Scaffoldings
2.1. Was ist (Makro-)Scaffolding?
Beim Scaffolding ist es wichtig, den Kontext, in welchem das Scaffolding zur Anwendung kommen soll, zu berücksichtigen, da der „Begriff des Scaffoldings [.] nicht einheitlich verwendet“ (Kniffka 2010, 1) wird.
Im Folgenden wird der Literaturunterricht im Rahmen von Schüler:innen betrachtet, deren Erstsprache die deutsche Sprache ist. Demnach handelt es sich laut Kniffka (2010, 1) bei Scaffolding um „Unterstützungshandlungen“ von Seiten der Lehrkräfte, welche „eine vorübergehende Hilfestellung“ (ebd.) implizieren. Das Scaffolding ist folglich eine Art Unterrichtsmethode, die von den Lehrkräften genutzt werden kann, um die Schüler:innen auf dem Weg hin zu einem Lernziel mittels bestimmter Hilfestellungen zu unterstützen. Sobald das Lernziel von den Schüler:innen selbstständig erreicht wird, werden die Hilfestellungen entfernt.
Darüber hinaus lässt sich Scaffolding in zwei Bereiche unterteilen: dem Makro- sowie Mikro-Scaffolding. Mit Mikro-Scaffolding ist dabei die Interaktion zwischen den Lehrkräften und den Schüler:innen innerhalb einer Unterrichtsstunde gemeint (vgl. ebd., 3). Das Makro-Scaffolding hingegen umfasst alle Bereiche, die sich außerhalb der Unterrichtsstunde abspielen, wie bspw. die Unterrichtsplanung. Neben jener spielen auch die Lernstandserfassung sowie die Bedarfsanalyse eine zentrale Rolle (vgl. ebd., 2f.). Der Prozess des Makro-Scaffoldings besteht für eine Lehrkraft somit darin, auf Grundlage der Lernstandserfassung und Bedarfsanalyse eine Unterrichtsstunde entsprechend vorzubereiten und zu entwickeln. Wie dieser Prozess des Makro-Scaffoldings nun mit der Idee des intermedialen Literaturunterrichts verknüpft werden kann, wird nachfolgend ermittelt, wobei das Mikro-Scaffolding nicht weiter berücksichtigt wird.
2.2. Integration des Makro-Scaffoldings in den intermedialen Literaturunterricht
Um die Idee eines intermedialen Literaturunterrichts umsetzen zu können, ist eine Literatur notwendig, zu welcher ein Medienverbund existiert und genutzt werden kann. Dementsprechend kann ein Buch als grundlegendes Medium festgelegt werden und im Sinne eines intermedialen Literaturunterrichts der Zugang zu - falls existent - bspw. einem Hörbuch oder einem Film zum Buch ermöglicht werden.
An genau dieser Stelle wird nun das Makro-Scaffolding integriert: das festgelegte grundlegende Medium wird hier nicht bloß beliebig um ein weiteres Medium der Anschauung wegen ergänzt. Vielmehr wird das ergänzende Medium den Schüler:innen als ein zeitlich begrenztes Lerngerüst zur Verfügung gestellt, damit diese bei der Erreichung ihrer Lernziele hinsichtlich des grundlegenden Mediums unterstützt werden.
Den Ausgangspunkt des Makro-Scaffoldings bildet die Bedarfsanalyse. Zu dieser zählen „die fachlichen Lernziele, Inhalte, Methoden und Medien“ (Beese et al. 2014, 35). Eine Lehrkraft, die das Makro-Scaffolding innerhalb eines intermedialen Literaturunterrichts anwenden möchte, muss somit vorab festlegen, welche Lernziele mit welchen Inhalten durch welche Methoden und damit einhergehend welche Medien erreicht werden sollen. Die Auswahl eines zur Erreichung der Lernziele geeigneten Medienverbundes lässt sich als ersten Verknüpfungspunkt vom Prozess des Makro-Scaffoldings hin zur Idee des intermedialen Literaturunterrichts nach Kruse (2014) erkennen. Der aus der bewussten Auswahl eines Medienverbundes resultierende Medienwechsel wird „nicht dem ungesteuerten Rezeptionsprozess [...] überlassen, sondern in einem Lehr- und Lernarrangement herausfordernd und kalkuliert“ (Kruse 2014, 183) eingesetzt.
Dieser Aspekt der herausfordernden Lehr-/Lernarrangements aus der Idee des intermedialen Literaturunterrichts lässt sich mit dem Makro-Scaffolding vereinbaren, sodass ein weiterer Verknüpfungspunkt vorliegt. Hier erfolgt im nächsten Schritt die „Lernstandserfassung“ (Kniffka 2010, 2), denn um herausfordernden Unterricht zu schaffen ist es zwingend erforderlich, sich als Lehrkraft über das Niveau der Schüler:innen im Klaren zu sein. Auf dieser Grundlage wird nun im Sinne des Makro-Scaffoldings im Rahmen des intermedialen Literaturunterrichts eben jener geplant. Die Integration des Makro-Scaffoldings in den intermedialen Literaturunterricht erfolgt, indem die Lehrkraft den Schüler:innen ein Lerngerüst zur Verfügung stellt, durch welches sie zu den hauptsächlichen Lernzielen hingeleitet werden und gleichzeitig dieses Lerngerüst nicht dem grundlegenden Medium entspricht, sondern ein dem grundlegenden Medium ergänzendes weiteres Medium von den Schüler:innen genutzt werden kann. Damit es sich auch tatsächlich um Makro-Scaffolding 3 handelt, ist es unabdinglich, dass das Lerngerüst den Schüler:innen nur temporär - und zwar so lange, bis sie die geforderten Lernziele selbstständig erreichen - zur Verfügung gestellt wird.
Wie ein solches Lerngerüst aus dem Makro-Scaffolding in einem intermedialen Literaturunterricht aussehen kann, wird nun anhand des Medienverbundes zu Emil und die Detektive von Erich Kästner veranschaulicht.
3. Förderung durch Makro-Scaffolding
3.1. Kontext
Der erste Schritt für die Entwicklung eines Differenzierungskonzeptes zum Kinderbuch Emil und die Detektive von Erich Kästner besteht darin, das Unterrichtsvorhaben in einen situativen Kontext zu setzen.
Demnach ist es erforderlich, bestimmte Rahmendaten festzulegen. Betrachtet wird im Folgenden eine fünfte Klasse eines Gymnasiums, welche aus insgesamt 24 Schüler:innen besteht, wobei jeweils die Hälfte Jungen bzw. Mädchen sind. In der Klasse gibt es sowohl eine Hand voll stillere als auch kommunikationsstärkere Schüler:innen, sodass keine Homogenität bzgl. der Leistungsstärke vorliegt. Die leistungsstärkeren Schüler:innen zeichnen sich durch eine schnelle Auffassungsgabe sowie konzentriertes und zielgerichtetes Arbeiten aus, wohingegen die leistungsschwächeren Schüler:innen häufig Schwierigkeiten beim selbstständigen Erarbeiten von Lösungen besitzen und darunter vor allem ihre Motivation leidet.
Bei einer klasseninternen Befragung bzgl. der Häufigkeit des privaten Lesekonsums eines Buches decken sich die Ergebnisse insgesamt mit der Heterogenität hinsichtlich der Leistungsstärke der Schüler:innen im Fach Deutsch. Dennoch handelt es sich bei Emil und die Detektive um die erste unterrichtliche Auseinandersetzung mit einem kompletten literarischen Buch. Aus der Befragung ging zudem hervor, dass alle Schüler:innen mehr Zeit mit dem Nutzen von audiovisuellen Medien verbringen als mit dem Lesen eines Buches. Bei der Frage, welche Textsorte für die Schüler:innen am beliebtesten sei, wurde am häufigsten die Textsorte Comic angegeben. Diese stellt insbesondere im Bereich der leistungsschwächeren Schüler:innen den einzigen Zugang zum Lesen innerhalb des privaten Umfelds dar. Mit den standardmäßigen Arbeitsweisen wie der Gruppenarbeit sind die Schüler:innen vertraut. Allerdings ist insbesondere bei Gruppenarbeiten häufig zu beobachten, dass der Großteil der Aufgaben von den leistungsstärkeren Schüler:innen erledigt wird und die leistungsschwächeren Schüler:innen sich wenig bis gar nicht beteiligen (können).
Anhand dieser situativen Einbettung kann nun mittels eines medialen Makro-Scaffoldings eine intermediale Literaturunterrichtsstunde konzipiert werden.
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