Das Fantastische in der Erzählung « Arria Marcella » als Mittel zur Darstellung von T. Gautiers Kunst und Kulturverständnis


Hausarbeit, 2004

19 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Octavien

3. Die Moderne Kultur

4. Die Antike Kultur

5. Vergleich Antike und Moderne Kultur

6. Arria: ein Idealbild der Kunst und Kultur ?

7. Kunst und Künstler

8. Fazit

9. Literatur

10. Anhang

1. Einleitung

Die Erzählung Arria Marcella beginnt mit einer Reise dreier Freunde in ein Museum. Reise ? Jeder von uns reist gerne. Und warum ?

Wir erleben Neues, werden aus unseren Gewohnheiten herausgerissen, erleben Fremdes und erweitern somit unseren Horizont.

Ebenso so wie unser Protagonist Octavien überwinden wir Grenzen.

Dabei lernt er seine innere Welt kennen, in dem Maße wie er die alte Kultur entdeckt. Oder anders ausgedrückt: Durch die Figur Octaviens möchte uns Gautier sein Kunst- und Kulturverständnis näherbringen. Diese These bildet den zentralen Ansatz, mit welchen sich diese Abhandlung beschäftigt.

Durch die Gegenüberstellung der antiken Welt, sollen wir unsere erst richtig verstehen lernen. In Arria Marcella schafft Gautier demnach eine Gegenwelt zur rationalen Ordnung.1

In einem Museum ?

Warum ? Es ist ein Ort, der uns einen Zugang zur Vergangenheit schafft. Insbesondere zur der Kultur eines bestimmten Volkes in einem bestimmten Zeitraum. Es ermöglicht eine Begegnung von Vergangenem und Gegenwärtigen.

Ist die Reise als solche schon eine Begegnung mit dem Unbekannten, so verstärkt Gautier diese Konstellation im Museum.

Ferner ist es nun das „musée des Studj“ in Neapel, in dem die Funde der Ausgrabungen von Pompeji ausgestellt sind, also dem Ursprung der Zivilisation überhaupt.

Insofern stelle ich den kulturhistorischen Aspekt dieser fantastischen Erzählung in den Vordergrund und zeige schließlich Gautiers Sicht auf die Geschichte und Gegenwart der Menschheit.

Dabei bediene ich mich seiner symbolischen Sprache und nehme Bezug auf einige Namen, die Gautier in Arria Marcella verwendet, um seinen Standpunkt noch stärker zu verdeutlichen. Doch zunächst möchte ich den Protagonisten vorstellen.

Wir erleben Octavien in der Erzählung als einen Mann, der zur Kultur und Geschichte ein innigeres, persönlicheres Verhältnis aufbaut.

Das zeigt sich bereits in seiner Betrachtungsweise zu den Ausstellungsstücken im Museum. Vor allem zeigt er sich völlig versunken in die Betrachtung des Abdrucks einer weiblichen Brust, so dass er fast nichts mehr wahrnimmt:

« (…) absorbé dans une contemplation profonde » (vgl. S.237)

Allein dieser Anblick bewirkt bei ihm eine Freisetzung von Gefühlen, Phantasien, Triebkräften und Sehnsüchten.

Die Anziehungskraft, die er dabei empfunden hat, empfindet er später auch in Pompeji: Ein geheimnisvolles Bedürfnis, das sich in den Objekten wiederspiegelt.

Er projiziert sein Ideal in die Vergangenheit, da seine Gefühle in der Gegenwart keine Erfüllung finden:

« (…) la réalité ne le séduisait guère, (…)» (vgl. S.250)

Könnte das bedeuten, dass sich Gautier von den Vergangenheit eher inspiriert gefühlt hat? Zudem erfährt man dann, dass er seine Erfüllung schon immer in « tous les grands types féminins conservés par l’art ou l’histoire » (vgl. S.250) gesucht hat:

„Comme Faust, il avait aimé Hélène, et il aurait voulu que les condulations des siècles apportassent jusqu’à vue une des sublimes personnifications des désirs humains…

Il était composé un sérail idéal avec Sémiramis, Aspasie, Cléopâtre, Diane de Poitiers, Jeanne d’Aragon.“1

Ferner erkennt Octavien sein Ideal auch in Gestalten der Kunstgeschichte: er verliebt sich in die Statue der Venus von Milo. (vgl. S.251)

Fazit: Seine Vorstellungen sind entscheidend durch die Kultur geprägt, welcher er entstammt. Doch schnell merkt der Leser, dass sobald man sich von der Vernunft des modernen Menschen befreien kann, man eine andere, wundervolle Welt entdecken kann.2

« ( …) il se laissa faire à toutes ces merveilles, sans prétendre s’en rendre compte » (vgl. S. 256)

Ist die Vernunft zurückgedrängt, entfalten sich seine Gefühle.

Und bereits nach den ersten Seiten der Erzählung, stellt man fest: die Vernunft kann nur Leere und Kälte bieten.

Die Engländer und die „bourgeois“ im Museum in Neapel repräsentieren die Haltung des Menschen des 19. Jahrhundert.

In der modernen Zeit wird Zurückhaltung, Dämpfung der Gefühle und Selbstbeherrschung verlangt.

Octavien und seine beiden Freunde begeistern sich jedoch mit laut hörbaren Ausdrücken an den Ausstellungsstücken, was den ‚normalen’ Besuchern taktlos erscheint.

« (…) au grand scandale des Anglais taciturnes et des bourgeois posés occupés à feuilleter leur livret. » (vgl. S.237)

Gautier wählt hierbei England, was nicht nur geographisch gesehen ein Land ist, welches sich im Norden befindet und somit mit Kälte und Regen in Verbindung gebracht wird, sondern er möchte es durchaus auch symbolisch verstanden wissen: der moderne Norden als die Kultur der emotionale Kälte.

«Il fasait une de ces heureuses journées si communes à Naples, où par l’éclat du soleil et la transparence de l’air les objets prennent des couleurs qui semblent fabuleuses dans le Nord (...) ». (vgl. S. 239)

Insbesondere ist England für ihn der Inbegriff des Nordens, so dass es im Text mehrfach mit negativen Aspekten versehen wird:

«Le jour était tombé et la nuit était venue, nuit sereine et transparente, plus claire, à coup sûr, que le plein midi de Londres. » (vgl. S.248)

Die Nacht des Südens ist heller, als es jemals ein englischer Tag sein könnte.

Somit wird in dem Zusammenhang gleichzeitig dem Süden etwas äußerst positives abgewonnen: es ist die Kultur des Südens, also der Wärme und damit der Sinnlichkeit.

Die Intensität der Gefühle und Begegnungen wird verstärkt durch die « intensité du soleil ». (vgl. S. 239)

Ferner ist im Text zu finden:

« (…) quelque chose de plutonien et de ferrugineux comme Manchester et Birmingham; la poussière y est noire, une suie impalpable s’y accroche à tout. » (vgl. S. 239)

Der Schmutz erinnert wieder mal an England.

Als der Wirt den drei Freunden einen qualitativ schlechteren Wein anbietet, wehren sie sich mit den Worten « nous ne sommes pas comme des Anglais » (vgl. S.247), die man gelinde gesagt über den Tisch ziehen kann.

Und schließlich wird auch der hohe technische Standard Englands in Frage gestellt:

«En suivant le trottoir qui borde chaque rue de Pompéi, et enlève ainsi aux Anglais la confortabilité de cette inventian (…) » (vgl. S.257)

Folglich sind England, die Engländer und alle weiteren Industrienationen des 19. Jahrhundert als Stellvertreter einer Kultur des Verstandes, der Gefühldämpfung und der Selbstbeherrschung zu betrachten, während die antike südliche Kultur Italiens symbolisch für das Ausleben der Gefühle und Leidenschaften steht.

Emotionslosigkeit, (« sentiment de l’existence » ist erst in der anderen Welt zu finden), Gefühl der Leere und eine Zivilisation, in der geistige Befriedigung alles ist, können das Leben nicht mit Leidenschaft erfüllen.1

[...]


1 damit kann man diese Erzählung nicht in eine bestimmte Kaste nach Todorov verschieben, denn der Protagonist fragt sich nach einer gewissen Übergangszeit nicht mehr, ob das alles wahr ist oder nicht, sondern er nimmt es an.

1 siehe Anhang

2 Vogt M. : „Philosophie“

1 Voisin M. : « L’imaginaire dans l’oeuvre de Théophile Gautier »

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Das Fantastische in der Erzählung « Arria Marcella » als Mittel zur Darstellung von T. Gautiers Kunst und Kulturverständnis
Hochschule
Universität Potsdam  (Institut für Romanistik)
Veranstaltung
Das Fantastische in der Literatur des 19. Jahrhundert
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
19
Katalognummer
V128866
ISBN (eBook)
9783640341597
ISBN (Buch)
9783640337934
Dateigröße
485 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fantastische, Erzählung, Arria, Marcella, Mittel, Darstellung, Gautiers, Kunst, Kulturverständnis
Arbeit zitieren
Adrian Golly (Autor:in), 2004, Das Fantastische in der Erzählung « Arria Marcella » als Mittel zur Darstellung von T. Gautiers Kunst und Kulturverständnis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/128866

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