Jugendarbeitslosigkeit in der Weimarer Republik


Term Paper (Advanced seminar), 2008

23 Pages, Grade: 3


Excerpt


Inhaltsverzeichnis:

A. Einleitung

B. Hauptteil
1. Die Situation nach dem ersten Weltkrieg
1.1. Politische und wirtschaftliche Veränderungen
1.2. Gesellschaftliche Veränderungen
1.2.1 Krise des Mittelstandes
1.2.2. Die Jugend - Eine überflüssige Generation
1.2.2.2 Das Kriegstrauma der Jugend
2. Jugend und Arbeit in der Weimarer Republik
2.1. Ausbildung der Jugendlichen
2.2 Von der Arbeitslosigkeit besonders betroffene Jugendliche
3. Fürsorge und Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
3.1. Selbsthilfe der Jugendlichen
3.2. Das Fürsorgewesen in der Weimarer Republik
3.2.1. Jugendliche in der Erwerbslosenfürsorge
3.2.2.Maßnahmen die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen

C. Schluss

D. Literatur und Quellenverzeichnis

A. Einleitung

„Es war nicht leicht, sich jenen chaotischen Jahren nach 1918 zu orientieren, einen verlässlichen halt zu finden. Man war nicht mehr Untertan SM (seiner Majestät), man war Bürger einer Republik (…) – dieser Pflichtmensch sah sich mit einem Mal einer Freiheit ausgesetzt, die ihm aus Willkür, Unordnung, Sittenlosigkeit zu bestehen schien“[1]

So wie Heinz Flügel müssen sich viele Bürger in der neuen Republik gefühlt haben. Nach dem lange währenden Kaiserreich und seinen alten Standesdünkel brach nach dem ersten Weltkrieg eine vollkommen neue Gesellschaftsform über sie herein, die vielen wohl unordentlich und sittenlos erschienen sein mag. Das verzögerte Eintreten der Industrialisierung, der verlorene Weltkrieg, der sich durch besondere Grausamkeit ausgezeichnet hatte und die Probleme einer modernen Massengesellschaft, wie die hohe Erwerbslosigkeit, stürzten die neue Regierung gleich nach Aufnahme ihrer Tätigkeit wieder in eine tiefe Krise. Das besonders Tragische daran war, das es in nie da gewesener Form nun auch die Jugend besonders betraf. Nachdem in der Kaiserzeit ein großes Wirtschaftswachstum zu verzeichnen gewesen war, wurde propagiert, dass dem jungen Volk die Zukunft gehörte. Nach dem Weltkrieg war genau dieses junge Volk das Hauptleidtragende der Armut und Arbeitslosigkeit.

Im ersten Kapitel soll die Seminararbeit einen kurzen Überblick geben, wie sich die Gesellschaft und auch die Wirtschaft in den Jahren der Weimarer Regierung verändert hat. Hierbei werden besonders die Überblickwerke von Wirsching, Sturm und Dedercke zu raten gezogen. Im letzten Abschnitt soll ganz besonders auf die Krise der Jugend in der Weimarer Republik eingegangen werden, da sich hier besonders zeigt, wie viele Kräfte auf die jungen Menschen einwirkten und sie in ihrem Lebensweg beeinflussten. Zu diesem Thema liefern die Monographie von Peukert und Fiedler die nötigen Informationen. Im zweiten Kapitel soll dann auf die Ausbildungsmöglichkeiten eingegangen und die Frage geklärt werden, welche Jugendlichen besonders von der Arbeitslosigkeit betroffenen waren. Sämtliche Zahlen hierzu sind aus dem Buch von Peukert entnommen. Das letzte Kapitel soll das Fürsorgewesen der Weimarer Republik erklären und auch hier die zweifelhafte Sonderstellung der Jugendlichen deutlich machen. Außerdem soll gezeigt werden, welche Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit ergriffen wurden und wie hoch ihr Wirkungsgrad war. Die Grafiken, entnommen aus den Werken von Peukert, Führer, sowie dem statistischen Bundesamt sollen bestimmte Sachlagen und Zusammenhänge von Zahlen verdeutlichen.

B. Hauptteil

1. Die Situation nach dem ersten Weltkrieg

1.1. Politische und wirtschaftliche Veränderungen

Am 31. Juli 1919 wurde die Weimarer Verfassung mit überwältigender Mehrheit von der Nationalversammlung angenommen. Aus dem zerstörten Nachkriegsdeutschland war wieder ein Staat geworden. Dieser hob sich in vielerlei Hinsicht von dem Kaiserreich ab. Erstmals herrschte in Deutschland eine parlamentarische Demokratie. Die folgenden Jahre der Weimarer Republik waren gekennzeichnet durch schwere Wirtschaftskrisen, Massenarbeitslosigkeit und politischen Machtkämpfen. Außerdem wurde die Republik durch die Nachkriegsforderungen der Siegermächte belastet und der Versailler Vertrag lastete schwer auf den Schultern des jungen Staates. Reparationen und Gebietsabtretungen führten mitunter dazu, dass sich die wirtschaftliche Situation der Republik zusehends verschlechterte. Letztendlich gipfelten die Nachkriegsbelastungen in der Ruhrbesetzung 1923 und einer Hyperinflation. Mit dem Einführen der Rentenmark und der genialen Innen- sowie Außenpolitik der Großen Koalition unter Stresemann stabilisierte sich die Republik jedoch in den Jahren 1924-1929 wieder. Diese Jahre zeichneten sich durch eine Innenpolitische Entspannung, dem Ausbau des Sozialwesens und einem Aufstreben der außenpolitischen Beziehungen aus. Dieser Frieden währte bis zu dem „schwarzen Freitag“ an der New Yorker Börse. Der Absturz der Börsenkurse zwang die Welt in eine große Wirtschaftskrise und zerstörte die große Koalition. Von diesem Wirtschaftszusammenbruch konnte sich die Republik auch unter dem neuen Reichskanzler Brüning und mithilfe dessen Deflationspolitik, nicht mehr erholen.[2]

Zur angespannten politischen Situation dieser Nachkriegsjahre akkumulierten sich zudem Probleme des Industrialisierungsprozesses.

1.2. Gesellschaftliche Veränderungen

Durch das verspätete Eintreten der Industrialisierung in Deutschland wurde die wirtschaftliche und gesellschaftliche Situation schwer belastet. Rationalisierung und Technisierung des Arbeitsprozess forderte Stellen ein und veränderten den Produktionsprozess. Statt in kleinen Handwerksbetrieben zu produzieren, wendete sich nun alles einer kostengünstigeren Massenproduktion zu. Das veränderte das Berufs -und Ausbildungsbild sowie das Gesellschaftsbild vollkommen. Die Weimarer Republik übernahm vom Kaiserreich schon eine Industrialisierte Gesellschaft. Diese war in viele Schicht-, geschlechts-, und nationsspezifische Strukturen sozialer Ungleichheiten hinsichtlich ihrer Vermögensverteilung und den Lebensverhältnissen aufgeteilt.[3] Diese Gesellschaftsschichtung änderte sich aber in den 20iger Jahre. Die besten Beispiele hierfür sind die Veränderungen des alten Mittelstandes und des Proletariats.

1.2.1 Krise des Mittelstandes

Die Mittelschicht lies sich schon während der Kaiserzeit in zwei Kategorien untergliedern. Diese waren der alte Mittelstand, bestehend aus selbstständigen Handwerkern und Einzelhändlern, sowie freien akademischen Berufen und Großbauern. Nach dem Krieg trat zudem auch verstärkt ein neuer Mittelstand auf, der sich zum größten Teil aus mittleren und kleinen Beamten und Angestellten zusammensetzte. Diese waren zum großen Teil aus proletarischen Verhältnissen aufgestiegen. Durch die Industrialisierung gab es auf einen Schlag viele neuen Angestellten -sowie Beamtenstellen, da die Massenbetriebe viele bürokratische Stellen in Büros hervorbrachten, die es nun zu besetzen galt. Jedoch glich sich deren Berufssituation immer mehr der der Arbeiter an. Sie waren in eine hierarchische Struktur eingefasst und mussten des Öfteren auch vor Arbeitslosigkeit fürchten. Die neuen Mittelständler ängstigten sich ganz besonders davor, durch Arbeitslosigkeit und Verarmung des Standes verwiesen zu werden. Doch nicht nur der neue Mittelstand sondern auch der alte Mittelstand hatte Angst vor Statusverlusten. Handwerker fürchteten, durch Inflation und Massenproduktion ihre kleinen Betriebe zu verlieren. Auch hatten sie besonders vor dem verproletarisieren der Gesellschaft Angst. Er fühlte sich als produktivster Teil der Gesellschaft und legte viel Wert auf alte Werte wie Anstand, Ehrlichkeit, Ordnung, Sauberkeit. Durch die sich emanzipierende Arbeiterklasse und die Profitgier der Kapitalisten fürchtete er einen Werteverfall. Dadurch wurde der Mittelstand besonders anfällig für Utopien, die eine Wiederherstellung der alten Ordnung versprachen. Sie lehnten daher die Demokratie ab und wandten sich völkischen Parteien zu.[4]

1.2.2. Die Jugend - Eine überflüssige Generation

Während der Kaiserzeit gingen die Kinder und Jugendlichen sofort in das Erwachsenenleben über. An die Schulzeit schlossen sich sofort der Beruf an, und damit eine wirtschaftliche Eigenständigkeit. Während des fortschreitenden Industrialisierungsprozesses, der spezifische Qualifikationen erforderte, nahm die Ausbildungszeit zu und verlängerte somit die Phase zwischen Kindheit und Erwachsenenalter. Dadurch entstand Jugend als soziale Gruppe, die man vorher so nicht gekannt hatte. Das Jugendalter begann mit Abschluss der Volksschule mit dem 14. Lebensjahr und endete mit Abschuss der Ausbildung, die auf verschiedene Wege vollzogen werden konnte.[5] Die juristische Volljährigkeit begann ab dem 21. Lebensjahr.[6] Zu den schon angesprochenen schwierigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnissen der Weimarer Republik kam also nun noch eine gesellschaftliche Gruppe hinzu, die es mit Arbeit und Erziehung zu versorgen galt. Problematischerweise strömt diese genau nach dem Krieg in einer noch nie da gewesenen Zahl auf den Arbeitsmarkt. Nach dem Krieg gab es in Deutschland fast 22 Millionen deutsche Männer zwischen 14-65 Jahren. Unter 14 Jahren waren es dagegen nur noch 7,6 Millionen. Hier zeichnete sich also ab, dass genau in den Jahren der Weimarer Republik zu viele Arbeitsfähige auf den Markt einströmten, sich danach aber wieder ein Arbeitskräftemangel einstellen würde. Zu der Übervölkerungsangst macht sich also nun auch eine Entvölkerungsangst bemerkbar.

In der Weimarer Republik galt es nun also nicht mehr nur vormalige Arbeiter der Kriegswirtschaft wieder in den Arbeitsprozess einzugliedern, sondern auch Arbeitsplätze für junge Arbeiter zu schaffen.[7] Die Bevölkerungspyramide von 1925 zeigt dass 25-50 Jährigen Männer durch den Krieg dezimiert wurden und ihnen ein Frauenüberschuss gegenüber stand, und dass mit den 10-12 Jährigen ein geburtenschwacher Jahrgang einsetzte. Danach folgten die 4-6 Jährigen, aus der Babyboom Zeit nach dem Krieg. Besonders überrepräsentiert sind in dieser Grafik jedoch die geburtenstarken Jahrgänge, die 1925 zwischen 15 und 25 Jahren alt, also jugendlich, waren. Wenn man die Tabelle mit dem Stand von 1910 vergleicht, zeigt sich, dass ein Überangebot an jugendlichen Arbeitskräften bestand.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[8]

1.2.2.2 Das Kriegstrauma der Jugend

Die Nachkriegsjugend hatte ein hartes Los gezogen. An die günstigen Bedingungen, die Jugendliche während der Kaiserzeit bezüglich Sozialisierung und Ausbildung hatten, konnten die Nachkriegsjugendlichen nicht anknüpfen. Desillusioniert kamen vor allem die vielen jungen Frontsoldaten zurück, die oftmals schwer verwundet waren und sich von den Erwachsenen auch schon während der Kriegszeiten zu wenig unterstützt fühlten. Sie trugen die Hauptlast des Krieges und erwarteten nach dessen Ende irgendeine Form der Anerkennung ihrer Taten, die ihnen aber nicht gegeben wurde. Zurück zu Hause waren sie wieder nur Jugendliche, die kein Mitspracherecht hatten und sich als Erziehungsbedürftige und Lehrlinge unterordnen mussten. Ein Generationenkonflikt war die Folge dessen. Die Erwachsenen hatten Angst, dass die Jugendlichen Ansprüche geltend machen würden, die Jugendlichen warfen den Eltern vor, nicht genug für eine kulturelle Erneuerung Deutschlands zu kämpfen. Die Eltern konnten also den Jugendlichen keine Identifizierungsmuster mehr vorgeben.[9]

[...]


[1] Flügel, Heinz: „Wir träumten vom verborgenen Reich“. In: Pörtner, Rudolf (Hg.): Alltag in der Weimarer Republik. Erinnerungen an eine unruhige Zeit. Düsseldorf 1990, S.175-180.

[2] Sturm, Reinhardt: Die Weimarer Republik. (=Informationen zur politischen Bildung, Heft 261, Überab. Neuauflage, hrsg. von der Bundeszentrale für Politische Bildung, Bonn 2003), S. 1-18.

[3] Wirsching, Andreas: Die Weimarer Republik. Politik und Gesellschaft, (= Enzyklopädie Deutscher Geschichte; hrsg. von Gall, Lothar, u.a., Bd. 58, München 2000),S. 24-31.

[4] Dederke, Karl-Heinz: Reich und Republik. Deutschland 1917-1933. Stuttgart 1969, S.100-112.

[5] Fiedler, Gudrun: Jugend im Krieg. Bürgerliche Jugendbewegung, erster Weltkrieg und sozialer Wandel 1914-1923. Köln 1989, 157-166

[6] Führer, Karl Christian: Arbeitslosigkeit und die Entstehung der Arbeitslosenversicherung in Deutschland 1902-1927. Berlin 1990. S.S. 496.

[7] Peukert, Detlef: Jugend zwischen Krieg und Krise. Lebenswelten von Arbeiterjungen in der Weimarer Republik. Köln 1987, S.31-38.

[8] Grafik entnommen aus: Peukert: Jugend, 1987, S. 36.

[9] Koebner, Thomas; Janz, Rolf-Peter; Trommler, Frank (Hrsg.): „ Mit uns zieht die neue Zeit“. Der Mythos Jugend. Frankfurt am Main 1985, S. 50-56.

Excerpt out of 23 pages

Details

Title
Jugendarbeitslosigkeit in der Weimarer Republik
College
LMU Munich
Grade
3
Author
Year
2008
Pages
23
Catalog Number
V130275
ISBN (eBook)
9783640387670
ISBN (Book)
9783640388066
File size
1827 KB
Language
German
Keywords
Jugendarbeitslosigkeit, Weimarer, Republik
Quote paper
Ursi Plenk (Author), 2008, Jugendarbeitslosigkeit in der Weimarer Republik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/130275

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