Kurde, Kurdisch und Kurdistan sind Begriffe, die in jüngster Zeit in der deutschen Öffentlichkeit im Zusammenhang mit den Beitrittsverhandlungen der Türkei in die EU erneut heftig diskutiert werden. Der Umgang mit der Minderheitenfrage ist für Deutschland ein entscheidendes Kriterium für die laufenden Verhandlungen.
In den Jahren zuvor berichteten die deutschen Medien über die Kurden zum größten Teil aus dem besetzten Irak. Schon in den ersten Monaten der US-Besatzung rückten insbesondere die kurdischen Iraker immer mehr in das Blickfeld. Der deutsche Diplomat Hans-C. von Sponeck, UN-Koordinator für Irak, trat aus Protest über die humanitäre Situation der Kurden und Araber unter dem US-Embargo von seinem Posten zurück.
Die Kurden leben im wasserreichen und strategisch wichtigen Osten der Türkei, im Iran und in Nordirak als bedeutende Minderheiten und sind der Schlüssel für den Zugang zu einem der energiereichsten Regionen der Welt. Der Umgang mit den Kurden hat also eine unschätzbare Bedeutung für die politische und wirtschaftliche Entwicklung in der Region und für verschiedene strategische Überlegungen für den gesamten Nahen Osten.
Die Kurdenfrage ist schon seit einigen Jahrzehnten unentwirrbar mit dem Erdöl und den Interessen der multinationalen Konzerne verbunden. Das Erdöl, das nahezu zwei Drittel des Welt-Energieverbrauchs speist und Ausgangsmaterial für an die 30.000 verschiedene Chemikalien ist, befindet sich unmittelbar und leicht zugänglich in den kurdisch bewohnten Gebieten. Ohne Öl würden die industrialisierten Volkswirtschaften, insbesondere der so genannten Ersten Welt, zum Erliegen kommen.
Erdöl war und ist Gegenstand globaler politischer Auseinandersetzungen, im Krieg wie in Zeiten des Friedens. In den letzten hundert Jahren führten Industrieländer unzählige Kriege zur Sicherung der Ölversorgung. Die militärische Intervention der USA und ihrer Alliierten in Kuwait im Jahre 1991 wäre ebenfalls kaum denkbar gewesen, besäße Kuwait nicht beträchtliche Ölreserven. Dass auch die Invasion im Irak an erster Stelle zum Zwecke der Kontrolle über das Öl geführt wird, kann heute kaum noch jemand ernsthaft bezweifeln. Das Öl ist längst ein wesentlicher Bestandteil der neueren Sozial- und Militärgeschichte.
In dieser Arbeit wird die Geschichte der Kurden vom Osmanischen Reich bis in die Gegenwart mit den wichtigsten Ereignissen in ihren Zusammenhängen erklärt.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Begriffsklärungen: „Kurde“, „Kurdisch“ und „Kurdistan“
- 2.1 Wer gehört zu den Kurden?
- 2.2 Geographische Bestimmung „Kurdistans“
- 2.3 Die kurdischen Sprachen
- 3. Die Kurden und ihre Religionen
- 4. Die Kurden im Osmanischen Reich
- 4.1 Die Situation der Kurden bis zum 19. Jahrhundert
- 4.2 Das Osmanische Reich im 19. Jahrhundert
- 4.3 Die Bewertung der Aufstände im 19. Jahrhundert
- 5. Das Osmanische Reich und die Kurden bis zum Ende des 1. Weltkrieges
- 5.1 Sultan Abdulhamid II (1876 - 1909), die Jungosmanen und die Kurden
- 5.2 Das Osmanische Reich und die Kurden im 1. Weltkrieg
- 6. Die Kurden nach dem Waffenstillstandsabkommen von Mudros
- 6.1 Der Vertrag von Sèvres
- 7. Die Entwicklung der Kurden in der Türkei
- 7.1 Türkisch-kurdischer Widerstand gegen die alliierten Invasoren
- 7.2 Der Vertrag von Lausanne
- 7.3 Von türkisch-kurdischen Muslimen zu türkischen Staatsbürgern
- 7.4 Die Kemalisten und die Kurden
- 7.5 Scheich-Said Aufstand
- 8. Kurden innerhalb der Republik Türkei
- 8.1 Kurden und der Terrorismus
- 8.2 Die aktuelle Lage in der Republik Türkei
- 9. Kurden im Iran
- 9.1 Die Reformen des Schah Reza
- 9.2 Der Aufstand von „Simko“ (1918 - 1930)
- 9.3 Die Kurdische Regierung von Mahabad
- 9.4 Der Weg der iranischen Kurden vom Schah-Regime in die Islamische Revolution
- 10. Die Entwicklung der Kurden im Irak
- 10.1 Britisch-französischer Wettlauf um die Kolonisierung Iraks
- 10.2 Die Annexion Mosuls an den Irak
- 11. Irak bis zum 1. Golfkrieg
- 11.1 Bis zur Machtübernahme Saddam Husseins
- 11.2 Der erste Golfkrieg
- 12. Irak und die Kurden im 2. Golfkrieg
- 12.1 Beginn des 2. Golfkrieges
- 12.2 Der Kampf um die Meinungsbildung über den Irak
- 12.3 Der zweite Golfkrieg im Rückblick
- 13. Die Vorwände für eine dauerhafte US-Besatzung
- 13.1 Abrüstung als Kriegsgrund
- 13.2 Die Rolle der Kurden
- 14. Wiederaufbau als Teil des Wirtschaftskrieges
- 15. Wohin fließt das Öl?
- 16. Auf der Suche nach Demokratie
- 17. Ein Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Geschichte der Kurden vom Osmanischen Reich bis in die Gegenwart, wobei der Fokus auf den Zusammenhang zwischen der kurdischen Geschichte und den Interessen der Großmächte, insbesondere im Hinblick auf Erdölreserven, liegt. Die Arbeit analysiert die Gründe für das Scheitern der Kurden, einen eigenen Nationalstaat zu gründen, und beleuchtet die wechselhafte Beziehung zwischen den kurdischen Minderheiten und den Regierungen der Türkei, des Irans und des Iraks.
- Die Geschichte der Kurden im Kontext des Osmanischen Reiches
- Der Einfluss von Erdöl auf die kurdische Frage
- Die kurdische Nationalbewegung und ihre Ziele
- Die Rolle der Großmächte in der Kurdenfrage
- Das Verhältnis der Kurden zu den Regierungen der Türkei, des Irans und des Iraks
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Kurdenfrage ein und betont deren Relevanz im Kontext der Beziehungen zwischen der Türkei und der EU sowie der US-Interventionen im Irak. Sie verweist auf die strategische Bedeutung der kurdisch besiedelten Gebiete aufgrund ihrer Erdölvorkommen und stellt die zentralen Forschungsfragen der Arbeit vor, die sich mit den Gründen für das Ausbleiben eines kurdischen Nationalstaates und dem Einfluss von Öl auf die kurdische Geschichte befassen.
2. Begriffsklärungen: „Kurde“, „Kurdisch“ und „Kurdistan“: Dieses Kapitel klärt die zentralen Begriffe der Arbeit, definiert wer als Kurde gilt, beschreibt die geographische Ausdehnung des kurdischen Siedlungsgebietes und beleuchtet die sprachliche Vielfalt der kurdischen Bevölkerungsgruppen. Es legt die Grundlage für das Verständnis der komplexen Identitätsbildung innerhalb der kurdischen Gesellschaft.
3. Die Kurden und ihre Religionen: Der Abschnitt behandelt die religiöse Vielfalt unter den Kurden, die neben dem Islam auch christliche und jesidische Gemeinschaften umfasst. Die religiöse Heterogenität der kurdischen Gesellschaft wird im Kontext der politischen Entwicklungen beleuchtet und in Beziehung zu den Ereignissen in den folgenden Kapiteln gesetzt.
4. Die Kurden im Osmanischen Reich: Das Kapitel schildert die Geschichte der Kurden unter osmanischer Herrschaft, wobei die Situation der Kurden vor dem 19. Jahrhundert sowie die Ereignisse und die Bewertung der Aufstände im 19. Jahrhundert im Detail beschrieben werden. Es analysiert die Machtstrukturen und das Verhältnis zwischen der osmanischen Regierung und der kurdischen Bevölkerung.
5. Das Osmanische Reich und die Kurden bis zum Ende des 1. Weltkrieges: Dieser Abschnitt setzt die Darstellung der kurdischen Geschichte im Osmanischen Reich fort, konzentriert sich insbesondere auf die Zeit Sultan Abdulhamids II, die Jungosmanen und den Ersten Weltkrieg. Die Auswirkungen des Krieges auf die kurdische Bevölkerung und deren Position innerhalb des zerfallenden Reiches werden analysiert.
6. Die Kurden nach dem Waffenstillstandsabkommen von Mudros: Dieses Kapitel behandelt die Entwicklungen nach dem Waffenstillstand von Mudros und analysiert die Folgen des Vertrags von Sèvres für die Kurden. Es beschreibt die politischen und gesellschaftlichen Veränderungen, denen die Kurden nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches ausgesetzt waren.
7. Die Entwicklung der Kurden in der Türkei: Das Kapitel konzentriert sich auf die Geschichte der Kurden in der Republik Türkei, beginnend mit dem türkisch-kurdischen Widerstand gegen die alliierten Invasoren, dem Vertrag von Lausanne, der Entwicklung der Kurden zu türkischen Staatsbürgern, der Rolle der Kemalisten und dem Scheich-Said-Aufstand. Es beleuchtet den komplexen Prozess der Integration und des Konflikts zwischen der türkischen Regierung und der kurdischen Bevölkerung.
8. Kurden innerhalb der Republik Türkei: Dieses Kapitel befasst sich mit der Lage der Kurden in der heutigen Türkei, mit besonderem Fokus auf die Themen Terrorismus und die aktuelle politische Situation. Es analysiert die Herausforderungen, denen sich die Kurden in der Türkei gegenwärtig gegenübersehen.
9. Kurden im Iran: Hier wird die Geschichte der Kurden im Iran dargestellt, wobei die Reformen des Schahs Reza Pahlavi, der Aufstand von Simko, die kurdische Regierung von Mahabad und die Entwicklung der iranischen Kurden bis zur Islamischen Revolution beleuchtet werden. Die verschiedenen Phasen des Widerstands und der Unterdrückung der Kurden im Iran werden ausführlich dargestellt.
10. Die Entwicklung der Kurden im Irak: Dieser Teil der Arbeit behandelt die Geschichte der Kurden im Irak, beginnend mit dem britisch-französischen Wettlauf um die Kolonisierung und der Annexion Mosuls an den Irak. Der Abschnitt analysiert die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, die die Kurden im Irak seit der Kolonialzeit geprägt haben.
11. Irak bis zum 1. Golfkrieg: Die Entwicklung des Irak bis zum Ersten Golfkrieg wird behandelt, mit besonderem Fokus auf die Zeit vor und nach der Machtübernahme durch Saddam Hussein. Die politischen und gesellschaftlichen Bedingungen werden in Bezug auf die Kurden analysiert.
12. Irak und die Kurden im 2. Golfkrieg: Dieses Kapitel befasst sich mit dem Zweiten Golfkrieg und dessen Auswirkungen auf die Kurden im Irak. Die verschiedenen Phasen des Krieges und der Kampf um die Meinungsbildung über den Irak werden analysiert.
13. Die Vorwände für eine dauerhafte US-Besatzung: Der Abschnitt analysiert die Begründungen für die anhaltende US-Präsenz im Irak, wobei die Rolle der Kurden und die Bedeutung von Abrüstung als Kriegsgrund im Detail untersucht werden.
14. Wiederaufbau als Teil des Wirtschaftskrieges: Dieser Abschnitt beschreibt den Wiederaufbau des Iraks nach dem Krieg und analysiert dessen wirtschaftliche und politische Hintergründe.
15. Wohin fließt das Öl?: Dieses Kapitel untersucht die Verteilung und den Fluss des irakischen Erdöls und dessen Auswirkungen auf die Region.
16. Auf der Suche nach Demokratie: Der Abschnitt beleuchtet den Prozess der Demokratisierung im Irak und die damit verbundenen Herausforderungen.
Schlüsselwörter
Kurden, Kurdistan, Türkei, Iran, Irak, Erdöl, Nationalismus, Minderheiten, Osmanisches Reich, Golfkrieg, Nationalstaat, Jungosmanen, Kemalismus, Saddam Hussein, US-Intervention, Geopolitik, Machtpolitik, Identität, Religion.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Text: Kurden - Geschichte und Gegenwart
Was ist der Hauptfokus des Textes?
Der Text untersucht die Geschichte der Kurden vom Osmanischen Reich bis in die Gegenwart. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf dem Zusammenhang zwischen der kurdischen Geschichte und den Interessen der Großmächte, insbesondere im Hinblick auf Erdölreserven. Er analysiert die Gründe für das Scheitern der Kurden, einen eigenen Nationalstaat zu gründen, und beleuchtet die wechselhafte Beziehung zwischen den kurdischen Minderheiten und den Regierungen der Türkei, des Irans und des Iraks.
Welche Zeiträume werden im Text behandelt?
Der Text umfasst einen Zeitraum von der Geschichte der Kurden im Osmanischen Reich bis zur Gegenwart, einschließlich der Ereignisse des Ersten und Zweiten Golfkriegs sowie der US-Intervention im Irak. Die einzelnen Kapitel behandeln spezifische Epochen und Ereignisse dieser langen Periode.
Welche geographischen Regionen werden betrachtet?
Der Text konzentriert sich auf die Gebiete, in denen Kurden leben bzw. lebten, also vor allem die Türkei, den Iran, den Irak und teilweise auch Syrien. Die geographische Ausdehnung des kurdischen Siedlungsgebietes ("Kurdistan") wird im Text ebenfalls definiert.
Welche Themen werden im Detail behandelt?
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Welche Kapitel gibt es und worum geht es in ihnen?
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Welche Schlussfolgerungen zieht der Text?
Der Text kommt zu dem Schluss, dass die Geschichte der Kurden eng mit den Interessen der Großmächte und der Verfügbarkeit von Erdöl verbunden ist und die kurdische Frage ein komplexes Zusammenspiel von nationalen, religiösen und geopolitischen Interessen darstellt. Die Gründe für das Ausbleiben eines eigenständigen kurdischen Staates werden ausführlich analysiert. Der Ausblick gibt einen Hinweis auf die anhaltende Komplexität der Situation.
Für wen ist dieser Text gedacht?
Der Text ist für Leser gedacht, die sich akademisch mit der Geschichte und der Gegenwart der Kurden auseinandersetzen wollen. Die detaillierte Struktur und die wissenschaftliche Herangehensweise sprechen insbesondere Studenten und Wissenschaftler an.
Wo finde ich weitere Informationen?
Der Text selbst bietet einen guten Ausgangspunkt für weitere Recherchen. Die im Text genannten Personen, Ereignisse und Konzepte bieten Ansatzpunkte für weiterführende Literaturrecherche in Bibliotheken, Archiven oder Online-Datenbanken.
- Arbeit zitieren
- Kadir Özdemir (Autor:in), 2008, Öl, Wasser und Nationalismus - Studie zu den Kurden im Irak, Iran und der Türkei, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/130582