Hermann Sudermanns "Glück im Winkel": Die Veränderung des Frauenbilds im 19. Jahrhundert


Term Paper (Advanced seminar), 2008

15 Pages, Grade: 2


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Gliederung

A. Einleitung

B. Hauptteil
I. Die Veränderung des Frauenbilds im 19. Jahrhundert
1.1 Das traditionelle Frauenbild
1.2. Die Emanzipierung der Frau
II. Frauenbild bei Herrmann Sudermann „Das Glück im Winkel“
1. Elisabeth
1.1. Bildung und Lebenswandel
1.2. Rolle als Ehefrau und Mutter
1.3. Stellung in der Gesellschaft
2. Bettina von Röcknitz
2.1. Lebenswandel und gesellschaftliche Funktion
2.2. Beziehung zu ihrem Mann
3. Fremdbestimmung versus Eigenbestimmung Haben Frauen bei Sudermann einen eigenen Willen, oder bestimmt die Gesellschaft und das traditionelle Bild der Frau ihr Handeln?

C. Schluss

D. Literaturverzeichnis

A. Einleitung

Die Literatur des Naturalismus spiegelt aufgrund ihres wichtigsten Grundsatzes "Kunst=Natur-X"[1] besonders gut die Besonderheiten und natürlich auch Missstände der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wieder. Wie Arno Holz mit seiner oben genannten Formel sagt, legten die Naturalisten, besonderen Wert darauf, den bürgerlichen Realismus und vor allem die rückwärts gewandte schwärmerische Literatur der Gründerzeit zu überwinden um die Besonderheiten der Zeit unverblümt darzustellen. Hierbei gewann auch das Drama wieder mehr an Bedeutung. Nicht nur im Ausland nahm diese Form der Literatur erneut einen besonderen Stellenwert ein, auch in Deutschland wurde sie genutzt, um literarisches Gedankengut unmittelbar an den Rezipienten weiterzugeben.[2] Dramatiker wie Arno Holz fielen leider oftmals der Theaterzensur zum Opfer. Dagegen wurden andere, wie Sudermann, aufgrund ihrer "leichteren Kost" an den Deutschen Bühnen umjubelt. Sudermann behandelte zwar im großen und ganzen eine ähnliche Thematik wie Holz, verstand es aber, sich besser an die Oberschichten anzupassen und auf Standesunterschiede, Frauenfragen und Problemen der Industrialisierung sowie darauf folgender Urbanisierung auf subtilere Art und Weise aufmerksam zu machen.[3]

Das vorliegende Drama: "Das Glück im Winkel" behandelt auf anschauliche Art und Weise die zeitgenössische Problematik von Liebe und Ehe zwischen den einzelnen Ständen. Außerdem stellt es die Emanzipation der Frau auf bildliche Art und Weise dar. Die Seminararbeit soll untersuchen, wie sich die beiden unterschiedlichen Frauentypen Elisabeth Wiedemann und Bettina von Röcknitz voneinander unterscheiden und ob man besonders im Falle der Elisabeth schon von einer modernen, selbst bestimmten Frau sprechen kann.

B Hauptteil

1. Die Veränderung des Frauenbilds im 19. Jahrhundert

1.1. Das traditionelle Frauenbild

1850 erschienen, war Hermann Riehls Aufsatz über die perfekte Familie und Frau des 19. Jahrhunderts, die erste Gegenreaktion auf frühe Emanzipationsbewegungen. Riehl legte das Wirken der bürgerlichen Frau gänzlich auf das häusliche Umfeld und natürlich auf den Ehemann fest. Die Frau hatte hierbei einzig und allein Hausfrau, Ehefrau und Mutter zu sein. Der Ehemann dagegen versinnbildlichte das außerhäusliche Leben, wirtschaftliches Geschick, körperliche Kraft und Intelligenz. Riehl erkannte in Mann und Frau perfekt harmonisierende Gegenstücke. Mit seinem Werk wollte Riehl den Frauen ihre Rolle wieder schmackhafter machen und sie von ihren Emanzipierungswünschen abbringen. Jegliche Veränderung der Geschlechtermerkmale verurteilte er. In der Gesellschaft wurden Riehls Ansichten fleißig gelebt. Die Hausfrau sollte immer ein Lied auf den Lippen tragen und ohne Anstrengung die Hausarbeit verrichten, wobei ihr sowieso nur noch ein kleiner Teil deren übrig blieb, da sie die schwereren Arbeiten an Hauspersonal delegieren konnte. Jeder, der gesellschaftlich etwas auf sich hielt, auch die schlecht verdienenden Mittelschullehrer, wie im vorliegenden Drama der Lehrer Wiedemann, leisteten sich ein Hausmädchen.[4] Je weniger eine Hausfrau zu tun hatte, desto reicher war das Haus, in dem sie lebte. Die Frau hatte außerdem als schmückendes Beiwerk des Mannes zu wirken und gesellschaftliche Anlässe für ihn auszurichten. Dieses Idealbild funktionierte aber nur in einer sehr kleinen Oberschicht. Wenn Hausherren mit niedrigerem Einkommen diesen Lebensstil von ihrer Frau verlangten, ging das nur auf Kosten dieser. Die Hausfrau musste dann mit Geschick das Einkommen zusammenhalten, sparen selbst einen großen Teil der Hausarbeit mittragen[5]

Die bürgerliche Frau war jedoch nicht nur wirtschaftlich unter den Mann gestellt, auch rechtlich und auf dem Bildungssektor fehlte Gleichberechtigung. Rechtlich zeigt sich die mangelnde Emanzipation besonders gut am Beispiel des Scheidungsrechtes. Hier zeigt sich außerdem die sexuelle Diskriminierung der Frau. So konnte der Ehemann im "Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten"[6] von 1794 sich im Falle eines Ehebruchs von der Frau scheiden lassen und nicht umgekehrt. Begründet war das im Wesen des Mannes, und dass er durch seine Teilnahme an der Welt zusätzlich vielen Verlockungen ausgesetzt war, denen er nachgehen durfte. Außerdem viel er durch den Ehebruch nicht so tief wie die Frau, da deren einzige Bestimmung Hausfrau und Mutter war. Auch war es einer Mutter fast unmöglich, sich scheiden zu lassen, ohne danach ihre Kinder zu verlieren.[7]

Der Punkt der Bildung wurde bei den meisten Frauen meist schwerwiegend vernachlässigt. Dadurch, dass das Heiratsalter im 19. Jahrhundert bei beiden Geschlechtern höher angesiedelt war als in der Zeit davor, musste bei den Frauen die Lücke zwischen Volksschule und Heirat gefüllt werden. Auf den meisten Bereichen wurde jedoch die Weiterbildung den Frauen verwehrt. Diese vertrieben sich oftmals die Zeit mit so genannten "verschämten Heimarbeiten". Die Handarbeiten wurden von den jungen Frauen an Verwandte zu Minimalpreisen verkauft. Auch konnten sich die jungen Frauen auf Lehrerseminaren, die keine fundierte wissenschaftliche Grundlage boten, zu Mittelschullehrerinnen ausbilden lassen, die nur die untersten Klassenstufen unterrichteten. Dieses Privileg wurde nur wenigen zu Teil, da landläufig die Meinung vertreten wurde, dass die Frau nicht dieselben geistigen Fähigkeiten besaß, wie der Mann.[8]

[...]


[1] Bunzel, Wolfgang: Einführung in die Literatur des Naturalismus, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Erlangen 2004., S. 19

[2] Roy C. Cowen: Das deutsche Drama im 19. Jahrhundert, Stuttgart Metzler Verlag 1988 (= Sammlung Metzler Bd. 84), S. 210.

[3] Cowen, Drama, S. 7 ff.

[4] Frevert, Ute: Frauengeschichte zwischen bürgerlicher Verbesserung und neuer Weiblichkeit (=Neue historische Bibliothek, hg. von Hans Ulrich Wehler, Edition Suhrkamp, Frankfurt am Main 1986, Neue Folge Bd. 284 ), S.67 ff.

[5] Ebd. S. 104-112.

[6] Hattenauer, Hans: Allgemeines Landrecht für die Preussischen Staaten. Von 1794, Frankfurt/Main 1970, S. 88-91.

[7] Hanisch, Antje: Keller, Raabe, Fontane. Geschlecht, Sexualität und Familie im bürgerlichen Realismus, (= Forschungen zur Literatur und Kulturgeschichte, hg. von Kreuzer, Helmuth und Riha, Karl, Peter Lang Verlag Frankfurt am Main u.a. 1994, Band 46), S. 12-20

[8] Frevert, Frauengeschichte, S. 117-129

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Details

Title
Hermann Sudermanns "Glück im Winkel": Die Veränderung des Frauenbilds im 19. Jahrhundert
College
LMU Munich
Grade
2
Author
Year
2008
Pages
15
Catalog Number
V130680
ISBN (eBook)
9783640395248
ISBN (Book)
9783640395088
File size
397 KB
Language
German
Notes
Dramen im Naturalismus
Keywords
Hermann, Sudermanns, Glück, Winkel, Veränderung, Frauenbilds, Jahrhundert
Quote paper
Ursi Plenk (Author), 2008, Hermann Sudermanns "Glück im Winkel": Die Veränderung des Frauenbilds im 19. Jahrhundert, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/130680

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