Dänische Beschäftigungspolitik als Vorbild


Seminar Paper, 2005

36 Pages, Grade: 1,0


Excerpt


INHALTSVERZEICHNIS

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1) Einleitung

2) Arbeitslosenentwicklung bis 1993
2.1) Konjunkturelle Arbeitslosigkeit
2.2) Strukturelle Arbeitslosigkeit
2.3) Struktur der Arbeitslosigkeit

3) Fiskalpolitik
3.1) Antizyklische Fiskalpolitik
3.1.1) Die Steuerreformen
3.1.2) Ausgabenerhöhung und Abbau der Schulden

4) Lohnpolitik

5) Arbeitsmarktpolitik
5.1) Das „Goldene Dreieck der Flexicurity“
5.1.1) Die aktive Arbeitsmarktpolitik
5.1.2) Der flexible Arbeitsmarkt
5.1.3) Das Führsorgesystem
5.2) Die passive Arbeitsmarktpolitik

6) Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Arbeitslosenquote in Dänemark von 1973 bis

Abbildung 2: Standardisierte Arbeitslosenrate für Dänemark, Deutschland, und Frankreich von 1985 bis 2003

Abbildung 3: Reale private Konsumwachstumsrate in Relation zum Vorjahr

Abbildung 4: Prozentuale Veränderung der Sparquote, 1988 –

Abbildung 5: Aktuelle und strukturelle Arbeitslosigkeit, 1975 – 2001

Abbildung 6: Inflationsrate in Dänemark von 1960 bis

Abbildung 7: Arbeitslosigkeit in Prozent nach Altersgruppen 1993

Abbildung 8: Arbeitslosigkeit in Prozent nach Bildungsstand 1993

Abbildung 9: Standardisierte Arbeitslosenrate und reale BIP-Wachstumsrate zwischen 1991 und 2003

Abbildung 10: Dänisches Zinsniveau von 1990 bis 1994

Abbildung 11: Die Steuerstufen der Einkommenssteuer von 1986 bis 2002

Abbildung 12: Reale BIP-Wachstumsrate in verschiedenen Ländern zwischen 1980 bis 2004

Abbildung 13: Staatsverschuldung verschiedener Länder zwischen 1992 bis 2003

Abbildung 14: Dänische Defizitquote von 1992 bis 2003

Abbildung 15: Staatsdefizit und –überschuss verschiedener Länder zwischen und 2003

Abbildung 16: Lohnwachstumsrate und Arbeitsproduktivität 1978 – 2004

Abbildung 17: Das „Goldene Dreieck der Flexicurity“

Abbildung 18: Kündigungsregeln in OECD-Ländern Ende der 90-er Jahre

Abbildung 19: Gesamtindex der Arbeitsschutzregeln in OECD-Ländern

Abbildung 20: Durchschnittliche Verweildauer im gleich Job in OECD-Ländern

Abbildung 21: Unsicherheit des Arbeitsplatzes in OECD-Ländern 1996

Abbildung 22: Prozentuale Höhe der ALHI im Verhältnis zum Einkommen bei Beschäftigung in verschiedenen Ländern, 1998

Abbildung 23: Entwicklungen in der Arbeitslosenversicherung 1990 – 1999

Abbildung 24: Minimum und Maximum der Arbeitslosenhilfebezüge von 1994 bis 2000

Abbildung 25: Beschäftigungsquote verschiedener Länder von 1993-1995 & 2003

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1) Einleitung

Dänemark wird wegen seiner stark reduzierten Arbeitslosigkeit und eines kontinuierlichen Schuldenabbaus oft als Musterland Europas bezeichnet. Das war jedoch nicht immer so. Anfang der 90-er Jahre war der dänische Arbeitsmarkt von einer hohen Arbeitslosigkeit und mangelhaften Qualifikationen, von Zentralismus und Unbeweglichkeit geprägt. Durch ein Zusammenspiel von Fiskal-, Lohn- und Arbeitsmarktpolitik gelang es jedoch, bis zum Jahr 2003 die Arbeitslosenrate auf 6,2% zu halbieren - und das trotz einer im internationalen Vergleich hohen Beschäftigungsquote von über 75%.

Dieser Erfolg war ohne größere Einschnitte in das Sozialsystem und ohne Lohnkürzungen möglich. Mittelpunkt der Maßnahmen war das „goldene Dreieck der Flexicurity“ – ein generöses Sozialsystem, ein flexibler Arbeitsmarkt und eine aktive Arbeitsmarktpolitik mit dem Prinzip „Fördern und Fordern“.

Ziel dieser Arbeit ist es, die einzelnen Bestandteile der Beschäftigungspolitik und die von ihr ausgehenden Anreize näher zu betrachten. Dabei werden zuerst die Ursachen der bestehenden Arbeitslosigkeit bis 1993 analysiert. Anschließend wird auf die das Wirtschaftswachstum einleitende Fiskalpolitik eingegangen, bevor die Gründe einer moderaten Lohnpolitik näher betrachtet werden. Danach werden dann die einzelnen Elemente der dänischen Flexicurity und ihre Wirkungen auf Arbeitsangebot und –nachfrage dargestellt.

2) Arbeitslosenentwicklung bis 1993

Seit beginn der 70er Jahre zeichnete sich in Dänemark wie in vielen Ländern ein anhaltender Aufwärtstrend der Arbeitslosigkeit ab. Lag die Arbeitslosenquote (ALQ) 1970 noch unter 2%, erreichte sie 1993 einen Höchststand von 12,4% mit 348.817[1] Arbeitslosen (Abb.1 & 2). Als ALQ versteht man dabei „die Zahl unbeschäftigter Personen im Verhältnis zu den Erwerbspersonen“, wobei diese aus der Summe der Beschäftigten und der Arbeitslosen besteht[2]. Die Arbeitslosigkeit in Dänemark hatte dabei sowohl konjunkturelle, als auch strukturelle Ursachen.

2.1) Konjunkturelle Arbeitslosigkeit

Als konjunkturelle Arbeitslosigkeit bezeichnet man die Differenz zwischen a k t u e l l e r und n a t ü r l i c h e r Arbeitslosenrate (ALR). Die bestehende Arbeitslosigkeit bei einem langfristigen Gleichgewicht von Arbeitsangebot und –nachfrage stellt die natürliche ALR dar, die durch eine unzureichende güterwirtschaftliche Gesamtnachfrage im Verhältnis zu vorhandenen Produktionsmöglichkeiten entsteht. Mit Hilfe von expansiven makroökonomischen Strategien kann dabei die Arbeitslosigkeit ohne einen endlosen Anstieg der Inflation gesenkt werden[3]. Während konjunktureller Aufschwünge sinkt also i.d.R. die konjunkturelle Arbeitslosigkeit und in Rezessionsphasen steigt sie wiederum an.

In Dänemark sind seit 1970 drei konjunkturelle Abschwünge erkennbar. Der erste Nachfrageschock im Anschluss an die erste Ölkrise ließ die Arbeitslosigkeit zwischen 1973 und 1978 um ca. 5% auf über 7% steigen und sank dann im folgenden Aufschwung 1979 um 1%. Als Folge der zweiten Ölkrise 1979/1980 erhöhte sich die Arbeitslosigkeit 1983 auf über 10% und verringerte sich im nachfolgenden Aufschwung auf 8% im Jahr 1986. Stärkere Auswirkungen als im internationalen Vergleich zeichneten sich in Dänemark nach der Rezession 1988 ab. Ursache dafür war eine restriktive dänische Wirtschaftspolitik, u.a. in Form von steigenden indirekten Steuern, die zur Verbesserung der Zahlungsbilanz führen sollte. Als Folge verringerte sich der private Konsum und die Sparquote nahm zu (Abb.3 & 4). So konnte 1990 seit fast 30 Jahren ein Überschuss der Zahlungsbilanz erreicht und die bis dahin über 320 Mrd. DKK ausländische Schulden etwas abgebaut werden[4]. Dies führte jedoch zu einer Verringerung des Wirtschaftswachstums und damit zu einer Steigerung der ALQ auf 12,4% mit ca. 2%iger konjunktureller Arbeitslosigkeit im Jahr 1993.

2.2) Strukturelle Arbeitslosigkeit

Strukturelle Arbeitslosigkeit ist die Höhe der Arbeitslosigkeit, die bei unveränderter Lohn- und Preisinflation konsistent ist. Ursachen für strukturelle Arbeitslosigkeit sind Mismatch-Probleme, d.h. „sachliche Strukturdiskrepanzen zwischen Arbeitsangebot und –nachfrage“ wie berufliche, sektorale und regionale Abweichungen[5]. Mismatch-Probleme im Arbeitsmarkt entstehen u.a. durch starre Lohnstrukturen als Folge von Vertragsverhandlungen mit Gewerkschaften. Mindestinhalte von Arbeitsverträgen werden dabei, anstatt durch den Markt bestimmt, mit den Gewerkschaften verhandelt. Dies führt meist zu längerfristiger Arbeitslosigkeit. Bei einer Verringerung der s t r u k t u r e l l e n Arbeitslosigkeit unter die n a t ü r l i c h e Arbeitslosigkeit entsteht ein Aufwärtsdruck bezüglich der Inflationsrate[6].

Wie aus Abbildung 1 erkennbar, war trotz Verringerung der Arbeitslosigkeit in den Aufschwungphasen ein deutlicher Aufwärtstrend der Arbeitslosenzahlen insgesamt vorhanden. Der erreichte Level der ALQ des vorherigen Aufschwungs blieb unter dem niedrigsten Stand der nachfolgenden Aufschwungphasen. Dieses in vielen OECD-Ländern vorhandene Phänomen ist ein Hinweis auf Hysteresis und stellt einen Indikator für eine anhaltende und strukturelle Arbeitslosigkeit dar. Ende der 80er Jahre lag die strukturelle Arbeitslosigkeit in Dänemark konstant bei ca. 8% und war damit geringer als die aktuelle ALR (Abb.5)[7]. Die Inflationsrate stieg von 3,7% auf 4,8% 1989.

Zwei der wichtigsten Gründe für die hohe strukturelle Arbeitslosigkeit in Dänemark waren eine lange Dauer der passiven Arbeitslosenunterstützung und Insider-Outsider-Effekte[8]. Insider sind dabei Arbeitsplatzbesitzer und Outsider sind Arbeitslose auf der Suche nach Beschäftigung. Bei Lohnverhandlungen versuchen Insider mit Hilfe der Gewerkschaften eine Minimierung des Arbeitsplatzrisikos und Lohnerhöhung auszuhandeln. Bei Lohnverhandlungen haben Insider eine Verhandlungsmacht, bei der Outsider - mit ihrer Bemühung, Arbeit zu finden - nicht berücksichtigt werden. Das bedeutet, dass es nur wenig Anreize zur Beachtung der Folgen und Wirkungen von Lohnforderungen auf Outsider gibt.

In Dänemark hatten die temporären negativen Nachfrageschocks - also eine Verringerung der Investitions- und Konsumausgaben - nach den beiden Ölkrisen und Ende der 80er Jahre nicht nur steigende Inflationsraten (Abb.6), steigende Zinsen und eine höheres Leistungsbilanzdefizit[9] zur Folge. Permanent steigende Arbeitslosenzahlen kamen als Folge hinzu.

Fast 75%[10] der Beschäftigten in Dänemark sind gewerkschaftlich organisiert und haben so eine große Verhandlungsmacht. Daraus folgende steigende Arbeitslosenzahlen blieben für Beschäftigte irrelevant, da die generöse Arbeitslosenunterstützung, vom Staat durch Steuern finanziert, sich nicht in spürbar erhöhten Beiträgen niederschlug. Die Arbeitslosenunterstützung betrug im Jahr 1990 durchschnittlich 65% des Einkommens bei einer formalen Dauer von 30 Monaten. Arbeitslose konnten jedoch aufgrund ihres Rechtsanspruchs auf subventionierte Beschäftigung oder (Weiter-) Bildungsmaßnahmen nach 21-30 Monaten[11] ihren Anspruch um weitere 30 Monate verlängern, dass heißt eine passive Arbeitslosenunterstützung von bis zu neun Jahren war möglich[12]. Ein weiterer Grund ist eine komprimierte Lohnstruktur in Dänemark, die es nicht erlaubte, Produktivitätsunterschiede in Lohnunterschieden wiederzuspiegeln.

2.3) Struktur der Arbeitslosigkeit

In Dänemark war die Arbeitslosigkeit insbesondere bei jungen Menschen und bei Älteren sehr hoch. So betrug die ALQ im Jahr 1993 bei Personen zwischen 20-24 Jahren 16,5%, zwischen 25-29 Jahren 17,3% und zwischen 55-59 Jahren 15,1% (Abb.7). Auch in Bezug auf die Qualifikation sind Unterschiede zu erkennen: 14,2% der Personen mit einer schulischen Grundausbildung und 14,4% der Personen mit einem Arbeitstraining waren arbeitslos, mindestens doppelt so viel wie bei Personen mit einer höheren Ausbildung (Abb.8). Bei Frauen stieg insbesondere zwischen 1980 und 1986 die ALR im Vergleich zu Männern sehr stark an und blieb dann konstant um 2,5% - 3% höher (Abb.1). In Bezug auf die Langzeitzeitarbeitslosigkeit waren in Dänemark 1990 32,1% mindestens 12 Monate ohne Beschäftigung.

Die stetig steigenden Arbeitslosenzahlen mit hohem strukturellem Anteil, hohe Transferzahlungen und eine erhöhte Staatsverschuldung führten 1993 zu grundlegenden Reformen durch die Dänische Regierung. Ein aufeinander abgestimmter Policy-Mix aus Fiskal-, Lohn- und Arbeitsmarktpolitik sollte dabei helfen, die Unbeweglichkeit, den Zentralismus und mangelnde Qualifikationen zu verringern[13]. So sollten die konjunkturelle und vor allem die strukturelle Arbeitslosigkeit abgebaut werden. Die Geldpolitik spielte dabei eine untergeordnete Rolle, da die DKK seit 1986 freiwillig an die DM und ab 1999 an den Euro gebunden wurde - 7,46 DKK pro Euro und eine Bandbreite von +/-2.25%. Die Entscheidung gegen die Einführung des Euro hat so aus wirtschaftlicher Betrachtung nur eine symbolische Bedeutung.

3) Fiskalpolitik

Die Fiskalpolitik hat eine Stabilisierungsaufgabe, bei der durch entsprechende Gestaltung der Einnahmen und Ausgaben gesamtwirtschaftliche Ziele unterstützt werden sollen: angemessenes Wirtschaftswachstum, Preisniveaustabilität, außenwirtschaftliches Gleichgewicht und eine hohe Beschäftigungsquote. Dabei stehen dem Staat verschiedene einnahmen- und ausgabenpolitische Instrumente zur Verfügung wie Steuern, Verkäufe oder Sozialbeiträge auf der Einnahmenseite sowie monetäre Sozialleistungen, Subventionen, AN-entgelte oder Bruttoinvestitionen auf der Ausgabenseite. Steigende Arbeitslosigkeit vermindert das Einkommenssteueraufkommen, und gleichzeitig werden staatliche Ausgaben in Form von Lohnersatzleistungen in die Höhe gefahren und führen zu Haushaltsdefiziten und erhöhtem Schuldenstand[14].

Dänemark hatte im Jahr 1993 nicht nur eine ALQ von 12,4%, sondern auch eine BIP-Wachstumsrate von unter 1%, eine Defizitquote von 3,7% und eine Staatsverschuldung von über 80%. Nach Keynsianischer Meinung kann der private Sektor gesamtwirtschaftliche Probleme nicht von sich aus lösen. Antizyklische Einnahmen- und Ausgabenmaßnahmen des Staates sind für die Belebung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage notwendig und somit schlussendlich für die Senkung der Arbeitslosigkeit mitverantwortlich.

In Bezug auf das BIP zeichnet sich Dänemark bis dato durch eine sehr hohe Steuerlast und eine geringe Sozialabgabenbelastung aus, da Sozialleistungen hauptsächlich über Steuern finanziert werde: 1996 bestand 49,1% des BIP aus Steuereinnahmen und nur 1,8% aus Sozialversicherungsbeiträgen. Diese Steuern setzten sich aus 53,2% Einkommenssteuern, 4,6% Körperschaftssteuern und 32,7% indirekten Steuern zusammen. Im Gegensatz zu der sehr hohen Einkommenssteuer sind die effektiven Grenzsteuersätze für Unternehmen aber nach Angaben des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung mit 22,8% im internationalen Vergleich sehr gering[15]. Folglich wird die Attraktivität für Unternehmen und damit der Wirtschaftsstandort Dänemark gestärkt – mehr Arbeitsplätze können entstehen.

3.1) Antizyklische Fiskalpolitik

Durch antizyklische Nachfrage des Staates, also durch erhöhte Ausgaben bei einer Rezession, soll Wachstum angeregt werden, während bei einer Hochkonjunktur Budgetüberschüsse zur Tilgung der Defizite verwendet werden, um die Konjunktur nicht zu überhitzen. Konjunkturelle Schwankungen werden so neutralisiert[16].

Mit Hilfe einer zunächst antizyklisch expansiven Fiskalpolitik – Steuersenkung, Erhöhung der öffentlichen Investitionen und Förderung privater Bauinvestitionen- sollten Wachstumsimpulse ausgelöst und so die aggregierte Nachfrage erhöht werden. Dies war Teil einer mittelfristigen Ausrichtung, die ab 1996 eine zunehmend restriktive Finanzpolitik vorsah. Als Ende 2001 eine unerwartete Abschwächung der Weltwirtschaft eintrat, wurde der restriktive Kurs der Finanzpolitik allerdings wieder gelockert, u.a. durch Aussetzung einer Steuererhöhung[17].

Eine kleine, offene Volkswirtschaft mit festen Wechselkursen hat keinen Einfluss auf den Weltmarktzins. Durch eine expansive Fiskalpolitik nimmt die Nachfrage auf dem Gütermarkt zu. Bei festen Wechselkursen muss die Bundesbank auf den Umtausch der privaten Haushalte von ausländischen Aktiva in inländisches Geld intervenieren, da durch den Ankauf von Devisen die Menge an Inlandswährung steigt. Nur so kann die Geldnachfrage befriedigt werden, da sich bei gleichbleibenden Preisen die Güternachfrage erhöht. So wird durch höhere Staatsausgaben die aggregierte Nachfrage wirkungsvoll erhöht, da die Zinssätze nicht steigen und somit Investitionen und Konsum nicht verdrängt werden. Dieses Standartbeispiel eines nachfrageorientierten Wachstums erfolgte in Dänemark und erhöhte die Währungsreserven 1993 um 65.024 Mil. DKK auf 167.724 Mil. DKK. Diese Politik führte zu einer Wachstumsrate von 5,5% des realen BIP bereits 1994 - eine klare Steigerung also gegenüber 0% im Jahr 1993[18].

Laut einer Untersuchung des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung lag die Beschäftigungsschwelle, also das Wirtschaftswachstum, ab dem die Beschäftigung wieder ansteigt, in Dänemark für die Jahre 1984-1996 bei 1,5%[19]. Das erreichte Wirtschaftswachstum ermöglichte somit die Reduzierung der ALR[20] (Abb.9). Gleichzeitig sind, wie in Abbildung 10 erkennbar, die Zinsen nicht gestiegen und die Inflationsrate blieb unter 3% - ein Hinweis auf die Verringerung der strukturellen ALR.

3.1.1) Die Steuerreformen

Wie bereits a.a.O. erwähnt, sind in Dänemark die sozialen Sicherungssysteme hauptsächlich steuerfinanziert - mit geringen Sozialabgaben und sehr hoher Steuerbelastung als Folge. Dabei sind jedoch die Sozialversicherungsbeiträge zwischen 1994 und 1998 von 5% auf 8% erhöht worden und werden als Bruttosteuer eingezogen[21]. In den Steuerreformen von 1994, 1999 und 2000 sollten, wie bereits in der ersten Steuerreform von 1987, die Grenzsteuersätze der Einkommenssteuer gesenkt und die Steuerbasis vergrößert werden. Wichtig dabei war die Tragfähigkeit zu sichern und Verzerrungen durch Schlupflöcher wie Steuerfreibeträgen und generösen Abschreibungen zu verringern.

Dänemark hat bis dato eine progressive Einkommensteuer, die aus drei bzw. vier verschiedenen Stufen in den verschieden Steuerreformen besteht. Die höchste Stufe beginnt bereits bei 300.000 DKK, also etwas mehr als ein durchschnittlicher Produktionsarbeiter verdient[22]. Wie in Abbildung 11 erkennbar, wurden zwar die Eintrittsgrenzen der mittleren Stufe in den verschiedenen Reformen verschoben, jedoch wurde bei keiner Steuerreform die Größe oder Position der einzelnen Steuerstufen signifikant verändert.

Durch die Reform 1993 wurden einerseits der neu eingeführte Arbeitsmarktbeitrag und Umweltsteuern sukzessiv erhöht. Andererseits aber wurde der Spitzensteuersatz von 73,2% auf 68,7%, der mittlere Steuersatz von 62,4% auf 58,2% gesenkt und der niedrigste Steuersatz von 48% auf 50,6% erhöht (Arbeitsmarktbeitrag und Pensionsbeitrag inklusive). Dabei war die zusätzliche Belastung für den Staat anfänglich größer als die Steuerentlastung. Bereits 1996 änderte sich dies jedoch, als die reformbedingten Steuermehreinnahmen und Abgaben die Mindereinnahmen durch Steuerausfälle überstiegen. Durch eine gleichzeitige Budgetdisziplin der Regierung konnte sogar bereits 1998 ein Überschuss von 2,5% erreicht und zum Schuldenabbau verwendet werden[23].

Lange, Pedersen und Sorensen prognostizierten für diese Steuerreform einen Beschäftigungszuwachs von 1,5%[24]. Damit einher geht eine Steigerung der Wohlfahrt zukünftiger Generationen aufgrund eines größeren Reichtums der Haushalte als Folge einer größeren Personenzahl, die länger in dem effizienteren Einkommenssteuersteuersystem gelebt hat. Die aggregierte Konsumnachfrage steigt im Lauf der Zeit an und erhöht damit die Anzahl inländisch produzierter Produkte durch eine Verbesserung der Terms of Trade. Folglich wird die Beschäftigung durch Verringerung des realen Produktlohns stimulieret. Durch Beschäftigung und langfristig steigende reale Lohnerhöhungen aufgrund verbesserter „Terms of Trade“ werden neue Generationen ein höheres Level an Wohlfahrt genießen. Diese Steuerreform stellt wegen des Wohlfahrtszuwachses aller Generationen eine Paretoverbesserung dar.[25].

In den folgenden Steuerreformen wurden Einkommenssteuer, Körperschaftssteuer und Besteuerung der Kapitalgewinne noch weiter verringert. Gleichzeitig wurden Umweltsteuern erhöht. Sowohl durch die erhöhte Beschäftigungsquote als auch durch eine Umstellung der Besteuerung von Transferzahlungen und Renten wurde die Anzahl der Steuerzahler erheblich vergrößert[26]. Effektiv wurde in dem Zeitraum von 1993 bis 2002 die Einkommenssteuer inklusive Arbeitsmarktbeitrag und Pensionsbeitrag um 5,4% auf 63,3% beim Spitzensteuersatz, um 8,5% auf 49,7% bei der mittleren Steuerstufe und bei der niedrigsten Steuerstufe um 6,3% auf 44,3% gesenkt. Dies führte zu einem durchschnittlichen Steuersatz von 37,4% bei Personen im Alter zwischen 25 und 59 Jahren. Der Dänische Staat erwartete von den Steuerreformen 1994 und 1999 bei unverändertem Verhalten eine Verringerung der Einnahmen von 21,5 Mrd. DKK bei der Einkommenssteuer, jedoch eine Erhöhung von 2,3 Mrd. DKK bei Unternehmenssteuern, 20,6 Mrd. DKK bei der seit 1994 eingeführten Umweltsteuer und 1,4 Mrd. DKK bei anderen Steuern. Insgesamt bedeutet dies eine Einnahmeerhöhung des Staates um 2,6 Mrd. DKK (349.741.576€)[27]. Zwar waren die Steuerreformen bei einem BIP von 1.116,324 Mrd. DKK[28] (150,071 Mrd. €) 1997 weitestgehend einnahmeneutral, jedoch erfolgte ein Wechsel von direkten zu indirekten Steuern, also von Einkommenssteuern hin zu Verbrauchssteuern. Die Reduktion der Grenzsteuerbelastung von Arbeits- und Kapitaleinkommen verbesserte die Anreize für das Arbeitsangebot und für erhöhtes Sparen auf dem privaten Sektor. Dies wiederum verbesserte die dänische Wirtschaftslage auf eine reale BIP-Wachstumsrate von 5,5% im Jahr 1994 (Abb.12).

[...]


[1] Vgl. Danmarks Statistik

[2] Vgl. Sachs/Larrain; 1995; S.634

[3] Vgl. Sachs/Larrain; 1995; S.643

[4] Vgl. Dänisches Außenministerium; 2003

[5] Vgl. Behrens; 2000; S. 294

[6] Vgl. Sachs/Larrain; 1995; S.659

[7] Vgl. Dänische Finanzministerium; 2001

[8] Vgl. PLS Consult/Jensen; 1996; S.30

[9] Vgl. Dänisches Außenministerium; 2003.

[10] Vgl. OECD

[11] Vgl. Rabe; 2000; S.44

[12] Vgl. Braun; 2003; S.97

[13] Vgl. Emmerich; 1999

[14] Vgl. Clement/Terlau; 2002; S.310ff

[15] Vgl. Emmerich; 1999

[16] Vgl. Behrens; 2000; S400ff.

[17] Vgl. Volz; 2004

[18] Vgl. OECD

[19] Vgl. Emmerich; 1999

[20] Vgl. Rabe; 2000; S.45

[21] Vgl. Bertelsmann Stiftung ; 2002; S.4

[22] Vgl. Jensen; 2001; S.5

[23] Vgl. Kuntze; 1998; S.29

[24] Vgl. Lange/ Pedersen/ Sorensen; 1999; S.147

[25] Vgl. Lange; Pedersen; Sorensen; 1999; S.156ff

[26] Vgl. Emmerich; 1999

[27] Vgl. Jensen; 2001; S.10f

[28] Vgl. Danmarks Statistik

Excerpt out of 36 pages

Details

Title
Dänische Beschäftigungspolitik als Vorbild
College
European University Viadrina Frankfurt (Oder)
Course
Europäische Beschäftigungspolitik
Grade
1,0
Author
Year
2005
Pages
36
Catalog Number
V130873
ISBN (eBook)
9783640369027
ISBN (Book)
9783640369492
File size
720 KB
Language
German
Keywords
Dänische, Beschäftigungspolitik, Vorbild
Quote paper
Dipl.-Kff Dorothee Raff (Author), 2005, Dänische Beschäftigungspolitik als Vorbild, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/130873

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