Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Begründung und Herleitung des gewählten Themenfeldes
2. Darstellung des Themenschwerpunktes
3. Forschungsvorgehen
4. Auswertungsschritte
5. Darstellung der Ergebnisse
6. Interpretation und Fazit
7. Reflexion
8. Literaturverzeichnis
9. Anhang
1. Begründung und Herleitung des gewählten Themenfeldes
Nachhaltigkeit ist momentan der Trend, welcher die nächsten Jahre beziehungsweise Jahrzehnte prägen wird. Besonders die Klimakrise, aber auch andere Entwicklungen, die in den Medien nicht so stark verbreitet werden, wie zum Beispiel der Verlust an Biodiversität, die Zerstörung von Ökosystemen und die Ressourcenverknappung erfordern ein gesellschaftliches, wirtschaftliches und kulturelles Umsteuern.1
Die Macht, die wir auf die Natur ausüben, die früher als die tollste Herausforderung angesehen wurde, kehrt sich gegen uns selbst.2 Uns stellt sich die Frage, ob wir so wie bisher weitermachen oder anfangen umzudenken. Dabei kommt die Frage auf, ob es überhaupt wirkliche Alternativen gibt. Viel verändert sich, dennoch erscheint die Zukunft unbestimmt. Unsere Macht über Natur und Leben lässt die Menschheit vor sich selbst erschrecken.3 Gleichzeitig wird an dieser Stelle deutlich, dass jeder für sich aber auch gemeinsam im Kollektiv die Verantwortung trägt, denn zu unserem Planeten, der Erde, gibt es keine Alternative. „In ihr ist schon alle Zukunft vorweggenommen und enthalten, in ihrem ehernen Gehäuse vollziehen wir ihre Gesetze.“4
Um eine nachhaltige Entwicklung voranzutreiben, wird ein gesellschaftlicher und kultureller Wandel benötigt. Das gesellschaftliche Umdenken kann allerdings nur durch Lernprozesse seitens der Bevölkerung erfolgen, indem wir unser Verhalten hinterfragen, gesellschaftliche Ideen und Lebensweisen reflektieren und neue Haltungen entwickeln. Diese müssen von den Entscheidungsträgern unserer Gesellschaft begleitet werden.5 „Bildung - über die gesamte Lebensspanne - ist bei der Umsetzung, Begleitung und Unterstützung einer nachhaltigen Entwicklung von entscheidender Bedeutung.“6 Es sind Erwachsene, die in der Politik und der Wirtschaft dafür verantwortlich sind, die gesellschaftlichen Strukturen nachhaltiger anzulegen. Das Ziel ist es, im besten Fall eine gesellschaftliche Transformation zu einer nachhaltigen Entwicklung zu erreichen, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.7
Dafür sind genau zwei Dinge essenziell: Bildung und Kultur.8 Diese beiden Bereiche sind von großer Bedeutung, um nachhaltige Entwicklung, verstehen, antizipieren und gestalten zu können. „Kulturelle Bildung, die sich den Themen einer nachhaltigen Entwicklung widmet, kann auf einzigartige Weise Veränderungsenergie freisetzen und neue Zukunftsentwürfe schaffen.“9 Des Weiteren werden durch kulturelle Bildung Zugänge zu Kunst und Kultur ermöglicht und eine Auseinandersetzung mit kulturellem Erbe, kultureller Identität sowie kultureller Vielfalt wird erfahrbar. Da kulturelle Bildung die Menschen in ihren Ausdrucks- und Handlungsweisen stärkt, ist sie ein Schlüsselfaktor für kulturelle und gesellschaftliche Teilhabe, Integration und ebenso für eine kritische Auseinandersetzung mit den Herausforderungen und Konflikten dieser Welt.10 Daher lässt sich festhalten, dass kulturelle Bildung eng mit den Zielen und Ansätzen der Global Citizenship Education und Bildung für Nachhaltige Entwicklung verbunden ist.
Die Vereinten Nationen haben 2015 zentrale Ziele und Erkenntnisse zur nachhaltigen Entwicklung in der Agenda 2030 festgeschrieben. Unter Punkt 4.7 der nachhaltigen Entwicklungsziele wird gefordert, dass bis 2030 „ alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben, unter anderem durch Bildung für nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Lebensweisen, Menschenrechte, Geschlechtergleichstellung, eine Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit, Weltbürgerschaft und die Wertschätzung kultureller Vielfalt und des Beitrags der Kultur zu nachhaltiger Entwicklung “11 erfahren. Es wird davon ausgegangen, dass positive Erzählungen und Visionen einer nachhaltigen Zukunft die Bevölkerung anregen, Herausforderungen mit neuen Sicht-, Denk- und Handlungsweisen zu begegnen. Zudem wird deutlich, dass das Thema Nachhaltigkeit einen großen Stellenwert in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zugeschrieben bekommt.
Es ist unumgänglich, dass alle Menschen mithelfen müssen, um für eine nachhaltige Entwicklung unserer Erde sorgen zu können. Da dies am besten durch Bildung erfolgt, sollten auch Kinder und Jugendliche dahingehend beschult werden, nachhaltiges Denken und Handeln zu erlernen. Auch die UNESCO fordert, dass allen Menschen Bildungschancen eröffnet werden sollen, in denen Verhaltensweisen und Lebensstile erlernt werden, die für eine lebenswerte Zukunft und eine positive Veränderung der Gesellschaft erforderlich sind.12
Nachhaltigkeit kann in der Schule als ein fächerübergreifendes Thema betrachtet werden, das auch für den Kunstunterricht von großer Bedeutung ist. Vor dem Hintergrund eines zeitgemäßen und authentischen Abbilds des Fachs Kunst und dem dazugehörigen Schulunterricht, sollte auch dieses Thema früh Einzug in den Kunstunterricht und damit in das Denken der Schüler*innen finden. Besonders im Kunstunterricht sollte ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit vermittelt werden, denn, „Kunst kann Grenzen aus Sachzwängen und tradierten Verhaltensweisen überwinden. Künstler können uns zeigen, wie zukünftige Generationen leben können und vielleicht auch wollen. Kunst und Kultur stehen für ein ganzheitliches Herangehen an Wissen und Können, an Besinnung und Handlung, an Standpunkt und Perspektive. Auch die Thematisierung des Verhältnisses von Natur und Kultur, von Gewachsenem und Gemachtem, kann im Fokus der Künste liegen.“13 Es wird deutlich, dass allein die Kunst in der Lage ist, vermeintlich unlösbare Tatsachen zu überwinden. Kunst wird als ein besonderes Fach verstanden, dass den Baustein für weitere Überlegungen und Herangehensweisen legt.
2. Darstellung des Themenschwerpunktes
Die konkrete Forschungsfrage, die sich aus dem oben hergeleiteten Themenfeld ergibt, lautet: „Welchen Stellenwert hat das Thema Nachhaltigkeit bei der Unterrichtsplanung im Fach Kunst?“
Die Forschung hinsichtlich dieser Frage soll dazu dienen, zu untersuchen, inwiefern Nachhaltigkeit bereits als Themenfeld im Kunstunterricht behandelt wird und für wie relevant Lehrpersonen dieses Thema bei der Planung von Kunstunterricht halten und berücksichtigen. Des Weiteren ist es interessant, mehr über die konkrete Umsetzung im Unterricht zu erfahren. Das Fach Kunst ist prädestiniert Nachhaltigkeit zu vermitteln, da Kunstwerke an sich Repräsentanten von Nachhaltigkeitskonzepten sind. Kunstwerke werden gepflegt und über Jahrtausende aufbewahrt. Dies wiederum gibt Auskunft über ihren Existenz- und Prestigewert.14 Demnach können Kunstwerke, eingebettet in museale und sammlerbezogene Nachhaltigkeitskonzepte als Repräsentanten und mediale Repräsentationen von historischen, soziokulturellen, ökonomischen und ökologischen Abläufen verstanden werden.15 An und mit ihnen ist es möglich, Traditionen, Veränderungen und Brüche zu rekonstruieren. Manche Kunstwerke werden geschaffen, um Jahrtausende zu überdauern. Die Intention der Künstler*innen ist, etwas Dauerhaftes zu schaffen. Daher wird deutlich, dass Historizität ein wesentliches Konzept der bildenden Kunst darstellt. Die in der Schule erlernten Wahrnehmungsweisen und Einschätzungen von Kunst haben Einfluss darauf, wie die Schüler*innen als Entscheidungsträger mit dem kulturellen Erbe verfahren werden. Es gehört zur Wertebildung in der Schule, in Unterrichtsvorhaben Kunstwerke unter dem Gesichtspunkt von Nachhaltigkeitskonzepten zu beleuchten.16 Autonomie und Selbstreferenzialität sind zwar als Konzepte erfolgreich, doch verweist Kunst unwillkürlich auf mehr als sich selbst, denn sie ist durchdrungen von historischen und soziokulturellen Prozessen.17 Allein durch Kunst ist es möglich, ganze Welten oder eben nur winzige Details abzubilden. Kunst wird aber auch zur Machtdemonstration verwendet. Es wird deutlich, dass Kunst alles kann. Sie kann inkludieren als auch exkludieren, idealisieren und entstellen, sowie klären und verwirren. Aber eines macht sie immer: „Sie lenkt den Blick der Schauenden stets zurück auf sie selbst, ihr Leben, ihre Ängste, Hoffnungen und Wünsche.“18 Daher bildet die Thematisierung von Nachhaltigkeit im Kunstunterricht eine grundlegende Basis für ein bewusstes, nachhaltiges und reflektierendes Leben der Schüler*innen.
3. Forschungsvorgehen
Um die Forschungsfrage zu beantworten, wurde ein Interviewleitfaden mit sieben Fragen zum Thema Nachhaltigkeit im Kunstunterricht entwickelt. Anschließend wurden die drei Kunstlehrer*innen des Gymnasiums um ein Interview gebeten, zu dem alle zustimmten. Die Lehrer*innen wurden innerhalb eines Zeitraums von zwei Wochen interviewt. Dabei lief ein Aufnahmegerät, um das Interview anschließend transkribieren zu können. Die Transkription erfolgte jeweils am Nachmittag des Interview Tages.
Nachdem alle Interviews abgeschlossen waren, wurde die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring, welches ein häufig genutztes Auswertungsverfahren darstellt, auch an dieser Stelle als Auswertungsmethode herangezogen.19 Erste Oberkategorien zur Auswertung wurden anhand der Fragestellung und dem Interviewleitfaden deduktiv entwickelt. Darunter fallen die Ziele, die durch eine nachhaltige Planung des Unterrichts erreicht werden sollen. Dazu gehört der nachhaltige Umgang mit Materialien, ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu schaffen und die Auswirkungen auf die Schüler*innen, die die Thematisierung von nachhaltigen Aspekten mit sich bringt. Auch die persönliche Einstellung der Lehrkraft nimmt großen Einfluss darauf, ob sie das Thema Nachhaltigkeit in ihrer Planung mehr oder weniger berücksichtigt. Einen weiteren wichtigen Punkt stellt die Einarbeitung der Lehrkraft in das Thema dar, denn ist diese generell mit dem Thema Nachhaltig vertraut, wird sie es eher in ihrer Unterrichtplanung berücksichtigen. Zudem lassen sich im schulinternen Curriculum bereits Unterrichtsvorhaben zum Thema Nachhaltigkeit finden. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass nachhaltige Aspekte mit in die Unterrichtsplanung einfließen. Die qualitative Inhaltsanalyse kann als ein Verfahren zur Beschreibung ausgewählter Textbedeutung verstanden werden. Die Beschreibung wird vorgenommen, indem als relevant empfundene Bedeutungen als Kategorien eines inhaltsanalytischen Kategoriensystems expliziert werden.20 Aus den Interviews werden also einzelne ausgewählte inhaltliche Aspekte markiert und anschließend werden diese Textstellen zu Kategorien des Kategoriensystems zugeordnet. Die Erstellung und auch die Anwendung des Kategoriensystems erfolgen durch Interpretation. Des Weiteren wird sich an den Kriterien der Validität und der Reliabilität orientiert.21 Das Kriterium der Validität wird insofern berücksichtigt, indem bei der Erstellung des Kategoriensystems darauf geachtet wird, dass dies in der Lage ist, die wesentlichen Bedeutungsaspekte des Materials zu erfassen. Dies erfordert wiederum, dass einige Kategorien induktiv am Material entwickelt werden, um ein breit erstelltes Kategoriensystem zu erhalten, dass das gesamte Material erfasst. Weitere Unterkategorien wurden definiert und eine Erprobung des Kategoriensystems erfolgt. Daher wurden zu den Zielen die Auswahl von Materialien, die Betrachtung von Nachhaltigkeit als universelles Thema, der Umgang miteinander, der Erziehungsaspekt sowie die Kostenreduzierung hinzugefügt. Des Weiteren müssen die persönlichen Wünsche der Lehrkraft berücksichtigt werden. Die Möglichkeiten wurden durch die Kooperation mit anderen Fächern und das Erlangen von Inspiration ergänzt. Anschließend wurde das gesamte Material mit dem überarbeiteten Kategoriensystem kodiert. Die einzelnen Interviews werden in einer Ergebnisdarstellung ausgewertet und in Relation zu den anderen Interviews gesetzt. Eine Interpretation folgt, um anschließend die Forschungsfrage beantworten zu können.
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1 Vgl. Götz, T., Müller, U. (2021): „Megatrend Nachhaltigkeit“ - (Programm-)Strategien für die Erwachsenenbildung. In: S. Kleint (Hrsg.): Die evangelische Zeitschrift für Bildung im Lebenslauf. Themenkonjunkturen. Münster: Waxmann Verlag, Heft 4, S. 12.
2 Vgl. Heintel, P. (2009): Zukunftsgestaltung. Ein philosophischer Essay. In: Popp, R., Schüll, E. (Hrsg.): Zukunftsforschung und Zukunftgestaltung. Beiträge aus Wissenschaft und Praxis. Heidelberg: Springer-Verlag, S. 90.
3 Vgl. ebd. S. 90.
4 ebd. S. 90.
5 Vgl. Vgl. Götz, T., Müller, Ulrich (2021): „Megatrend Nachhaltigkeit“ - (Programm-)Strategien für die Erwachsenenbildung. a.a.O. S.12.
6 ebd. S.12.
7 Vgl. Wlasak, P., Wlasak, J. (2017): Perspektivenerweiterung durch kritische Gender Studies: Gendersensible Bildung für nachhaltige Entwicklung im GW-Unterricht. S.39.
8 Vgl. Bilram, B., Kamm, F., Schilling,K. (2020) : Die Welt verändern. Kultur und Bildung als Motor einer Nachhaltigen Entwicklung. In: Braun-Wanke, K., Wagner, E. (Hrsg.): Über die Kunst, den Wandel zu gestalten. Kultur - Nachhaltigkeit - Bildung. Münster: Waxmann Verlag, S.15.
9 ebd. S.15.
10 Vgl. ebd. S.15.
11 Vereinte Nationen (2015): Resolution der Generalversammlung, verabschiedet am 25. September 2015. 70/1. Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. S.18.
12 Vgl. UNESCO (2005): United Nations Decade of Education for Sustainable Development (2005-2014). International Implementation Scheme. S.6.
13 Rat für nachhaltige Entwicklung (2006): Die Kunst, das Morgen zu denken. S.10.
14 Vgl. Schweiger, C. (2022): Bildende Kunst und Nachhaltigkeit. Kunstwerke als Repräsentanten und mediale Repräsentationen von Nachhaltigkeitskonzepten. In: Sippl, C., Rauscher, E. (Hrsg.): Kulturelle Nachhaltigkeit lernen und lehren. Innsbruck: Studien Verlag, Band 11, S. 635.
15 Vgl. ebd. S.635.
16 Vgl. ebd. S.636.
17 Vgl. ebd. S.639.
18 Ebd. S.639.
19 Vgl. Schreier, M. (2014): Varianten qualitativer Inhaltsanalyse: Ein Wegweiser im Dickicht der Begrifflichkeiten. S.2.
20 Vgl. ebd. S.3.
21 Vgl. ebd. S.3.