Angleichungstendenzen zwischen öffentlich-rechtlichen Sendern und dem Privatfernsehen im Nachrichtensektor

Ein Vergleich der "Sat. 1 Nachrichten" und der "Tagesschau" anhand der Ästhetik


Trabajo Escrito, 2009

16 Páginas, Calificación: 13


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Darstellungsformen
2.1 Sendungskonzept der „Tagesschau“
2.2 Sendungskonzept der „SAT.1 Nachrichten“

3 Immanenter Vergleich der Formate

4 Konvergenzbewegung der Sender

5 Fazit

6 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

„Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der Tagesschau.“ Dieser eingängige Slogan gilt als Symbol für seriöse und qualitative Nachrichtenerstattung in Deutschland – der „Tagesschau“. Doch neben den öffentlich-rechtlichen Anstalten zogen nach Einführung des dualen Rundfunksystems auch die privaten Sender mit Nachrichtenformaten nach. Die Vorwürfe, dass die Nachrichten von privaten Sendern qualitativ nicht mit öffentlich-rechtlichen Formaten vergleichbar sind, wurden im Laufe der Zeit immer mehr entkräftet, da sich die Unterschiede zwischen den Formaten verminderten.

Diese Arbeit soll zeigen, inwiefern sich öffentlich-rechtliche und private Nachrichtensendungen voneinander unterscheiden, und wo ihre Gemeinsamkeiten liegen.

Hierbei soll auf ästhetische Suggestion von Seriosität, als auch die inhaltliche Positionierung und Gewichtung der beiden Beispielformate „Tagesschau“ und den „SAT.1 Nachrichten“ eingegangen werden. Dazu erfolgt eine Analyse dieser Formate.

Nach einem anschließenden Vergleich zweier tagesgleicher Sendungen soll im folgenden Kapitel der Zusammenhang zwischen dem zunehmenden Wettbewerb und der Qualität der Nachrichtensendungen unter einem Konvergenzaspekt herausgearbeitet werden. Hierbei wird in einem kurzen geschichtlichen Rückblick die Entwicklung dieser Beziehung beleuchtet. Die Frage, inwiefern Annäherungstendenzen zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern im Nachrichtensektor bestehen, soll den Forschungsgegenstand dieser Arbeit darstellen.

2 Darstellungsformen

Eine Studie[1] der „Media-Perspektiven“ belegt die divergierende Einschätzung des Publikums von öffentlich-rechtlichen und privaten Programmen. Obwohl die Studie sechs Jahre veraltet ist, weist sie eine noch jetzt bestehende Richtung auf: Demnach schätzen ca. 75 % der Zuschauer bei Nachrichtenformaten an den öffentlich-rechtlichen Sendern die gründliche und tagesaktuelle Berichterstattung und die Fachkompetenz der Korrespondenten. An dritter Stelle steht die Glaubwürdigkeit, dicht gefolgt von der Kompetenz, in den Informationssendungen einen „schnellen Überblick über das Wichtigste vom Tage“ zu geben.

Bei den Privatsendern wie z.B. Sat.1 haben nur 20 - 40 % der Zuschauer das Gefühl, ausführlich informiert zu sein. Den Korrespondenten wird eine geringere Kompetenz zugetraut und auch bei der Frage nach seriöser Informationsvermittlung erreichen private Sender längst nicht so hohe Zustimmungswerte wie die ARD.[2]

Es ist möglich, dass diese Ergebnisse durch die automatische Annahme des Gebührenzahlers gefolgert werden, für ihr bezahltes Geld eine bessere Leistung und eine höhere Informationsdichte zu erhalten. Die „Tagesschau“ der ARD unterstützt mit ihrem dramaturgischen Konzept diese Seriositätserwartung. SAT.1 weist ähnliche ästhetische Elemente auf wie die Traditionssendung der ARD. Im Folgenden soll die Verwendung von ästhetischen Stilmitteln zur Suggestion von Souveränität aufgezeigt werden.

2.1 Sendungskonzept der „Tagesschau“

Die „Tagesschau“ der ARD ist Deutschland meistgesehenes Nachrichtenformat und erreicht täglich mit ihrer Hauptausgabe um 20:00 Uhr knapp 10 Millionen Zuschauer. Die erste Ausstrahlung erfolgte am 26.12.1952, seitdem hat die Sendung stilistisch nur wenige Änderungen erfahren. In ihrer ästhetischen Darstellungsweise ist die „Tagesschau“ puristisch und klar angelegt. Auf dramatische und bunte Effekte wird verzichtet, wodurch eine Glaubwürdigkeit etabliert werden soll, dass nur klare und unverfälschte Fakten in der Sendung präsentiert werden. Im Vergleich zu anderen Nachrichtenformaten wie z.B. RTL Aktuell stellte Andreas Wittwen die These auf, dass „sprödes Auftreten einen Vertrauensvorsprung schafft“.[3]

Schon im Vorspann der Sendung sind klare Strukturen zu bemerken: In der Mitte des unteren Bildrandes befindet sich eine weiße, digitale Uhrzeitangabe, die Stunden, Minuten und Sekunden anzeigt. Hierdurch werden Werte wie Pünktlichkeit und Verlässlichkeit vermittelt. Das Vorspannbild, wie auch die Leitfarbe des Studios und des ganzen Formates, ist in Blautönen gehalten, die Farbe, die nach der Farblehre ein Symbolträger für Ruhe, Gelassenheit und Naturverbundenheit und für das Auge im Farbspektrum am Unanstrengtesten wahrnehmbar ist.[4] Auf der untersten, hellsten Ebene ist eine ebenfalls blaue Weltkarte abgezeichnet. Hierbei ist nicht Deutschland im direkten Fokus, sondern eine komplette Übersicht, wodurch suggeriert werden soll, dass Nachrichten der ganzen Welt ohne Länderschwerpunkte, sondern lediglich durch Wichtigkeit der Nachricht gesendet werden (wobei in der tatsächlichen Nachrichtenverteilung ein Schwerpunkt auf Deutschland gelegt wird.)

Sobald die Digitaluhr die 20:00:00 erreicht hat, ertönt ein Gongschlag, woraufhin der Moderator traditionell aus dem Off die folgende Sendung ankündigt: „Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der Tagesschau“. Die markante Erkennungsmelodie erinnert durch den Einsatz von Streichern und Fanfaren an eine Nationalhymne, was ihr einen staatsträchtigen und institutionellen Charakter verleiht. Sofern ein „Topthema“ der Sendung bevorsteht, folgt auf die Hymne hin der erste kommentierte Nachrichtenfilm in Schlagzeilenform.[5] Wenn kein „Topthema“ vorliegt, die Nachricht also nur von sekundärer Brisanz ist, wird eine Studiototale präsentiert, auf die im Anschluss ein Zoom auf den Sprecher erfolgt. Die Studiototale zeigt den Moderator von der Seite und ermöglicht einen Blick auf das futuristische und geschwungene Design des Sprechertisches. Die sehr begrenzten Möglichkeiten von Veränderungen eines traditionellen Formates wie der „Tagesschau“ - z.B. bei der Studiodekoration- bieten dennoch die Möglichkeit, Akzente zu setzen: Durch die Auswahl des Tisches wird Fortschritt suggeriert und verdeutlicht, dass sie „Tagesschau“ nicht veraltet ist und Mut zu Modernisierungen hat.

Der leicht gewölbt wirkende Hintergrund greift die in Blautönen gehaltene Weltkarte aus dem Vorspann auf. Der Moderator ist mittig-rechts positioniert, während neben ihm auf der linken Seite einleitende Bildinserts zum behandelten Thema gezeigt werden. Diese optische Unterstützung zur Tonebene soll dem Zuschauer die Rezeption erleichtern und ihn auf den folgenden Beitrag vorbereiten. Möglich sind hier Schaubilder, Personenportraits, aber auch abstrakte Verweise zum aktuellen Thema. Unter den wechselnden Inserts wird das Logo der Sendung sowie das jeweilige Datum positioniert.

Der Sprecher im Studio wird zu Beginn per Schriftinsert namentlich vorgestellt und begrüßt den Zuschauer. Sämtliche darauffolgende Ansprachen sind nicht persönlich an den Zuschauer gerichtet und bleiben möglichst wertungsfrei. Die Position wird von wechselnden Sprechern besetzt. Diese Maßnahme positioniert die Sendung „Tagesschau“ selbst als eigenständige Institution und personalisiert sie nicht durch einen festen Moderator. Anstatt wie bei heutigen Sendungen üblich einen Teleprompter zu benutzen, wird der Text des Sprechers von Karten abgelesen. Hierdurch werden nicht nur Traditionen bewahrt, sondern auch die organisatorischen Mittel offenbart. Auf der anderen Seite kann der Zuschauer jedoch keinen ständigen Augenkontakt mit dem Sprecher halten. Die Distanziertheit, die dadurch erreicht wird, soll zur Glaubwürdigkeit der Sendung beitragen: Es geht nicht um die Selbstdarstellung der Person, sondern um die klare Präsentation von Fakten durch das Sprachrohr des Ansagers. Trotzdem scheint jedoch bei neueren Ansagern wie Judith Rakers oder Thorsten Schröder im Vergleich zu früheren Sprechern ein deutlicherer Schwerpunkt auf Attraktivität gelegt worden zu sein. Dieses steht im Gegensatz zu der nüchternen Nachrichtenverkündung, da es den Zuschauer auf der Effektebene anspricht. Die Garderobe bleibt eher schlicht: Die Herren präsentieren sich im Anzug und die Damen im konservativen Kostüm mit dezentem Schmuck. Die Frage, inwiefern der Zuschauer sich durch das Aussehen des Moderators beeinflussen lässt, ist schwer zu beantworten, jedoch scheint sich die ARD mit zweierlei – journalistische Kompetenz und Attraktivität – lieber auf das sichere Pferd zu setzen.

[...]


[1] Vgl. Darschin, Wolfgang; Zubayr, Camille: Anders oder gleich? S. 208.

[2] Siehe Anhang 1.) Grafik zur Sendereinschätzung.

[3] Wittwen, Andreas: Infotainment. S. 30.

[4] Vgl. Marschall, Susanne: Farbe im Kino. S. 65.

[5] Vgl. Schmidt, Julia: Text, Sprache, Information und Emotion. S. 38.

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Detalles

Título
Angleichungstendenzen zwischen öffentlich-rechtlichen Sendern und dem Privatfernsehen im Nachrichtensektor
Subtítulo
Ein Vergleich der "Sat. 1 Nachrichten" und der "Tagesschau" anhand der Ästhetik
Universidad
University of Marburg
Calificación
13
Autor
Año
2009
Páginas
16
No. de catálogo
V131782
ISBN (Ebook)
9783640376018
ISBN (Libro)
9783640658862
Tamaño de fichero
495 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Nachrichten, Nachrichtensendungen, Konvergenztheorie, Tagesschau, Fernsehästhetik, Medienkonvergenz, Qualitätsdebatte, privat, ARD, Infotainment
Citar trabajo
Luise Knah (Autor), 2009, Angleichungstendenzen zwischen öffentlich-rechtlichen Sendern und dem Privatfernsehen im Nachrichtensektor, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/131782

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Título: Angleichungstendenzen zwischen  öffentlich-rechtlichen Sendern und dem Privatfernsehen  im Nachrichtensektor



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