Die im Jahr 2003 verabschiedete Agenda 2010 mit ihren Hartz-Gesetzen hat nicht nur zu einer weiteren Verschärfung der Dimensionen von sozialer Ungleichheit
beigetragen, sondern sie hat die Veränderung in den Strukturen von Erwerbsarbeit
weiterhin verstärkt, es ist eine deutliche Abkehr von typischen Arbeitsverhältnissen –
auch Normalarbeitsverhältnisse genannt - hin zu so genannten atypischen
Beschäftigungsverhältnissen zu verzeichnen. „Gut ein Drittel aller Arbeit-Nehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland ist atypisch beschäftigt - in
Teilzeit, Minijobs, auf befristeten Stellen oder als Leiharbeitnehmer“. (Böcklerimpuls-Ausgabe 17/2007)
Als typisches Normalarbeitsverhältnis gilt bislang die unbefristete Vollzeitbeschäftigung.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer schließen hierbei einen Arbeitsvertrag,
durch welchen der Arbeitgeber Direktionsrechte erhält und es gelten die jeweils aktuellen
arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen, wobei die Arbeitnehmer i. d. R.
ausschließlich im Betrieb oder Betriebsumfeld des Arbeitgebers eingesetzt und beschäftigt
werden. Abweichungen von diesem Modell werden als atypische Arbeitsverhältnisse
bezeichnet, hierunter fallen u. a. die so genannten Mini- und Midijobs,
befristete Arbeitsverhältnisse, Teilzeitarbeitsverhältnisse und die Zeitarbeit.
Zeitarbeit wird auch als Leiharbeit, Arbeitnehmerüberlassung, Personaldienstleistung
oder Personalleasing bezeichnet. Gewerkschaften verwenden überwiegend den
Terminus Leiharbeit, Juristen und Behörden benutzen den Begriff Arbeitnehmerüberlassung,
die Branche selbst spricht von Zeitarbeit und auch im personalwirtschaftlichen
Bereich hat sich der Begriff Zeitarbeit etabliert.
Wegen seines stetigen Wachstums kann Zeitarbeit nicht länger als Randphänomen
eingestuft werden und hat sich demzufolge zu einem interessanten Forschungsgegenstand
selbstverständlich auch für die Soziologie entwickelt.
Zum Thema Zeitarbeit existiert bereits eine große Zahl von Studien. Viele dieser
Untersuchungen betrachten das Thema aus sozio-ökonomischer Perspektive, so z. B.
Projekte, die vom Institut für Arbeits- und Berufsforschung (IAB) in Kooperation mit der
Hans-Böckler-Stiftung in Auftrag gegeben wurden, u. a. von Bellmann/Kühl (2007):
„Weitere Expansion der Leiharbeit? Eine Bestandsaufnahme auf Basis des IABBetriebspanels“
(Böckler-Boxen)
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zeitarbeit in Deutschland
- Genese und Institutionalisierung
- Rechtliche Rahmenbedingungen
- Das Kündigungsschutzgesetz
- Teilzeit- und Befristungsgesetze
- Verortung im sozialen Raum
- Die Selbstdarstellung von Zeitarbeitsunternehmen
- Die Haltung der Gewerkschaften
- Zeitarbeit in der öffentlichen Wahrnehmung
- Perspektiven und Interessen der Akteure
- Die Perspektive der Kundenunternehmen
- Kostenersparnis
- Flexibilität und Schnelligkeit
- Zeitarbeit als Personalstrategie
- Interessen der Zeitarbeitsunternehmen
- Gewinnerzielungsabsicht
- Expansionsstrategien
- Spezialisierung
- Funktionswandel
- Qualifikation der Zeitarbeitnehmer
- Perspektiven und Interessen von Zeitarbeitnehmern
- Sicherung der wirtschaftlichen Existenz
- Wahrnehmung von Arbeitsmarktchancen
- Expansion der Berufserfahrung
- Die Perspektive der Kundenunternehmen
- Der Arbeitskraftunternehmer als neuer Arbeitnehmertypus
- Wandel der Erwerbsstrukturen
- Autonomiegewinn und Leistungsdruck
- Selbstökonomisierung der Arbeitskraft
- Gesellschaftliche Folgen
- Das Modell der Zeitarbeitnehmerarbeit
- Prekarität
- Der Arbeitnehmer in der Zeitarbeit
- Sozialbeziehungen
- Kontrolle
- Die Konstitution einer neuen Rolle
- Sozialbeziehungen
- Zum Wert der Zeitarbeitnehmerarbeit
- Ökonomische und ideelle Werte
- Stellenwert und Anerkennung
- Zeitarbeitnehmerarbeit und Beruflichkeit
- Arbeitszufriedenheit
- Die Brückenfunktion der Zeitarbeitnehmerarbeit
- Zeitarbeitnehmerarbeit als Herrschaftsinstrument
- Zeitarbeitnehmerarbeit als Konsumgut?
- Zusammenfassung und Einordnung des Modells in den theoretischen Bezugsrahmen
- Schlussbemerkung und Ausblick
- Anhang A: Literaturverzeichnis
- Anhang B: Quellenverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Bachelorarbeit befasst sich mit der Entwicklung eines Modells zur Soziologie der Zeitarbeitnehmerarbeit. Ziel ist es, die Besonderheiten der Zeitarbeitnehmerarbeit aus soziologischer Perspektive zu analysieren und in einen theoretischen Bezugsrahmen einzuordnen. Die Arbeit verfolgt einen analytischen Ansatz, der auf empirischen Befunden basiert und ein Deutungsschema für die Zeitarbeitnehmerarbeit entwickelt.
- Genese und Institutionalisierung der Zeitarbeit in Deutschland
- Rechtliche Rahmenbedingungen und deren Auswirkungen auf die Zeitarbeitnehmerarbeit
- Interessenlagen der beteiligten Akteure (Kundenunternehmen, Zeitarbeitsunternehmen, Zeitarbeitnehmer)
- Der Wandel der Erwerbsstrukturen und die Entstehung eines neuen Arbeitnehmertypus: Der Arbeitskraftunternehmer
- Die Prekarität der Zeitarbeitnehmerarbeit und ihre Auswirkungen auf die Sozialbeziehungen, den Stellenwert und die Beruflichkeit
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Relevanz der Zeitarbeitnehmerarbeit als Forschungsgegenstand dar und beleuchtet die bestehende Forschungslandschaft. Sie führt in die Thematik ein und skizziert die Zielsetzung der Arbeit.
Das zweite Kapitel befasst sich mit der Genese und Institutionalisierung der Zeitarbeit in Deutschland. Es beleuchtet die historischen Entwicklungen und die rechtlichen Rahmenbedingungen, die die Zeitarbeit prägen.
Das dritte Kapitel analysiert die Verortung der Zeitarbeit im sozialen Raum. Es untersucht die Selbstdarstellung von Zeitarbeitsunternehmen, die Haltung der Gewerkschaften und die öffentliche Wahrnehmung der Zeitarbeit.
Das vierte Kapitel beleuchtet die Perspektiven und Interessen der verschiedenen Akteure, die an der Zeitarbeit beteiligt sind. Es analysiert die Interessenlagen von Kundenunternehmen, Zeitarbeitsunternehmen und Zeitarbeitnehmern.
Das fünfte Kapitel beschäftigt sich mit dem Wandel der Erwerbsstrukturen und der Entstehung eines neuen Arbeitnehmertypus: Dem Arbeitskraftunternehmer. Es untersucht die Auswirkungen der Zeitarbeit auf die Autonomie und den Leistungsdruck von Arbeitnehmern.
Das sechste Kapitel widmet sich dem Modell der Zeitarbeitnehmerarbeit. Es analysiert die Prekarität der Zeitarbeitnehmerarbeit, die Sozialbeziehungen, den Wert und die Beruflichkeit der Zeitarbeitnehmerarbeit sowie die Rolle der Zeitarbeitnehmerarbeit als Herrschaftsinstrument und Konsumgut.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Zeitarbeit, Zeitarbeitnehmerarbeit, Prekarität, Arbeitskraftunternehmer, Sozialbeziehungen, Beruflichkeit, Herrschaftsinstrument, Konsumgut, Genese, Institutionalisierung, rechtliche Rahmenbedingungen, Interessenlagen, öffentliche Wahrnehmung, Wandel der Erwerbsstrukturen, Selbstökonomisierung der Arbeitskraft.
- Citar trabajo
- B.A. Gisela Christ-Rodenbeck (Autor), 2008, Zur Soziologie der Zeitarbeitnehmerarbeit, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/132338