Segregation anstatt Integration

Die vietnamesischen Arbeitskräfte in der DDR


Term Paper, 2009

17 Pages, Grade: 1,7


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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Hauptteil
2.1 Die Geschichte der Beziehungen zwischen der DDR und SRVietnam
2.2 Die Abkommen zwischen der DDR und SRVietnam
2.2.1 Die wirtschaftspolitischen Aspekte beider beteiligten Staaten
2.3 Die soziale Lage der ausländischen Arbeitskräfte in der DDR: Beschäftigung, Unterkunft und Freizeitgestalltung
2.3.1 Die Fremdfeindlichkeit in der DDR
2.4 Die Integrationsprozesse der ausländischen Arbeitskräfte
2.4.1 Die staatliche Haltung der DDR zur Integration
2.4.2 Die individuellen Möglichkeiten der Beziehungen zwischen einheimischen und ausländischen Arbeitskräften
2.5 Die ausländischen Arbeiter als soziale Teilhaber?
2.6 Die soziale Situationen der vietnamesischen Arbeitskräfte nach der Wende

3. Fazit

4. Literaturverzeichnis

5. Anhang

1. Einleitung

In der folgenden Arbeit beschäftige ich mich mit dem Thema ausländische Arbeitskräfte in der DDR. Die DDR schloss seit Beginn der 60er Jahre Anwerbeverträge mit mehreren europäischen und ab den 70er Jahren auch mit außereuropäischen Ländern. Die Gründe für die Beschäftigung von ausländischen Arbeitern in der DDR unterschieden sich von denen in der Bundesrepublik nicht grundsätzlich. Die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte in der DDR hatte zum Ziel, die industrielle Produktion effizienter zu gestalten und den Arbeitskräftemangel der DDR-Wirtschaft zu lindern. Beispielhaft für die Integrationspro-zesse der ausländischer Arbeitskräfte soll anhand des Vertragverhältnisses zwischen der DDR und SRV. Ich möchte mich einerseits auf die Integrationsprozesse und anderseits auf die wirtschaftlichpolitischen Aspekte beide Länder konzentrieren.

Die Ausländerbeschäftigung in der DDR basierte anfangs auf der Idee, ausländische Ar-beitskräfte auszubilden. Dies wurde später zunehmend abgelöst durch die eine ausschließ-liche Beschäftigung in unqualifizierten Tätigkeiten. Die Anwerbung ausländischer Ar-beitskräfte in der DDR wurde durch akuten Arbeitskräftemangel erzwungen. Er hatte sei-nen Grund vor allem in der Abwanderung von einheimischen Arbeitskräften in den Westen bis zum Mauerbau 1961 und in verringertem Umfang auch noch danach. Die Ausländerbe-schäftigung in der DDR lag im Vergleich zur Bundesrepublik deutlich niedriger und wurde von Seiten der Partei als Unterstützung des sozialistischen Aufbaus in den Bruderländern dargestellte. Dies tat sie, dass sie selbst der Bundes Republik vorwarfen, mit der Auslän-derbeschäftigung nationalsozialistische Traditionen fortzusetzen.

Am 26.01.09 erschien in Mitteldeutschen Zeitung ein Artikel zum Thema Arbeitskräfte in der DDR mit der These “Die Ausländer in Ostdeutschland sind einer aktuellen Studie zu-folge gut integriert [...]Zudem profitieren die neuen Länder von positiven Nachwirkungen der Migrationspolitik der DDR-Zeit. Damals seien hochmotivierte Menschen nach Ost-deutschland gekommen1

Hieraus ergeben sich für die folgende Arbeit zwei Fragestellung:

- War die Integration der ausländischen Arbeitskräfte gewollt und wenn ja erfolg-reich?
- Ist die Integration von noch heute in Ostdeutschland lebenden ehemaligen ausländi- schen Beschäftigte der DDR Ergebnis einer gesteuerten Integrationspolitik?

2.Hauptteil

2.1 Die Geschichte der Beziehung zwischen DDR und Vietnam

Nach der Wiedervereinigung Vietnams stand die Wirtschaft des Landes vor dem Problem, in zwei Hälften geteilt zu sein, die nach komplett verschiedenen Mustern organisiert wa-ren. Im kommunistischen Norden herrschten planwirtschaftliche Verhältnisse und die Landwirtschaft wurde kooperativ betrieben. Der Süden hingegen war marktwirtschaftlich organisiert, hatte aber während der vergangenen zwei Jahrzehnte keinerlei wirtschaftliche Entwicklung vollzogen. Die gesamte Wirtschaft des Südens war somit vom Zustrom ame-rikanischen Geldes abhängig, das bedingt durch die Militärpräsenz ins Land floss.

Nach der Wiedervereinigung wurde der Süden nach sowjetischem Vorbild restrukturiert, die Landwirtschaft kollektiviert und die Betriebe verstaatlicht. Im Jahr 1978 trat Vietnam dem Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe bei, während die USA ein Wirtschaftsembargo über Vietnam verhängte, das nicht nur Amerikanern verbot, mit Vietnam zu handeln, son-dern auch den Internationale Währungsfonds, die Weltbank und ähnliche Organisationen daran hinderte, Vietnam Aufbaukredite zu geben.

Das Resultat aus der Unproduktivität der Staatsbetriebe und der kollektivierten Landwirt-schaft, den Handelshindernissen und den massiven Umweltschäden aus dem Vietnamkrieg war schreckliche Armut. Das einzige, was Vietnam halbwegs am Leben hielt, war Wirt-schaftshilfe der RGW-Staaten, die sich auf geschätzte drei Milliarden Dollar jährlich be­lief.

Die Beziehungen der DDR zu Vietnam begannen schon Mitte der 50er Jahre. Der Führer des kommunistischen Nordens Ho Chi Minh suchte Unterstützung im sozialistischen Lager und akzeptierte 1955 sowjetische Hilfe und damit auch die solidarische Unterstützung der anderen "Bruderländer".

So wurden seit den 50er Jahren an Hoch-, Fach- und Berufschulen der damaligen DDR Vietnamesen aus Nordvietnam ausgebildet. Nach dem Abkommen zwischen Vietnam und der DDR vom 22.10.1973 "über die Berufsausbildung und weitere Qualifizierung von Bürgern" Vietnams erhielten zwischen 1973 und 1983 ca. 10.000 vietnamesische Arbeiter eine Berufsausbildung in der DDR.

2.2 Die Abkommen zwischen DDR und Sozialistische Republik Vietnam

Ende der 70er Jahre war die Arbeitskräftesituation vor allem in der Textil-, Lederwaren-und metallverarbeitenden Industrie in der DDR sehr angespannt. In den befreundeten Ent-wicklungsländern gab es ein Überangebot an Arbeitskräften. Dies bestärkte die DDR den obengenannten Vertrag Vietnam abzuschließen. Einerseits bildete der Vertrag eine finan-ziell verkraftbare Form von Entwicklungshilfe, anderseits geriet die DDR unter den nicht Verruf einen befreundeten sozialistischen Bruderstaat auszubeuten.

Es kamen ausländische Arbeiter aus insgesamt 39 Staaten. Die größte Gruppe bildeten die Vietnamesen. Die Regierungen der DDR und der Sozialistischen Republik Vietnam unter-zeichneten im April 1980 ein "Abkommen über die zeitweilige Beschäftigung und Qualifi-zierung vietnamesischer Werktätiger in Betrieben der DDR".

Die Ziele des Regierungsabkommens zwischen der DDR und Vietnam waren die Beschäf-tigung für vietnamesische Facharbeiter, Fach- und Hochschulkader sowie die berufliche Aus- und Weiterbildung im Rahmen der betrieblichen Erwachsenenbildung, anderseits aber auch einen Beitrag zur Erfüllung der Produktionspläne der damaligen DDR zu leisten. Entgegen diesen ökonomischen Motiven wurde der Aufenthalt der „ausländischen Werktä-tigen“ im „Arbeiter-und-Bauern-Staat“ in der offiziellen Propaganda als „Arbeitskräfteko-operation“ im Rahmen der „sozialistischen ökonomischen Integration“ begründet: Solange die DDR den anderen sozialistischen Staaten wirtschaftlich voraus sei, kämen von dort Arbeitskräfte, um sich in der DDR „auf ihre künftige Arbeit beim Aufbau des Sozialis-mus“ vorzubreiten. (Vgl. Behrends, Lindenberg, Poutrus.2003.272) Mit dieser Propaganda setzte sich die DDR bewusst von der Bundesrepublik ab, deren Gastarbeiterpolitik sie als Fortsetzung des NS-Fremdarbeitereinsatzes anprangerte. (Vgl. Behrends, Lindenberg, Pou-trus.2003.272) Die beide Seiten achteten bewusst darauf, dass die Austauscharbeitskräfte integrierte und politisch bewusste Bürger (im sozialistischen Sinne) waren. Aus diesem Grund schickte der DDR zum Beispiel in den 70er Jahren mosambikanische Arbeitskräfte, die über keine Berufsausbildung verfügten zurück und nahmen sie nicht in ein gleichwerti-ges Qualifizierungsprogramm auf.

Die Entsendung der Vietnamesen in die DDR erfolgte in zwei großen Etappen, nämlich von 1980 bis 1986 mit der Aufnahme von 12.000 Arbeitskräften und in den drei Jahren zwischen 1987 und 1989, als fünfmal so viele Arbeitskräfte entsendet wurden wie in all den sieben Jahren zuvor (Tab.1). Insgesamt waren bis zum Ende der DDR knapp 80.000 vietnamesische Arbeitskräfte tätig. Insbesondere die überhastete zweite Entsendung hatte Schwierigkeiten mit sich gebracht, vor allem was die Bereitstellung von Wohnraum, von Transportmitteln und die Transferierung von Geld und Gütern anbelangt. Obwohl zwi-schen der DDR und Vietnam ein Streit um die Konditionen der Vertragsarbeit im Jahre 1985 ausbrach, verzichtete Vietnam auf Nachbesserung, weil es auf die Erlöse der Arbeits-emigranten und Entlastung des heimatlichen Arbeitsmarktes angewiesen war. (Vgl. Beh-rends, Lindenberg, Poutrus.2003. 273) Am Anfang der 80er Jahre wurden ehemalige Sol-daten, Nachkommen von Widerstandskämpfern und Witwen von jungen Soldaten bevor-zugt, da die Beschäftigung in der DDR sehr begehrt war, versuchten die Vietnamesen den Vorteil ihrer Mitgliedschaft in der kommunistischen Partei Vietnams zu nutzen.

Im einzelnen sahen die Vereinbarungen zwischen der DDR und Vietnam vor, dass die Be-werber zwischen 18 und 35 Jahre alt und bei guter Gesundheit sein mussten. Zudem wurde von vietnamesischer Seite Wert auf politische Zuverlässigkeit gelegt.2 Die vietnamesi-schen Staatsbetriebe waren mit der Durchführung der Auswahlverfahren beauftragt. Offi-ziell mussten die zu entsendeten Arbeitkräfte also bereits einen festen Arbeitsplatz besit-zen. Allein 1988 gelangten 31.500 neue Arbeiter aus Vietnam in die DDR. Auch die viet-namesische Regierung zog Vorteile aus diesem einseitigen Arbeitskräfteaustausch: Die Arbeiter mussten einen Teil ihres Lohnes - zuerst sechzehn, später zwölf Prozent - zum "Aufbau und Schutz des Vaterlandes" an die heimische Regierung abführen. Außerdem hoffte die vietnamesische Regierung durch das Programm den Arbeitsmarkt im eigenen Lande zu entlasten und eine kostenfreie Qualifizierung zu erreichen, die in Vietnam so nicht möglich gewesen wäre. Nicht zuletzt war aber auch der Lohntransfer nach Vietnam ein wichtiger Faktor, der die Wirtschaft des Landes stärken sollte. (Vgl. Pham Duc Trong.1998.5) Laut staatlicher Propaganda diente der Aufenthalt von Arbeitswanderern in der DDR der Aus- und Fortbildung von Arbeitskräften aus den weniger entwickelten so-zialistischen „Brüderländern“. Wegen dieser Ausbildungsprämisse hoffte die DDR, inter­national nicht dem Vorwurf ausgesetzt zu werden, fremde Arbeitskräfte anzuheuern und auszubeuten. (Vgl.Bade.2007.1079) Die Arbeitskräfte wurden in ca. 700 großen und klei-nen Betrieben in fast allen Wirtschaftszweigen der 13 Ministerien bzw. Fachbereiche ein-gesetzt. Sie lebten und arbeiteten in 14 Bezirken und in der damaligen Hauptstadt Berlin (Ost). Die meisten von ihnen waren jedoch in den Zentren der Industrie, z.B. in Karl-Marx-Stadt (Chemnitz), Dresden, Leipzig, Halle, Magdeburg und Berlin, tätig. Die Auftei-lung auf die Bezirke erfolgte nicht gleichmäßig. So waren beispielsweise in Karl-Marx-Stadt 13.000 in Frankfurt/Oder nur 1.500 und in Rostock gar nur 1.000 tätig (Tab. 2). (Vgl. Pham Duc Trong.1998.5) Im großen und ganzen wurde die Zahl der einzusetzenden Ar-beitskräfte vom Bedarf der einzelnen Betriebe abhängig gemacht. So gab es Betriebe, in denen bis zu 1.000 Arbeitskräfte eingesetzt wurden, in anderen dagegen waren es nur 15. In der Mehrheit verrichteten die vietnamesischen Vertragsarbeitnehmer einfache Arbeiten, die nur eine geringe Qualifizierung und eine kurze Anlernzeit erforderlich machten, wie Arbeitern am Fließband oder an Stanzen. Die Einstellung erfolgte mit der Lohgruppe IV. für ungelernte Tätigkeiten. Nach drei Monaten Schulung und beruflicher Qualifizierung, in denen die ausländische Arbeitnehmer 400,- Mark monatlich bekamen, konnten sie in die Lohngruppe V. übernommen werden. Diese Eingewöhnungsphase wurde im Artikel 9 des Regierungsabkommens zwischen der DDR und der SRV vom 11. April 1980 festgelegt. (Vgl. Pham Duc Trong.1998.5-6)

2.2.1 Die wirtschaftspolitische Aspekten beiden beteiligten Staaten

Deutsche Demokratische Republik:Die Ausländerbeschäftigung wurde in der DDR tot-geschwiegen oder verharmlost als Ausbildungswanderung, die sie nur zum Teil und be-sonders anfangs tatsächlich war.(Vgl.Bade.2007.161) Die DDR konzentrierte sich in den Siebzigern zunehmend auf die Zusammenarbeit mit sozialistischen Entwicklungsländern, da sie diesen gegenüber eine bessere Verhandlungsposition besaß. (Vgl. Behrends, Lin­denberg, Poutrus.2003.272)

Was als internationale Solidarität verkauft wurde, hatte wirtschaftliche Gründe: Die DDR-Regierung nutzte die ausländischen Arbeitskräfte, die auch aus Kuba, Angola und Mosam-bik kamen, um einen Arbeitskräftemangel in bestimmten Regionen und Industriezweigen auszugleichen und so die Produktion zu sichern oder zu erhöhen. Vor allem in Chemiefa-briken, in der Autoindustrie und in Nähereien und Wäschereien kamen die Vertragsarbeiter zum Einsatz. Da kaum modernisiert und investiert wurde, wuchs das Interesse mancher Betriebe bzw. einiger Wirtschaftszweige an billigen Arbeitskräften noch. Nach Auffassung des DDR –Staatssekretariats für Arbeit und Löhne verlangten die Betriebe einen steigen-den Einsatz ausländischen Arbeitskräfte, da eine Ausländer-Beschäftigung „unvergleichbar billiger als jede Freisetzung von Arbeitskräften durch Investition“ sei. (Vgl. Motte, 1999.223)

Sozialistische Republik Vietnam: Für die vietnamesische Regierung stand zu Beginn die "Ausbildung für die vietnamesische Entwicklung" im Vordergrund. Dieses Ziel verlor jedoch objektiv immer mehr an Bedeutung.

[...]


1http://www.mzweb.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1232952125195 &openMenu=1013016724320&calledPageId=1013016724320&listid=1018881578370

2 http://www.politische-bildung-brandenburg.de/programm/ausstellungen/vietnamesen/index.html

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Details

Title
Segregation anstatt Integration
Subtitle
Die vietnamesischen Arbeitskräfte in der DDR
College
Humboldt-University of Berlin  (Sozialwissenschaft)
Course
Soziologie und Politik der Arbeitsmigration nach Deutschland
Grade
1,7
Author
Year
2009
Pages
17
Catalog Number
V132376
ISBN (eBook)
9783640384693
File size
418 KB
Language
German
Keywords
Segregation, Integration, Arbeitskräfte
Quote paper
Kherlentsetseg Damdindorj (Author), 2009, Segregation anstatt Integration, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/132376

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