Die Kriegswirtschaft im Deutschen Reich während des Ersten Weltkriegs und deren privatrechtliche Folgen


Seminararbeit, 1997

19 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Der historische Kontext

3. Die Kriegswirtschaft im Überblick

4. Die einzelnen Bereiche der Kriegswirtschaft
4.1. Die Rohstoffbewirtschaftung und das Beschaffungswesen
4.2. Das Hilfsdienstgesetz und der Arbeitsmarkt
4.3. Die finanzielle Kriegswirtschaft
4.4. Die Ernährungswirtschaft und die übrigen Bereiche der Kriegswirtschaft

5. Die dauerhaften Auswirkungen der Kriegswirtschaft

6. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Das Thema der vorliegenden Arbeit ist die Kriegs­wirt­schaft des 1. Weltkriegs im Deutschen Reich unter Berück­sichtigung ihrer Folgen im privatrechtlichen Bereich. Da­bei soll die militä­ri­sche Kriegswirtschaft im Vorder­grund stehen, während die zivi­le Kriegswirtschaft weniger de­tailliert behandelt werden wird. Wobei die übliche Tren­nung in diese beiden Bereiche ohne­hin nicht immer plausibel ist, da letztlich die gesamte Kriegswirtschaft den militärischen Zie­len untergeordnet war. So dienten z. B. die finanziel­len Maßnah­men der Reichsregie­rung haupt­sächlich der Fi­nanzierung der mili­tärischen Ausga­ben.[1]) Deshalb wird in dieser Arbeit auf strikte Unterschei­dung der militäri­schen und zivilen Bereiche der Kriegs­wirt­schaft verzich­tet werden. Da die Literatur zum 1. Welt­krieg und auch die zur Kriegswirtschaft recht umfangreich ist, kann hier nur eine relativ kleiner Ausschnitt davon einbezogen wer­den. Weil die militärische Kriegswirtschaft schwer­punktmä­ßig erörtert werden soll, wird insbesondere die Monographie Hey­manns über die Rechtsformen dieser Art Kriegswirtschaft[1]) Gru­n­dlage dieser Arbeit sein. Daneben werden vor allem die Mono­graphien Zun­kels[1]) und Roes­lers[1]), sowie der Sammelband 'Deut­­sche Verwaltungsgeschichte'[1]) zu ein­zel­nen Aspekten die­ser Thematik her­angezogen werden. Zur Ein­füh­rung wird am An­fang der Arbeit zu­nächst kurz der historische Kon­text darge­stellt wer­den, in dem die Kriegswirtschaft orga­ni­siert wurde, um de­ren Maßnahmen für den heutigen Betrachter plausibel zu machen. An­schlie­ßend werden dann im Ein­zelnen die verschie­de­nen Berei­che und Organisationen der Kriegswirt­schaft erörtert wer­den. Ab­schließend soll dann noch der Frage nachgegangen wer­den, wel­che längerfristi­gen Auswirkungen die Kriegswirtschaft her­vor­gerufen hat, wobei kein Anspruch auf Vollständigkeit erho­ben wird.

2. Der historische Kontext

Am 17.1.1896 ging der dritte Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich als Gesetzesvorlage an den Reichstag, wo sie nach der dritten Lesung als Gesetz verab­sch­iedet wurde. Nachdem der Bundesrat dem Gesetz zugestimmt hatte und der Kaiser es vollzogen hat­te, wurde es am 24. Au­gust des­selben Jahres verkündet. Am 1. Januar 1900 trat es als 'Bür­gerliches Gesetzbuch' (BGB) in Kraft.[1]) Da die in dieser Zeit bereits vorhan­de­nen Reichsgesetze aufrechterhalten wur­den, mußten sie dem nun maßgeblichen BGB angepaßt werden. Nur teil­weise ge­schah dies durch ein Einführungsgesetz für das BGB (EGBGB), andere Gesetze[1]) mußten dagegen weitgehend über­ar­bei­tet werden. Für das Handelsrecht wurde eine Neu­fas­sung nö­tig, die ebenfalls am 1. Januar 1900 als Han­dels­gesetzbuch (HGB) in Kraft trat.[1]) Als aber im Sommer 1914 der 1. Welt­krieg aus­brach gab es keine juristische Vorbereitung auf den Krieg; es war keine Kriegswirt­schaftsgesetzgebung vorbereitet wor­den[1]) Der Grund die­ser Nachlässigkeit war vermutlich die all­gemeine Er­war­tung eines kurzen Krieges, der schnell durch ei­nen deut­schen Sieg beendet werden sollte. Zu diesem Irrtum über die Länge und den Ausgang des Krieges, kam der über die Stär­ke der Blocka­de, die, wie nicht erwartet worden war, Deut­sch­land nahezu völlig vom Weltmarkt abriegelte und "auf den Zustand staatli­cher Eigenwirtschaft" zurückwarf.[1]) Des­halb stand das Deut­sche Reich "bei der Gewährleistung der Volkser­nährung, der Regelung des Arbeitsmarktes, der Für­sorge für die Angehörigen der Sol­daten sowie bei der Ver­sorgung der Wirt­schaft mit Roh­stof­fen."[1]) schnell vor sehr großen Problemen. Denn "das hoch­­­­­­­­­­­­­­indu­strialisierte Deutschland [war] auf die Ein­fuhr von Nah­rungs­mitteln, Futtermitteln und Rohstoffen ange­wiesen (...), um leben und wirtschaften zu können."[1]) Dar­über­hinaus stell­te im Laufe des Krieges auch der Arbeitskräf­teman­gel ein immer grö­ßeres Problem dar.[1]) Entgegen der stra­­tegi­schen Pla­nungen der Obersten Heeresleitung (OHL) war der Krieg nämlich nicht, wie angenommen, nach wenigen Monaten oder höch­stens zwei Jah­ren beendet, sondern er intensivierte sich nach Ende dieser Frist sogar noch. Mit der Zeit wuchs darüber­hinaus die Überlegenheit der Alliierten, so daß die Mittel­mächte sch­ließlich im Herbst 1918 kapitulieren muß­ten.[1]) Des­halb kann es nicht überraschen, daß der Staat "unter dem Zwang kriegs­wirtschaft­licher Notwendig­keiten in einem seit den Zei­ten des Merkanti­lismus unbekannten Umfange in die privatka­pi­talisti­sche Wirt­schaftsführung ein­griff und die liberale Mark­tordnung auf­hob."[1])

3. Die Kriegswirtschaft im Überblick

Mit der Erklärung des Kriegszustandes am 31. Juli 1914 durch kaiserliche Verordnung und mit Gegenzeichnung des Reichskanz­lers ging die vollziehende Gewalt auf die Mili­tärbefehlshaber über. Diese hatten von da an ganz allge­mein die Aufgabe, die öffentliche Sicherheit zu gewähr­leisten. Zur Erfüllung dieser Aufgabe konnten sie auch den weiterhin tätigen zivilen Behör­den Anweisungen geben. Bereits am 4. August wurde im Reichstag das 'Gesetz über die Ermächtigung des Bundesrates zu wirt­schaftlichen Maß­nahmen und über die Verlängerung der Fristen des Wechsel- und Scheckrechts im Fall kriegerischer Ereignis­se' ver­abschiedet, womit der Bundesrat erheblich aufgewertet wurde. Der Zweck dieses Gesetzes war vor allem die Be­schleuni­gung der Gesetzgebung.[1]) Im Gegensatz dazu war die Wirt­schaftsverwaltung durch die Parallelität zahlrei­cher Stellen zersplittert. Zuständig waren die kommandie­renden Generale des stellvertretenden Generalkommandos, die Ämter der preußischen und der bundesstaatlichen Kriegsministerien, das Reichsamt des Innern und die Wirt­schaftsbehörden der Bundesstaaten. Erst die Bildung des Kriegsamtes am 1. November 1916 beseitigte diesen Miß­stand, indem die Kompetenzen gebündelt wurden.[1]) "Wurde die Industrie einerseits den Zwangsmaßnahmen des sogenannten 'Sta­atssozialismus' unterworfen, so fand an­dererseits der ge­gen­läufige Grundsatz Anwendung, die or­ganisatorische Bewälti­gung kriegswirtschaftlicher Aufga­ben der industriellen Selbst­verwal­tung zu übertragen."[1]) Die neu geschaffenen Organisatio­nen, "welche gemischt aus handels- und industrie­rechtlichen mit bürokra­tisch verwaltungsrechtlichen Elemen­ten - die Gewer­befrei­heit (ohne sie aufzuheben), in der Haupt­sache prak­tisch außer Kraft setzten und obrigkeitlich geleite­te Indu­strie, jedoch unter Wahrung des Gedankens des Privatun­terneh­mertums etablierten", ließen der Industrie im Prin­zip wenig eigene Entscheidungskompetenzen.[1]) Da sich das Reich nicht in der Lage sah, die Kriegswirtschaft allein zu organi­sieren, wurden Hilfsorganisationen ge­schaffen, die soge­nannten Kriegs­gesell­schaften.[1]) "Im Grunde genommen handelt es sich um Zwangssyn­dizierung fast der gesamten Industrie in ihren ein­zelnen Spar­ten, um zwangsweisen Zusammenschluß unter ent­schei­dender Be­einflussung der gesamten Geschäftsgebahrung der ein­zelnen Un­ternehmen durch die öffentliche Gewalt"[1]) Es gab ver­schiede­ne Arten von Kriegsgesellschaften; es waren dies: die Kriegs­ak­tiengesellschaft, die Kriegsgesellschaft mit be­schränkter Haf­tung, die Abrechnungsstelle und der Kriegsaus­schuß; wobei allen ge­meinsam war, daß an schon bestehende Rec­htsfor­men an­geknüpft wurde. Da das Han­delsgesetzbuch unverän­dert blieb, mußten die Kriegsge­sell­schaften sie handelsrecht­lichen Aktien­vorschriften einhal­ten. Die Aktionäre waren zwar die Unterneh­men der ein­zelnen Bran­chen, aber staat­liche Kom­missare hatten in allen Auf­sichts­ratsgremien Veto-Recht, das aber noch nicht einmal er­forder­lich gewe­sen wäre, da die Mili­tärverwaltung auch die Rohstoff­ver­teilung als Zwangsmittel einsetzen konnte. Neben der Ak­tiengesellschaft gewann die G.m.b.H. zunehmend an Bedeu­tung, da sie im Aufbau flexibler war und so der staatli­che Wille leichter vollstreckt werden konnte. Doch auch bei dieser Rech­tsform stand dem immer noch das Gewinn­streben der Unter­nehmen entgegen; um dieses auszu­schalten wurden deshalb die Abrech­nungsstellen gegründet, de­ren Grundstruktur ein Ge­sell­schafts­verhältnis zwischen Inter­essenten, Kriegsministeri­um und Bank war. Die Interessen­ten waren Vereinigungen be­stimmter Produ­zenten.[1]) "Die Kriegsau­schüsse endlich waren die voll­kommste Form be­hördlicher Lei­tung; sie sind reine Sel­bstver­waltungs­kör­per, die privatrecht­liche Form ist abgesto­ßen."[1]) Kolle­gien von Interessenten be­rieten die Militärver­wal­tung, bei der die letzte Entschei­dung lag. Neben den Kriegsor­ganisa­tionen gab es darüberhinaus noch andere Verbän­de, die der Kriegswirtschaft dienten. Es handelte sich dabei wie bei den Interessenten um Vereinigungen von Fir­men einer Branche, die von staatlichen Kommissaren kon­trol­li­ert wur­den.[1]) Eine wich­­tige Aufgabe der Zwangs­syndika­te war auch die Zusammenlegung und Stillegung von Betrie­ben, um die Arbeit auf die leistungs­fähigsten Be­triebe zu konzen­trieren. Diese Aufhebung ganzer Unterneh­men war somit das "schärfste Mittel des staatlichen Ein­griffs in das Leben der Industrie und des Handels."[1])

[...]


[1]. Ulrich Cartarius (Hg.), Deutschland im Ersten Weltkrieg. Texte und Dokumente 1914-1918, München 1982, S. 43 ff.

[2]. Ernst Heymann, Die Rechtsformen der militärischen Kriegswirtschaft als Grundlage des neuen deutschen Industrierechts, Marburg 1921.

[3]. Friedrich Zunkel, Industrie und Staatssozialismus. Der Kampf um die Wirtschaftsordnung in Deutschland 1914-1918, Düsseldorf 1974.

[4]. Konrad Roesler, Die Finanzpolitik des Deutschen Reiches im Ersten Weltkrieg, Berlin 1967.

[5]. Kurt G.A. Jeserich u.a. (Hg.), Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 3: Das Deutsche Reich bis zum Ende der Monarchie, Stuttgart 1984.

[6]. Hans Schlosser, Grundzüge der Neueren Privatrechtsgeschichte. Ein Studienbuch, Karlsruhe 1975², S. 87 f.

[7]. Ebd., S. 90: GVG, ZPO, KO.

[8]. Ebd.

[9]. Heymann, S. 39.

[10]. Peter Graf Kielmansegg, Deutschland und der Erste Weltkrieg, Frank­furt 1968, S. 162f.

[11]. Hans Fenske, Die Verwaltung im Ersten Weltkrieg, in: Kurt G.A. Jeserich (Hg.), Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 3: Das Deutsche Reich bis zum Ende Monarchie, Stuttgart 1984, S. 866.

[12]. Kielmansegg, S. 163.

[13]. Ebd.

[14]. Fenske, S. 870f.

[15]. Zunkel, S. 17.

[16]. Fenske, S. 873 f.

[17]. Zunkel, S. 21.

[18]. Zunkel, S. 21 f.

[19]. Heymann, S. 30.

[20]. Heymann, S. 132 f.

[21]. Heymann, S. 134.

[22]. Heymann, S. 135 ff.

[22]. Heymann, S. 147.

[22]. Heymann, S. 150 ff.

[22]. Heymann, S. 169.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die Kriegswirtschaft im Deutschen Reich während des Ersten Weltkriegs und deren privatrechtliche Folgen
Hochschule
Universität Bielefeld  (Fakultät für Rechtswissenschaft)
Veranstaltung
Grundlagen des Privatrechts
Note
sehr gut
Autor
Jahr
1997
Seiten
19
Katalognummer
V13258
ISBN (eBook)
9783638189538
ISBN (Buch)
9783638746762
Dateigröße
490 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Erster Weltkrieg, Kriegswirtschaft, Rohstoffbewirtschaftung, Hilfsdienstgesetz, Höchstpreisgesetz
Arbeit zitieren
Gerald Böke (Autor:in), 1997, Die Kriegswirtschaft im Deutschen Reich während des Ersten Weltkriegs und deren privatrechtliche Folgen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/13258

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