Das 20. Jahrhundert wird in der Literatur oft als Jahrhundert der Demokratie bezeichnet. In der Tat hat sich die Anzahl demokratisch verfasster Systeme seit Beginn der dritten Demokratisierungswelle 1974 bis zu Beginn des neuen Jahrtausends vervierfacht. Hierbei gilt es zu beachten, dass dies jedoch weniger ein Triumph der liberalen Demokratie, als vielmehr ein Triumph defekter Varianten der Demokratie ist. Zahlreiche der neuen Demokratien weisen in der Realität außer Wahlen nur wenige Kennzeichen auf, die in der Theorie mit dem Begriff liberale Demokratie verbunden werden. Einige der Transformationsprozesse sind sogar gescheitert, was in einem Rückschritt in autokratische Strukturen gipfelte. Insbesondere der Systemwechsel in den ehemaligen Staaten des Ostblocks hat die Systemtransformationsforschung vor neue Herausforderungen gestellt. Dieser folgte nicht mehr dem üblichen Weg der Transition – Liberalisierung, Demokratisierung, Konsolidierung; viele der hier neu entstandenen Demokratien bleiben weit hinter dem Anspruch der Demokratietheorie zurück. Zwar weisen die meisten der neuen Umbruchsysteme gleiche, mehr oder weniger freie Wahlen auf, de facto werden jedoch großen Teilen der Bevölkerung die politischen Partizipationsrechte verwehrt. Es sind die Defekte der rechtsstaatlich-demokratischen Strukturen, die diese Systeme von konsolidierten Demokratien unterscheiden und die Grenze zwischen eindeutig demokratischen und eindeutig autokratischen Systemen undeutlich machen. Es ist also nicht mehr die grundlegende Regimestruktur, die Autokratien von Demokratien unterscheidet, sondern vielmehr die unterschiedliche Funktionsweise und Geltungskraft bestehender formal-demokratischer Institutionen.
Diese Arbeit versucht im Folgenden einen dieser gescheiterten Transformationsprozesse am Beispiel der ehemaligen Sowjetrepublik Belarus aufzuzeigen.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Theorien der Systemtransformation
- Makrosoziologische Ansätze
- Die klassische soziologische Systemtheorie
- Die autopoietische Systemtheorie
- Selektive und diffuse Unterstützung der Bevölkerung
- Strukturalistische Ansätze
- Mikrotheoretische Ansätze
- Zusammenfassung
- Defekte Demokratien
- Typen defekter Demokratien
- Makrosoziologische Ansätze
- Demokratische Konsolidierung in postsowjetischen Staaten
- Strukturelle Rahmenbedingungen
- Politische Kultur und Zivilgesellschaft
- Ökonomische Voraussetzungen
- Systemtransformation in Belarus
- Belarus - Geographie und Geschichte
- Die Systemtransformation 1991-1994
- Die neue Verfassung - Bekenntnis zur Demokratie?
- Die Regierung Lukaschenka – Rückschritt in die Diktatur
- Fazit: Belarus - Defekte Demokratie oder Diktatur?
- Bibliographie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert den gescheiterten Transformationsprozess der ehemaligen Sowjetrepublik Belarus und untersucht die Ursachen für das Scheitern des Übergangs von einem autoritären System zu einer Demokratie. Sie beleuchtet verschiedene Theorien der Transformationsforschung, insbesondere makrosoziologische und mikrotheoretische Ansätze, um den Prozess der Systemtransformation zu erklären. Darüber hinaus wird der Begriff "defekte Demokratie" erläutert und auf die spezifischen Herausforderungen der demokratischen Konsolidierung in postsowjetischen Staaten eingegangen.
- Theorien der Systemtransformation
- Defekte Demokratien
- Demokratische Konsolidierung in postsowjetischen Staaten
- Systemtransformation in Belarus
- Ursachen für das Scheitern der Transformation in Belarus
Zusammenfassung der Kapitel
Das Vorwort führt in die Thematik der Systemtransformation ein und stellt die Relevanz des Themas im Kontext der dritten Demokratisierungswelle dar. Es wird auf die Herausforderungen der Transformationsforschung im Kontext der ehemaligen Staaten des Ostblocks hingewiesen, die nicht dem idealtypischen Weg der Transition Liberalisierung, Demokratisierung, Konsolidierung folgten.
Das zweite Kapitel befasst sich mit verschiedenen Theorien der Transformationsforschung. Es werden makrosoziologische Ansätze wie die klassische soziologische Systemtheorie und die autopoietische Systemtheorie vorgestellt. Die klassische Systemtheorie betont die Bedeutung der funktionalen Differenzierung der Gesellschaft und die Legitimation durch die Gesellschaft für die Stabilität politischer Systeme. Die autopoietische Theorie hingegen sieht das politische System nicht als anderen Teilsystemen übergeordnet und betont die Autonomiesicherung der Teilsysteme durch ihre spezifischen Codes. Außerdem werden selektive und diffuse Unterstützung der Bevölkerung sowie strukturalistische Ansätze behandelt, die den Einfluss von Klassenstrukturen und Staatsstrukturen auf Transformationsprozesse hervorheben.
Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der demokratischen Konsolidierung in postsowjetischen Staaten. Es werden die strukturellen Rahmenbedingungen, die politische Kultur und Zivilgesellschaft sowie die ökonomischen Voraussetzungen für eine erfolgreiche demokratische Konsolidierung analysiert.
Das vierte Kapitel widmet sich der Systemtransformation in Belarus. Es werden die geographischen und historischen Besonderheiten des Landes beleuchtet, sowie die wichtigsten Phasen der Transformation von 1991 bis 1994. Die Einführung der neuen Verfassung und die Regierung Lukaschenka werden im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf den demokratischen Prozess analysiert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Systemtransformation, Transformationsforschung, Defekte Demokratie, Demokratische Konsolidierung, Postsowjetische Staaten, Belarus, Lukaschenka, Autoritarismus, Demokratie, Politische Kultur, Zivilgesellschaft, Ökonomische Voraussetzungen, Geschichte, Geographie.
- Citar trabajo
- Hanna Ruth (Autor), 2007, Analyse einer Systemtransformation am Beispiel der ehemaligen Sowjetrepublik Belarus, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/132738