Die Rechtsstellung des Filmproduzenten in den Mitgliedsstaaten der EU


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 1999

59 Pages, Note: 13 Punkte


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Literaturverzeichnis

Aufgaben des Filmproduzenten

I. Deutschland
1. Wirtschaftliche Bedeutung
2. Das Filmwerk im deutschen Urheberrecht
3. Urheber des Filmwerkes
4. Rechte am Filmwerk
a) Vorbestehende Werke
- Verfilmungsrecht
- Andere Nutzungsrechte
- Urheberpersönlichkeitsrechte
b) Rechte der Filmurheber
- Nutzungsrechte
- Urheberpersönlichkeitsrecht
5. Leistungsschutzrecht der ausübenden Künstler
6. Rechtsstellung des Filmproduzenten
7. Schutzfristen

II. Österreich
1. Wirtschaftliche Bedeutung
2. Das Filmwerk im österreichischen Urheberrecht
3. Urheber des Filmwerkes
4. Rechte am Filmwerk
5. Urheberpersönlichkeitsrechte
6. Leistungsschutzrechte der ausübenden Künstler
7. Rechtsstellung des Filmproduzenten
8. Schutzfristen

III. Italien
1. Wirtschaftliche Bedeutung
2. Das Filmwerk im italienischen Urheberrecht
3. Urheber des Filmwerkes
4. Rechte am Filmwerk
5. Urheberpersönlichkeitsrechte
6. Leistungsschutzrechte der ausübenden Künstler
7. Rechtsstellung des Filmproduzenten
8. Schutzfristen

IV. Griechenland
1. Wirtschaftliche Bedeutung
2. Das Filmwerk im griechischen Urheberrecht
3. Urheber des Filmwerkes
4. Rechte am Filmwerk
5. Urheberpersönlichkeitsrechte
6. Leistungsschutzrechte der ausübenden Künstler
7. Rechtsstellung des Filmproduzenten
8. Schutzfristen

V. Niederlande
1. Wirtschaftliche Bedeutung
2. Das Filmwerk im niederländischen Urheberrecht
3. Urheber des Filmwerkes
4. Rechte am Filmwerk
5. Urheberpersönlichkeitsrechte
6. Leistungsschutzrechte der ausübenden Künstler
7. Rechtsstellung des Filmproduzenten
8. Schutzfristen

VI. Dänemark
1. Wirtschaftliche Bedeutung
2. Das Filmwerk im dänischen Urheberrecht
3. Urheber des Filmwerkes
4. Rechte am Filmwerk
5. Urheberpersönlichkeitsrechte
6. Leistungsschutzrechte der ausübenden Künstler
7. Rechtsstellung des Filmproduzenten
8. Schutzfristen

VII. Portugal
1. Wirtschaftliche Bedeutung
2. Das Filmwerk im portugiesischen Urheberrecht
3. Urheber des Filmwerkes
4. Rechte am Filmwerk
5. Urheberpersönlichkeitsrechte
6. Leistungsschutzrechte der ausübenden Künstler
7. Rechtsstellung des Filmproduzenten
8. Schutzfristen

VIII. Spanien
1. Wirtschaftliche Bedeutung
2. Das Filmwerk im spanischen Urheberrecht
3. Urheber des Filmwerkes
4. Rechte am Filmwerk
5. Urheberpersönlichkeitsrechte
6. Leistungsschutzrechte der ausübenden Künstler
7. Rechtsstellung des Filmproduzenten
8. Schutzfristen

IX. Frankreich
1. Wirtschaftliche Bedeutung
2. Das Filmwerk im französischen Urheberrecht
3. Urheber des Filmwerkes
4. Rechte am Filmwerk
5. Urheberpersönlichkeitsrechte
6. Leistungsschutzrechte der ausübenden Künstler
7. Rechtsstellung des Filmproduzenten
8. Schutzfristen

X. Belgien
1. Wirtschaftliche Bedeutung
2. Das Filmwerk im belgischen Urheberrecht
3. Urheber des Filmwerkes
4. Rechte am Filmwerk
5. Urheberpersönlichkeitsrechte
6. Leistungsschutzrechte der ausübenden Künstler
7. Rechtsstellung des Filmproduzenten
8. Schutzfristen

XI. Luxemburg
1. Wirtschaftliche Bedeutung
2. Das Filmwerk im luxemburgischen Urheberrecht
3. Urheber des Filmwerkes
4. Rechte am Filmwerk
5. Urheberpersönlichkeitsrechte
6. Leistungsschutzrechte der ausübenden Künstler
7. Rechtsstellung des Filmproduzenten
8. Schutzfristen

XII. Großbritannien
1. Wirtschaftliche Bedeutung
2. Das Filmwerk im britischen Urheberrecht
3. Urheber des Filmwerkes
4. Rechte am Filmwerk
5. Urheberpersönlichkeitsrechte
6. Leistungsschutzrechte der ausübenden Künstler
7. Rechtsstellung des Filmproduzenten
8. Schutzfristen

XIII. Irland
1. Wirtschaftliche Bedeutung
2. Das Filmwerk im irischen Urheberrecht
3. Urheber des Filmwerkes
4. Rechte am Filmwerk
5. Urheberpersönlichkeitsrechte
6. Leistungsschutzrechte der ausübenden Künstler
7. Rechtsstellung des Filmproduzenten
8. Schutzfristen

XIV. Internationale Abkommen und EU-Richtlinien
1. RBÜ (Revidierte Berner Übereinkunft)
2. Rom-Abkommen
3. WUA (Welturheberrechtsabkommen)
4. TRIPS (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights)
5. EU-Richtlinien

XV. Der Filmproduzent im Kollisionsrecht

XVI. Abschließende Betrachtung der Rechtsstellung des Filmproduzenten in den Mitgliedsstaaten der EU

Anhang: Übersichtstabelle Europäisches Filmurheberrecht

Vorwort

Seit es mit dem deutschen Film wieder bergauf zu gehen scheint, ist auch das Interesse an filmspezifischen Themen wieder gewachsen. Das sieht man nicht zuletzt daran, daß im Medienbereich immer mehr Wert auf eine solide Ausbildung gelegt wird. Hier in Berlin/Brandenburg wird der Ausbau der Babelsberg-Filmstudios mit einer eigenen Filmhochschule intensiv weiterbetrieben und es bleibt zu hoffen, daß sich der Standort neben Hamburg und München wird behaupten können, auch wenn es derzeit noch an großen Produktionen zu mangeln scheint.

Eine zentrale Figur spielt im Filmbereich der Filmproduzent. Er trägt wesentlich mehr Verantwortung, als "...mit Könnern in einem Raum zu sitzen."[1]. Neben künstlerischen, ökonomischen und organisatorischen Fähigkeiten muß er auch eine Reihe von rechtlichen Fragen klären, bevor er ungestört an die Filmproduktion und -auswertung herangehen kann.

Die vorliegende Arbeit möchte versuchen, die unterschiedlichen und für den Filmproduzenten wichtigen Regelungsgehalte in den Mitgliedsstaaten der EU vorzustellen.

Hierbei ist es unerläßlich, auf das Filmurheberrecht der einzelnen Länder, in welchem die Rechte des Filmproduzenten nur ein Mosaiksteinchen eines umfassenderen Regelungswerkes ausmachen, näher einzugehen. Vielfach wird erst aus der filmrechtlichen Gesetzessystematik verständlich, welche Rechtsstellung der Filmproduzent in selbiger überhaupt einnimmt.

Aus diesem Grund wird konsequent ein einheitlicher Aufbau angewandt, durch welchen zunächst auf die nationalen Filmrechtsregelungen eingegangen wird und dann zusätzlich noch einmal auf die Position des Filmproduzenten.

Berlin, Januar 1999 André F. Nebe

Literaturverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Aufgaben des Filmproduzenten

Bevor man sich mit der rechtlichen Systematik bezüglich des Filmherstellers befaßt, macht es Sinn, sich zunächst einmal zu fragen, welcher Art eigentlich die Beschäftigungsgebiete eines Produzenten sind.

Grundsätzlich ist der Filmproduzent an allen Phasen der Filmherstellung beteiligt. Eine Annäherung an sein berufliches Aufgabenfeld läßt sich daher am besten bewerkstelligen, wenn man sich die 4 Phasen[1] einer Filmproduktion einmal vor Augen hält.

Die erste Phase ist die der Stoffentwicklung. Hier werden aus einer Vielzahl eingereichter Stoffe diejenigen vom Produzenten ausgewählt, die Aussicht auf eine größtmögliche Verwertung bieten, bzw. für die Abnehmer bereitstehen (so etwas bei Spartenkanälen oder speziellen themengebundenen Sendeplätzen und besonders auch im Werbefilmbereich). Bei der Selektion der Stoffe ist daher eine gewisse künstlerisch-dramaturgische Vorbildung unerläßlich. Auch ist in gewissem Umfang Marktforschung darüber zu betreiben, welche Stoffe gerade bei den Zuschauern "angesagt" sind und welche nicht[2]. Bei renommierten Autoren ist schon jetzt ein Budget für die Stoffentwicklung zu veranschlagen, welches insbesondere Honorarzahlungen für Optionsverträge zu berücksichtigen hat. Werden Drehbücher nicht gleich in Ihrer ersten vorläufigen Fassung eingereicht, so steht am Anfang meist die zu einem sog. Exposé auf wenigen Seiten verdichtete Filmidee mit den wichtigsten Charakteren und Handlungsstrukturen. In der nächsten Stoffphase, dem sog. Treatment, werden diese Charaktere ausgeformt, die Handlung ist nun in ihrer Chronologie festgelegt, die sie auch im Drehbuch, der nächsten und letzten Stufe, annehmen wird.

Natürlich lassen sich diese Stufen der Entwicklung nicht immer so genau trennen, wie das hier geschehen ist, dem Grunde nach ist die Reihenfolge jedoch die aufgezeigte.

Bei weniger bekannten oder neuen Autoren lassen Produzenten den Stoff erst einmal "reifen", d.h. der Autor schreibt bis zur endgültigen Fassung und erhält erst bei Vertragsabschluß (wenn die gesamte Finanzierung steht) sein Honorar, was u.U. erst nach Monaten und Jahren nach Ablieferung der ersten Drehbuchfassung der Fall sein kann. Diese Variante ist für den Produzenten finanziell angenehm, ist er doch rechtlich nicht gebunden und hat allenfalls einen sog. Scriptdoctor zu bezahlen, d.h. einen Dramaturgen, der den weiteren Verlauf der Stoffentwicklung begleitet.

Ist das Drehbuch ausgereift, wird es in der zweiten Phase der Produktion nun vom Produzenten angeboten. Er muß jetzt Geldgeber finden, die von dem Filmprojekt genauso zu überzeugen sind wie er selbst auch. Das sind in Deutschland vor allem die Gremien der wild wuchernden Filmförderungsanstalten des Bundes und der Länder, die Sendeanstalten, die eine Auftragsproduktion erteilen sollen und nicht zuletzt die potentesten Finanziers überhaupt: die Banken. In dieser Phase ist es vor allem die unternehmerische Kompetenz, welche schon hier einen ersten Erfolg zustande bringen kann. Eine bis ins kleinste genau durchgeführte Kalkulation und ein sog. packaging[3], bestehend aus Regisseur, zugkräftigen Schauspielern (Stars) und ausgeklügeltem Marketingkonzept vermögen potentielle Geldgeber zu überzeugen. Steht die Finanzierung des Projektes, so hält die Beziehung zu den Geldgebern während der gesamten Realisierung an. Nicht selten verbringt ein Produzent jede Woche einen ganzen Tag in einer Bank in Verhandlungen mit derselben.

Schon in dieser Phase werden Verleih[4]- und Vertriebsgarantien abgeschlossen, denn der Produzent bietet seinen fertigen Film nicht selbst den Filmtheatern an, sondern überläßt diese Aufgabe einem Filmverleih. Der Verleihvertrag macht auch für Geldgeber transparent, daß das Projekt tatsächlich für den Markt konzipiert wird und vermittelt eine gewisse Sicherheit über die Güte der Produktion in der Entwicklungsphase.

Ist die Finanzierung abgeschlossen, die Kalkulation abgenommen und sind die Darsteller unter Vertrag geht es in die dritte Phase, die eigentliche Produktion. Es muß ein Team für die Dreharbeiten zusammengestellt werden. Jeder einzelne Beleuchter, Fahrer, Maskenbildner, Ausstatter, Kameramann, Assistent, Praktikant, Bühnenarbeiter, Elektriker, Tonmischer, Effekspezialist und wer sonst noch beim Dreh gebraucht wird, muß verpflichtet werden. Es müssen kostspielige Versicherungen für Equipment und Filmmaterial abgeschlossen werden. Es wird ein sog. Drehplan aufgestellt, der für jeden Tag ein vorgegebenes Arbeitspensum festlegt und dabei Verfügbarkeiten, Wechsel der vorher ausgesuchten Drehorte, Auf- und Abbauzeiten sowie benötigte Requisiten und Besonderheiten, wie etwa das rechtzeitige Aufstellen von Halteverbotsschildern am Drehort ein paar Tage vor Drehbeginn, berücksichtigen muß. Der Drehplan gleicht einem militärischem Schlachtplan: es muß genau kalkuliert werden, wer wann und wo mit welcher Ausstattung zu erscheinen hat.

Nach den zahlreichen Besprechungen und Proben mit Regisseur und Schauspielern geht es an die Dreharbeiten. Aufgabe des Produzenten ist nicht nur die Einhaltung des vorgegebenen Budgets, sondern seine Aufgabe ist es auch, ein feines zwischenmenschliches Gespür entwickelt zu haben, um sowohl "künstlerische Differenzen" beim Dreh schlichten zu können, als auch sonst das gesamte Team aufeinander einzustimmen. Die Anforderungen und Arbeitsbedingungen beim Dreh sind extrem. Ständig wird gegen die Zeit und im Rahmen eines immer zu knappen Budgets gearbeitet und dabei soll künstlerisch und handwerklich immer das Beste geleistet werden. Es kommt zwangsläufig zu Spannungen, die zu schlichten zu weiten Teilen Aufgabe des Produzenten als Vater der Produktion ist.

Nach Abschluß der Dreharbeiten geht es in die Nachbearbeitung (postproduction). Der Film wird geschnitten, es gibt Arbeitskopien, Rohschnitte, Feinschnitte, die Musik wird angelegt und der Ton wird abgemischt, wobei mitunter Schauspieler zur Nachsynchronisation noch einmal geladen werden müssen, wenn sich herausstellt, daß der Orginalton nicht zu verwenden ist oder wenn erst gar nicht mit ihm gearbeitet worden ist. Eventuell muß jetzt für einzelne Szenen noch ein Nachdrehtermin angesetzt werden, was wiederum die Kalkulation zu Korrekturen zwingt.

In der Praxis entscheidet häufig der Produzent über den Endschnitt, der unter Umständen einem Testpublikum vorgeführt wird und der dann so auch in der vierten und letzten Phase der Produktion, der Verwertungsphase, in die Kinos oder auf seinen Sendeplatz gelangt.

Für den Film wird geworben. Der Produzent fungiert jetzt als Marketingspezialist, der sich gegen die lautstarke, vor allem amerikanische, Konkurrenz auf dem Werbemarkt der Filmbranche Gehör verschaffen muß. Einen Film, von dem keiner weiß, daß es ihn gibt, sieht auch niemand an. Schauspieler und Regisseur werden auf Promotiontour geschickt. Das bedeutet Interviews in Zeitschriften, Auftritte in Talkshows und spezielle Premieren zu organisieren. Für die Videovermarktung ca. ein halbes Jahr nach Start in den Kinos und die Sendung im Fernsehen, frühestens ein Jahr nach Kinostart, werden ebenfalls noch einmal Werbestrategien zu konzipieren sein.

Das Aufgabengebiet des Filmproduzenten ist riesig und stellt hohe Anforderungen künstlerischer, organisatorischer, technischer und wirtschaftlicher Art. Da fast niemand all diese Fähigkeiten in sich zu vereinen behaupten kann, schließen sich in der Regel mehrere Produzenten zu einer Produktionsgesellschaft (meist in der Form der GmbH) zusammen und verteilen intern die Aufgaben nach Kompetenz.

Aufgrund der hohen Risiken und dem hohen Grad an Verantwortung ist es dann auch zu erklären, warum fast ausnahmslos alle Rechtsordnungen dem Filmhersteller sei es durch eine cessio legis oder sei es durch gesetzliche Vermutung der Rechtsübertragung oder gar durch Verschaffung der Urheberschaft, jeweils mit oder ohne eigenem Leistungsschutzrecht, eine starke Rechtsposition einräumen.

I. Deutschland

1. Wirtschaftliche Bedeutung

Mit 143 Mio. Kinobesuchern und einem Marktanteil deutscher Produktionen von 16,7 % war Deutschland auch im Jahr 1997 wirtschaftsstärkstes Filmland hinter Frankreich, welches mit noch höheren Besucherzahlen und einem nationalbewußten Eigenproduktionsanteil von 34,5 % (!) in Europa eine einmalige Stellung einnahm. Im Jahr 1996 exportierte die deutsche Filmwirtschaft 2.816 Filme deutschen Ursprungs in das Ausland und erhielt dafür Lizenzentgelte in Höhe von 58.286.310 DM[5].

Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt des wirtschaftlichen Volumens der hiesigen Filmwirtschaft. Kaum noch zahlenmäßig zu erfassen sind die vor allem von privaten Sendeanstalten energisch vorangetriebenen Eigenproduktionen, die die Nachfrage nach in heimischen Gefilden spielenden Handlungen befriedigen sollen.

2. Das Filmwerk im deutschen Urheberrecht

Die §§ 88 - 94 UrhG enthalten keine Definition des Begriffs Filmwerk. Der Wortbestandteil Film bezeichnet dabei jede auf einem Filmträger festgehaltene Bildfolge oder Bild- und Tonfolge, die den Eindruck eines bewegten Bildes entstehen läßt[6]. Schutzfähig ist der Film als Filmwerk daher iSd § 2 I Nr. 6 nach den Kriterien des Werkbegriffs in Abgrenzung zu den Laufbildern des § 95, die die Anforderungen der persönlichen geistigen Schöpfung gemäß § 2 II gerade nicht erfüllen (Sex-Filme, bloße Aufnahme von Sportereignissen u.ä.). Demnach sind auch Live-Sendungen und Bildschirmspiele prinzipiell "Filmwerke" im Sinne des UrhG[7].

3. Urheber des Filmwerkes

Auch für Filme gilt das Schöpferprinzip des § 7 iVm § 2 I Nr. 6. Nur die an der Entstehung des Filmwerkes schöpferisch Beteiligten können daher Urheber desselben werden. Nach hM[8] gehören dazu der Regisseur, der Kameramann[9] und der Cutter (Schnittmeister). Dabei ist jedoch auf den Einzelfall abzustellen und zu beachten, daß in der Regel der Regisseur die alleinige künstlerische Verantwortung ausübt und über die Festlegung von Kamerapositionen, Bildausschnitten und der Abnahme der endgültigen Schnittfassung (soweit nicht dem Produzenten bzw. der Sendeanstalt die Entscheidungskompetenz über den letzten Schnitt zusteht) der Entstehungsprozeß weitestgehend durch sein persönliches Engagement vorangetrieben wird und darin daher auch seine Alleinurheberschaft begründet liegen kann.

Dem § 89 III ist zudem zu entnehmen, daß die Urheber vorbestehender Werke, wie Romanen, Drehbüchern und Filmmusiken nicht zu den Filmurhebern zählen.

Die Werke der Filmarchitekten, Bühnen-, Masken- und Kostümbildner sind als selbständig verwertbare Beiträge, entsprechend der Gesetzesintention der §§ 2 I Nr. 6, 8, 23 S. 2, 88 I und 89 III UrhG, nach der eine schöpferische Leistung niemals zwei Urheberrechte an verschiedenen Werken begründen kann, vorbestehende Werke (da sie schon vor den Dreharbeiten existieren), soweit sie eine eigene schöpferische Leistung erkennen lassen, und können daher keine Miturheberschaft am Filmwerk entstehen lassen[10]. Sind die Beiträge jedoch nicht vom Filmwerk zu trennen und weisen dafür aber eine eigenschöpferische Prägung auf, die auch dem Film eine solche verleiht, dann können sie auch Filmurheber sein[11].

Die Filmdarsteller erlangen durch ihr Spiel in der Regel keine Miturheberschaft am Film und bleiben daher aufgrund ihrer lediglich nachschaffenden Werkswiedergabe auf ihr Leistungsschutzrecht aus § 73 UrhG beschränkt.

Bei der Frage nach der Miturheberschaft am Filmwerk ist jedoch in jedem einzelnen Fall die tatsächlich geleistete schöpferische Qualität der von den Beteiligten erbrachten Werkbeiträge zu untersuchen. So können zB auch Schauspieler durch Improvisation und Ausdruckskraft Miturheber des Filmes werden, soweit sie dadurch einen bestimmenden Einfluß auf die Gesamterscheinung des Filmwerkes ausüben[12].

4. Rechte am Filmwerk

a) Vorbestehende Werke

Verfilmungsrecht

Urheber vorbestehender Werke erwerben, wie oben dargelegt, kein eigenes Urheberrecht am Filmwerk. Unbeschadet dessen sind sie Träger des Urheberrechtes an ihren Werken, was bedeutet, daß sie auch Inhaber der zu diesem Recht gehörenden Verwertungsrechte sind. Gemäß § 23 Satz 2 setzt bereits die Herstellung einer Bearbeitung eines Werkes zwecks Verfilmung desselben den Erwerb des entsprechenden Bearbeitungsrechtes voraus. Das in § 88 I Nr. 1 geregelte Verfilmungsrecht stellt daher ein besonderes Bearbeitungsrecht iSd § 23 dar. Zugunsten des Filmherstellers verdrängt die Vorschrift den § 37 I, wonach der Urheber bei Veröffentlichung und Verwertung einer Bearbeitung einzuwilligen hat.

Aus der als gesetzliche Auslegungsregel gestalteten Norm des § 88 I ergibt sich ein dreifaches Bearbeitungsrecht:

Zum einen räumt der Urheber eines vorbestehenden Werkes dem Filmhersteller das Recht ein, vor der eigentlichen Verfilmung eine Bearbeitung durchzuführen ("oder unter Bearbeitung" - § 88 I Nr. 1). Hierunter fällt zB der Fall des Schriftstellers, der seinen Roman nicht selbst in ein Drehbuch umschreiben will oder kann.

Zum zweiten erteilt der Urheber dem Filmhersteller das eigentliche Verfilmungsrecht im engeren Sinne, d.h. das Recht zur Benutzung des vorbestehenden Werkes zur Filmherstellung (§ 88 I Nr. 1).

Zum dritten gestattet das Verfilmungsrecht dem Filmhersteller das fertiggestellte Filmwerk zu übersetzen (etwa für den ausländischen Markt zu synchronisieren), sowie zu bearbeiten und diese Umgestaltungen dann auch zu verwerten (§ 88 I Nr. 5), wobei hierunter die traditionellen filmischen Bearbeitungen zu verstehen sind: Synchronisationen, Kurzfassungen, Änderung einzelner Szenen, Aufteilung in einen Zweiteiler etc.[13].

Der Urheber kann gemäß § 93 beim fertiggestellten Film nur gröbliche Werkentstellungen verhindern.

Die Rechtseinschränkungen des § 90 gelten indes für das Verfilmungsrecht nicht (§ 90 S. 1 verweist lediglich auf § 88 I Nr. 2 - 5 UrhG), so daß die Weiterübertragung des Verfilmungsrechtes an Dritte von der Zustimmung des Urhebers abhängig bleibt (§§ 34, 35 UrhG).

Unberührt bleiben auch die Rückrufsrechte des Urhebers aus den §§ 41,42 UrhG, aber nur hinsichtlich der Verfilmung selbst, also streng genommen bis zum Abschluß des Verfilmungsvorganges, d.h. bis Drehende. Die Regelung des § 90 S. 1 hat jedoch den Zweck, den Filmhersteller aufgrund seiner entstandenen, oftmals immensen, Kosten zu schützen. Ein Rückruf des Verfilmungsrechtes wegen gewandelter Überzeugung (§ 42) bis kurz vor Drehende kann dem aber keinesfalls Rechnung tragen. Ein Schutzbedürfnis des Filmherstellers wird daher allgemein von dem Zeitpunkt an vermutet, ab welchem seine Kosten dieses rechtfertigen, also spätestens vom Beginn der Dreharbeiten an[14].

Andere Nutzungsrechte

Da das verfilmte Werk kommerziell genutzt werden soll, muß sich der Filmhersteller neben dem Verfilmungsrecht auch noch die dafür notwendigen Auswertungsrechte vom Urheber übertragen lassen. Die Vermutungsregel des § 88 I Nr. 2 umschließt daher das Verfielfältigungs- und Verbreitungsrecht, soweit dieses für die Nutzungsarten, auf die sich die Rechtseinräumung erstreckt, vonnöten ist. Bei gestatteter Kinoauswertung ist der Filmhersteller zur Anfertigung von Filmkopien berechtigt, um die Vorführungen überhaupt möglich zu machen. Zur Herstellung von Kopien für Sendeanstalten ist er indes nicht berechtigt. Andersherum ist bei einer Verfilmung für das Fernsehen der Filmhersteller nicht zur Anfertigung von vorführbaren Kopien für Kinos berechtigt, sondern nur zur für die Fernsehausstrahlung notwendigen Anzahl von entsprechenden Kopien.

Die Zweifelsregeln in § 88 I Nr. 3 + 4 sind in diesem Zusammenhang nichts anderes als Ausprägungen des allgemeinen Zweckübertragungsgedankens, der in § 31 V seine gesetzliche Regelung gefunden hat. Hiernach bestimmt sich der Umfang der übertragenen Nutzungsrechte mangels ausdrücklicher Vereinbarungen immer am wirtschaftlichen Ziel und Zweck des zugrundeliegenden Vertrages. Bei einem Kinofilm verbleiben die Fernsehrechte dem Urheber (§ 88 I Nr. 3) und umgekehrt (§ 88 I Nr. 4). Im Zweifel werden dem Filmhersteller daher entweder nur das Vorführungsrecht nach § 19 IV oder nur das Senderecht nach § 20 eingeräumt.

Urheberpersönlichkeitsrechte

Nach Übertragung der Verfilmungs- und Nutzungsrechte werden die in §§ 12 - 14, 25 UrhG zum Ausdruck kommenden persönlichkeitsrechtlichen Befugnisse durch § 93 UrhG eingeschränkt. Die Vorschrift ist auf die Urheber verfilmter Werke (§ 88), auf Filmurheber (§ 89), Inhaber der Rechte aus den §§ 70 - 72, sowie auf die Inhaber verwandter Schutzrechte gleichermaßen anwendbar. Der von § 14 gewährte Integritätsschutz ist auf "gröbliche Entstellungen oder andere gröbliche Beeinträchtigungen" zugunsten des Filmherstellers beschränkt. Darunter sind zB zu verstehen: Kolorierungen von Schwarz-Weiß-Filmen, die exzessive Häufigkeit von Werbeeinblendungen[15] bei einem künstlerisch anspruchsvollen Film (welcher dadurch seinen filmischen Erzählrhythmus verliert), die Anpassung des Kino- an das Fernsehformat durch das sog. "panscanning-Verfahren" (wodurch ganze Bildteile verschwinden), sowie extreme Laufzeitveränderungen, die wiederum "Platz" schaffen sollen für noch mehr Werbeblöcke[16].

Nicht ganz zu Unrecht wird kritisiert[17], daß durch den § 93 der Filmhersteller zu Verzerrungen oder Verfälschungen des Werkes legitimiert wird, ohne daß dafür aufgrund der Regelung in § 88 I Nr. 5 eine gesetzliche Notwendigkeit besteht.

Zusätzlich zum Merkmal der Entstellung, welche die Eignung zur Interessengefährdung indiziert, bedarf es - wie in den §§ 14, 39 - auch für den § 93 einer zusätzlichen Interessenabwägung. Hierbei sind auch die finanziellen Risiken und Interessen des Filmherstellers zu berücksichtigen, ohne daß hierbei aber monetäre Gesichtspunkte jede Art von persönlichkeitsrechtlicher Schädigung absolutieren dürfen[18].

§ 93 ist dispositiv, was sowohl positive als auch negative Folgen für die Urheber haben kann. Einerseits kann der Urheber vertraglich gröbliche Einstellungen ausschließen, was ihm aber in der Rechtswirklichkeit aufgrund seiner schwächeren Verhandlungsposition selten gelingen dürfte. Im Gegenteil müssen sich die Urheber vielfach von den Filmherstellern die Einwilligung zu Werbeunterbrechungen abverlangen lassen, denn vertraglich kann das Urheberpersönlichkeitsrecht bis auf seinen Kern schuldrechtlich eingeschränkt werden[19]. Auch zu beachten ist der Auslegungsgrundsatz des § 39 II, wonach der Urheber sein Urheberpersönlichkeitsrecht nicht in der Weise ausüben darf, die geeignet ist, den Vertragszweck zu gefährden[20].

b) Rechte der Filmurheber

Durch die Schaffenstätigkeit der Miturheber beim Film entstehen ihnen originär die das Urheberrecht ausmachende Urheberpersönlichkeitsrechte der §§ 12- 14, 15, sowie die Verwertungsrechte der §§ 15 - 24 und das alles unter Berücksichtigung der besonderen Bestimmungen der §§ 88 - 93.

Nutzungsrechte

Sind Verträge über Werke, die zur Herstellung eines Filmes verwendet werden sollen, nach § 88 auszulegen, so sind Verträge über Leistungen schöpferisch Mitwirkender, welche im Filmwerk selbst ununterscheidbar aufgehen, nach § 89 auszulegen. Das stellt § 89 III auch noch einmal ausdrücklich klar.

Soweit keine anderen Vereinbarungen getroffen worden sind, erwirbt der Filmhersteller gemäß Abs. 1 von den Filmurhebern ein ausschließliches Nutzungsrecht für alle bekannten Nutzungsarten am Film, sowie an dessen Bearbeitungen und sonstigen Umgestaltungen. Aufgrund der dispositiven Regel des § 32 erwirbt der Hersteller die Nutzungsrechte im Zweifel zeitlich, örtlich und gegenständlich unbeschränkt[21].

§ 90 stärkt die Position des Filmherstellers gegenüber den Filmurhebern nochmals: er kann hiernach seine Auswertungsrechte ohne Zustimmung der Urheber weiterverfügen (Ausschluß der §§ 34, 35).

Rückrufsrechte wegen gewandelter Überzeugung (§ 42) oder Nichtausübung (§ 41), sowie das Nachforderungsrecht (§ 36) stehen den Filmurhebern nicht mehr zu.

Nach § 89 II erwirbt der Filmhersteller die Rechte selbst dann, wenn der Urheber sie bereits im voraus (zB einer Verwertungsgesellschaft oder einem Dritten) abgetreten hat. Damit erlangt der Filmhersteller durch den Umfang der Rechtseinräumung bezüglich der Filmurheber eine stärkere Stellung als gegenüber den Urhebern an vorbestehenden Werken (s.o.).

Unbenommen bleiben den Filmurhebern die gesetzlichen Vergütungsansprüche der §§ 27 I, 46 III, 47 II, 54 I.

Desweiteren bleibt es ihnen überlassen, Bearbeitungen und Verwertungen vorzunehmen, die nicht filmischer Natur sind (so zB wenn der Kameramann seine einzeln geschaffenen Lichtbildwerke zur Buchillustration verwendet)[22].

Urheberpersönlichkeitsrecht

Den Urhebern am Filmwerk verbleiben das Urheberpersönlichkeitsrecht (§§ 12 - 14, 25) mit der Einschränkung des § 93 zu § 14, wonach wiederum nur gröbliche Entstellungen verfolgt werden können, sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht (§ 823 BGB, Art. 1 III, 2 I GG). Bei der anzunehmenden Miturheberschaft von Regisseur, Kameramann und Cutter sind die verbleibenden Urheberpersönlichkeitsrechte nach dem Einstimmigkeitsprinzip auszuüben (§ 8 II S. 2). Den einzelnen Miturhebern werden jedoch im Rahmen ihrer Miturheberschaft am Filmwerk als Gesamtkunstwerk sui generis ideelle Bruchteile des Urheberpersönlichkeitsrechtes im Sinne von getrennt einklagbaren Ansprüchen zugestanden, soweit nur die Rechte einzelner Miturheber betroffen sind[23].

5. Leistungsschutzrechte der ausübenden Künstler

Urheber schaffen eigene Werke, ausübende Künstler interpretieren fremde. Beim Film sind dies vor allem die Schauspieler. Vom Leistungsschutzrecht der §§ 73 ff. umfaßt ist die persönliche Darbietung eines Werkes, sowie die Leistung der an einer solchen Darbietung künstlerisch Mitwirkenden. Abzugrenzen ist die Tätigkeit letzterer von handwerklichen, technischen und organisatorischen Tätigkeiten einerseits und der Schöpfung urheberschutzfähiger Werke andererseits.

Masken- und Kostümbildner, die an der persönlichen Darbietung nicht unmittelbar beteiligt sind, können bei entsprechender Werksqualität Urheberschutz genießen, aber keinen Leistungsschutz, da sie im wesentlichen den Weisungen des Regisseurs unterliegen, ihre Leistungen vor den Dreharbeiten schon bestehen und (nicht nur theoretisch) auch selbständig verwertbar sind.

Ebensowenig genießt Leistungsschutz, wer an der künstlerischen Gesamtgestaltung keinen mitbestimmenden Einfluß gewinnt. Souffleure, Statisten und Kulissenschieber sind daher ebenso nicht mitumfaßt wie der Beleuchter und der Tonmeister, solange sie keinen wesentlichen Einfluß auf die Gesamtwirkung ausüben (was beim Film für den Beleuchter durchaus gegeben sein kann).

Vielfach haben Mitwirkende beim Film eine Doppelfunktion: Sie können daher sowohl ausübende Künstler als auch Urheber am Filmwerk sein[24], entscheidend ist hier wieder die Lage des Einzelfalles. Entscheidend ist dabei jedoch, daß sich das für die Urheberschaft notwendige Werk von der Darbietung desselben trennen läßt. Das ist (theoretisch) auch möglich, wenn wie bei einem Vortrag eines Stegreifgedichtes Schöpfung und Vortrag zusammenfallen, nicht hingegen, wenn die schöpferische Leistung eines Regisseurs und seine Darbietung gleichzeitig erfolgen und dabei nicht mehr voneinander getrennt werden können[25]. Das Leistungsschutzrecht stellt gegenüber dem Urheberrecht ein gedankliches Minus dar. Künstlern fehlen bestimmte Rechte wie ein Anspruch auf Namensnennung (was im europäischen Vergleich durchaus nicht gängig und auch im übrigen nicht ganz einsichtig ist), das Rückrufsrecht (§§ 41, 42) oder das Veröffentlichungsrecht. Auch genießen sie nicht den Schutz des Urheberpersönlichkeitsrechtes, ihnen bleibt jedoch das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus § 823 BGB.

Die Sonderregeln der §§ 92, 93 schränken die Rechte der § 73 ff. darüber hinaus für den Bereich des Filmes stark ein. Der ausübende Künstler tritt nach der Auslegungsregel des § 92 I sein Aufnahmerecht (§ 75 I), sowie das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht (§ 75 II) und sein Senderecht (76 I) im Zweifel an den Filmhersteller ab. Der § 31 IV, der als urheberrechtliche Regelung für das Vertragsrecht der Künstler keine Anwendung findet, schließt eine Abtretungswirkung für unbekannte Nutzungsarten daher auch nicht aus. Der Vergütungsanspruch aus § 54 I bleibt den Künstlern über § 84 dagegen weiterhin bestehen. Wie in § 89 II für die Filmurheber geregelt, schützt § 92 II den Filmhersteller vor Vorausverfügungen des Künstlers.

Für den Bereich des Filmes wird der § 83, der den Schutz gegen Entstellungen der künstlerischen Leistung des Künstlers als gesondertes droit moral regelt, von § 93 verdrängt, der ihn auf gröbliche Entstellungen reduziert, aber dispositiv ist (s.o.).

6.Rechtsstellung des Filmproduzenten

Das Fehlen einer dem § 85 I S. 2 gleichlautenden Regelung, nach welcher Inhaber der Schutzrechte der Inhaber des Unternehmens ist, welches den Tonträger herstellt, wird aufgrund der Gleichartigkeit der Bestimmung zu § 94, welcher die Leistungsschutzrechte des Filmherstellers regelt, allgemein als Redaktionsversehen gewertet[26]. Filmhersteller ist der Unternehmer, der die erste Bildfolgenfixierung vornimmt. Das kann eine natürliche oder eine juristische Person sein. Entscheidend ist, wer die organisatorische und wirtschaftliche Leitung für den ersten Festlegungsvorgang inne hat[27]. Im Zweifel ist das der Unternehmer, der die notwendigen Verträge abschließt und die wirtschaftlichen Folgen zu verantworten hat.

Bei der ("echten") Auftragsproduktion ist der Auftragnehmer, der auf eigene Rechnung und in eigenem Namen produziert auch dann Hersteller des Film, wenn der Auftraggeber das finanzielle Risiko vertraglich übernimmt und auch eine weitestgehende Einflußnahme auf die Gestaltung vorbehält und diese dann auch ausübt[28]. Ist der Auftragnehmer hingegen den Weisungen des Auftraggebers unterlegen und schließt er im Namen und auf Rechnung des Auftraggebers Verträge ab und erwirbt er Rechte, so ist der Auftraggeber Hersteller, soweit er auch noch das finanzielle Risiko übernimmt (sog. "unechte Auftragsproduktion").

Bei der Koproduktion, dem Zusammenschluß mehrerer zum Zweck der Filmherstellung, entsteht eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes (§§ 705 ff. BGB) und die Herstellereigenschaft steht den Koproduzenten zur gesamten Hand zu. Übernimmt einer von ihnen die Federführung in dem Sinne, daß er für die Herstellung des fertigen Filmes alleine verantwortlich ist, dann ist nur er Hersteller.

Auch Sendeunternehmen können Hersteller sein, allerdings nur an von ihnen hergestellten (fixierten) Filmen, da Live-Sendungen nicht "aufgenommen" (§ 94 I S. 1) worden sind.

Der Wirkungsbereich der in § 94 für den Filmhersteller aufgestellten Leistungsschutzrechte umfaßt sowohl die Vervielfältigung und Verbreitung als auch die öffentliche Vorführung und Funksendung des Filmstreifens. Die vom Gesetz gewährten Rechte beziehen sich jedoch nur auf den Filmstreifen - das ist wörtlich zu verstehen und meint daher lediglich ein Schutzrecht bezüglich des Filmträgermaterials und nicht bezüglich des Filmwerkes als solches.

Der Schutzbereich, den § 94 für den Filmhersteller eröffnet, geht daher weiter als die von ihm erworbenen Nutzungsrechte am Film, welche ihm ja - soweit vertraglich nichts anderes geregelt ist - entweder nur das Vorführungsrecht oder nur das Senderecht am Filmwerk einräumen (s.o.). Das führt zu einer beabsichtigten Verzahnung der Rechte dergestalt, daß der Produzent eines Kinofilmes diesen Film wegen § 88 I Nr. 3 nicht im Fernsehen senden kann, eine solche Sendung durch die Inhaber der Urheber- und Leistungsschutzrechte aber verbieten kann, da hierfür eine Benutzung des Filmstreifens notwendig ist. Entsprechendes gilt für einen Fernsehfilm und seine Auswertung im Kino.

Der Filmhersteller ist also, um einen Film überhaupt auswerten zu können, auf die Einräumung der Nutzungsrechte seitens der Urheber- und Leistungsschutzberechtigten angewiesen; diese wiederum können den Film nicht selbst ohne Einwilligung des Produzenten auswerten.

Das dem Filmhersteller in § 94 I S. 2 zugesprochene Verbotsrecht hinsichtlich etwaiger Entstellungen und Kürzungen erinnert klanglich stark an die persönlichkeitsrechtlichen Formulierungen in den §§ 14, 83, 93. Ein Persönlichkeitsrecht selbst kann es jedoch nicht sein, da es entsprechend den Grundsätzen der §§ 31, 32 übertragbar ist und auch von einer juristischen Person wahrgenommen werden kann[29]. Es ist also ein dem Urheberpersönlichkeitsrecht nachgebildeter Schutz. Unter den in § 97 II zur Geltendmachung immaterieller Schäden aufgeführten Berechtigten taucht der Filmhersteller daher auch nicht auf. Der Maßstab des § 93 (nur "gröbliche Entstellungen") gilt für den Filmhersteller nicht. Er kann daher auch gegen "einfache" Entstellungen vorgehen, soweit diese seine berechtigten Interessen gefährden.

Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung stehen sich regelmäßig die wirtschaftlichen Interessen des Filmherstellers einerseits und wirtschaftlichen Interessen der Filmverwerter (Filmvertrieb, Kinos, Sendeunternehmen etc.) gegenüber.

[...]


[1] Dustin Hoffman als Filmproduzent Stanley Motts in Barry Levinsons Film "Wag the dog" - 1997.

[1] Angelehnt an die von Keil entworfene Skizze, S. 208.

[2] man vergegenwärtige sich an dieser Stelle nur einmal die Ausrichtung der Themen bei den privaten Rundfunkanstalten; zum TV-Bereich auch Monaco, S. 481 ff..

[3] Anglizismen sind beim Film leider auch sehr in Mode.

[4] Eigtl. juristisch irreführend, denn die fertigen Filme werden ja gegen Bezahlung angeboten, also vermietet und nicht (unentgeltlich) verliehen.

[5] alle Daten: Filmstatistisches Taschenbuch 1998, S. 60 ff.

[6] Fromm/Nordemann, Vor § 88, Rn. 3; Rehbinder, Rn. 144.

[7] Fromm/Nordemann, Vor § 88 Rn. 2; Rehbinder, Rn. 149

[8] Fromm/Nordemann, Vor § 88 Rn. 20, Rehbinder, Rn. 179; Schack, Rn. 299 m.w.N.

[9] Bohr, UFITA 78 (1977), S. 107 ff.; Lütje, S. 55; aA: v. Hartlieb, Kap. 62 Rn. 7.; Hertin, S. 66 ff..

[10] Schack, Rn. 300 m.w.N.; aA: Katzenberger, ZUM 1988, 549 ff.; Loewenheim, S. 137; Lütje, S. 73..

[11] Fromm/Nordemann, Vor § 88 Rn. 20.

[12] Reupert, S. 86.

[13] Fromm/Nordemann, § 88 Rn. 25; Lütje, S. 263; Manthey, S. 41.

[14] Fromm/Nordemann, § 90 Rn. 6; Lütje, S. 181 m.w.N.

[15] ausführlich dazu: Heidmeier, S. 135 ff. und rechtsvergleichend mit der italienischen Situation: Peifer, GRUR Int. 1995, 25 ff..

[16] Fromm/Nordemann, § 93 Rn. 6 m.w.N.

[17] Fromm/Nordemann/Hertin, § 93 Rn. 2

[18] zu weit daher die lesenswerte Entscheidung des OLG München GRUR 1986, 460, 464 - Die unendliche Geschichte

[19] Fromm/Nordemann, Vor § 12 Rn. 3ff..

[20] Schack, Rn. 351..

[21] Fromm/Nordemann/Hertin, § 89 Rn. 10

[22] Fromm/Nordemann, § 89 Rn. 14.

[23] Fromm/Nordemann, § 8 Rn. 13; im Ergebnis auch: Lütje, S. 116.

[24] Reupert, S. 86 f.

[25] BGHZ 90, 224

[26] Fromm/Nordemann, § 94 Rn. 4; Manthey, S. 50.

[27] Fromm/Nordemann, § 94 Rn. 4, Lütje, S. 173.

[28] Fromm/Nordemann, § 94 Rn. 5.

[29] Fromm/Nordemann, § 94 Rn. 14.

Fin de l'extrait de 59 pages

Résumé des informations

Titre
Die Rechtsstellung des Filmproduzenten in den Mitgliedsstaaten der EU
Université
Humboldt-University of Berlin
Cours
Seminar Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht
Note
13 Punkte
Auteur
Année
1999
Pages
59
N° de catalogue
V132898
ISBN (ebook)
9783640415427
ISBN (Livre)
9783640413454
Taille d'un fichier
985 KB
Langue
allemand
Annotations
58 Seiten.
Mots clés
Rechtsstellung, Filmproduzenten, Mitgliedsstaaten, Punkte
Citation du texte
André F. Nebe (Auteur), 1999, Die Rechtsstellung des Filmproduzenten in den Mitgliedsstaaten der EU, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/132898

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