Ein Abriss der Wortbildungsverfahren des Spanischen


Hausarbeit, 2008

37 Seiten, Note: 1.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Allgemeines zur Wortbildung
2.1. Das Morphem
2.2. Die Motiviertheit
2.3. Die Produktivität
2.4. Die Synchronie und Diachronie

3. Die Wortbildungsverfahren – ein Überblick

4. Die Derivation
4.1. Das gebundene und das freie Morphem
4.2. Die Wurzel und das Affix
4.3. Die Affixtypen
4.3.1. Das Flexions- und das Derivationsaffix
4.3.2. Das Präfix, Infix/Interfix und Suffix
4.4. Die Präfigierung
4.4.1. Allgemeines über die Präfigierung
4.4.2. Die Begriffe der Allomorphie, der Allophonie und Allographie
4.4.3. Eine Auswahl von Präfixen
4.5. Die Suffigierung
4.5.1. Allgemeines zur Suffigierung
4.5.2. Eine Auswahl von Suffixen
4.5.3. Das Nullmorphem
4.5.4. Die Evaluativsuffixe und die Evaluative Suffigierung
4.6. Die Parasynthese
4.6.1. Allgemeines zur Parasynthese
4.6.2. Eine Auswahl von parasynthetischen Bildungen
4.7.Analyse der Derivate in Fueron testigos Cuentos modernos

5. Die Komposition
5.1. Allgemeines zur Komposition
5.2. Eigentliche- und Syntagmatische Komposita
5.3. Endozentrische- und Exozentrische Komposita
5.4. Determinativ- und Kopulativkomposita
5.5.Analyse der Kompositionen in Fueron testigos Cuentos modernos

6. Die Konversion
6.1. Allgemeines zur Konversion
6.2. Substantivierung
6.2.1. Allgemeines zur Konversion zu Nomen
6.2.2. Verb(alform) (V) → Nomen (N)
6.2.3. Adjektiv (A) → Nomen (N)
6.2.4. Die Konversion anderer Wortarten
6.2.5. Satz(teil) → Nomen
6.3. Die Adjektivierung
6.3.1. Partizip (Part) → Adjektiv (A)
6.3.2. Nomen (N) → Adjektiv (A)
6.3.3. Adverb (Adv) → Adjektiv (A)
6.3.4. Syntagma → Adjektiv (A)
6.3.5. Interjektion (Interj) → Adjektiv (A)
6.4.Analyse der konvertierten Wörter in Fueron testigos Cuentos modernos

7. Schlusswort

8. Quellenangabe

Gebundene Quellen:

Internetquellen:

1. Einleitung

„Die sprachliche Bewältigung der sich ständig veränderten Umwelt des Menschen fordert einen ununterbrochenen Ausbau des Wortschatzes. Neue Dinge und Erscheinungen des täglichen Lebens müssen bezeichnet werden, neue Gedanken ihre sprachliche Fassung erhalten; neue Termini werden mit dem Fortschreiten der Wissenschaften nötig.“

(Fleischer, Wolfgang. 1982: Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache. Niemayer- Verlag: Tübingen.

In: Dietrisch, Wolf; Geckeler, Horst. 2004: Einführung in die spanische Sprachwissenschaft.

Erich Schmidt Verlag: Berlin.)

Die Sprecher einer Sprachgemeinschaft können auf solche Bezeichnungsmöglichkeiten in unterschiedlicher Weise reagieren, so zum einen durch die Veränderung der Bedeutung bereits in der jeweiligen Sprache existierender Wörter beispielsweise deren Bedeutungserweiterung. Dies trifft zum Beispiel für das spanische Wort pantalla zu; seine ursprüngliche Beziehung bestand zu dem Gegenstand des Schirms beispielsweise des Schutzes und erweiterte sich um die Bedeutungen von Leinwand oder auch Kino, sowie Bildschirm und Fernsehr. Eine weitere Möglichkeit bietet die Entlehnung von Bezeichnungen, sprich die Übernahme von sprachfremden Wörtern in den spracheigenen Wortschatz, die meistens gleichzeitig mit der Übernahme der Sache selbst einhergeht. Hier wären zum Beispiel das Wort und die Sache (blue)jeans aus der angloamerikanischen Sphäre der Mode zu nennen. Solche übernommenen oder entlehnten Begriffe nennt man in der Sprachwissenschaft Fremd- beispielsweise Lehnwort. Die dritte Möglichkeit der Wortschatzerweiterung stellt die Bildung neuer Wörter auf der Grundlage des in der betreffenden Sprache schon existierenden lexikalischen Materials und der dort bestehenden Wortbildungsverfahren dar.

Mit der zuletzt genannten Weise der Bereicherung des Vokabulars befinden wir uns im Bereich der Wortbildung, zu spanisch formación de palabras.

„Die sprachwissenschaftliche Disziplin, die sich mit der Wortbildung befaßt, bezeichnet man als Wortbildungslehre. Mit Marchand[1] definieren wir die Wortbildungslehre ‚als den Zweig der Sprachwissenschaft, der die Strukturmuster („patterns“) untersucht, nach denen in einer Sprache neue lexikalische Einheiten, d.h. Wörter, gebildet werden’.“

(Dietrisch, Wolf; Geckeler, Horst. 2004: Einführung in die spanische Sprachwissenschaft.

Erich Schmidt Verlag: Berlin. Seite 88.)

Im Folgenden soll durch einen Abriss der verschiedenen Wortbildungsverfahren ein Überblick über die Elemente der Sprache gegeben werden, mit denen man auf der Ebene der Wortstruktur verschiedene Zeichenkombinationen produzieren kann. Dieser Abriss setzt sich zum einen durch theoretische Erläuterungen und Definitionen der verschiedenen Verfahren zur Wortbildung und zum anderen durch eine Wortanalyse anhand der Seiten 44- 49 des Textes mit dem Titel Fueron testigos Cuentos modernos von Erna Brandenberger zusammen. Anhand der Analysen sollen die in der Theorie Schritt für Schritt geklärten Begriffe zu einer Anwendung finden. Bevor ich jedoch zu den einzelnen Wortbildungsverfahren komme, soll ein kurzer Überblick über die allgemeinen Grundlagen der Wortbildung gegeben werden.

2. Allgemeines zur Wortbildung

2.1. Das Morphem

Morpheme stellen die kleinsten sprachlichen Äußerungen schriftlicher Natur dar, die eine Bedeutung besitzen. Demnach erscheint das Wort als ein sprachliches Phänomen von linear aneinander gereihter Morpheme. Dabei ist die Zahl verschiedener Morpheme einer Sprache und die Regeln dessen Zusammensetzung begrenzt. Dennoch kann man mit ihnen zahllos unterschiedliche komplexe Zeichen, Worte aufbauen. Um die verschiedenen Morpheme und die Regeln ihrer Zusammensetzung zu Worten erfassen zu können, begann man sie zu analysieren. Hierbei werden die Worte schrittweise in ihre niederen Einheiten zerlegt.

„Ziel dieser morphematischen Segmentierung ist es 1) die formale und inhaltliche Identifizierung der Wortbildungselemente und ihren Zusammenschluß zu Klassen, 2) die Darstellung der Beziehungen zwischen diesen Klassen, die Aufdeckung von hierarchischen Strukturen und semantischen Beziehungen zu bewerkstelligen.“

(Thiele, Johannes.1996: Wortbildung der spanischen Gegenwartssprache.

Langenscheidt: Leipzig, Berlin, München.)

Eine solche Zerlegung erläutert Thiele anhand des Wortes sobrecargar. Es lässt sich in drei Morpheme zerlegen, sobre – carg – ar. An dieser Stelle lässt sich eine erste Analyse dieser drei Morpheme vornehmen. – ar lässt sich zu der Morphemklasse des Flexionsmorphems zuordnen, wobei die anderen beiden als Basismorphem oder auch Wurzel bezeichnet werden. Es gibt auch noch eine dritte Art von Morphemen, das Wortbildungs- beispielsweise Formationsmorphem, auch Derivations- oder Ableitungsmorphem genannt. Ersteres und letzteres werden als grammatische Morpheme bezeichnet, wobei ersteres nicht als Element der Wortbildung, zählt wohingegen die anderen beiden Morphemarten als Wortbildungsmorpheme anerkannt sind. Dies soll an drei Beispielen verdeutlicht werden:

niños {-(o)s} sind Flexionsmorpheme

Basismorpheme in sordomudo sind {sordo} und {mudo}

Formationsmorpheme sind Affixe wie das Suffix {-ado} in soleado

Wenn ein Wort aus genau einem Basismorphem, auch Wurzel genannt, besteht und keine anderen wortbildenden Morpheme wie weitere Basismorpheme oder Affixe hinzutreten, also keine Wortbildung vollzogen wird, dann nennt man das grammatische Wort Simplex. Da bei diesem keine Wortbildung geschieht ist es auch kein Wortbildungsprodukt. Spak- Dolt führt zu dem Begriff des Simplex zwei Beispiele an:

alt – o – s (Stamm/ Wurzel: alt-, Flexionsendung –o – s)

cant –á – ba – mos (erweiterter Stamm: cantá – , nichterweiterter Stamm/ Wurzel: cant –

Flexionsendung: – ba – mos)

Im vorliegenden Text Fueron testigos Cuentos modernos sind folgende Simplizia zu verzeichnen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Auflistung der im Text vorkommenden Simplizia ist jedoch nicht immer ganz einfach. So treten nicht selten bei der Analyse eines Wortes als Simplex Probleme auf:

Die im Text erscheinenden Wörter Sidi el Hayachi, Gravela, Óran, O.S.A., Djelfa, F.L.N, harkas,Cafarelli, Pardiñas, fellagas sind eigenständige Wörter und somit kann man sie zu den Simplizia zählen, genau spricht man hier von Eigennamen.

Die Parizipien von einigen Verben, die im Text auftauchen stellen Simplizia dar, da sie keine Wortbildungsmorpheme in dem Sinne enthalten, sondern Flexionsmorpheme. Man kann die Partizipien II in vielen Fällen aber auch als Adjektive ansehen. Dann sind sie deverbale Ableitungen[2]. Suffixe hierfür wären zum einen –ado (für die Verben der ersten Konjugationsklasse), zum anderen –ido (bildet Adjektive der Konjugationsklassen II und III). In der Literatur teilen sich die Meinungen über den Status von Partizipien als Adjektive.

Als reine Komposita[3], deren Konstituenten unterschiedliche Wortarten verkörpern können, kann man folgende Worte ansehen: ahora, además, aunque, porque. Dabei sind stärker- beispielsweise vollmotiviert sind aquí, también und tamboco. Ob man diese Worte als Simplizia oder Komposita zu bezeichnen hat, ist nicht sicher.

Weiter müssen nach meiner Meinung nach Hilfsverben wie haber und ir in he /has/ha/hemos/habéis/ han trabajado oder voy/vas/va/vamos/vais/van a hacer/ contar als Simplex bezeichnet werden. Zu diesem Thema wird sich in diverser Literatur jedoch nicht geäußert.

Weiter ist unklar wie man mit den Worten del und al umzugehen hat. del setzt sich aus de und el zusammen, die zu einem Gebilde zusammengezogen werden. In gleicher Weise verhält es sich mit a und el, welche zu al zusammengezogen werden.

Einzelne Simplizia wie zum Beispiel ventura, sol und de bilden zusammen Komposita. Ich habe die einzeln betrachtbaren Teile solcher Komposita nicht in der Liste der Simplizia aufgeführt. Bei der Behandlung von Komposita, werde ich sie als Komponenten von Komposita ansehen.

Die Morpheme, die zur Wortbildung herangezogen werden, pflegen unterschiedlich oft in den Lexemen einer Sprache vorzukommen, ihr Gebrauch durch den Sprecher ist folglich nach den Häufigkeitsgraden abgestuft. Bei der Untersuchung des mehr oder weiniger häufigen Auftretens eines Elements bedient sich die Sprachwissenschaft des Begriffes der Motiviertheit.

2.2. Die Motiviertheit

Unter der Motivation in morphosemantischer Hinsicht wird die mehr oder auch weniger vollständige Erschließbarkeit der Bedeutung einer Wortbildung aus der Bedeutung ihrer einzelnen Bestandteile verstanden. Nikolaus Schpak- Dolt schreibt dazu:

„Häufig ergibt sich die Gesamtbedeutung eines Wortes aus der Bedeutung seiner Bestandteile. So heißt consonar ‚zusammenklingen’ und convellar u.a. ‚mit sich bringen, tragen helfen’, wie es von den Komponenten her zu erwarten ist. In solchen Fällen sagt man, die Bildung sei motiviert oder semantisch transparent.“

(Schpak- Dolt, Nikolaus. 1999: Einführung in die Morphologie des Spanischen.

In der Reihe: Romanistische Arbeitshefte, Heft 44. Max Niemeyer Verlag: Tübingen.)

Im Allgemeinen ist jedoch zu sagen, dass die Produkte von Wortbildungsverfahren als Benennungseinheiten zu einer ganzheitlichen Semantik tendieren, die sich nicht mehr an den jeweiligen Bedeutungen ihrer einzelnen Bestandteile ablesen lässt. Diesen Prozess nennt man in der Fachsprache Demotivation oder auch Idiomatisierung. Schpak- Dolt äußert sich zu diesem Thema wiefolgt:

„Im Laufe der Zeit kann die semantische Beziehung verdunkelt werden oder ganz verschwinden; z.B. ist zwischen den Bedeutungen von contender (‚kämpfen, streiten’) und tender (‚ausbreiten, spannen’) kein Zusammenhang mehr zu sehen […]. Wörter wie contender bezeichnet man als demotiviert.“

(Schpak- Dolt, Nikolaus. 1999: Einführung in die Morphologie des Spanischen.

In der Reihe: Romanistische Arbeitshefte, Heft 44. Max Niemeyer Verlag: Tübingen.)

Und Wolfgang Fleischer erläutert:

„ Der Ausdruck Demotivation […] erfaßt den Sachverhalt, daß die konstruktionsinterne semantische Beziehung der beiden [unmittelbaren Konstituenten] hinter ihrer Funktion als – ganzheitliches- Etikett für eine Klasse von Gegenständen zurücktritt […].“

(Fleischer, Wofgang. 1995: Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache. Max Niemeyer Verlag: Tübingen.)

Hierbei ist wichtig hervorzuheben, dass sich der Prozess der Demotivierung nicht bei jedem Wort gleich verhält, sondern dass der Übergang zwischen motiviert und demotiviert fließend ist. So ist eine semantisch transparente Beziehung zwischen jardincillo und jardín gegeben, während jene zwischen palillo und palo nur eingeschränkt und zwischen bombilla und bomba kaum bzw. gar nicht transparent ist. Solche Abstufungen, man nennt sie auch die Stufen vollmotiviert, teilmotiviert, nicht- oder demotiviert.

Im Zusammenhang mit dem Prozess der Demotivation ist gleichsam auch der Prozess der Speicherung zu nennen. Nach dem gerade aufgeführten Autor erfasst dieser Ausdruck dabei den Sachverhalt:

„[…]daß die bereffenden Wortbildungsprodukte zu kollektivem bzw. gesellschaftlichem ‚Sprachbesitz’ geworden und als reproduzierbare lexikalische Einheiten intersubjektiv verwendbar sind.“

(Fleischer, Wofgang. 1995: Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache. Max Niemeyer Verlag: Tübingen.)

Treten beide Prozesse gemeinsam auf kommt es zur Lexikalisierung.

Diejenige Bedeutung, die ein Analytiker eines Wortes anhand seiner einzelnen semantischen Komponenten annimmt, nennt man Wortbildungsbedeutung, die Bedeutung die das Wort dagegen tatsächlich innehat, Wortschatzbedeutung. Je weiter diese beiden Bedeutungen auseinanderklaffen, desto höher ist der Grad der Lexikalisierung; dabei stellt der höchste Grad die Demotivierung dar.

Aber nicht nur der Begriff der Motiviertheit ist vor dem Hintergrund der Wortbildungsthematik zu nennen. Im Zusammenhang mit dem Begriff der Wortbildung ist an dieser Stelle auch der Begriff der Produktivitä zu beleuchten.

2.3. Die Produktivität

Wenn zu einer bestimmten Zeitspanne viele neue Wörter nach einem speziellen Muster gebildet werden, so bezeichnet man das jeweilige Wortbildungsmuster als produktiv. Zur Zeit sind Ableitungen mit –a-ción oder auch –ist-a sehr produktiv, während eine Wortbildung mit –zón nicht mehr produktiv ist, was nicht gleich bedeutet, dass die Bildung mit –zón demotiviert ist, da eine vollkommende Durchschaubarkeit von trabazón mit trabar vorliegt, es werden jedoch nicht viele neue Wörter nach diesem Wortbildungsmuster gebildet.

Bevor ich nun die verschiedenen Arten der Wortbildungsverfahren näher erläutern werde, möchte ich auf die Termini Synchronie und Diachronie eingehen, die bei der Betrachtung von Wortbildungsprodukten und ihrer Analyse eine wichtige Rolle spielen.

2.4. Die Synchronie und Diachronie

„In de Saussures Vorstellung war die Synchronie die Betrachtungssache der Gleichzeitigkeit, d.h. der in einem Sprachsystem gleichzeitig existierenden und funktionierenden sprachlichen Erscheinungen, während die Diachronie die Betrachtung des chronologischen Aufeinanderprallens sprachlicher Phänomene war, also den Sprachwandel in den Blick nahm. […] Wichtig war und ist, daß der die Sprache untersuchende Linguist beide Betrachtungsebenen nicht willkürlich miteinander vermengt, also z.B. ein span. Adjektiv wie paternal nicht als eine heute mögliche, d.h. synchrone Ableitung zu padre auffaßt, da ja hierfür im Span. gar keine formale Ableitungsregel existiert, sondern daß er erkennt, daß es sich hier um eine Ableitung im Lateinischen handelt, also um ein diachrones, nicht im heutigen Sprachsystem nach einem lebendigen Verfahren erfolgte Ableitung; sie wurde ins Spanische als fertiges Produkt übernommen, entspricht dort aber keinem materiellen Wortbildungsverfahren.“

(Dietrisch, Wolf; Geckeler, Horst. 2004: Einführung in die spanische Sprachwissenschaft.

Erich Schmidt Verlag: Berlin. Seite 88.)

Hier ist zu sagen, dass sich all meine folgenden Äußerungen zur spanischen Wortbildung an der heutigen Gegenwartssprache orientieren und folglich nur derzeit gültige Wortbildungsverfahren aufgezeigt werden sollen.

3. Die Wortbildungsverfahren – ein Überblick

Man unterscheidet zwischen folgenden Wortbildungsverfahren:

A Derivation

1. Suffigierung
2. Präfigierung
3. Infigierung/ Interfiegierung
4. Zirkumfigierung/ Parasynthese

B Komposition

C Konversion

Neben dieser Einteilung existieren noch weitere übliche. Manche Linguisten ordnen so zum Beispiel die Präfigierung unter dem Verfahren der Komposition ein und weiter kann man die Konversion auch als eigenes Verfahren oder als Nullsuffigierung ansehen. Bei zweiterem währe sie unter dem Punkt A einzuordnen. Im Folgenden soll zunächst dem Wortbildungsverfahren der Derivation besondere Beachtung geschenkt werden.

4. Die Derivation

Das Resultat beispielsweise das Wortbildungsprodukt der Derivation bezeichnet man als Derivat. Bei der Einordnung eines Wortes als Derivat kommt es auf den letzten Schritt einer Wortbildung an. Wird im letzten Schritt dem Stamm des Wortes ein Affix angefügt, liegt eine Derivation als Prozess der Wortbildung und ein Derivat als Produkt eben dieses Prozesses vor. Schpak- Dolt definiert den Begriff des Derivates wiefolgt:

„Ein Wort ist ein Derivat, wenn es so zerlegt werden kann, daß mindestens eine der unmittelbaren Konstituenten des Stammes ein Derivationsaffix ist […]“

(Schpak- Dolt, Nikolaus. 1999: Einführung in die Morphologie des Spanischen.

In der Reihe: Romanistische Arbeitshefte, Heft 44. Max Niemeyer Verlag: Tübingen.)

Unter dem Begriff Affix sind das Präfix, das Suffix sowie das Infix oder auch Interfix (das Interfix besitzt gegenüber dem Infix keine Bedeutung) zusammengefasst. Sie sind jene Morpheme, die die Präfigierung, die Suffigierung und die Infigierung/Interfigierung ausmachen. All diese Affixe sind gebunden oder auch unfrei. Demgegenüber existieren in der Wortbildung auch freie Morpheme, die jedoch nicht als Derivationsaffix auftreten.

4.1. Das gebundene und das freie Morphem

Ausschlaggebend für die Einteilung der Morpheme in gebundene oder freie ist ihr mögliches Auftreten als eigenes Wort im Satz. Unter gebundenen Morphemen versteht man folglich Endungen in Ableitungen, Flexionsendungen sowie unselbstständig vorkommende lexikalische Morpheme, die nicht als eigenständiges und abgeschlossenes Wort im Satz erscheinen können. Darunter zählt man auch oft Verbstämme, da sie immer im Zusammenhang mit einer Flexionsendung auftreten, also nicht alleine ein Wort darstellen, sondern mindestens ein weiteres freies oder gebundenes Morphem zur Wortbildung heranziehen. Dies gilt für alle gebundenen Morpheme. Dagegen stellen freie Morpheme ohne weitere Morpheme ein Wort dar.

volcán - ic - o (frei - gebunden - gebunden)

atóm - ic - o (gebunden - gebunden - gebunden)

Affixe treten immer zusammen mit einer Basis oder auch Wurzel beispielsweise Stamm auf.

4.2. Die Wurzel und das Affix

Schpak- Dolt führt Unterscheidungsmerkmale an, mit Hilfe dessen man die Wurzel und das Affix eines grammatischen Wortes erkennen kann:

„ 1. Eine Wurzel ist das unzerlegbare Kernstück eines Worts. An dieses Kernstück können Affixe

angefügt sein: perr-o, fertil-iz-a-r, pre-guerr-a, re-des-cuent-o. Ein Wort kann aber auch mit

einer Wurzel identisch sein: fértil, complot, orden, sin, para, él.

2. Ein Wort kann mehrere Wurzeln enthalten: sac-a-corch-o-s, hierb-a-buen-a. Es muß

mindestens eine Wurzel enthalten.

3. Es gibt Wurzeln, die frei, und solche, die gebunden sind […]. Frei ist die Wurzel in fértil, pez,

titán-ic-o, gebunden in perr-o, guerr-a, trabaj-a-r. Affixe sind immer gebunden: re-, des-, -a-, -r,

-ción, -idad, -o .

4. Es gibt Wurzeln, die lexikalisch, und solche, die grammatisch sind […].[Lexikalische

Morpheme sind Elemente, die eine eigene Bedeutung haben und Gegenstände, Ereignisse, oder

auch Eigenschaften bezeichnen, wohingegen die grammatischen Morpheme jene Elemente der

Sprache sind, die Beziehungen ausdrücken. Beispiele für grammatische Morpheme sind el, la

(Artikel), tú, él (Pronomina), y, o, que (Konjunktionen), por, con, sin (Präpositionen), - mos, -n

(Flexionsaffixe), -dor, -ción (Derivationsaffixe). Die grammatischen Morpheme stellen also die

traditionellen Funktionswörter und die Affixe dar.] Lexikalisch ist die Wurzel in pez, amor-os-o,

fértil, grammatisch ist sie in est-a, aquell-a, con, para. Affixe sind immer grammatisch.

5. Es gibt Wurzeln, die reihenbildend sind [Ein Morphem ist reihenbildend, wenn es in einer

großen Anzahl von Wörtern (in gleicher Funktion) auftritt], und solche, die es nicht sind.

Beispiel für eine reihenbildene Wurzel ist cant-: cant-o, cant-as, cant-a usw. Nicht reihenbildend

ist z.B. grif- oder avión. Affixe sind in aller Regel reihenbildend: cant-o, habl-o, trabaj-o, tom-o,

cuent-o usw. ; re-armar, re- cargar, re-hacer, re-integrar, re-pintar, re-quemar usw. ”

(Schpak- Dolt, Nikolaus. 1999: Einführung in die Morphologie des Spanischen.

In der Reihe: Romanistische Arbeitshefte, Heft 44. Max Niemeyer Verlag: Tübingen.)

Zusammengefasst ist ein Affix ein gebundenes, grammatisches und reihenbildendes Morphem. Eine Wurzel ist ein Morphem, was kein Affix ist und demzufolge wenigstens eines der drei Kriterien nicht erfüllt. Avión zum Beispiel ist nicht gebunden, nicht grammatisch und auch nicht reihenbildend und somit eine Wurzel. Da grif- zwar gebunden, aber nicht grammatisch und auch nicht reihenbildend ist, stellt es auch eine Wurzel dar. Demgegenüber ist cant- eine Wurzel, weil es zwar gebunden und reihenbildend ist, nicht aber grammatisch.

Im Folgenden möchte ich mich näher mit den Affixen auseinandersetzen.

[...]


[1] Marchand, Hans. 1969: The Categories and Types of Present-Day English Word-Formation. A Synchronic-Diachronic Approach. 2nd ed. Beck: München.

[2] Zum Wortbildungsprozess der Ableitung (Derivation) siehe Seite 6

[3] zur Komposition siehe Seite 26

Ende der Leseprobe aus 37 Seiten

Details

Titel
Ein Abriss der Wortbildungsverfahren des Spanischen
Hochschule
Universität Leipzig  (Romanistik)
Veranstaltung
Wortbildung des Spanischen
Note
1.0
Autor
Jahr
2008
Seiten
37
Katalognummer
V133059
ISBN (eBook)
9783640396016
ISBN (Buch)
9783640396375
Dateigröße
705 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wortbildung, Hispanistik, Spanisch, Romanistik, Derivation, Komposition, Sprachwissenschaft
Arbeit zitieren
Tina Hofmann (Autor:in), 2008, Ein Abriss der Wortbildungsverfahren des Spanischen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/133059

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