Zusammenhänge zwischen dem Arbeitsklima und Burnout in der Pflege

Eine qualitative Untersuchung in der Akutgeriatrie


Bachelor Thesis, 2009

122 Pages, Grade: 2,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Danksagung

Vorwort

1 Einleitung

2 Problemaufriss
2.1 Gesellschaftliche und berufliche Relevanz
2.2 Begründung des Forschungsanliegens und aktueller Forschungsstand
2.3 Frage- und Zielstellung
2.4 Vorgehensweise und Methodenauswahl

3 Theoretischer Teil
3.1 Literaturrecherche
3.2 Erläuterung relevanter Begriffe
3.3 Das Burnout-Syndrom
3.3.1 Herkunft und Begrifflichkeit
3.3.2 Versuch einer Definition
3.4 Abgrenzungsversuch zur Stresstheorie
3.5 Darstellung von Burnout-Konzepten mit Bezug zur Forschungsfrage
3.5.1 Das Konzept von Freudenberger
3.5.2 Das Konzept von Burisch
3.5.3 Das Konzept von Pines, Aronson und Kafry
3.5.4 Das Konzept von Maslach und Jackson
3.6 Erkenntnisse zum Einfluss des Arbeitsklimas anhand von Studien
3.7 Zusammenfassung der Ergebnisse des theoretischen Teils

4 Empirischer Teil
4.1 Methodisches Vorgehen bei der empirischen Datenerhebung
4.2 Interviewauswertung I: Darstellung der Kategorien und Interpretation
4.3 Interviewauswertung II: Ergebnisse bezüglich Burnout-Dimensionen
4.4 Zusammenfassung der Ergebnisse des empirischen Teils

5 Schlussteil
5.1 Diskussion mit Verzahnung von Theorie und Empirie
5.2 Kritische Reflexion der Forschungsarbeit
5.3 Schlussfolgerung und Ausblick
5.4 Zusammenfassung

6 Thesen

7 Quellenverzeichnis
7.1 Literaturquellen
7.2 Internetquellen

8 Anhang
8.1 Interviewleitfaden
8.2 Transkript: Interview 1 mit Frau A. vom 17.03.2009
8.3 Transkript: Interview 2 mit Herr B. vom 24.03.2009
8.4 Transkript: Interview 3 mit Herr C. vom 24.03.2009
8.5 Transkript: Interview 4 mit Frau D. vom 30.03.3009

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildung 1 - Beispielhafte Quellen sozialer Unterstützung

Abbildung 2 - Schematische Darstellung der Stresstheorie

Tabelle 1 - Darstellung der Erklärungsansätze und bezugnehmende Konzepte

Tabelle 2 - Auflistung der gebildeten Kategorien und Subkategorien

Danksagung

Das Autorenteam möchte hiermit den Personen danken, die an unseren Interviews teilgenommen und somit einen entscheidenden Teil zu dieser Arbeit beigetragen haben. Wir wünschen diesen Personen und allen anderen, die sich in diesem Prozess befinden, Mut zur Veränderung, sowie Kraft und Energie mit den Gegebenheiten im Gesundheitswesen dennoch ihren Weg zu gehen und weiterhin Menschen, die unsere Hilfe brauchen, beizustehen.

Ein besonderer Dank geht an die zahlreiche Unterstützung unserer Betreuer und vor allem den Rückhalt unserer lieben Familien und Freunde, die uns mit Rat und Tat beigestanden haben und uns besonders in schwierigen Momenten Hoffnung machten.

Vorwort

Burnout – ein kleines Wort mit großem Ausmaß, nicht nur für jeden Einzelnen, sondern besonders für die Gesellschaft. Seit der Industrialisierung scheint das empfundene „Ausbrennen“ sich auf den Weg gemacht zu haben, die Zukunft der heutigen Risikogesellschaft zu erobern. Nahezu jeder hat bereits von Burnout gehört, die meisten werden sich selbst – zumindest gelegentlich – schon einmal „ausgebrannt“ gefühlt haben. Zudem scheint der Begriff nicht nur im sozialen Bereich, wie beispielsweise bei Gesundheits- und KrankenpflegerInnen1 oder LehrerInnen Fuß gefasst zu haben, Burnout ist durchaus auch ein oft verwendeter Begriff in anderen Berufsgruppen, wie dem Management, bei SekretärInnen als auch FlugbegleiterInnen. Die Gemeinsamkeiten dieser Berufsgruppen liegen im Kontakt zu Kunden oder Klienten, verbunden mit der Erwartung an emotionales Engagement und Zuwendung. Da der Aspekt der Beziehungsqualität zwischen KundIn/KlientIn und der Bezugsperson in helfenden Berufen eine zentrale Rolle spielt, wird die Burnout-Problematik hier für besonders gravierend eingeschätzt. In Anbetracht des pflegerischen Hintergrunds der Autoren, beziehen sich diese im folgenden Verlauf ausschließlich auf die Burnout-Problematik in der Gesundheits-und Krankenpflege. Die Autoren wollen mit dieser Arbeit tieferen Einblick in das weite Feld des Burnout gewinnen und sich zudem an KollegInnenen wenden, die wie sie am Anfang ihrer Berufslaufbahn stehen und ihre Chance nutzen wollen, lange Jahre in ihrem Beruf zu verbleiben. Vor dem Hintergrund, dass sich die gesundheitspolitische Lage weiter zuspitzen und aus finanziellen Gründen die Personalausstattung nicht grundsätzlich verändern wird2, soll die vorliegende Bachelorarbeit die LeserInnen sensibilisieren ihr Arbeitsumfeld besser wahrzunehmen und mit bewusstem Handeln bzw. Verhalten den täglichen Anforderungen zu begegnen.

Ein Mensch sagt – und ist stolz darauf – Er geht in seinen Pflichten auf. Bald aber, nicht mehr ganz so munter, geht er in seinen Pflichten unter.3

1 Einleitung

Als größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen haben Gesundheits- und KrankenpflegerInnen grundlegend zum Ziel, Menschen in Krisensituationen zu begleiten, Gesundheit zu fördern und Krankheit abzuwenden bzw. Unterstützung zu bieten diese zu bewältigen. Wie kaum ein anderer Dienstleistungsberuf übernimmt das Pflegepersonal täglich Aufgaben, die sowohl psychisch als auch physisch einen sehr engen Kontakt zu den PatientInnen erfordern. Besonders im Fachbereich der Akutgeriatrie verdichteten sich Belastungen unterschiedlichster Art. Das Arbeitsaufkommen vermehrte sich hier in den letzten Jahren kontinuierlich, da auf diesen Stationen die im DRG - System4 weniger gut vergüteten, aber pflegerisch oftmals sehr aufwendigen, multimorbid erkrankten Patienten gepflegt werden. Diese hohen Belastungen denen das Pflegepersonal hier ausgesetzt ist, können sich direkt auf die Pflegequalität, sowie auf die eigene Gesundheit und Widerstandsressourcen auswirken und bei Pflegekräften zu einem verstärkten Risiko des Ausbrennens, dem sogenannten Burnout, führen. Schätzungsweise 20-30 Prozent aller Arbeitnehmer, davon ca. 10 Prozent aller Berufstätigen, die eine Arbeit mit oder am Menschen ausführen, sind betroffen, wobei eine steigende Prävalenz zu verzeichnen ist.5 Dieser Aspekt führt wiederum zu einem erhöhten monetären Aufwand im kurativen Bereich des Gesundheitswesens. Um einem Ausbrennen entgegenzuwirken, ist es wichtig persönliche Schutzfaktoren näher zu beleuchten. In dieser Arbeit wird aus diesem Grund Bezug zu dem Schutzfaktor soziale Unterstützung genommen und dabei die Größe Arbeitsklima im pflegerischen Team genauer betrachtet. An dieser Stelle muss jedoch betont werden, dass in den folgenden Kapiteln freilich versucht wird, einen groben Überblick über die unglaublich breitgefächerte Thematik zu geben, jedoch aufgrund der Zeit und des beschränkten Umfangs der Arbeit nur ein sehr geringer Teil des Phänomens Burnout näher beleuchtet werden kann. Mit den Ergebnissen dieser Arbeit soll darauf aufmerksam gemacht werden, wie die sozialen Gefüge eines Teams, vor allem für das untersuchte stationäre Setting im akutgeriatrischen Bereich, auf das Befinden einzelner Teammitglieder wirken und welche Faktoren auf das Kontinuum des Arbeitsklimas Einfluss nehmen.

2 Problemaufriss

2.1 Gesellschaftliche und berufliche Relevanz

Die psychischen und physischen Anforderungen der Pflegekräfte aufgrund schwerer körperlicher Arbeit sowie des alltäglichen Eingriffs in die Intimsphäre von PatientInnen sind enorm. Zusätzlich haben sie eine hohe Verantwortung, müssen Entscheidungen treffen und stets eine empathische Haltung gegenüber ihren Klienten bewahren. Grenzüberschreitungen sind in diesem helfenden Beruf an der Tagesordnung. Die genannten Arbeitsbedingungen, welche hohe emotionale Belastungen bergen, stellen zugleich Risikofaktoren dar, welche ein Ausbrennen begünstigen.6 Neben psychosozialen Belastungen spielen zudem auch immer mehr gesundheitspolitische Veränderungen eine große Rolle. Steigende Fallzahlen und sinkende Liegezeiten führen zu einem erhöhten Patientendurchlauf7. Die medizinische und vor allem pflegerische Betreuung untersteht aufgrund von Sparmaßnahmen im Gesundheitssektor höchster Beanspruchung. Hinzu kommen die Personalknappheit, um die Krankenhausbetriebskosten zu senken, sowie hoher zeitlicher und wirtschaftlicher Druck, der auf die Beschäftigten wirkt. Des Weiteren wird im Zuge des demographischen Wandels, der die Veränderung der Zusammensetzung der Altersstruktur der Gesellschaft charakterisiert, unsere Gesellschaft immer älter. Neue medizinische Erkenntnisse sowie günstige Umweltbedingungen erhöhen die Lebenserwartungen und sinkende Geburtenraten führen zu längeren Belastungen der arbeitnehmenden Bevölkerung. Daraus resultieren wiederum zunehmend chronische Erkrankungen in der Industriegesellschaft, die im Alter häufig eine Multimorbidität - das heißt ein gleichzeitiges Bestehen mehrerer Erkrankungen - nach sich ziehen.8 Die Anzahl der pflegebedürftigen Menschen in unserer Gesellschaft nimmt somit kontinuierlich zu9 und die KrankenhauspatientInnen werden immer kränker, da leichtere Erkrankungen zu Hause oder ambulant versorgt werden.10 Dadurch erhöhen sich die Arbeits- sowie körperliche und psychische Belastungen der Pflegenden. Auch „Braun/Müller stellten fest, dass Krankenschwestern in der Gegenüberstellung mit ähnlichen Berufen eine besonders arbeitsbelastete Arbeitnehmergruppe sind“.11 Besonders im Fachbereich der Akutgeriatrie verdichtete sich das Arbeitsaufkommen in den letzten Jahren deutlich.

Killmer formulierte dazu:

„Obwohl die Arbeitsbedingungen in der Krankenpflege schon immer gesundheitsschädlich waren, steigen, u.a. wegen der angeführten Bedingungen, die Anforderungen an die individuelle Belastbarkeit des Pflegepersonals kontinuierlich an und wirken sich als Dauerbelastung aus.“12

Ein weiterer nicht zu vernachlässigender Aspekt ist auch die Gefahr der en Diskrepanz zwischen helfen wollen und helfen können. Die oben beschriebenen Sparmaß nahmen und Kürzungen beschneiden das eigenverantwortliche Arbeiten und begrenzen die Entscheidungsmöglichkeiten sowie das Bewusstsein der Fürsorge für den Patienten. Eine mögliche Folge daraus wäre zum Beispiel, dass eine ehemals menschliche und fachlich engagierte Pflegekraft, sich aufgrund der in der Arbeit erfahrenen Belastungen immer mehr von dieser zurückzieht. Symptome wie das Gefühl nichts ausrichten zu können, Zynismus Klienten gegenüber, vermindertes Engagement, Arbeitsunlust bis hin zum sozialen Rückzug und Erkrankung kennzeichnen unter anderem den Zustand des heutzutage häufig verwendeten Begriffs des „Ausbrennens“, auf den in Kapitel 3 näher eingegangen wird. Durch den angespannten Arbeitsmarkt wird im deutschen Gesundheitswesen dieser Problematik, der die Pflege so viel Engagement kostet, jedoch nicht einmal mit einem monetären Ausgleich entgegnet. Die Unternehmensberatung Mc Kinsey hat auf Grundlage der Datenbank OECD Health Data13 erst kürzlich eine Studie veröffentlicht, die die Einkommenssituation von Gesundheits- und KrankenpflegerInnen in Vollzeit im weltweiten Vergleich wiederspiegelt. Demzufolge verdient eine Pflegekraft im stationären Bereich in Deutschland circa 37 000 Euro, gegenüber 48 000 Euro in den USA, 45 000 Euro in Großbritannien und 43 000 Euro in Norwegen14. Ebenso defizitär fallen in der Gesundheits- und Krankenpflege das berufliche Ansehen sowie Aufstiegsmöglichkeiten aus. All diese Umstände wirken sich laut der Next-Studie, einem europäischen Forschungsprojekt zum vorzeitigen Ausstieg aus dem Pflegeberuf, auf zunehmendes Burnout, steigende Fehlzeiten und die zunehmende Absicht, den Beruf zu verlassen, aus.15

2.2 Begründung des Forschungsanliegens und aktueller Forschungsstand

Vor dem Hintergrund, dass die Zahlen psychischer Erkrankungen aufgrund von Arbeitsstress unverändert steigen, erhöhen sich nach Meinung von ExpertInnen auch jährlich die Anzahl von Burnout Erkrankten- und Gefährdeten. Im Jahr 2006 erhielten einer Erhebung der Techniker-Krankenkasse zufolge 33.000 Versicherte ihrer 2,5 Millionen Mitglieder eine Krankschreibung aus Gründen von Überforderung oder Gefühle von Ermüdung und Unwohlsein. Auf Deutschland hochgerechnet ergaben sich acht Millionen Krankheitstage wegen psychischer Beschwerden, das sind rund zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Auch die Anzahl der Berufsunfähigkeitsfälle, welche in Gründen psychischer Beschwerden liegen, sind in den Jahren von 1997 bis 2004 um circa 70 Prozent gestiegen.16

Da die Autoren selbst der hier angesprochenen Berufsgruppe angehören und bereits im Laufe der Ausbildung mit einigen, dem Burnout zugeschriebenen Symptomen, sowie häufig zitierten Belastungen konfrontiert wurden, kamen auch ihnen zwischenzeitlich Bedenken, ob dieser Beruf zwecks der hohen gesundheitlichen Belastungen zukunftsweisend ist. Die verstärkte Medienpräsenz des Themas, aber auch die immer wiederkehrende Auseinandersetzung aufgrund von persönlichen Erfahrungen auf Station, ließen deren Interesse am Thema Burnout zunehmend steigen.

Seit der Verwissenschaftlichung des Burnout-Begriffs ist eine Fülle von Arbeiten dazu entstanden, jedoch finden sich selten qualitative Studien, deren Erhebungen über mehrere Jahre hinweg verliefen. Burisch kritisiert, dass zwar viele wissenschaftliche Arbeiten zum Thema entstanden aber noch bis heute die elementarsten Fragen offen geblieben sind.17 Es gibt bisher keinen einheitlichen Konsens zu den Erklärungsansätzen zur Entstehung von Burnout und keine einheitliche Definition. Im Verhältnis zu dem gewaltigen Umfang von Studien, ist der Erkenntnisstand über Ursachen und Folgen von Burnout ziemlich uneindeutig. Als positiv wird in der Burnout-Forschung hervorgehoben, dass Burnout als ein soziales Problem erkannt wurde und sich als Thema der Forschung fest etabliert hat.

2.3 Frage- und Zielstellung

Mit dem Bewusstsein, dass ein Mensch täglich viel Zeit am Arbeitsplatz verbringt und wie oft sich vor allem eine Pflegekraft in Interaktion mit ihren Teamkollegen befindet, so stellt sich die Frage, inwieweit das Miteinander im Team förderlich oder gar belastend auf die einzelnen Mitglieder wirken kann. Die Fokussierung auf den akutgeriatrischen Bereich erfolgte dabei aufgrund persönlicher Erfahrungen der Autoren. Im Zentrum des Forschungsinteresses steht daher folgende grundlegende Frage:

Welchen Zusammenhang gibt es zwischen dem Arbeitsklima im pflegerischen Team einer Akutgeriatrie und dem Risiko an Burnout zu erkranken?

Um das Forschungsanliegen zu intensivieren, erweiterten die Autoren die Forschungsfrage um den Aspekt:

Welche Faktoren beeinflussen das Arbeitsklima?

Das Burnout-Syndrom in den Zusammenhang des aktuellen Gesundheitsgeschehens einzuordnen, ist ein zentrales Ziel der vorliegenden Arbeit. Es soll ein Beitrag geleistet werden, das Thema präsenter und transparenter zu gestalten. Dabei steht im Vordergrund, Pflegende auf die Gefahr des Burnouts hinzuweisen und für dessen erste Anzeichen zu sensibilisieren. Im Hinblick auf den Eigenschutz soll die Thematisierung das Pflegepersonal sowohl auffordern als auch ermutigen, offen über zu hohe Belastungen zu sprechen. Folglich soll darauf aufmerksam gemacht werden, gesundheitsfördernde Maßnahmen nicht nur bei Patienten durchzusetzen, sondern auch die aktive Eigenverantwortung im Bereich präventiver Arbeit zu fördern und Psychohygiene18 im Arbeitsalltag zu integrieren. Weiterhin erhoffen sich die Autoren einen Wissens- und Erkenntniszuwachs bezüglich der Einflussfaktoren auf das Arbeitsklima, wie Pflegende einer Akutgeriatrie dieses erleben und welche Wirkung es auf das Befinden der einzelnen Teammitglieder haben kann. Damit soll zum einen die Forschungslücke des Zusammenhangs von Arbeitsklima einer akutgeriatrischen Station verkleinert bzw. aufgedeckt werden, um so neue, weiterführende Forschungen anzuregen.

2.4 Vorgehensweise und Methodenauswahl

Die Forschungsarbeit ist in drei Teile gegliedert. Um Ergebnisse für den theoretischen Teil zu generieren und Begriffe wie „Burnout“, „Arbeitsklima“, „soziale Unterstützung“, „Team“ und „Akutgeriatrie“ zu erläutern, wurde zunächst eine systematische Literaturanalyse durchgeführt, die im nachfolgenden Kapitel detaillierter beschrieben wird. Die Sichtung der Literatur brachte den AutorInnen die Erkenntnis, dass das Phänomen Burnout sehr umfassend ist und die Meinungen zum Thema vielseitig diskutiert wurden. Aus diesem Grund legen die AutorInnen Wert darauf, als Einstieg in das Thema einen Überblick über die Herkunft und Begrifflichkeit zu geben und einige unterschiedliche Definitionsansätze bekannter ForscherInnen zum Thema einzubeziehen. Im weiteren Verlauf erfolgt ein Abgrenzungsversuch zu dem verwandten Stressmodell nach Lazarus bevor in Kapitel 3.5 ein Abriss über grundlegende Burnout-Konzepte mit Bezug zur Forschungsfrage skizziert werden soll. Darunter werden Informationen über Symptome und Verlauf des Burnout-Syndroms charakterisiert. Der letzte Punkt des Theorieteils beschäftigt sich mit einigen Forschungsarbeiten und gibt Aufschluss über bereits bestehende Annahmen und Erkenntnisse zum Thema Arbeitsklima und dessen Einfluss auf das Risiko an Burnout zu erkranken. Der Sichtung und Auswertung der verwendeten Literatur folgt der empirische Teil der Forschungsarbeit in Form einer qualitativen Erhebung mittels halbstrukturierten Leitfadeninterviews. In einem Zeitraum von zwei Wochen wurden insgesamt vier Interviews im Erhebungsort Berlin durchgeführt. Die InterviewpartnerInnen, darunter zwei Männer und zwei Frauen, nahmen freiwillig an der Befragung teil und gaben Auskünfte bezüglich des Arbeitsklimas auf akutgeriatrischen Stationen. Für die Auswahl der InterviewteilnehmerInnen wurden vorab determinierte Ein- und Ausschlusskriterien festgelegt. Die Auswertung der Interviews und deren Kernaussagen werden in Kapitel 4 dargestellt. Das letzte Kapitel umfasst neben der Diskussion die Verzahnung der theoretischen Erkenntnisse im Abgleich mit den Ergebnissen der qualitativen Erhebung und die Zusammenfassung wichtiger Erkenntnisse bezüglich der aufgestellten Forschungsfragen.

Die Methode der qualitativen Untersuchung in Form von Interviews wurde ausgewählt, um tiefere Erkenntnisse bezüglich der Einflussfaktoren auf das Arbeitsklima zu erhalten, aber auch um externe Evidenz in Form von wissenschaftlichen Erkenntnissen mit interner Evidenz in Form pflegerischer Erfahrung zu vereinen und das Thema aus den unterschiedlichen Perspektiven Theorie und Pflegepraxis zu beleuchten. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt auf der Klärung der oben genannten Forschungsfragen.

3 Theoretischer Teil

3.1 Literaturrecherche

In der Literaturrecherche wurden hauptsächlich Studien, Zeitungs-, Internet und Buch-veröffentlichungen, sowie Übersichtsarbeiten zum Thema Burnout einbezogen. Dabei fanden ausschließlich deutschsprachige und aus dem Englischen übersetzte Arbeiten im Zeitraum ab 198319 bis heute Berücksichtigung. Der Schwerpunkt der Literaturrecherche lag auf der Suche in den Datenbanken der Alice Salomon Hochschule Berlin, des Verbundes der öffentlichen Bibliotheken Berlins (VÖBB), der Evangelischen Fachhochschule Berlin als auch in den digitalen Datenbanken Dimdi, Medline bzw. Pubmed und über Google-Scholar. Eine erste Suche mit den Schlüsselbegriffen „Burnout“ und „Krankenpflege“ ergab allein bei Google-Scholar am 17.01.2009 in nur 0,03 Sekunden 2970 Treffer. Gibt man derzeit nur den Begriff „Burnout“ ein, erhält man sogar über 255.000 Treffer. Dies erschwerte die Suche nach brauchbaren Quellen. Um bestmöglichste Ergebnisse bezüglich der gestellten Forschungsfragen zu erhalten, wurden daher die Suchbegriffe „Burnout“ und „Ausbrennen“ mit den Schlüsselbegriffen „Akutgeriatrie“ – „Einflussfaktoren“ – „Arbeitsklima“ – „pflegerisches Team“ – „Krankenpflege“ und „Arbeitsteam“ in unterschiedlichen Variationen kombiniert. Dabei ergab sich bei Eingabe von „Burnout“ und „Krankenpflege“ in der Datenbank Dimdi eine Trefferanzahl von 123, wobei sich die Mehrzahl der entdeckten Literatur nicht auf das Forschungsthema bezog. Erstaunlich war die geringe Trefferanzahl von nur vier Eingaben bei der Kombination von „Burnout“ und „Arbeitsklima“ bei Dimdi, bei Medline gab es keine Treffer. Zusätzlich wurden die Literaturverzeichnisse der bereits gefundenen Schriftstücke nach weiterer Literatur durchsucht.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass nur wenig Material zu finden war, welches sich konkret mit dem Forschungsthema auseinandersetzt. Die vorhandenen Studien beziehen sich lediglich auf Teilaspekte der in dieser Arbeit untersuchten Zusammenhänge. Ergebnisse mit dem Augenmerk auf die Akutgeriatrie kann in keiner der gefundenen Studien nachgekommen werden. Im Hinblick auf die Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass die Autoren bei der Recherche und auch der Literaturanalyse an Grenzen stießen. So wurden aufgrund der zeitlichen Begrenzung der Bearbeitung, vergriffene Publikationen nicht einbezogen. Auch englischsprachige Literatur wurde im Laufe der Bearbeitung von den Autoren ausgeschlossen. Zum einen weil aufgrund der Fülle des zu durchsuchenden Materials Eingrenzungen gemacht werden mussten, zum anderen, weil die Adaption von

Erkenntnissen der Forschungen aus dem englischsprachigen Raum zu prüfen wäre, da die amerikanischen Gegebenheiten mit den deutschen nur schwer zu vergleichen sind.

3.2 Erläuterung relevanter Begriffe

Zur Klärung des Zusammenhangs zwischen dem Arbeitsklima eines pflegerischen Teams auf der Akutgeriatrie und dem Risiko an Burnout zu erkranken, ist es zunächst sinnvoll zu erfahren, welche Bedeutung sich hinter einzelnen, in der Fragestellung enthaltenen Begriffen, verbirgt. Aus diesem Grund folgt die Interpretation einiger häufig synonym benutzter Begrifflichkeiten, die zu einem besseren Verständnis der folgenden Ausführungen verhelfen sollen.

Bei der Entwicklung der Forschungsfrage extrahierte sich der Begriff Arbeitsklima aus dem übergeordneten Feld der sozialen Unterstützung. In der Literatur wird soziale Unterstützung von mehreren Forschern als Ressource verstanden, die dazu beisteuert den arbeitsbedingten Stress und dessen Folgen auf die physische und psychische Gesundheit zu vermindern.20 Cobb äußerte dazu:

„Soziale Unterstützung (social support) wird definiert als Botschaft, die dem Empfänger das Gefühl verleiht, dass er beachtet und geliebt, geschätzt und für einen wertvollen Menschen gehalten wird und dass er an einem Netzwerk von Kommunikation und wechselseitigen Verpflichtungen teilhat“.21

Die soziale Unterstützung kann aus dem formellen, sowie informellen Netzwerken gewährt werden. Die einzelnen sozialen Beziehungen können wiederum in unterschiedlichen sozialen Unterstützungssystemen eingebunden sein. Wie in Abbildung 1 dargestellt, gehören zum informellen Netzwerk u.a. Verwandte, Partner und Freunde. Die Unterstützung aus dem formellen Netzwerk wird beispielsweise von ArbeitskollegInnen, Vorgesetzten, Selbsthilfegruppen und ÄrztInnen gewährt. Das formelle wie informelle Netzwerk wird zudem unterteilt in professionelle und nicht professionelle HelferInnen. Als Beispiel wäre die Schwester der Unterstützungssuchenden in dem Bereich des informellen Netzwerkes anzusiedeln, wobei sie jedoch auf Grund einer fehlenden Professionalisierung in dem Bereich der sozialen Unterstützung als nichtprofessionell gelten würde. Wäre diese Schwester jedoch gleichzeitig Krankenschwester von Beruf, ist sie zugleich professionelle Unterstützungshilfe. Deutlich ist hierbei, dass bei einer zusätzlichen Professionalisierung der UnterstützungsgeberIn die Grenzen zwischen nicht professioneller und professioneller Unterstützung fliesend sein können, sobald die UnterstützungsgeberIn ihr erlerntes professionelles Wissen einsetzt, um der Unterstützungssuchenden Hilfe zu leisten.

Der Unterschied zwischen professioneller und nicht professioneller UnterstützerIn bildet sich auch im formellen Netzwerk heraus. Der Arzt, der zum Beispiel durch die UnterstützungsnehmerIn aufgesucht wird, kann hier aufgrund seiner Ausbildung als professionell bewertet werden. Wohingegen ein Wirt oder ein Taxifahrer eine potentielle Unterstützung der NehmerIn gegenüber sein kann, ohne jedoch in diesem Bereich professionalisiert zu sein. Inwieweit und bei welchen Problemen diese alltäglichen, nichtprofessionellen HelferInnen beansprucht werden und wie sie das Befinden beeinflussen können, ist bisher nicht weiter untersucht worden.22 Es muss jedoch auch gesagt werden, dass eine Wechselbeziehung zwischen Unterstützungsgeber- und nehmerIn vorhanden sein kann. Das heißt, dass die UnterstützungsgeberIn auch UnterstützungsnehmerIn im gleichen Setting sein kann als auch umgekehrt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Beispielhafte Quellen sozialer Unterstützung23

Das Konstrukt der sozialen Unterstützung ist so ausgedehnt, dass es den festgelegten Rahmen dieser Arbeit übersteigen würde. Da die Ursachen für die Entwicklung von Burnout vielmals in der dauerhaften Einwirkung von Stress sowie Belastungen, die am Arbeitsplatz entstehen, begründet liegen begrenzte das Autorenteam die Untersuchungen auf die Unterstützung vor allem durch ArbeitskollegInnen aus dem pflegerischen Team.

Als Team wird eine Gruppe von Menschen bezeichnet, welche ähnlichen Phänomenen unterliegen, wie sie auch in Gruppenbildungsprozessen zu erkennen sind. Ein Team ist in einem institutionellen oder organisierten Rahmen eingebunden und hat eine fest umrissene, komplexe Aufgabenstellung (z.B. Therapie, Pflege) im Hinblick auf ein bestimmtes Feld (Krankenhaus) und einer speziellen Population (z.B. eine bestimmte Patientengruppe). Dabei ist „das Stationsteam (...) ein zentraler persönlicher und beruflicher Bezugspunkt für die einzelnen Pflegekräfte und bedeutet für sie: Arbeitsplatz, Gruppenzugehörigkeit, Schutz, Kommunikation, Kontinuität“.24 Ein Faktor in der Mikroebene Team, der auf jeden einzelnen Mitarbeiter am Arbeitsplatz wirkt und der wiederum auch von den Teammitgliedern geprägt ist, stellt das Arbeitsklima dar.

Das Arbeitsklima eines Teams wird von den jeweiligen Einzelmitgliedern und deren sozialen Beziehungen untereinander geprägt. Daneben beeinflussen auch noch andere Faktoren die Arbeitsatmosphäre, die sowohl extern als auch intern auf die Teammitglieder und deren Gruppendynamik einwirken. Die äußeren Faktoren können einen positiven als auch negativen Einfluss nehmen.25 Des Weiteren können aber auch Persönlichkeitsmerkmale bzw. -veränderungen jedes einzelnen Mitgliedes das Teamklima prägen. Hierbei spielt beispielsweise der Faktor des Coping eine große Rolle.

Coping ist das angewandte Verhalten zur Bewältigung von Krisensituationen, um extrinsischen sowie intrinsischen Ansprüchen gerecht zu werden. Sind vorhandene Bewältigungsstrategien durch neue Ansprüche so stark ausgeschöpft, dass diese nicht mehr ausreichen, können sich aus dem Problemlösungsprozess neue Handlungsweisen ergeben, die eine Bewältigung ermöglichen.26

Das Teamcoping bezieht sich hierbei auf eine Gruppe von Menschen, dessen Ziel es ist, durch eine gemeinsame Bewältigung von Krisensituationen, den Herausforderungen gerecht zu werden.

Besonders im Setting der Akutgeriatrie spielen die Faktoren der sozialen Unterstützung, des Teams und die Position des Arbeitsklimas eine besonders wichtige Rolle, da hier die hohen pflegerischen und organisatorischen Arbeitsanforderungen als auch das Arbeiten im psychischen und physischen Grenzbereich dazu führen können, auszubrennen.27 Akutgeriatrie ist die Lehre von den Krankheiten des alternden Menschen. Sie wird diagnostisch, therapeutisch, präventiv sowie rehabilitativ tätig und nimmt Rücksicht auf die Besonderheiten des Menschen im höheren Alter. Die Geriatrie sieht den alternden Menschen in einer holistischen Weise, wobei psychosoziale und sozialmedizinische Faktoren integriert werden.28 Die Akutgeriatrie versorgt betagte Menschen, bei denen eine Erkrankung neu und akut festgestellt werden kann bzw. chronische Erkrankungen eine akute Verschlimmerung aufweisen.

Risiko- und Schutzfaktoren

Die häufige Verwendung der Termini Risiko und Risikofaktoren in dieser Arbeit, geben ebenfalls Anlass einer kurzen Erläuterung dieser Begriffe. So ist ein Risiko an sich, die Wahrscheinlichkeit des Eintrittes eines unerwünschten Ereignisses. Risikofaktoren sind demzufolge Einflüsse, die statistisch einen Zusammenhang mit dem Auftreten einer bestimmten Erkrankung aufweisen. Dieser Zusammenhang kann, muss aber nicht bedingt sein. Risikofaktoren werden in medizinische und psychosoziale Faktoren eingeteilt.29

Schutzfaktoren sind Faktoren, die einen Menschen gesund erhalten. In der Forschung werden diese zu meist als Protektivfaktoren bezeichnet. Dazu gehören soziale Unterstützung, Resilienz30 und Selbstaufmerksamkeit. In Belastungssituationen können Schutzfaktoren eine sichernde Wirkung auf die Gesundheit bzw. auf das Wohlbefinden eines Menschen haben.31

3.3 Das Burnout-Syndrom

3.3.1 Herkunft und Begrifflichkeit

Der Begriff Burnout stammt aus dem amerikanischen und bedeutet wörtlich übersetzt „ausgebrannt“. Sprichwörtlich wird er auch wie folgt verwendet: der Ofen ist aus, das Licht ist erloschen oder die Batterie ist leer. Er bedeutet im technischen Sinne das Ausbrennen von Kernelementen in Reaktoren oder einer Rakete nach dem Start.32 „Als auf Menschen bezogenes Phänomen ist mit Burnout das Abnutzen, Verausgaben bzw. der Verlust vorhandener Fähigkeiten und Fertigkeiten gemeint.“33 Seit den dreißiger Jahren findet er im anglo-amerikanischen Sprachraum Verwendung in Bezug auf den Menschen. Dort wurde das Phänomen erstmals im Zusammenhang mit dem Leistungssport und der darstellenden Künste beschrieben.34 In der anglo-amerikanischen Wissenschaftsliteratur wird dieser Begriff seit den siebziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts erfasst35. Bis zum Ende der achtziger Jahre wurde der Wortsinn des Phänomens so populär, dass diese Problematik nicht nur in der Fachliteratur publiziert wurde, sondern auch in der allgemeinen Presse und somit der Gesamtgesellschaft zugänglich war.36 Es wird beschrieben, dass die wachsende Popularität des Themas Burnout in der Gesellschaft unter anderem daher resultiert, weil dieser Begriff als Synonym für die Bündelung von verschiedenen Symptomen und Missständen benutzt werden kann, die grundsätzlich in der Gesellschaft verankert sind.37 Es werden hierbei Felder bedient, die der Erreichung eines Lebenszieles, der Zufriedenheit und Erfüllung am Arbeitsplatz, sowie den Erfolg im außerberuflichen Leben beschreiben38. Einige Autoren begründen die ansteigende Popularität des Burnouts damit, dass eine Stigmatationsfreiheit der Betreffenden in der Gesellschaft vorherrscht. Dadurch wurde der Terminus für eine Vielzahl verschiedener Präventions- sowie Interventionsmöglichkeiten benutzt39. Die Zielgruppe sollte Chancen erhalten, den Verlauf des Burnouts zu beeinflussen bzw. sich davor zu schützen. In Deutschland wurde Burnout das erste Mal in der Zeitschrift „Psychologie heute“ von Pines et al. erwähnt.40

3.3.2 Versuch einer Definition

Burnout ist in der heutigen Zeit zu einem Schlagwort von Überbelastung und zu hohem Stressaufkommen geworden. Trotz dieser Popularität ist nur wenigen bewusst, dass aus der heutigen wissenschaftlichen Sicht noch keine einheitliche Definition hervorgegangen ist, die eine Abgrenzung zu verwandten Konzepten möglich macht. Das Phänomen Burnout findet sich weder in der jüngsten Ausgabe des diagnostischen und statistischen Handbuchs psychischer Störungen - einem Klassifikationssystem der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung, kurz DSM-IV genannt, noch in dem entsprechenden internationalen Verzeichnis der Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen, dem ICD-10, wieder, so dass es im Sinne der medizinischen Definition keine eigenständige Krankheit darstellt. Der Begriff des Burnouts wird lediglich im Kapitel 21 – Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen - des ICD-10 erwähnt. Hier fällt er im Abschnitt Z-73.0 als „Ausgebranntsein [Burn out]“ unter der Überschrift „Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung“. Burnout unterlag also bisher keiner Zuordnung in eine medizinische Kategorie. Ganz im Gegenteil - Burnout ist „in unserer Kultur (...) noch unendlich davon entfernt, eine ‘legitime‘ Belastungsstörung zu sein, die auf mehr Anspruch hätte als auf die Empfehlung ‘mach doch mal Ferien!‘ “41 Aus dieser unklaren Zuordnung heraus, erachten die Autoren es als notwendig einige unterschiedliche Auslegungen anzugeben. Alle vorhandenen Definitionen verbindet die Tatsache, dass sie entweder zu ausgedehnt oder zu speziell sind.42 Keiner der Forscher, die sich mit dem Burnout beschäftigt haben, konnte dieses Problem lösen. Bisher wurde Burnout mit verschiedenen wissenschaftlichen Ansätzen43 beschrieben, nach Gesichtspunkten der intrinsischen Merkmale einer Person, einem persönlichkeitszentriertem Ansatz und extrinsische Faktoren die auf sozial-, arbeits-und organisationspsychologischen Ansätzen beruhen. Die entstandenen Theorien sind sehr unterschiedlich in ihren Inhalten. Daher ist eine Integration ineinander kaum möglich, viel mehr bestehen die Modelle nebeneinander44, von denen später vier näher beleuchtet werden.

Einer der ersten der zum Thema Burnout Untersuchungen durchführte, war der deutsch-amerikanische Psychoanalytiker Herbert Freudenberger. Er prägte Anfang der 70`er Jahre den Begriff Burnout. Für ihn bedeutet Burnout „die eigenen körperlichen und seelischen Reserven erschöpfen. Sich selbst bei dem Versuch zerstören, unter Aufbietung aller Kräfte unrealistische Erwartungen zu verwirklichen, die selbst gesetzt oder vom Wertsystem der Gesellschaft aufgezwungen sind.“45

Pines et al. beschränken ihre Definition lediglich auf den sozialen Sektor, indem sie aussagen: „das Ausbrennen ist das Resultat andauernder oder wiederholter emotionaler Belastung im Zusammenhang mit langfristigem, intensivem Einsatz für andere Menschen“.46 Burisch definiert: „Burnout in Gang gesetzt durch Autonomieeinbußen in gestörten Auseinandersetzungen des Individuums mit seiner Umwelt, genauer, durch die innere Repräsentation solcher Interaktionen als gestörter und das Scheitern bei ihrer Bewältigung“47 Die Theorie von Maslach und Jackson gehört mit zu den bekanntesten in der Burnout-Forschung. Durch ihre Untersuchungen konnten sie den Begriff festigen. Maslach und Jackson definieren Burnout “als Syndrom emotionaler Erschöpfung, Depersonalisierung und reduzierter persönlicher Leistungsfähigkeit, das bei Individuen, die in irgendeiner Weise mit Menschen arbeiten, auftreten kann.“48

3.4 Abgrenzungsversuch zur Stresstheorie

Stress „ist eine Reaktion des menschlichen Organismus und der Psyche auf sogenannte Stressoren, die aus der Umwelt oder aus dem Inneren des Menschen selbst stammen und eine erhöhte Anspannung verursachen.“49 Es gibt verschiedene Arten von Stress. Positiver Stress, auch „Eustress“ genannt, kann als positive Herausforderung gesehen werden. Das Gegenteil dazu ist negativer Stress oder „Distress“, der eher als Bedrohung erlebt wird, da er den Organismus und die Psyche überfordert. Jedes Individuum hat ein eigenes Stressempfinden. Ob dieses als positiv oder negativ erlebt wird, hängt von den verursachenden Faktoren und den eigenen Bewältigungsstrategien ab, die dazu verhelfen können, die Stresssituation zu meistern.

Länger andauernder, als negativ empfundener Stress, der keine Bewältigung findet, kann psychische oder körperliche Erkrankungen zur Folge haben und somit auch Auslöser für psychosomatische Beschwerden sein. Der Körper verarbeitet dabei die Stressreize nicht entsprechend und es kommt zu Dauerbelastung und hoher Anspannung.50 Das am weitesten ausgearbeitete und eines der bekanntesten Konzepte zum Phänomen Stress beschreibt Lazarus in seinem transaktionalen Stressmodell. Für ihn bedeutet Stress „any event in which environmental demands or internal demands or both tax or exceed the adaptive resources of an individual, social system, or tissue system.”51 Wie auch in Abbildung 2 dargestellt ist aus dieser Definition erkennbar, das Lazarus die Basis seines Modells auf äußere und innere Faktoren stellt, die auf ein Individuum einwirken können. Die Fähigkeit des Copings vernachlässigt Lazarus nicht, denn er beschreibt, dass jeder Stressfaktor, sei er extrinsischer oder intrinsischer Natur, durch die Person eingeschätzt und bewertet wird. Er definiert extrinsische Faktoren als: „externe Ereignisse, welche eine Anpassung erforderlich machen und im Falle des Mißerfolges einer entsprechenden Handlung zu negativen Konsequenzen führen“.52 Die intrinsischen Faktoren formuliert er als:

“.. erstrebenswerte Ziele, Werte, Wertdispositionen, Programme oder Aufgaben, die einem Individuum, einem sozialen oder organischem System immanent sind oder von ihnen erworben wurden und deren Vereitelung oder Aufschub negative Folgen oder Begleiterscheinungen haben würde“.53

Je nach dem ob und welches Ressourcenpotential vorhanden ist bzw. welche treffenden Copingstrategien gegeben sind oder nicht, ergibt sich eine Stresssituation für das Individuum. Lazarus beschreibt in seinem Stressmodell die Fähigkeit des Copings wie folgt:

„...alle Eigenschaften des Systems, die es potentiell in die Lage versetzen, den Anforderungen zu begegnen, und dementsprechend die negativen Folgen, die ein Scheitern einer entsprechenden Handlung nach sich ziehen würde, zu verhindern“.54

So individuell, wie wir Stress erleben, so individuell reagieren wir auch darauf. Wo die Grenzen zwischen Stress und Burnout jedoch verlaufen ist fraglich, denn nicht jeder, der sich oft gestresst fühlt, brennt auch aus. Stress und Burnout stehen zweifellos in enger Beziehung zueinander, bedeuten jedoch nicht das gleiche, da Burnout vielmehr eine Reaktion auf Stress ist55, der nicht bewältigt werden kann und dauernd anhält. Stress kann jeder erleben, zu Burnout gehören jedoch charakterisierende Voraussetzungen wie die anfänglich enorme Motivation, hochgesteckte Ziele und Überengagement.56

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: schematische Darstellung der Stresstheorie57

3.5 Darstellung von Burnout-Konzepten mit Bezug zur Forschungsfrage

Es gibt zwei verschiedene Ansätze, die in der Literatur zur Burnout-Forschung zu finden sind. Zum einen liegt die Aufmerksamkeit auf dem persönlichkeitszentrierten- und zum anderen auf dem sozial-, arbeits- und organisationspsychologischen Erklärungsansatz. Verschiedene Konzepte ordnen sich diesen beiden Einteilungen unter. Es bedeutet jedoch nicht, dass einzelne Faktoren des einen Erklärungsansatzes den anderen ausschließen. Vielmehr ist hier die Gewichtung des Schwerpunktes ein anderer. Aus der Fülle der vorhandenen Konzepte wurden - wie auch in Tabelle 1 dargestellt - jeweils zwei den jeweiligen Ansätzen zugeordnet. Die Gründe für letzteren Ansatz liegen dabei auf der Intention, einen bestimmten Gesichtspunkt der Arbeitsbedingungen – das Arbeitsklima – herauszufiltern und näher zu beleuchten. Die Konzepte des persönlichkeitszentrierten Ansatzes sollen dabei als Gegenüberstellung dienen, zum einen um die Unterschiede zu verdeutlichen, zum anderen um den für uns wichtigen Aspekt der Persönlichkeit nicht außer Acht zu lassen. Zudem wird versucht aus den genannten Symptomen, Rückschlüsse auf das Arbeitsklima zu ziehen.

Die besondere Anlehnung der Forschungsarbeit an Maslach und Jackson entstammt zum einen dem arbeits- und organisationsbezogenen Ansatz, der uns bei der Beleuchtung der Forschungsfrage nach dem Zusammenhang des Arbeitsklimas auf das Burnout-Risiko hilfreich ist, zum anderen gilt deren Ansatz als der elaborierteste, sowie theoretisch und empirisch am besten begründetste Ansatz auf den in der Literatur gern zurückgegriffen wurde58. Nicht zuletzt beziehen sich die Autoren darauf, weil Maslach und Jackson ein häufig überprüftes und angewendetes Forschungsinstrument zur Messung von Burnout geschaffen haben. Die Anlehnung soll die Erstellung des Interviewleitfadens unterstützen sowie bei der Auswertung der Interviews helfen, die Teilnehmerinnen bezüglich eines möglichen Burnouts zu beurteilen

Der Persönlichkeitszentrierte Erklärungsansatz stellt die Person in den Mittelpunkt der Betrachtung. Es wird hier die Diskrepanz der eigenen Vorstellung, dem Erreichen von Zielen und dem Ergebnis der Wirklichkeit beschrieben. Bei diesem Ansatz wird oft erklärt, dass die betroffenen Personen anfänglich in ihrem Job stark motiviert und engagiert sind und im Laufe der Zeit dieses Engagement aufgrund des Missstands zwischen Vorstellung und Realität verlieren. Durch diese enttäuschende Erfahrung kann der Weg ins Burnout geebnet sein.

Der sozial-, arbeits- und organisationspsychologische Erklärungsansatz zentriert sich um die extrinsischen Faktoren, die am Arbeitsplatz Stress hervorrufen können. Diese werden beeinflusst durch die Gesellschaft, die Arbeit, dem sozialen Umfeld und seiner sozialen Unterstützung.

In der unten stehenden Tabelle ist eine graphische Gegenüberstellung der beiden sich in der Wissenschaft durchgesetzten Erklärungsansätze dargestellt. Die vier verschiedenen Konzepte, die in unserer Forschungsarbeit erläutert werden, sind hier eingegliedert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Darstellung der Erklärungsansätze und bezugnehmende Konzepte59

3.5.1 Das Konzept von Freudenberger

Freudenberger gilt als erster Initiator einer Definition des Begriffes Burnout. Er machte Beobachtungen an sich selbst und ehrenamtlichen Helfern einer psychosozialen Versorgungseinrichtung. Dabei stellte er fest, dass vor allem Mitarbeiter, die am engagiertesten waren, Zeichen von Ermüdung und Kraftlosigkeit zeigten. Da diese Personen oftmals sehr zielstrebig und ehrgeizig sind und sich an hochgesetzten Zielen orientieren, die sie oftmals gar nicht erfüllen können, sind sie besonders oft vom Burnout betroffen.60 Freudenberger und North beschreiben in ihrer gemeinsamen Publikation von 1995 zwölf Phasen des Burnout Zyklus, die von den Betroffenen durchlaufen werden, wobei diese Phasen nicht folgend hintereinander ablaufen müssen. Wie schon vorangestellt, beschreiben sie die erste Phase ihres Prozessmodelles mit Menschen, die einen übersteigerten Ehrgeiz besitzen. Diese Menschen entwickeln häufig eine Verbissenheit in der Erreichung ihrer Ziele, um erfolgreich zu sein.

Die zweite Phase beinhaltet, dass die Erreichung der Ziele immer schwieriger wird, da diese oft nach Erreichung noch höher gesetzt werden. Daraus folgt ein noch stärkerer Mitteleinsatz.

Die dritte Phase ergibt sich aus der zweiten, da hier zum Erreichen der hochgesteckten Ziele, die eigenen Anliegen vernachlässigt werden müssen.

In der vierten Phase wird dem Betroffenen klar, dass ein Ungleichgewicht zwischen dem Erreichen von selbst- oder fremdgesetzten Zielen und seinen eigenen Bedürfnissen vorliegt. Er beginnt jedoch diese weiter zu vernachlässigen.

Phase fünf beschreibt das außer Acht lassen des informellen Netzwerkes.

Die sechste Phase zeigt auf, dass die Überbeanspruchung und die überzogen eingesetzte Kraft durch die Betreffende verleugnet wird. Bei gleichzeitiger Verdrängung des Verzichtes auf das informelle Netzwerk entsteht Engstirnigkeit und unflexibles Denken und Verhalten.

In der siebten Phase wird über das Verlieren der Orientierung berichtet. Diese Orientierungslosigkeit wird jedoch durch eine zynische Haltung der Umwelt gegenüber verdeckt.

Die Änderung des Verhaltens, Abwehrhaltung gegen jegliche Kritik, nicht vorhandene Flexibilität sowie der emotionale Rückzug von der Arbeit sind Bestandteil der achten Phase.

Der Verlust der Wahrnehmung gegenüber der eigenen Person und früheren Begehren ist kennzeichnend für die neunte Phase nach Freudenberger und North.

Phase zehn erläutert, dass durch das Gefühl von vergeblicher Liebesmühe und Angst ein Suchtverhalten entsteht.

Die Entwicklung von Nutzlosigkeit bei gleichzeitigem Fühlen von Gleichgültigkeit, fehlender Entschlossenheit und Motivation prägen hier die Phase elf.

Eine völlige seelische und körperliche Erschöpfung, die in einer absoluten Auslöschung der Existenz münden kann, sind Inhalt der zwölften und letzten Phase.61

Direkte Burnout Symptome beschreibt Freudenberger in Form von Kopfschmerzen, Magenschmerzen, Schlaflosigkeit und Kurzatmigkeit im physischen Bereich, im veränderten Verhalten durch leichte Erregbarkeit, Irritabilität, eine niedrige Frustschwelle, als auch rigides Verhalten und eine verschlossene Persönlichkeit der Umwelt gegenüber.62 Freudenberger sprach von Möglichkeiten, den Burnout-Zyklus zu durchbrechen oder erst gar nicht in diesen zu geraten und zwar, wenn sich die Betreffende selbst sensibel wahrnimmt und auch Ursachen für Burnout zu erkennen vermag.63

In Bezug auf das Forschungsanliegen dieser Arbeit kann angenommen werden, dass bereits die in Phase sechs beschriebenen Symptome, das Arbeitsklima negativ beeinflussen. Diese Faktoren können als sogenannte Störvariablen, die eine Arbeit im Team erschweren, beschrieben werden. Zum Beispiel kann die Annahme, dass eine zynische Haltung der Umwelt (also auch den TeamkollegInnenen oder PatientInnen) gegenüber, zu einem Verlust des sozialen Prestiges der Betreffenden im Team führt. Diese zynische Haltung kann bei den ArbeitskollegInnen starke Kritik auslösen, die wiederum nicht von der Betreffenden angenommen wird. Daraus entsteht ein starkes Missverhältnis, dass die Beziehung von der Betreffenden zu ihren KollegInnen und umgekehrt negativ beeinflusst. Im Ergebnis verschlechtert sich das Arbeitsklima. Stellvertretend beschreibt Reutlinger, dass der Leidensdruck einer vom Burnout Betroffenen und die Belastung auf das Arbeitsteam nicht vernachlässigt werden darf.64

3.5.2 Das Konzept von Burisch

Burisch spricht in seiner Definition des Burnouts von Autonomieeinbußen, die er als Folge von gestörten Handlungsepisoden erklärt. Eine Handlungsepisode beschreibt er als Reise, die von einem Start zum Ziel führen soll.65 Beispielhaft erklärt heißt das, dass eine gerade examinierte KrankenpflegerIn sich vorgenommen hat PflegedirektorIn zu werden. Der Start der Reise beschreibt den Ist-Zustand, das Ende der Reise den Soll-Zustand. Für eine bessere Verdeutlichung seines Konzeptes unterteilt Burisch in gestörte und ungestörte Handlungsepisode. Bei der ungestörten Episode spricht er von einer Zielbildung und Handlungsplanung. Während der Entwicklung der Handlung werden verschiedene bewusste oder unbewusste Erwartungen gesetzt. Kommt es zur Handlungsdurchführung und wird das Ziel erfolgreich und planmäßig erreicht, erfolgt eine Befriedigung, die zur Handlungswiederholung motiviert. Bei der gestörten Handlungsepisode ist das gesetzte Ziel nur mit erhöhtem Aufwand bzw. gar nicht zu erreichen. Die Zielerreichung wird hier nicht mit der erwarteten Belohnung verknüpft, bleibt ganz aus oder die negativen Folgen aus dem Weg der Erreichung des Ziels heben die positiven Folgen des Zieles auf. Diese Prozessstörung der Handlung zur Erreichung eines angestrebten Ziels, führt je nach Möglichkeit der Bewältigung zu Burnout66

Burisch unterteilt den Verlauf des Burnouts in sieben Symptomgruppen. Hierbei erklärt er, dass es nicht darauf ankommt, dass alle Symptome für einen Burnout Fall vorliegen müssen, sich jedoch die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass bei einem aufgetretenen Symptom die anderen folgen werden. Zunächst stellt Burisch die Symptome zu Beginn des Burnouts dar. Er spricht von einem verstärkten Einsatz zum Erreichen von Zielen67, bei dem das Ableisten von unbezahlten Überstunden, die Vernachlässigung innerer Bedürfnisse und ständiger Zeitdruck das alltägliche Bild bestimmen. Es erfolgt eine Einschränkung der sozialen Kontakte außerhalb des Arbeitsfeldes und das Ausblenden von Misserfolgen. Darauf folgt in der zweiten Symptomgruppe das reduzierte Engagement. Dieses bedeutet für die DienstleistungsgeberIn den Verlust von Zielen und Prinzipien, Stereotypisierung, Gefühlskälte und negativen Gefühlen gegenüber der EmpfängerIn. Die Betreffende identifiziert die PatientIen als Schuldige. Für die allgemeine Umwelt stellt sich die Betreffende als gefühlskalt und herabwürdigend dar. Sie wird als jemand gesehen, die nicht mehr zuhören kann und der jegliches empathisches Empfinden verloren gegangen ist. Im Setting des Arbeitsplatzes bedeutet das einen Verlust der positiven Arbeitseinstellung, es besteht eine innere Blockade zur Arbeit zu gehen, Pausen werden verlängert, der Arbeitsbeginn verspätet sich, das Dienst-, und Wochenende wird herbei gesehnt und vorgezogen. Die Gewichtung der Freizeit gegenüber der Arbeit wird hier stark überzogen. Es entstehen verstärkte Ansprüche, die ein Ungleichgewicht zwischen ethischen Idealen und persönlichen Ambitionen bilden. Der Fakt der empfundenen fehlenden Anerkennung durch das formelle als auch informelle Netzwerk ist stark ausgeprägt. Es schließen sich e motionale Reaktionen an, die ein vermindertes Gefühl der Selbstachtung, tiefe Schuldgefühle und Depressionen auslösen können. Aggressionen und Intoleranz, starke Gefühls-, und Stimmungsschwankungen gegenüber Mitmenschen sind bezeichnend. Die Schuld wird immer öfter bei anderen gesucht. Es finden ein Abbau von kognitiver Leistung, Motivation, Kreativität und eine Entdifferenzierung statt. Über die Verflachung des sozial-geistigen Lebens und der Lebensemotionalität, führen die letzten beiden Symptomgruppen zu psychosomatischen Reaktionen und Verzweiflung.68

Eine Verknüpfung zum Arbeitsklima kann hier ab der zweiten Symptomgruppe, dem reduzierten Engagement, erfolgen. Die Symptome, wie zum Beispiel Stereotypisierung oder Gefühlskälte der PatientIn gegenüber, führen dazu, dass der Umgang mit der PatientIn durch die betroffene KollegIn vom Team nicht vertreten werden kann. Negative Auswirkungen hat auch die Arbeitseinstellung auf die MitarbeiterInnen, weil diese zum Beispiel ihre Arbeit übernehmen müssen, da sie ständig ihre Pausen verlängert, den Arbeitsbeginn verspätet antritt, das Dienst-, und Wochenende vorzieht und sich demzufolge nicht an die vorgegebenen Arbeitszeiten hält. Die für Außenstehende veränderten, nicht nachvollziehbaren emotionalen Reaktionen, wie Aggressionen und Intoleranz, bürgen das Potential für weitere Konflikte gegenüber restlichen Teammitgliedern sowie verstärkt zu PatientInnen. Der Abbau kognitiver Leistungen führt dazu, dass gehäuft Fehler entstehen können, die wiederum durch das Team aufgefangen werden müssen. Burisch beschreibt dieses unter anderem mit einem Konzentrationsverlust und dem Verlust der Leistung organisatorischen Handelns. Die Symptome der Verflachung, psychosomatischen Reaktionen und Verzweiflung können dazu führen, dass die Betreffende sich zunehmend von ihren KollegInnen isoliert und bezüglich ihrer psychosomatischen Beschwerden oft nur eingeschränkt arbeitsfähig ist und so mit ihrer stark getrübten Lebenseinstellung das Arbeitsklima weiter beeinflusst.

[...]


1 Eine Anmerkung zur Sprachregelung: Die Autoren haben keine wirklich befriedigende Lösung gefunden, jeweils beide Geschlechter zu benennen. Daher entschieden sie sich, aufgrund der doch höheren Anzahl von Frauen im Pflegeberuf, hauptsächlich die weibliche Endung mit Grol3buchstaben zu verwenden, beziehen aber jeweils das männliche Geschlecht mit ein.

2 Simon et al. 2005, S. 54

3 Gedicht von Eugen Roth in Fengler 1996, S. 58

4 „DRGs sind ein Patientenklassifikationssystem, mit dem einzelne stationäre Behandlungsfälle anhand bestimmter Kriterien (Diagnosen, Schweregrad, Alter usw.) zu Fallgruppen zusammengefasst werden.“ (AOK-Gesundheitspartner.de)

5 Pschyrembel 2002, S.251

6 vgl. Müller- Timmermann 2005, S. 36ff.

7 vgl. Killmer 1996, S. 5

8 ebd.

9 vgl. Gesundheitsberichterstattung des Bundes 2006, Kap. 1.3.4

10 vgl. Killmer 1996, S. 5

11 Quernheim 2008, S. 1006

12 Killmer 1996, S. 5

13 Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

14 vgl. Deutsches Ärzteblatt (2008)

15 vgl. Simon et al. 2005, S. 53

16 vgl. Ruhwandl 2009, S. 21

17 vgl. Burisch 2006, S. 226

18 Die Psychohygiene ist bemüht, schädigende Einflüsse für die Psyche des Individuums fernzuhalten bzw. das Individuum zu befähigen mit diesen Einflüssen angemessen umgehen zu können. Psychohygiene wirkt erfassend, aufklärend und beratend.“ (Bergen 2007, S.22)

19 Der Begriff „Burnout“ wurde in Deutschland in diesem Jahr das erste Mal in der Zeitschrift „Psychologie heute“ von Pines et al. erwähnt. (vgl. Falkenberg 2008, S. 63)

20 vgl. Paschke 2006, S. 53

21 Cobb 1976 in Killmer 1999, S. 83

22 vgl. Gusy 1995, S. 69

23 Quelle: Irmer/Grünert 2009

24 vgl. Hölzer 2003, S. 68

25 vgl. Dziarowski & Schütze 2007, S. 7

26 vgl. Menche 2004, S. 344

27 vgl. Killmer 1999, S. 5

28 vgl. Menche 2004, S. 434

29 vgl. Pschyrembel 2002, S. 1458

30 Resilienz wird definiert als „Prozess, die Fähigkeit oder das Ergebnis erfolgreicher Adaptation angesichts herausfordernder oder bedrohender Umstände, im Sinne inneren Wohlbefindens und/oder effektiver Austauschbeziehungen mit der Umwelt“ (Masten et al. 1999, S.16)

31 vgl. Menche , S. 11

32 vgl. Brockhaus 2007

33 Gusy 1995, S. 21

34 vgl. Killmer 1999, S. 20

35 vgl. Domnowski 1999, S. 89

36 vgl. Gusy 1995, S. 21

37 vgl. Brill 1984 in Demerouti 1999, S. 1

38 vgl. Demerouti 1999, S. 1

39 vgl. Shirom 1989 in Demerouti 1999, S. 1

40 vgl. Falkenberg 2008, S. 63

41 Rösing 2003, S. 90

42 vgl. Burisch 2005, S. 14

43 vgl. Gusy 1995, S. 31 Tab. 4

44 vgl. Marquad et al. 1993, S. 29

45 Freudenberger 1974 in Marquad et al. 1993, S. 30

46 Pines et al. 1993 in Urach 2008, S. 42

47 Burisch 1994, S. 117

48 Maslach und Jackson 1984 in Marquard et al. 1993, S. 29 f.

49 Kristel 1998, S. 8

50 vgl. Hokenbecker-Belke 2004, S. 16

51 Monat und Lazarus 1977 in Dahmen-Fischer 1992, S. 17

52 Lazarus & Launier 1981 in Dahme-Fischer 1992, S. 17

53 ebd.

54 ebd.

55 Modestin et al. 1994, S. 12

56 Hölzer 2003, S. 86

57 Quelle: Irmer/Grünert 2009 in Anlehnung an Lazarus 1981

58 Aries-Kiener & Zuppiger-Ritter 1999, S. 12

59 Quelle: Irmer/Grünert 2009

60 vgl. Freudenberger und Richelson in Killmer 1999, S. 24

61 vgl. Freudenberger und North in Voltmann-Hummes 2008, S. 79 f.

62 Freudenberger und Richelson in Gusy 1995, S. 32

63 vgl. Gusy 1995, S. 33

64 Reutlinger 2006, S. 48

65 vgl. Burisch 2006, S.159

66 ebd. ff.

67 Die Benennung der sieben Symptomgruppen nach Burisch sind hier kursiv dargestellt.

68 Vollmer 1996, S. 51 ff.

Excerpt out of 122 pages

Details

Title
Zusammenhänge zwischen dem Arbeitsklima und Burnout in der Pflege
Subtitle
Eine qualitative Untersuchung in der Akutgeriatrie
College
Protestant University of Applied Sciences Berlin
Grade
2,0
Authors
Year
2009
Pages
122
Catalog Number
V133541
ISBN (eBook)
9783640401024
ISBN (Book)
9783640400669
File size
1013 KB
Language
German
Keywords
Burnout, Pflege, Akutgeriatire, Teamarbeit, Arbeitsklima, Pflegewissenschaft, Krankenhaus, Spital, Pflegeforschung, qualitativ, Stress, Prävention, Gesundheitsförderung, Pflegefachfrau, Altenheim, Pflegetheorie
Quote paper
Michael Grünert (Author)Anne Irmer (Author), 2009, Zusammenhänge zwischen dem Arbeitsklima und Burnout in der Pflege, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/133541

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