Schwarzer Humor in E.W. Heines Erzählung "Kulu Kulu"


Dossier / Travail, 2003

14 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. E. W. Heines Philosophie des Erzählens

3. Die Sprache in der Erzählung Kulu Kulu

4. Elemente des Schwarzen Humors in der Erzählung ‚Kulu Kulu’
4.1. Strukturelle Elemente des Schwarzen Humors
4.2. Inhaltliche Elemente des Schwarzen Humors
4.3. Sprachliche Elemente des Schwarzen Humors

5. Schluss

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Dieser Heine kann erzählen!“[1], E. W. Heine sei ein Meister des Schwarzen Humors, belehrte mich eine befreundete Buchhändlerin und somit war der Grundstein für diese Arbeit gelegt. Sie versucht, die Verbindung der Heineschen Erzählkunst mit Schwarzem Humor hervorzuheben.

Anfangs wird versucht, eine Philosophie des Erzählens nach einem Zitat und eigenen Aussagen von E.W. Heine zu entwickeln. Daraufhin wird am Beispiel einzelner Textstellen aus der Erzählung ‚Kulu Kulu’ der lustige Effekt des Erzählens untersucht, also die Frage, wie der Leser zum Lachen gebracht wird. Als Abschluss der Untersuchung wird die Erzählung mit der Theorie des Schwarzen Humors nach Michael Hellenthal konfrontiert. Da Hellenthals Arbeit den Forschungsstand über den Schwarzen Humor sehr gut darstellt und sich viele andere gesichtete Artikel über dieses Thema auf Hellenthal beziehen, oder von ihm selbst verwendet werden, basiert auch diese Arbeit auf der von ihm entwickelten Theorie.

Es ist sehr interessant, Heines Erzählungen auch in einem kulturellen Blickwinkel zu betrachten, da der Autor selbst mehrere Jahre in Südafrika lebte[2], sind einzelne Verweise auf diesen Aspekt Heineschen Schaffens zu finden. Jedoch muss im Rahmen dieser Arbeit auf tiefer gehende interkulturelle Untersuchungen verzichtet werden. So wäre eine Untersuchung der südafrikanischen Eigennamen ein interessantes Thema für eine weitere Arbeit.[3]

In einer literaturwissenschaftlichen Arbeit wäre auch die Frage der Bedeutung des Motivs der Zwillinge von Interesse[4], doch würde eine solche Erörterung den sprachwissenschaftlichen Rahmen der Arbeit, die Wirkung der verwendeten sprachlichen Mittel und die Elemente des Schwarzen Humors zu untersuchen, sprengen.

2. E. W. Heines Philosophie des Erzählens

Ich versuche es [das Leben] neu zu arrangieren, zu dramatisieren, um es interessanter, erregender, überraschender aufzuführen. Der Effekt ist mir wichtiger als die Realität, Handlung bedeutet mir mehr als intellektuelle Abstraktion.[5]

So erläutert E. W. Heine am Anfang seines Buches ‚Kille Kille’ seine Art, Kurzgeschichten einer ganz besonderen Kategorie zu schreiben. Mit Blick auf die Thematik des Schwarzen Humors führt diese Aussage dazu, dass Heines Philosophie des Erzählens mehrere elementare Grundhaltungen des Schwarzen Humors eigen sind. Heine versucht, das Leben „neu zu arrangieren“[6] – eine Grundposition des Schwarzen Humors ist die Perspektivverschiebung, das Neuarrangieren der Welt von einem völlig neuen Standpunkt gesehen[7]. Der Gesichtspunkt der Dramatisierung[8] ist in der Theorie des Schwarzen Humors nach Hellenthal das Aufbauen einer düsteren Perspektive der Weltsicht, in der vom Alltäglichen abseits liegende Inhalte zum Gegenstand des Alltags werden.[9]

Heine greift mit der Aussage, das Leben „interessanter, erregender“[10] zu gestalten, die Philosophie des Schwarzen Humors auf, der erregende Inhalte behandelt, welche „anormal, gegen Konvention gerichtet“[11] sind – und wie jeder weiß, erregt alles Verbotene Interesse.

Die Überraschung erscheint bei Heine in Form einer unerwarteten Pointe am Ende der Erzählung, welche mit der Handlung in besonderer Weise verknüpft ist, jedoch in der realen Welt niemals mit einem solchen Inhalt in Verbindung gebracht werden würde. Im Beispiel von ‚Kulu Kulu’ ist die Verbindung zwischen Inhalt und Pointe die potentielle Fähigkeit der Ordensschwester, Kinder zu bekommen, weil sie ein Mensch weiblichen Geschlechts ist.

Mit der Aussage, „der Effekt ist mir wichtiger als die Realität“[12] spricht Heine wohl jedem Anhänger des Schwarzen Humors aus der Seele, denn nach Hellenthal ist die Hauptaufgabe des Schwarzen Humors „das Wirkliche und Wichtige wieder sichtbar zu machen“[13], welches durch das „Verlangen, die im Dunkeln liegenden Phänomene an das Licht zu zerren bzw. die dunkle Seite der im Lichte stehenden und oftmals blendenden sichtbar zu machen“[14] erzielt wird.

Weiterhin definiert E. W. Heine seine Geschichten als Erzählungen. Denn eine Geschichte „kann auch einen relativ uninteressanten Inhalt haben, aber sie lebt [...] nur aus der Form“[15]. Im Gegensatz dazu sollte der Inhalt einer Erzählung so stark sein „das man ihn mit eigenen Worten wiedergeben kann“[16], das heißt er sollte einprägsam, fesselnd und spannend sein. Um den Begriff Erzählung genauer zu beschreiben legt Heine für seine Erzählungen fest dass sie „wie ein Märchen oder wie eine Sage oder [...] sogar wie ein Witz“[17] sein sollen. Da er diese Prinzip der Textgestaltung in seinen Texten umsetzt und die Texte nach eigenen Angaben zuerst durch das mündliche Erzählen entstehen,[18] sind E.W. Heines Definition der Texte als Erzählungen leicht nachvollziehbar.

3. Die Sprache in der Erzählung Kulu Kulu

In der Erzählung ‚Kulu Kulu’ arbeitet Heine mit mehreren Stilmitteln, um eine heitere Art des Erzählens zu etablieren und durch die humoristische Sprache einige kritische Untertöne einzuflechten. Oft baut der Autor mit Hilfe der Sprache Kontraste auf, die kulturelle oder auch ideologische Differenzen zwischen dem europäischen Zielpublikum und dem südafrikanischen Schauplatz hervorheben. Dies geschieht zum Beispiel mit der Lokalisierung des Schauplatzes gleich zu Anfang, als Heine sehr detailliert dem häufig aus einem deutschsprachigen Zielpublikum stammenden Leser bekannte Orte beschreibt und die unbekannten nur kurz nennt:

Herr und Frau Neumann kamen aus Deutschland, genauer gesagt Oberbayern. Sie lebten seit vier Jahren in Südafrika[19].

Auch um die Problematik der Kinderlosigkeit in die Erzählung einzuführen, verwendet Heine den Gegensatz, denn die Neumanns „hatten alles, außer Kinder“ (S.108).

Weiterhin kann der Name Neumann als ein Symbol für die fortschrittliche europäische Kultur stehen und kann somit ebenfalls als Kontrast zu der Kultur der Tugela, dem afrikanischen Hausmädchen, gesehen werden, in der noch an den „Fluch der Dämonen“ (S.111) geglaubt wird und in der ein Medizinmann magische Zauber wirkt. Durch den kulturellen Gegensatz – den Glauben an Magie – baut Heine eine gegenteilige Welt auf, wie sie für schwarzen Humor typisch ist, hierauf soll im nächsten Kapitel dieser Arbeit genauer eingegangen wird.

Die Heiterkeit der ganzen Erzählung wird durch Vergleiche und Symbole hervorgerufen, die oft zum Lachen anregen, wie der Vergleich, dass Tugela „fruchtbar wie ein Wildkaninchen“ (S.108) sei. Außerdem enthält sich Heine direkter sexueller Ausdrücke und bedient sich verschiedener Symbole, um die Tätigkeiten und sexuellen Attribute der Protagonisten darzustellen. So „turnten“ (S.109) die Neumanns in einem „ehelichen Fleiß“ (S.112) oder Tugela fragt nicht direkt, ob Herr Neumann unfruchtbar ist, sondern sie fragt, ob „der Master keine Kraft in der Wurzel“ (S.110) habe. Heine verwendet auch das Stilmittel der Metapher, um direkte Ausdrücke zu vermeiden und durch eine blumige Ausdrucksweise den heiteren Erzählstil beizubehalten. Ein Beispiel hierfür ist die Erwähnung, dass Tugelas Schwester „drei jungen Männern hintereinander die Kraft aus den Lenden saugte“ (S.110).

[...]


[1] Frankfurter Allgemeine Zeitung über Ernst W. Heine. In: Ernst W. Heine: Kille Kille. Makabre Geschichten. Zürich 2002, Buchrücken.

[2] Vgl. E. W. Heine: Kille Kille. Makabre Geschichten. Zürich 2002, Über den Autor.

[3] Vgl.: E. W. Heine: Ein Interview mit E. W. Heine. 23. April 2003. S. 26f.

[4] Vgl. ebd., S. 28.

[5] Heine: Kille Kille, S. 9.

[6] Ebd., S.9.

[7] Vgl. Michael Hellenthal: Schwarzer Humor. Theorie und Definition. Essen 1989 (=Literatur-wissenschaft in der Blauen Eule), S. 42.

[8] Vgl. Heine: Kille Kille, S. 9.

[9] Vgl. Hellenthal: Schwarzer Humor, S. 43.

[10] Heine: Kille Kille, S. 9.

[11] Hellenthal: Schwarzer Humor, S. 48.

[12] Heine: Kille Kille, S. 9.

[13] Hellenthal: Schwarzer Humor, S. 43f.

[14] Ebd., S. 45.

[15] Heine: Interview. S. 27.

[16] Ebd. S. 27.

[17] Ebd. S. 27.

[18] Vgl. ebd. S. 27.

[19] E. W. Heine: Kulu Kulu. In: E. W. Heine: Kille Kille. Makabre Geschichten. Zürich 2002, S. 108. Im weiteren Verlauf werden Zitate aus diesem Primärtext bzw. Verweise darauf durch in Klammern dahintergesetzte Seitenzahlen bezeichnet.

Fin de l'extrait de 14 pages

Résumé des informations

Titre
Schwarzer Humor in E.W. Heines Erzählung "Kulu Kulu"
Université
University of Trier  (Fachbereich II Germanistik)
Cours
Proseminar: Spielarten des Komischen in der Sprache
Note
1,0
Auteur
Année
2003
Pages
14
N° de catalogue
V133956
ISBN (ebook)
9783640416226
ISBN (Livre)
9783640405862
Taille d'un fichier
497 KB
Langue
allemand
Annotations
Eine sehr vielschichtige Analyse der Erzählung E.W. Heines, deren Elemente des schwarzen Humors der Verfasser überzeugend herausarbeitet. Die Konfrontation der Sprache E.W. Heines mit theoretischen Erklärungsansätzen des Schwarzen Humors nach Hellenthal gelingt sehr gut.
Mots clés
E.W. Heine, populäre Literatur, Kurzprosa, Erzählungen, Kulu Kulu, Schwarzer Humor, Michael Hellenthal, afrikanische und deutsche Kultur, Zwillinge
Citation du texte
Christoph Höbel (Auteur), 2003, Schwarzer Humor in E.W. Heines Erzählung "Kulu Kulu", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/133956

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