Die vorliegende Untersuchung befasst sich mit der Übertragung von Kryptowährungseinheiten auf Grundlage der Vorschriften des BGB. Es werden unterschiedliche Ansätze diskutiert und eine eigene Theorie vorgeschlagen.
Dabei wird man als Ausgangspunkt einer Untersuchung von Kryptowährungstransaktionen hinsichtlich dieser Kategorien des BGB festhalten können, dass die Transaktion von Kryptowährungen, wie z.B. Bitcoin, in jedem Fall ein Realhandeln mit sich bringt. Auch wird es unproblematisch sein, dass ein Verpflichtungsgeschäft über den Austausch von Kryptowährungseinheiten wirksam geschlossen werden kann. Unklar ist hingegen, ob Kryptowährungstransaktionen auch eine Verfügungsebene mit sich bringen. Hinter dieser Frage verbirgt sich die Problematik, dass bislang ungeklärt ist, ob die faktische Inhaberschaft von Kryptowährungen zugleich eine rechtliche Befugnis an einer solchen vermittelt, über die verfügt werden kann. Als faktische Inhaberschaft lässt sich die Zugriffsmöglichkeit auf die Kryptowährungseinheiten durch ihren tatsächlichen Inhaber definieren. Neben dieser tatsächlichen Inhaberschaft könnte eine Berechtigung des Inhabers, die Kryptowährungen zu halten, stehen, die sogenannte rechtliche Inhaberschaft. Dies würde dazu führen, dass eine Trennung zwischen der technisch-faktischen Ebene und einer (etwaigen) rechtlichen Ebene existiert. Freilich verschwimmt diese Trennung im allgemeinen Sprachgebrauch. Vielfach werden Begriffe wie „Zuordnung“, „Verfügung“, „Übertagung“ und sogar „Eigentum“ an Kryptowährungen wie selbstverständlich bemüht. Der Grund hierfür dürfte nicht zuletzt in der Bezeichnung „Coins“ (englisch für „Münzen“) für Kryptowährungseinheiten liegen, welcher dazu verleitet, das Bild einer physischen Münze vor Augen zu haben statt eines Eintrags in einem digitalen Register. Doch selbst in der juristischen Literatur wird die Trennung zwischen der faktischen Zuordnung und einer damit einhergehenden rechtlichen Befugnis nicht durchweg beachtet.
Die vorliegende Untersuchung widmet sich daher einerseits der Frage, ob eine Übertragung von Kryptowährungseinheiten von einem Rechtssubjekt auf ein anderes Rechtssubjekt eine Verfügung im Rechtssinne mit sich bringt und welche Folgen sich hieraus im bürgerlichen Recht gegebenenfalls ergeben könnten.
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung
- Teil 1: Einführung
- Kapitel 1: Einleitung
- Allgemeines
- Problemstellung und Forschungsfragen
- Abgrenzung der Thematik
- Relevanz der Thematik
- Kapitel 2: Grundlagen
- Technische Grundbegriffe
- Die „distributed-ledger-technology“
- Blockchain
- Angriffsmöglichkeiten
- Kryptowährungen
- Die Begriffe „proof-of-work“ und „proof-of-stake“
- Transaktion
- Fazit: Wesentliche Eigenschaften von Kryptowährungen
- Methodische Vorüberlegungen
- Trennung zwischen Technik und Laiensphäre
- Empfängerhorizont bei bewertenden Rechtsbegriffen
- Verfassungskonforme Auslegung
- Teil 2: Verfügungsgeschäfte bei Kryptowährungstransaktionen
- Kapitel 3: Verfügungsgegenstände im BGB
- Sachen
- Gegenstände
- Rechte
- Zwischenergebnis
- Kapitel 4: Erforderlichkeit einer Rechtsposition an Kryptowährungen
- Kryptowährungen als rivalisierendes Gut
- Anwendbarkeit der Regeln über Rechtsgeschäfte
- Grundlegendes
- Beispiel: „Gute Sitten“ und „gesetzliche Verbote“
- Beispiel Minderjährigenschutz
- Beispiel: Schutzfunktion eines Rechts
- Ergebnis
- Kapitel 5: Begründungsansätze im Güterzuordnungsrecht
- Überblick
- Kryptowährungsinhaberschaft als Sacheigentum
- Herrschende Meinung
- Zum Typenzwang, numerus clausus und Zweck des Sachenrechts
- Ansicht Johns
- Stellungnahme
- Gegenstandsbegriff im Sinne des § 90 BGB
- Probleme einer Annäherung an das Sacheigentum auf Rechtsfolgenebene
- Zwischenergebnis
- Herleitung eines Rechts aus dem Datenträgereigentum
- Rechtsprechung des BGH zum Dateneigentum
- Datenträgerlose Daten als Anlass zur Neuorientierung?
- Übertragung auf Kryptowährungen
- Herleitung aus dem Strafrecht
- Orientierung am allgemeinen Persönlichkeitsrecht
- Kryptowährungsinhaberschaft als Besitz
- Gegenargumente bei Erwerb des Besitzes durch eine Einigung
- Gegenargumente auf Grundlage des herrschenden Besitzverständnisses
- Rechtsposition aus Geheimnisschutz
- Verfassungskonforme Auslegung des Begriffs „Recht“
- Überblick
- Dogmatische Herleitung
- Zwischenergebnis und Bedeutung für die Untersuchung
- Problemfälle bei der Übertragung des Rechts im bürgerlichen Recht
- Erkenntnis zu den Verfügungsgegenständen im Güterzuordnungsrecht
- Kapitel 6: Abzulehnende schuldrechtliche Begründungsansätze
- Gesellschaft durch die Miner
- Blockchain als öffentliches Gut
- Gesellschaftsvertrag
- Zwischenergebnis
- Einseitige Selbstverpflichtung
- Heranziehung des Zuwendungsverhältnisses (Miner-Nutzer)
- Begründung durch erfolgreiche Miner
- Kapitel 7: Lösungsvorschlag: Vertragsrechtliche Theorie
- Überblick
- Vertragliche Einigung bei „proof-of-work“ basierten Kryptowährungen
- Angebot
- Annahme
- Einordnung als Schuldversprechen
- Schuldversprechen auch zugunsten Dritter
- Formfragen
- Vertragliche Einigung bei „proof-of-stake“ basierten Kryptowährungen
- Verfügungshandlung
- Auf der Blockchain: Sonstige Veränderung
- Untersuchung der Rechtsnatur von Kryptowährungen im deutschen Recht
- Analyse der verschiedenen Begründungsansätze für eine Rechtsposition an Kryptowährungen
- Bewertung der Anwendbarkeit des BGB auf Kryptowährungstransaktionen
- Entwicklung einer vertraglichen Theorie für die Übertragung von Verfügungsrechten bei Kryptowährungen
- Beurteilung der Folgen der rechtlichen Einordnung von Kryptowährungen für die Praxis
- Kapitel 1: Einführung in die Thematik der Kryptowährungstransaktionen und die Forschungsfragen der Arbeit.
- Kapitel 2: Klärung der technischen Grundlagen von Kryptowährungen und Blockchain-Technologie, sowie methodische Vorüberlegungen zur rechtlichen Betrachtung.
- Kapitel 3: Analyse der rechtlichen Einordnung von Verfügungsgegenständen im BGB im Hinblick auf Kryptowährungen.
- Kapitel 4: Untersuchung der Erforderlichkeit einer Rechtsposition an Kryptowährungen und deren Bedeutung für Verfügungsgeschäfte.
- Kapitel 5: Bewertung verschiedener Begründungsansätze im Güterzuordnungsrecht für die Begründung einer Rechtsposition an Kryptowährungen.
- Kapitel 6: Diskussion und Ablehnung von schuldrechtlichen Begründungsansätzen für die Rechtsposition an Kryptowährungen.
- Kapitel 7: Vorstellung eines Lösungsvorschlags, der die vertragliche Einigung bei Kryptowährungstransaktionen im Zentrum stellt.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Rechtsnatur von Kryptowährungen im Hinblick auf die Übertragung von Verfügungsrechten. Die zentrale Forschungsfrage ist, wie sich Verfügungsgeschäfte bei Kryptowährungen rechtlich beurteilen lassen und welche Folgen sich daraus ergeben.
Zusammenfassung der Kapitel
Schlüsselwörter
Kryptowährungen, Blockchain-Technologie, Distributed Ledger Technology, Verfügungsrecht, Eigentum, Besitz, Rechtsposition, Vertrag, Schuldrecht, Güterzuordnungsrecht, Kryptowährungstransaktionen, Rechtliche Einordnung.
- Citar trabajo
- Joschua Fiedler (Autor), 2021, Die Verfügung bei Kryptowährungstransaktionen und ihre Folgen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1351052