Thomas Manns Erzählung "Herr und Hund" (1918) aus der Zeit der Moderne ist eine Schilderung der Erlebnisse des Schriftstellers mit seinem Hühnerhundmischling Bauschan und kann insofern als literarischer Beleg der Beziehung von Haushunden und ihren Besitzern gegen Ende der Moderne gelten. Mithilfe von ausgewählten Instrumenten der Human-Animal und Literary Animal Studies soll die Konstruktion der Mensch-Tier-Grenze in diesem literarischen Werk untersucht werden.
Zur Einbettung in den forschungswissenschaftlichen Kontext werden zunächst die Grundlagen der kulturwissenschaftlichen Mutterdisziplin aufgeführt. Anschließend wird die Konstruktion der Mensch-Tier-Grenze in ihrer komplexen Genese und Wirkungsweise zur Präzisierung der Zielsetzung dieser Ausarbeitung erläutert. Die Darlegung des Erkenntnisinteresses der Literary Animal Studies sowie relevanter Theorien, Ansätze und Instrumentarien, derer sich die Untersuchung des exemplarisch ausgewählten Werks bedient, leitet zur Analyse des Werks über. Diese widmet sich u.a. der Fragestellung, mit welchen Mitteln die Grenze zwischen den Kategorien Mensch und Tier gezogen, überwunden oder befestigt wird. Das abschließende Fazit stellt die wesentlichen Erkenntnisse dieser Ausarbeitung heraus.
Die Grenze zwischen Menschen und Tieren stellt ein wirkmächtiges Konstrukt dar, das von großer Ambivalenz gekennzeichnet ist. Sie basiert auf einem starken Dualismus, der mit der Abgrenzung des Andersartigen anhand von distinkten Merkmalen einhergeht und auf diese Weise eine herrschende Norm etabliert. Bezugnehmend auf das Verhältnis von Menschen und Tieren legitimiert die Abwertung der oppositionell zum Menschen angeordneten Entität "Tier" die Instrumentalisierung, Ausbeutung und Tötung von nicht-menschlichen Individuen. Die Auflösung der Mensch-Tier-Grenze, die eine Verbesserung der Lebensbedingungen von nicht-menschlichen Individuen anstrebt, stellt ein zentrales Anliegen der Human-Animal Studies und damit verbundener Teildisziplinen dar.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Human-Animal Studies
- Grundlagen
- Die Konstruktion der Mensch-Tier-Grenze
- Literary Animal Studies
- Grundlagen, Ansätze, Theorien
- Diegetische und semiotische Tiere
- Tierliche Handlungsfähigkeit (animal agiency)
- Anthropomorphisierung
- Tier-Raum-Ordnungen (Theriotopien)
- Thomas Mann - „Herr und Hund“
- Die Struktur der Mensch-Tier-Beziehung
- Die Symbiose zwischen Herr und Hund
- Bauschans tierliche agiency
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Ausarbeitung beschäftigt sich mit der Konstruktion der Mensch-Tier-Grenze in Thomas Manns Erzählung „Herr und Hund“ (1918). Im Zentrum steht die Analyse der Mensch-Tier-Beziehung im Werk, wobei die verschiedenen Formen der Interaktion zwischen Mensch und Tier, die Bedeutung von tierlicher Handlungsfähigkeit (animal agiency) und die Repräsentation von Tieren in literarischen Texten untersucht werden.
- Die Mensch-Tier-Grenze in der Moderne
- Tierliche Handlungsfähigkeit und anthropomorphe Zuschreibungen
- Symbiose zwischen Mensch und Tier
- Die Bedeutung von literarischen Tierfiguren
- Kritik am anthropozentrischen Blickwinkel
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Mensch-Tier-Grenze ein und erläutert den wissenschaftlichen Kontext der Untersuchung. Dabei werden die Human-Animal Studies und die Literary Animal Studies als relevante Forschungsrichtungen vorgestellt. Im zweiten Kapitel werden die Grundlagen der Human-Animal Studies sowie die Konstruktion der Mensch-Tier-Grenze näher beleuchtet. Das dritte Kapitel widmet sich den Grundlagen, Ansätzen und Theorien der Literary Animal Studies, die für die Analyse der Erzählung „Herr und Hund“ von Bedeutung sind. Das vierte Kapitel analysiert die Mensch-Tier-Beziehung in der Erzählung und untersucht die Symbiose zwischen Herr und Hund, die Bedeutung der tierlichen Handlungsfähigkeit sowie die Darstellung des Hundes Bauschan.
Schlüsselwörter
Mensch-Tier-Grenze, Human-Animal Studies, Literary Animal Studies, Thomas Mann, „Herr und Hund“, Tierliche Handlungsfähigkeit, Anthropomorphisierung, Symbiose, Literatur, Narrative, Grenzziehungspraktiken.
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- Anonym (Author), 2018, Die Grenze zwischen "Herr und Hund". Narrative Grenzziehungspraktiken in Thomas Manns gleichnamiger Erzählung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1352340