Die neuen Aufgaben und Rollen der Bundesdeutschen Verwaltung zwischen transnationalen Programmen und supranationalem Recht in der EU


Seminar Paper, 2003

22 Pages, Grade: 1,3


Excerpt


Gliederung

I. Einleitung

II. Hauptteil
1. Internationalität, Transnationalität, Supranationalität
2. Die transnationale Kooperation
2.1 Ein europäisches Phänomen?
2.2 Länder, Gemeinden und Gebietskörperschaften als neue Akteure auf EU-Ebene
2.2.1 Das Interreg III – Programm der EU
2.2.2 Von der transnationalen Kooperation zum transnationalem Recht – die Karlsruher Übereinkünfte 1997
2.3 Zwischenergebnis
3. Die EU – eine supranationale Rechtsgemeinschaft
3.1 Die Beteiligung der mitgliedstaatlichen Verwaltungen an der Gemeinschaftsrechtsetzung
3.2 Vorverhandlungen und Gemeinschaftsrechtsetzung
3.3 Umsetzung von Gemeinschaftsrecht
3.3.1 Transformation in nationales Recht
3.3.2 Der verwaltungsmäßige Vollzug von Gemeinschaftsrecht
3.4 Zwischenergebnis

III. Schluss

I. Einleitung

Seit ihren Anfängen auf Basis des Schumannplans zur EGKS hat die Europäische Union viele Schritte absolviert, um an ihren jetzigen Punkt anzugelangen. Anfänglich eine reine Gemeinschaft der schwerindustriellen Branchen zur Kontrolle der kriegsrelevanten Industrien (EGKS) musterte sie sich Schritt auf Schritt weiter in Richtung umfassender europäischer Wirtschaftsgemeinschaft, die eine Vielzahl von Themen behandelt und regelt, von Agrarwirtschaft über Finanzsysteme zur Zollunion, und in viele andere Politikbereiche hinein[1]. Hierfür waren die römischen Verträge 1955 von entscheidender Bedeutung. Darin strebten die damals 6 Gründungsmitglieder eine Schaffung eines gemeinsamen Marktes mit freiem Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr sowie die dafür notwendige Koordinierung und Harmonisierung unterschiedlicher Politiken an. Diese Grundidee ist mit den Maastrichter Verträgen, zum Beschluss der gemeinsamen Währungsreform, und dem Schengener Abkommen 1993, das nationale Grenzöffnungen zu einem europäischen Binnenraum vorsah, entscheidend vorangekommen, und hat die Situation der benachbarten Staaten in Europa deutlich verändert.

Der freie Waren-, Kapital- und Dienstleistungsverkehr ist eingerichtet, und nationale Sicherheitskontrollen wurden von den Grenzstationen abgezogen. Das bedeutet aber für Grenzregionen mehr, als nur einen Umbau der Sicherheits- und Kontrollmechanismen, es bedeutet auch, dass neue Aufgaben entstehen, die weder in territorialen noch in national-administrativen Grenzen zu lösen sind. Wirtschaftlich beispielsweise konkurrieren im weltweiten oder mindestens im innereuropäischen Wettbewerb um Wirtschaftsstandorte nicht mehr nur die Nationalstaaten, sondern auch innerstaatliche und kommunale Untergliederungen wie Länder, Provinzen, Regionen oder Städte. Die daraus entstehenden Verwaltungsanforderungen bzgl. Umweltschutz, Infrastruktur, etc. machen grenzüberschreitende Zusammenarbeit erforderlich und zunehmend relevant. Wo vor der Grenzöffnung die Nationalstaaten mit ihren Verwaltungen selbst international agierten, entstehen seit der Grenzöffnung verstärkt transnationale Kooperationen mit veränderten Akteuren.

Die sich aufdrängende Frage nach dem heutigen verändertem Einfluss- und Kompetenzbereich der Bundesregierung im Verhältnis zu neuen transnationalen und supranationalen administrativen Strukturen soll in dieser Arbeit untersucht werden.

(Mit welchen Kompetenzen sind eventuelle neue transnationale Akteure ausgestattet, und in welchem Verhältnis stehen sie zur Bundesverwaltung?

Welche Kompetenzen hat die bundesdeutsche Verwaltung bei transnationalen Kooperationen und welchen Einfluss auf supranationales Recht? Wird die Nationalverwaltung im weiteren Integrationsprozess Europas überflüssig?)

Das erste Kapitel dieser Arbeit wird sich mit transnationalen Kooperationen beschäftigen, und aufkeimende Fragen der Entstehung solcher Kooperationen, ihre Rechtssituation und –gültigkeit, sowie deren Akteure darstellen, und sich nach aus der veränderten Situation ergebenden Konsequenzen für nationale Verwaltungen suchen.

Auf der anderen Seite zerrt die gemeinschaftsrechtliche Gesetzgebung der EU an den Gesetzgebungskompetenzen der souveränen nationalstaatlichen Verfassungen und ihrer Verwaltungen.

Das zweite Kapitel widmet sich der Supranationalität der EU. Wie oben dargestellt ist die Geschichte der EU Produkt vieler, zeitlich oft weit voneinander getrennter, Entscheidungen und Verträge, doch haben sich im Laufe der Zeit starke Institutionen der europäischen Politik gebildet, und wurden mit einflussreichen Kompetenzen ausgestattet, die auch über nationales Recht hinweg zu entscheiden vermögen. Diese „höhere Instanz“ der europäischen Politik als supranationaler Instanz soll im zweiten Kapitel in bezug auf die Rolle der nationalen Verwaltungen bei der Entstehung von Gemeinschaftsrecht, sowie auf dessen Arten, Formen und Umsetzungsmöglichkeiten, hin untersucht werden.

Vorangehend sollen nun aber zuerst die im weiteren gebrauchten Begriffe erläutert werden.

II. Hauptteil

1. Internationalität, Transnationalität, Supranationalität

Unter Internationalität versteht man gemeinhin interaktives Handeln das zwischen Nationalstaaten stattfindet. Die Staaten treten als terretorial und politisch getrennte Machteinheiten auf. Internationale Verwaltungen entstehen, wenn diese in Interaktion getretenen Staaten gemeinsame nationale Interessen zu institutionellen Ordnungen verdichten. Durch Beschlüsse auf internationaler Ebene wird terretoriales Nationalrecht durch gemeinschaftlich erarbeitetes Gemeinschaftsrecht ergänzt. Eine völkerrechtliche Bewertung der internationalen Verwaltung sah in den 60ern diese internationale Rechtsetzung und Verwaltung als eine unpolitische, sachlich-funktionale Ergänzung zu politischen Terretorialrecht.

In der Europäischen Gemeinschaft greift diese Form der staatlichen Kooperation jedoch weit zu kurz. Zu weitreichend sind die Aufgaben auf europäischer Ebene, als dass sie als sachlich oder nur funktional bezeichnet werden können. Mit den weitreichenderen Einigungsverträgen in Rom war bereits erkennbar, dass die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft grundsätzlich mehr sein sollte als nur eine liberale Zollunion.[2]

Supranationalität definiert sich in einer weitreichenderen Funktionalisierung von gemeinsamen (Sach-) Interessen. Eine supranationale Verwaltungsgemeinschaft ist so weit durchfunktionalisiert, dass sich eine institutionelle Ordnung nicht nur zwischen den Staaten auf internationaler Ebene, sondern in gewissen Maß auch über ihnen bildet. Auf europäischer Ebene haben die Nationalstaaten trotz einer zunehmenden Kompetenzzunahme der europäischen Institutionen noch zentrale Bedeutung. Die EU begründet sich noch immer auf souveräne Nationalstaaten, die zwar in einen überaus engen Staatenbund eingetreten sind, der aber noch keine Verfassung vorweisen kann, sondern dessen Gemeinschaftsgewalt sich von den Mitgliedstaaten ableitet. In Deutschland kann auf europäischer Verwaltungsebene beschlossenes Recht nur aufgrund des „Rechtsanwendungsbefehls“ verbindlich wirken. Dennoch kann und wird die europäische Ebene zunehmend als überstaatliches Konstrukt weit in nationale Aufgaben reichenden Kompetenzen wahrgenommen.

Der Begriff der transnationalen Zusammenarbeit wird heute vor allem auf bilaterale und multilaterale Zusammenarbeit in regionalen und kommunalen Räumen zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft oder an den Außengrenzen der Gemeinschaft angewendet.

In dieser Form der Kooperation sind neben den nationalstaatlichen Regierungen auch innerstaatliche Untergliederungen wie wirtschaftliche oder ökologische Gruppen, sowie andere Interessenverbände und Gebietskörperschaften im grenzüberschreitenden Dialog und in Entscheidungen miteingebunden. Hier ist vor allem zu erwähnen, dass die Interaktion der Akteure vor allem auf horizontaler Ebene der Interessengruppen wichtig ist, sowie aber auch vertikale Kommunikation zwischen dem Nationalstaat seiner Regierung und seinen innerstaatlichen Untergliederungen der Kreise, Gemeinden.

2. Die transnationale Kooperation

2.1 Ein europäisches Phänomen?

Die Aufhebung der europäischen Binnengrenzen als Ergebnis der Vollendung des europäischen Binnenmarktes bedeutet auch, dass die europäischen Regionen in neue Beziehungen zueinander treten. Vormals periphere Regionen sind so in neue Zentrallagen gerückt, oder werden noch gerückt werden, woraus neue Formen der regionalen Beziehungen und der interregionalen Wettbewerbe und Wettbewerbsfähigkeit entstehen, die sich regional nicht mehr nur innerhalb von Nationalgrenzen abspielen. Es lässt sich das „Ziel nachweisen, in der verstärkten internationalen Zusammenarbeit zu einer Addition der regionalen Potentiale zu gelangen, und damit die Entwicklungschancen grenzüberschreitend zu erhöhen.“[3]

Die Inhalte dieser Kooperationsformen können höchst unterschiedlich sein, und reichen von der Stärkung regionaler Wettbewerbsfähigkeit, Ausbau der Infrastruktur und der Zusammenführung kultureller Güter, sowie Zusammenlegung von Katastrophenschutz- einrichtungen bis hin zu raumordnerischer Planung.

Der Wille, die politische und bürgerliche Integration Europas weiter zu fördern, wird auch mit dem Vorhaben getragen, neue regionale Kooperationen zu schaffen, zusammenzuführen, und so zu neuen transnationalen Identitäten der Regionen zu gelangen.[4]

Transnationale Zusammenarbeit gedeiht dort gut, wo nationale Grenzen keine unüberwindbaren Bürden darstellen. Vor allem im europäischem Raum ist die Degeneration von Grenzen auf allen Ebenen im Gange, oder bereits geschehen.[5] Die Auswirkungen der Globalisierung haben aber auch andere Formen der Transnationalität hervorgebracht, oder zumindest stark verstärkt; so sind auch transnationale Programme in großen internationalen Unternehmen vorzufinden[6], oder andere Beispiele staatlicher transnationaler Projekte im südamerikanischem Raum mit MERCOSUR, oder der NAFTA, sowie im südlichem Afrika und in Ostasien[7]. Als gleichbedeutend können diese Projekte doch aber nicht angesehen werden. MERCOSUR und NAFTA sind Programme, die eine Zollfreie Zone zwischen den bedeutenden südamerikanischen Ländern errichten wollen. Die Kooperationsprogramme der EU gehen seit geraumer Zeit weit über gemeinsame Zoll- und Währungspolitik hinaus, und können mittlerweile als „identitätsstiftende“ Integrationsprogramme angesehen werden. Deshalb darf transnationale Kooperation vielleicht nicht als europäische Erfindung gesehen werden, doch aber ist Europa ein Großraum, in dem transnationale Kooperation (auch natürlich wegen der Fördermittel) gut funktioniert.[8]

[...]


[1] Vgl. Schmidt, M. G.,(1999) S. 309 f

[2] dazu z.B. Weidenfeld, W., S. 16

[3] Siedentopf, H., (1999), S. 716

[4] Siehe: Hefte „Karlsruher Übereinkommen“; Internet-Seite zu Interreg Programmen (A, B, D)

[5] Die 5 Charakteristika von Grenzen: terretorial, wirtschaftlich, rechtlich, kulturell, sozialpsychologisch finden sich ausf.: Hummer (2000)

[6] Beck, Ulrich, (1998), S. 28 f

[7] dazu näher: Schirm, S.A.

[8] siehe Bewertungen der Interreg-Programme, die mittlerweile zum zweiten Mal verlängert und ausgebaut wurden; s. Internet-Seite (Seiten A, B)

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Details

Title
Die neuen Aufgaben und Rollen der Bundesdeutschen Verwaltung zwischen transnationalen Programmen und supranationalem Recht in der EU
College
Humboldt-University of Berlin  (Institut für Sozialwissenschaften)
Course
Politik und Verwaltung in Deutschland & Europa
Grade
1,3
Author
Year
2003
Pages
22
Catalog Number
V13583
ISBN (eBook)
9783638191982
File size
490 KB
Language
German
Notes
Eine mit viel Engagement geschriebene Arbeit, die sich durch sprachliche Formulierung und gute Strukturierung auszeichnet.
Keywords
Aufgaben, Rollen, Bundesdeutschen, Verwaltung, Programmen, Recht, Politik, Verwaltung, Deutschland, Europa
Quote paper
Robert M. Schmid (Author), 2003, Die neuen Aufgaben und Rollen der Bundesdeutschen Verwaltung zwischen transnationalen Programmen und supranationalem Recht in der EU, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/13583

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