Der Hollywood-Familienfilm Dora and the Lost City of Gold (Paramount/Nikelodeon Movies 2019) wird bezüglich seines Umgangs mit fremdsprachlichen Segmenten im Original und deren Synchronisation ins Deutsche, Italienische, Spanische und Französische untersucht.
In der heutigen Zeit ist mit Filmen auch immer der Wunsch nach und der Notwendigkeit von Diversität verbunden. Im Zusammenhang mit diesem modernen Phänomen erscheint es interessant zu ermitteln, inwiefern dieses Streben Einfluss auf die Quantität und Qualität der fremdsprachlichen Segmente im Film und seinen zielsprachlichen Versionen hat und ob es und in welcher Form mögliche – heutige wie zukünftige – Wechselwirkung mit der Sprachidentität der Rezipienten und Rezipientinnen gibt. Dabei ist die Filmübersetzung als interdisziplinäres Forschungsfeld zu verstehen, in das unter anderem soziolinguistische, medienwissenschaftliche und vor allem interkulturelle Fragestellungen einfließen.
Inhalt
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
A PROBLEMSTELLUNG UND AUFBAU DER ARBEIT
1 GEGENSTAND DER ARBEIT
2 ZIELSETZUNG DER ARBEIT
3 AUFBAU DER ARBEIT
B THEORETISCHE GRUNDLAGEN DER FALLANALYSE
1 DIE AUDIOVISUELLE ÜBERSETZUNG
1.1 AUDIOVISUELLES ÜBERSETZEN ALS WISSENSCHAFT
1.2 MODALITÄTEN DERAUDIOVISUELLEN ÜBERSETZUNG ALS LÄNDERSPEZIFISCHE TRADITIONEN IN EUROPA
1.2.1 Untertitelungsländer
1.2.2 Synchronisationsländer
1.2.3 Synchronisation versus Untertitelung
1.3 RESTRIKTIONEN DER AUDIOVISUELLEN ÜBERSETZUNG
2 MEHRSPRACHIGKEIT IM AUSGANGSTEXT
2.1. BEGRIFFSBESTIMMUNG MEHRSPRACHIGKEIT
2.2 MEHRSPRACHIGKEITIN FILMEN
2.2.1 Funktionen von Mehrsprachigkeit in Filmen
2.2.2 Mehrsprachigkeit und Code-Switching in Filmen
2.2.3 Spanisch und Quechua als Filmsprachen
2.2.4 Übersetzung und Kultur
3 MEHRSPRACHIGKEITALS HERAUSFORDERUNG
3.1 STRATEGIEN DER ÜBERSETZUNG VON L3-SEGMENTEN
3.2 TECHNIKEN BEI DER ÜBERSETZUNG VON L3-SEGMENTEN
3.3 MODALITÄTEN BEI DER ÜBERSETZUNG VON L3-SEGMENTEN
C FALLANALYSE DORA AND THE LOST CITY OF GOLD
1 MOTIVATION
2 KONTEXTUALISIERUNG UND INHALTSANGABE
2.1 KONTEXTUALISIERUNG DORA ANDTHE LOST CITYOFGOLD
2.2 INHALTSANGABE DORAAND THE LOSTCITYOFGOLD
1 METHODOLOGIE UND KORPUS DER ANALYSE
1.1 METHODOLOGIE
1.2 KORPUS
2 UNTERSUCHUNG DER FREMDSPRACHLICHEN ELEMENTE
2.1 DARSTELLUNG DER L3 IN DORA AND THE LOST CITY OF GOLD
2.1.1 Spanisch
2.1.2 Quechua im Film
2.2 UMGANG MIT L3 BEI DER ÜBERTRAGUNG IN DIE ZIELSPRACHEN
2.2.1 SPANISCH
2.2.2 QUECHUA
3 SPRACHE, KULTUR UND IDENTITÄT
4(SPRACHLICH-KULTURELLE) DIVERSITÄT IN HOLLYWOODFILMEN
FAZITUNDAUSBLICK
BIBLIOGRAPHIE UND FILMOGRAPHIE
ANHANG
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Gegenüberstellung von Synchronisation und Untertitelung, (eigene Darstellung)
Tabelle 2: Kulturelle Kategorien (vgl. Newmark 1988: 94-103, Übertragung aus dem Englischen S.N.)
Tabelle 3: Übersetzung des Segments L3OT (vgl. Corrius/Zabalbeascoa 2011: 124, Übertragung aus dem Spanischen S.N.)
Tabelle 4: Übersicht der möglichen Analysekriterien I, (eigene Darstellung). 44 Tabelle 5: Übersicht der möglichen Analysekriterien II, (eigene Darstellung)
Tabelle 6: Überblick Schauspieler, ethnische Hintergründe der Schauspieler, von ihnen verkörperte Ethnie im Film, gesprochene Sprache im Film - nur relevante Darsteller -, (eigene Darstellung)
Tabelle 7: Filmmusik in Dora and the Lost City of Gold, (eigene Darstellung)
Tabelle 8: Vorgaben im englischen Drehbuch/ Übertragung in Quechua (vgl. Neumann, persönliche Kommunikation, 4.11.2020, teilweise Übertragung aus dem Spanischen S.N.)
Tabelle 9: Übersicht über Charaktere und ihrer Synchronsprecher (sofern bekannt), (eigene Darstellung)
Tabelle 10: Überblick Übersetzungsländer und Übersetzungsteams, (eigene Darstellung)
Tabelle 11: Korpus
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Der multiple Prozess der Übersetzung (vgl. Hurtado Malillos/Cuéllar Lazaro 2018: 148, Übertragung aus dem Spanischen S.N.)
Abbildung 2: Möglichkeiten der Übersetzung L3MT (vgl. Corrius/Zabalbeascoa, 2011: 120, Übertragung aus dem Englischen S.N.)
Abbildung 3: Veränderung der ethnischen Zusammensetzung der US- Bevölkerung 2010-2019 (PEW Research Center in: Krogstad 2020: 40)
Abbildung 4: Gewählte Top 10 Filme des Latinx Publikums (Hunt et al. 2020: 40)
Abbildung 5: Visuelle Gegenüberstellung von links nach rechts US- Dora the explorer (Nickelodeon Animationsstudio 2000-2015); US- Dora and Friends: Into the City! (Nickelodeon Animationsstudio 2015-2017); DVD Cover Dora and the Lost City of Gold (Paramount/ Nickelodeon)
Abbildung 6: Fotogramm Zwischensequenz (vgl. Korpus)
Abbildung 7: Fotogramme El Don/Landkarten (vgl. Korpus)
Abbildung 8: Liedtext Soy yo, (eigene Darstellung)
Abbildung 9: Fotogramm khipu “Knotenschrift” (vgl. Korpus)
Abbildung 10: tocapus auf der Kleidung der Inka-Prinzessin in Dora and the Lost City of Gold
Abbildung 11: Fotogramm Yawar Mayu (vgl. Korpus)
Abbildung 12: Fotogramm pukyo (vgl. Korpus)
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
A Problemstellung und Aufbau der Arbeit
1 Gegenstand der Arbeit
Audiovisuelle Medien sind zu einem wichtigen Bestandteil der Unterhaltung, der Informationsübertragung und nicht zuletzt der Ausprägung von kulturellen Identitäten geworden. Die Ausprägung der neuen Formen medialer beziehungsweise multimedialer Kommunikationsformen beschäftigt seit Jahrzehnten auch den Bereich der Übersetzungswissenschaft1 (oder Translatologie) und werden zu ihrem Gegenstand. „Translation bedeutet, Fremdes zugänglich zu machen, Distanz und Alterität für ein Publikum, das eine Mitteilung, eine Äußerung, einen Text nicht verstehen kann, zu überwinden“ (Sandrini 2011: 1095). Die Filmübersetzung als Teil der Übersetzungswissenschaft mittels beispielsweise Synchronisation oder Untertitelung stellt spezifische Anforderungen und ist ein übersetzungsstrategisches und -methodisches Problem, das in der Wissenschaft zunehmend an Interesse gewinnt. Das kann besonders bei mehrsprachigen audiovisuellen Texten2 beobachtet werden. Innerhalb dieser speziellen Textsorte sind es die fremdsprachlichen Segmente, deren Übertragung in andere Sprachen nicht nur eine zunehmend stärkere Herausforderung an den Übersetzer darstellen, sondern zudem von interdisziplinärem beziehungsweise multidisziplinärem Interesse sind (vgl. di Giovanni/Orero/Agost 2012: 9-22), denn die „[audiovisuelle] Translation [... ist] ein vielschichtiges multidimensionales Phänomen [...], das Sprache und Kultur in Situation und im Vergleich aufeinander bezieht“ (Sandrini 2011: 1100). Die Gegenwärtigkeit der Mehrsprachigkeit in den nationalen und internationalen Medien und die Forschung diesbezüglich spiegelt die Notwendigkeit wider, Sprache als Teil der Kultur wahrzunehmen, weil sie Identität schafft. Es gibt keine Sprache ohne Kultur und keine Kultur ohne Sprache, denn die Sprache beeinflusst die spezifische Wahrnehmung von Lebenswirklich- keit. Ein reflektierter Umgang mit Mehrsprachigkeit stellt somit eine Bereicherung für jeden Einzelnen und jede Einzelne3 sowie für die ganze Gesellschaft dar.
2 Zielsetzung der Arbeit
Auf die Auseinandersetzung, ob die Synchronisation oder die Untertitelung als Methode zur Übertragung fremdsprachlicher Elemente in multilingualen4 Filmen favorisiert werden sollte, wird in dieser Arbeit nicht eingegangen. Vielmehr steht ein Fallbeispiel im Mittelpunkt der Betrachtung. Der Hollywood-Familienfilm Dora and the Lost City of Gold (Paramount/Nikelodeon Movies 2019) aus dem Jahr 2019 wird bezüglich seines Umgangs mit fremdsprachlichen Segmenten im Original und deren Synchronisation ins Deutsche, Italienische, Spanische und Französische untersucht. In der heutigen Zeit ist mit Filmen auch immer der Wunsch nach und der Notwendigkeit von Diversität verbunden. Im Zusammenhang mit diesem modernen Phänomen erscheint es interessant zu ermitteln, inwiefern dieses Streben Einfluss auf die Quantität und Qualität der fremdsprachlichen Segmente im Film und seinen zielsprachlichen Versionen hat und ob es und in welcher Form mögliche - heutige wie zukünftige - Wechselwirkung mit der Sprachidentität der Rezipienten und Rezipientinnen gibt. Dabei ist die Filmübersetzung als interdisziplinäres Forschungsfeld zu verstehen, in das unter anderem soziolinguistische, medienwissenschaftliche und vor allem interkulturelle Fragestellungen einfließen.
Für die vorliegende Arbeit ergeben sich folgende Forschungsfragen:
- (Deskriptiv): Welche Strategien und Techniken werden bei der Übertragung des Originalfilms in die Zielsprachen in Bezug auf die der fremdsprachlichen Elemente genutzt und mit welcher Wirkungsabsicht? Worin lagen mutmaßliche Schwierigkeiten bei der Übersetzung und welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede liegen diesbezüglich zwischen dem Originalfilm und den verschiedenen zielsprachlichen Versionen?
- (Evaluativ): Inwiefern wirkt sich die Gegenwärtigkeit der fremdsprachlichen Elemente des Films auf die Sprachidentität seiner Rezipienten und Rezipientinnen aus?
- (Prädikativ): Welche möglichen Veränderungen im Umgang mit fremdsprachlichen Elementen im Film werden sich für zukünftige Filme ergeben?
3 Aufbau der Arbeit
Im Teil A der Arbeit werden Gegenstand und Zielsetzung vorgestellt. Da die Übersetzungswissenschaft eine Vielzahl von Forschungsschwerpunkten vereint, wird das Thema auf die Übersetzung fremdsprachlicher Segmente in der Audiovisuellen Übersetzung (AVÜ) begrenzt. Eine solche Beschränkung ist notwendig, da selbst dieser Teilbereich noch immer ein komplexes inter- oder multidisziplinäres übersetzungsstrategisches und übersetzungsmethodisches Problem darstellt. Daher bietet es sich an, dieses nicht nur zu beschreiben, sondern zudem in der Interdependenz mit Kultur und Identität zu evaluieren und Lösungsansätze für die Problematik des zukünftigen Umgangs mit fremdsprachlichen Segmenten in Filmen zu präsentieren.
Der Hauptteil der Arbeit besteht aus zwei Bereichen B und C, wobei im ersten der beiden Teile, die der Fallanalyse zugrunde liegende Theorie vorgestellt wird. Kapitel 1 widmet sich der audiovisuellen Übersetzung als Teil der Übersetzungswissenschaft, zeigt die Traditionslinie der europäischen Übersetzung im Bereich des Kinos auf und weist auf Restriktionen dieses Forschungsbereichs hin. Einen besonderen Schwerpunkt bildet der Aspekt der Mehrsprachigkeit im Kapitel 2. Zunächst werden Schwierigkeiten der Begriffsbestimmung erläutert, bevor Auftreten, mögliche Schwierigkeiten und Problemlösungsstrategien genauer beschrieben werden. Beide Kapitel dienen der Vorbereitung für den analytischen sowie den evaluativen und prädikativen Bereich C.
In einem zweiten großen Teilbereich C erfolgt die korpusbasierte Analyse anhand der zuvor aufbereiteten Grundlagen. Zunächst wird in Kapitel 1 die Motivation zur Auswahl des Forschungsobjekts präsentiert. Nach der kontextuellen und inhaltlichen Einordnung des Untersuchungsobjekts, dem Film Dora and the Lost City of Gold wird die Methodologie der Untersuchung dargelegt und in das Korpus vorgestellt. Das folgenden Kapitel 2 widmet sich den fremdsprachlichen Elementen des Films, wie sie im Original zu finden sind. Daran anschließend werden dieselben Elemente noch einmal im Kontext der verschiedenen Varianten des Films, also in der Umgebung neuer Zielsprachen, unter anderem auf angewandte Strategien, Techniken und Modi untersucht. Kapitel 3 versucht die Frage zu beantworten, inwiefern Sprache, Kultur und Identität miteinander zusammenhängen und wie sich das im Film darstellt. In Kapitel 4 wird ein Blick in die mögliche Zukunft des Kinos in Bezug auf vor allem sprachlicher und kultureller Diversität geworfen.
Im Fazit erfolgt die Beantwortung der gestellten Forschungsfragen. Außerdem soll ein Ausblick auf zukünftige Forschungsmöglichkeiten gegeben werden.
B Theoretische Grundlagen der Fallanalyse
In diesem Teil der Arbeit werden die theoretischen Grundlagen für die sich anschließende Fallanalyse aufeinander aufbauend dargelegt und Verknüpfungen zwischen den Bereichen aufgezeigt.
1 Die audiovisuelle Übersetzung
1.1 Audiovisuelles Übersetzen als Wissenschaft
Auch wenn Mounin (1967) treffend bemerkt, dass es „die Übersetzung [...] immer gegeben [hat]; [. und sie] keineswegs eine Neuerscheinung im Leben unserer Zivilisation“ (Mounin 1967: 229) ist, wird die Übersetzungswissenschaft als eigenständige Disziplin erst in den sechziger- bis achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts ins Leben gerufen. Die Abgrenzung der Übersetzung vom Dolmetschen erfolgt begründet auf der Möglichkeit der wiederholten Korrigierbarkeit des Textes. Das setzt wiederum einen fixierten Ausgangs- und einen fixierten Zieltext voraus (vgl. Kade 1968: 33). Übersetzen definiert sich demnach als die Translation eines fixierten und demzufolge permanent dargebotenen bzw. beliebig oft wiederholbaren Textes der Ausgangsprache in einen jederzeit kontrollierbaren und wiederholt korrigierbaren Text der Zielsprache (Kade 1968: 33).
Filme als Audiovisuelle Texte unterliegen einem weitgefassten Textverständnis, das sich auf alles bezieht, was als kommunikatives Mittel eingesetzt werden kann. Text meint dann nicht nur das zugrunde liegende Drehbuch oder Transkript, welches bei einer Übertragung in andere Sprachen genutzt wird, sondern den Film als Gesamtheit als audiovisueller Text. Der Text muss dann sieben Textualitätskriterien erfüllen. Kohäsion, Kohärenz, Intentionalität, Akzeptabilität, Informativität, Situationalität und Intertextualität sollten nicht nur auf der verbalen Ebene, sondern auch bei nonverbalen Elementen gegeben sein (vgl. Zabalbeascoa 1977: 330). Bei Translaten dieser Art liegt das besondere Augenmerk auf der Lippen-, aber auch der Gestensynchronität, glaubhaften, realistischen Dialogen, Kohärenz zwischen Bild und Ton, getreue Übersetzung sowie Tonqualität und der Interpretation der Schauspieler, Qualitätskriterien wie Chaume (2012) sie darlegt, denn obwohl diese bisher weder empirisch nachprüf- bar sind noch auf alle Synchronisationsländern gleich angewandt werden können, macht "[d]iesen Texttyp macht [.], dass der Verbaltext seine volle Wirkung nur in Co-Existenz mit dem Bild entfalten kann" (Kurz 2006: 9). Für die Erforschung von audiovisuellen Texten müssen allerdings weder neue Übersetzungstheorie entworfen werden und noch neue Übersetzungsstrategien für Übersetzer und Übersetzerinnen (vgl. Chaume Varela 1997: 316; vgl. Remael 2001: 21).
Als Terminus ist die Übersetzung audiovisueller Texte oder audiovisuelle Über- setzung5 eher ein Sammelbegriff, der verschiedene Fachbereiche integriert, wie zum Beispiel Rechtsübersetzen, naturwissenschaftliches Übersetzen oder medizinisches Übersetzen (vgl. Chaume 2014[2]:4). So ist die AVÜ auch nicht eindeutig dem Fachübersetzen oder dem Literaturübersetzen zuzuordnen, gleichwohl zum Beispiel Parallelen zwischen Filmübersetzen als Teilbereich der AVÜ und dem Literaturübersetzen angenommen werden können. Das ist besonders der Fall bei fiktiven Filmen und Serien (vgl. D^az-Cintas 2009:5). Über die Jahre wurden diesem Gebiet der Übersetzung verschiedene Namen gegeben: film dubbing (vgl. Fodor 1976), constrained translation (vgl. Titford 1982), film translation (vgl. Snell-Hornby 1988) und traduccion filmica (vgl. D^az Cintas 1997), screen translation (vgl. Mason 1989), film and TV translation (vgl. Delabastita 1989), media translation (vgl. Eguüuz et al. 1994), comunicacion cinemato- gräfica (vgl. Lecuona 1994), traduccion cinematogräfica (vgl. Hurtado 1994; 1995), multimedia translation (vgl. Mateo 1997), transadaptation (vgl. Gambier 2003; vgl. Neves 2005) und andere Alternativen. Der Begriff der AVÜ ist jetzt in Europa weitestgehend akzeptiert (traduction audiovisuelle, traduzione audio- visiva, audiovisuelles Übersetzen, traduccion audiovisual, traduccio audiovisual, traduqao audiovisual, etc.). Das gilt auch für die wissenschaftlichen Kommunikation (vgl. Chaume 2014: 3), weshalb er auch in dieser Arbeit verwendet werden soll.
Chaume (2004) bestimmt die AVÜ als eine variedad de traduccion caracterizada por la particularidad de los textos objeto de la transferencia interlingüistica. Estos textos [...] aportan informacion (traducible) a través de dos canales de comunicacion [...]: el canal acustico (las vibraciones acusticas a través de las cuales recibimos las palabras, la informacion paralingmstica, la banda sonora y los efectos especiales) y el canal visual (las ondas luminosas a través de las que reci- bimos imagenes, pero también carteles o rotulos con textos escritos, etc.) (Chaume 2004: 30).6
Es kann also festgestellt werden, dass der Begriff der AVÜ „das Übersetzen von Medienformaten [umfasst], die einen sichtbaren und einen hörbaren Teil haben“ (Jüngst 2010: 1). Bei der Übertragung erfolgt eine Veränderung des ursprünglich vorliegenden auditiven oder visuellen Teils. Es kann sich dabei um eine Erhaltung, eine Ergänzung oder eine Kombination der vorliegenden Materialien handeln.
Darüber hinaus ist die AVÜ nicht als isolierte Wissenschaft zu betrachten. Gambier erklärt dazu:
La traduction audiovisuelle (TAV) relève de la traduction des médias qui inclut aussi les adaptations ou éditions faites pour les journaux, les magazines, les dépeches des agences de presse, etc. Elle peut etre perQue égalment dans la perspective de la traduction des multimédias qui touche les produits et services en ligne (Internet) et hors ligne (CD-ROM). Enfin, elle n'est pas sans analogie avec la traduction des BD, du théâtre, de l'opéra, des livres illustrés et de tout autre document qui mele différents systèmes sémiotiques (Gambier 2004: 1).
Neue Technologien und neue Zielgruppen haben zusammen mit Richtlinien zur Gleichstellung und Zugänglichkeit von Medien eine Reihe neuer audiovisueller Übersetzungsmodi hervorgebracht, die auf die unterschiedlichen Bedürfnisse oder Anliegen verschiedener sozialer Gruppen zugeschnitten sind. So gibt es unter den neuen Entwicklungen beispielsweise Untertitel für das Internet, für mobile Geräte, wie Telefone mit Internetzugang, persönliche digitale Assistenten, Tablets usw. und Videospiele. Insbesondere ist im Bereich der Untertitelung der Bedarf an Übersetzungen seit dem Aufkommen der DVD in den 1990er Jahren stark gestiegen. Länder, in denen üblicherweise synchronisiert wird, benötigen nun untertitelte Versionen (vgl. Diaz-Cintas/Anderman 2009: 3-5). Neben Arbeitsplätze in diesem Tätigkeitsfeld schafft das auch ein verstärktes Interesse am neuen Forschungsfeld. Das Medium DVD bietet auf dem Markt dieser Zeit einen riesigen Speicherplatzt mit mehreren Synchronspuren und Untertitelungsspuren. Sie geben den Zuschauern und Zuschauerinnen ein ungewöhnliches Maß an Kontrolle über die Sprachkombination(en), in der sie einen (Kino)Film oder eine Serie sehen möchten. Das Publikum wird vom passiven zum/zur (inter)aktiven
Betrachter beziehungsweise Betrachterin. Die AVÜ wird ab diesem Zeitpunkt auch in der Forschung ganz anders wahrgenommen, denn es werden völlig neue Möglichkeiten geboten. Dank des innovativen optischen Speichermediums ist der Zugang zur Originalversion nun unproblematisch7 und mit dem jeweils bearbeiteten Zielsprachenfassung vergleichbar. War es zunächst eher schwer an vor allem fremdsprachliche audiovisuelle Materialien oder Transkriptionen zu kommen, wird die innovative DVD nur einige Jahre später, 2006, schon vom noch leistungsstärkeren „Blauen Gedächtnis“ (vgl. Gieselmann 2004), dem System der Blu-ray Disc (BD), abgelöst. Informationen können nun mit einer noch größeren Dichte gespeichert werden. Diese Entwicklung ist auch nötig, weil immer mehr Filme in High Definition- und Ultra High Definition-Format produziert werden und mehr Speicherplatz auf Grund der höheren Auflösung benötigen. Seit 2018 ist der Zugang zu Forschungsmaterialien nun auch vermehrt durch Video-on-Demand Anbieter und Streamingdienste möglich und die verschiedenen Filme können in einer Vielfalt von Sprachen geschaut werden.
1.2 Modalitäten der audiovisuellen Übersetzung als länderspezifische Traditionen in Europa
Unter Modi der audiovisuellen Übersetzung werden alle Arten der Übertragung von audiovisuellen Texten zwischen zwei Sprachen und Kulturen (interlingual) oder innerhalb derselben Sprache und Kultur (intralingual,) verstanden. In Übereinstimmung mit dem Forschungsinteresse der Arbeit widmen sich die folgenden Kapitel vor allem dem Schwerpunkt Film. Wird Filmmaterial von der Ausgangssprache oder dem Originaltext (OT) in die sogenannte Zielsprache oder den Metatext (MT) übertragen, dann kann grundlegend zwischen folgenden schrift- bzw. verbalsprachlichen Bearbeitungs- und Präsentationsformen unterschieden werden: Zu den schriftsprachlichen Verfahren der AVÜ lassen sich nach Müller (1982) zum einen die „Originalfassung mit Zwischentiteln“ und zum anderen die „Originalfassung mit Untertiteln“ zählen.
Verbalsprachlich Verfahren übernehmen entweder die Originalfassungen und versehen sie mit gesprochenen Untertiteln oder gestalten die Originalfassungen in "Voice-Over"-Bearbeitung, erstellen die Originalfassungen als sogenannte "Kommentarfassung" oder „Synchronfassungen“ (vgl. Müller 1982: 89). In der ursprünglichen Klassifikation nach Chaume (2004) finden sich „gleichzeitige Untertitel in Echtzeit“, „Simultanübersetzung“, „Voice-Over“, „Erzählung“, „Kommentar“, „mehrsprachige Ausstrahlung durch Videotext und Sichtübersetzung“ (Chaume 2004: 31). Da sich Klassifikationsschemata jedoch auf Grund von der Weiterentwicklung von Formaten, Technologien und Geschmack des Publikums ändern, erweitern oder auch reduzieren können, finden sich wenige Jahre später auch „Übertitelung“, „Untertitelung für Gehörlose“, „Audiobeschreibung für Blinde“, „Fansubbing“ und „Fandubbing“8 sowie „Audio-Unter- titelung“ (vgl. Chaume 2012).
In der Praxis der Filmübersetzung sind meist nur zwei der oben angeführten Be- arbeitungs- und Präsentationsmöglichkeiten relevant, nämlich die Originalfassung mit Untertiteln und die Synchronfassung. Welches der Modi angewandt wird, unterliegt unter anderem (kulturspezifischen) Konventionen für die Übersetzung einer bestimmten audiovisuellen Textsorte, wie zum Beispiel Kinofilmen. Bestimmten Ländern spezifische Übersetzungsmodi zuzuordnen, ist allerdings nicht eindeutig möglich (vgl. Chaume 2014: 7). Überwiegend entscheidend sind vor allem politische, wirtschaftliche und ästhetische Faktoren, aber auch die Alphabetisierungsrate und Landesgewohnheiten. (vgl. Wahl 2001: 9) „Es ist zu vermuten, dass [sic] für die Akzeptanz durch den Zuschauer die Gewöhnung eine außerordentlich große Rolle spielt“ (Herbst 1994: 22). Bezüglich des Zusammenhangs von Gewohnheiten und Übersetzungsmodi kann demnach Folgendes festgehalten werden: „Viewers in traditionally dubbing countries tend to favour dubbing and those in traditionally subtitling countries find it difficult to enjoy a dubbed film” (Baker/Hochel 1998: 75). Zwei weitere einflussnehmende Faktoren sind die Abhängigkeit des Verfahrens von der Menge der zukünftigen Rezipienten (vgl. Hinderer 2009: 271) oder auch die nicht ganz unumstrittene geschichtliche Entwicklung eines Landes (vgl. Nagel 2009: 29).
1.2.1 Untertitelungsländer
Untertitelungsländer, also Länder mit interlingualen Untertiteln in Fernseh- und Kinofilmen, sind in den meisten Fällen Länder mit kleinen Sprachgemeinschaften (vgl. Jüngst 2010: 4) mit weniger als 25 Millionen Einwohnern. Dazu gehören zum Beispiel die skandinavischen Länder wie Norwegen und Schweden, genauso wie die Benelux-Union mit Belgien, den Niederlanden und Luxemburg (vgl. Gambier 2004: 2; Luyken et al. 1991: 31-33). Der Zusammenhang zwischen Land und Modalität ergibt sich auch aus der Anzahl der offiziellen und regionalen Landessprachen und anerkannten Minderheitensprachen. Belgien weist so zum Beispiel drei Amtssprachen auf, nämlich Niederländisch, Französisch und Deutsch, genauso wie Luxemburg mit Luxemburgisch, Französisch und Deutsch. Die Niederlande untertiteln zum Beispiel zu 94 Prozent, Finnland zu 92 und Griechenland zu 90 Prozent, Norwegen zu 85 und Dänemark zu 77 Prozent (vgl. Luyken et al. 1991: 339 ). Auf eine Synchronisation in jeweils alle drei Sprachen wird vor allem aus Kostengründen verzichtet. Es spiegelt aber auch den traditionellen und gewohnheitsgeprägten Publikumsgeschmack wider. Fremdsprachige Filme und Serien werden in diesen Ländern bevorzugt im Original mit Untertiteln rezipiert (vgl. Eurobarometer 2006). Entweder werden mehrere Fassungen des jeweiligen Films angeboten oder aber eine Fassung mit doppelten Untertiteln. Die Rezeption des Originalfilms wird in diesen Ländern oft als Chance verstanden, Sprachkenntnisse zu verbessern, besonders Englischkenntnisse (vgl. Mühlbauer 2009).
1.2.2 Synchronisationsländer
Fremdsprachliche Filme, die im Kino und Fernsehen gezeigt werden, werden in europäischen Ländern wie Deutschland, Italien, Frankreich oder Spanien hingegen meist synchronisiert (vgl. Luyken et al. 1991: 31ff). Während Italien verpflichtend zu 100 Prozent synchronisiert, pflegt Frankreich eine Synchronisation von 90 Prozent und Deutschland wie auch Spanien synchronisieren zu 80 Prozent (vgl. Luyken et al. 1991: 33). Es werden allerdings nicht nur fremdsprachige Filme synchronisiert, sondern auch Filme in der Ausgangssprache, um beispielsweise eine entsprechende Qualität der Audiospur sicherzustellen.
Die Dialogspur des Originalfilms wird dabei durch die Dialogspur in der Zielsprache ersetzt. So entsteht der Eindruck, der Film wäre in der Zielsprache gedreht worden. Eine Illusion von Authentizität entsteht (vgl. Jüngst, 2010: 59). Dass sich hier um eine Übersetzung handelt, wird beim Zuschauen mitunter vergessen. „In den Anfängen der Internationalisierung des Films gab es einige Regierungen, darunter die deutschen, französischen und italienischen, die zur Wahrung einer ,nationalen Identität‘ die Synchronisation per Gesetz anordneten.“ (Reid 2001: 18). Neben den zuvor angeführten Gründen können also auch nationalistische Ursachen die Wahl der Übersetzungsart beeinflussen (vgl. Nagel 2009: 29).
Nur äußerst selten greifen Synchronisationsländer auf andere Verfahren zurück. Wird von dieser Arbeitsweise abgewichen, beispielsweise mittels interlingualer Untertitelungen, dann wird diese Ausnahme deutlich wahrgenommen und als Ausnahmesituation verstanden. Zu erwarten ist diese Änderung zur Untertite- lung zum Beispiel bei einem Filmfestival, bei Kulturprogrammen oder auch während einer Pandemie. Ein großes finanzielles Interesse seitens der Synchronisationsindustrie spricht dafür, dass Synchronisationsländer unverändert weiter auf synchronisierte Fassungen zurückgreifen werden.
1.2.3 Synchronisation versus Untertitelung
2004 deutet Gambier (2004) darauf hin, dass in der Zukunft vermehrt auf untertitelte Originalfilme zurückgegriffen werde. Tatsache ist, dass die zuvor erwähnten DVD und BD seit ihrer Entwicklung für manche Filme sowohl eine untertitelte als auch eine synchronisierte Fassung anbieten, doch bisher verändern sich die Sehgewohnheiten der jungen Generation wohl doch nicht so massiv wie damals angenommen (Gambier 2004: 6). Nach wie vor stellen Synchronisation und Untertitelung die beiden am häufigsten genutzten Verfahren bei der Filmübersetzung dar. Angelehnt an Kurz (2006: 52-63) und Herbst (1994: 19-23) sind zum besseren Verständnis der Verfahren im Folgenden die Vor- und Nachteile der Übersetzungsmöglichkeiten noch einmal tabellarisch (siehe Tabelle 1) festgehalten worden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Gegenüberstellung von Synchronisation und Untertitelung, (eigene Darstellung).
Neben den grundlegenden Vorteilen und Nachteilen der jeweiligen Modi stellt sich auch immer die Frage nach den Restriktionen, denen der Text bei der Übersetzung unterliegen kann und die die Übertragung beeinflussen können.
1.3 Restriktionen der audiovisuellen Übersetzung
Audiovisuelle Texte sind komplex, denn sie kombinieren akustische wie visuelle Medien und bieten somit sowohl verbale wie auch non-verbale Informationen. Im Moment der Übersetzungsleistung müssen alle Partikularitäten mitbeachtet werden (vgl. Teil B, Kapitel 1: Textverständnis). So muss eine Übersetzung unbedingt mit dem Ausgangstext kohärent sein (vgl. Reiß/Vermeer 1984: 119) und zwar innerhalb der Handlung und innerhalb eines Dialoges, aber insbesondere auch zwischen den visuellen und auditiven Elementen eines Textes (vgl. Chaume 2014[2]:16). Der audiovisuelle Text muss als Ganzes verstanden werden. Die Modi der Filmübersetzung wie Synchronisation oder Untertitelung können allerdings gewissen Restriktionen unterliegen. Unter Restriktionen sind in der audiovisuellen Übersetzung los obstaculos y problemas que impiden que haya total identidad entre TP [Texto de Partida] y TM [Texto Meta] [zu verstehen], es decir, [Restriktionen] condicionan la naturaleza de las diferencias entre ambos (Zabalbeascoa Terran, 1996: 183).
Marti Ferri ol (2010) bestimmt sechs Arten möglicher Beschränkungen (vgl. Marti Ferriol 2010: 83-85). Zum einen können diese professioneller Art sein, also „relacionadas con el encargo de traduccion y las normas que se aplican en estas modalidades de traduccion“ (ebd.), zum anderen formaler Natur, indem es sich um operative Restiktionen handelt, welche „tienen que ver con las conven- ciones propias de cada modalidad de traduccion audiovisual“ (ebd.). Neben diesen beiden stellt Marti Ferriol (2010) fest, dass es auch linguistische Restriktionen, also „limitaciones derivadas del codigo lingwstico“ (ebd.), semiotische oder ikonische, „aquellas relacionadas con la naturaleza visual del filme [geben kann]. La imagen condiciona en muchas ocasiones la traduccion” (ebd.). Erwähnenswert sind zudem soziokulturelle Restriktionen, welche „aparecen cuando se refleja la diversidad cultural en el filme“ (ebd.) und schließlich das Ausbleiben von Restriktionen oder „restrincion nula“ (ebd.). Trotz der Auswahl müssen nicht alle Beschränkungen auch immer auf einen Film zutreffen.
2 Mehrsprachigkeit im Ausgangstext
Bisher wurde bei der theoretischen Betrachtung der AVÜ ein Aspekt vernachlässigt. Die Filmwelt zeigt nicht ausschließlich einsprachige Filme. Vielmehr sind Filme oft multilinguale Texte im weiteren Sinne.
2.1. Begriffsbestimmung Mehrsprachigkeit
“El multilingüismo, entendido como diversidad lingwstica, esta cada vez mas presente en la produccion audiovisual” (UNESCO Institute for Statistics 2012). Um die Komponente der Gesellschaft erweitert versteht sich Mehrsprachigkeit als soziolinguistisches Phänomen, als „das gleichzeitige Vorhandensein von zwei oder mehr Sprachen in derselben Gesellschaft, demselben Text oder Individuum“ (Grutman 2009: 182; Übersetzung S.N.). Das Spektrum der Mehrsprachigkeitsgrade in Filmen zum Beispiel ist sehr breit und reicht von einigen gelegentlichen Wörtern oder Sätzen in einer anderen Sprache bis zu Produktionen, in denen zwei oder mehr Sprachen von Anfang bis Ende nebeneinander existieren und bereits die Gegenwärtigkeit von wesentlicher Bedeutung ist.
Bei den Sprachen wird dabei von sogenannten ,Einzelsprachen‘ ausgegangen. Einzelsprachen wird dabei ein sprachlicher Abstand gelegt. Sprachen werden hierüber abgrenzbar und zählbar (mehr dazu im folgenden Kapitel). Der Begriff "Sprache" muss noch weiter reflektiert werden: "Einzelsprachen" wie Deutsch, Spanisch oder auch Quechua und viele andere sind eigentlich Abstraktionen. Vielmehr muss von Varietäten-"Bündel" mehr oder weniger übereinstimmender sprachlicher Erscheinungsformen gesprochen werden. Varietäten sind immer in Abhängigkeit von sprachlich zu bewältigenden Situationen und Orten der Kommunikation zu verstehen und für jede Kommunikationssituation anders zu bewerten. Zu den Einzelsprachen werden weder Sozio- noch Dialekt als Einzelsprachen gezählt, denn dann könnte man von einer Mehrsprachigkeit bei annähernd der gesamten Menschheit ausgehen (vgl. Hu 2016: 11). Allerdings können Sozio- und Dialekte im Rahmen von Übersetzungen wie Einzelsprachen behandelt werden, wenn es um den Einsatz von Strategien und Techniken bei fremdsprachlichen Elementen geht.
2.2 Mehrsprachigkeit in Filmen
Mehrsprachige Filme „[show] an intercultural encounter, in which at least two different languages are spoken [that play] a relevant role in the story and in the discourse” (De Bonis 2015: 52). Multilinguale und multikulturelle Situationen sind im heutigen Alltag keine Seltenheit mehr und haben Filmproduzenten und -produzentinnen dazu motiviert, diesen akuten Sprachkontakt so auch im Film zu zeigen. Bei der Konfrontation mit vielen Sprachen und Kulturen wird laut Diaz-Cintas (2011) “[the] sense of rupture with the known” (Diaz-Cintas 2011: 216) ausgelöst. Die auch ,,Polyglot films” genannten Filme können also als ein Filmgenre verstanden werden, das die Realität der Gesellschaft widerspiegelt (Diaz-Cintas 2011: 218).
Mehrsprachigkeit im Kinofilm findet zunächst vor allem im spezialisierten Au- torenkino10 Beachtung. Das Europäische Autorenkino tritt nach 1945 auf, zuerst als „Italienischer Neorealismus“, dann in Frankreich mit dem „Cinema des au- teurs“, später als „Neuer Deutscher Film“ und bildet den Kontrast zum Blockbuster aus Hollywood. Seit Ende der 2010er Jahre zeigt sich eine veränderte Gegenwart kultureller und fremdsprachlicher Vielfalt im multilingualen Mainstream-Kino.
Im Verlauf der Entwicklung des Kinos11 zeigt sich eine deutliche Veränderung der Filmsprache. Der Fokus verlagert sich - weg von der zunächst dominant visuellen Sprache des Stummfilms - hin zur heutigen stärkeren Bevorzugung des Dialogs. Neue technische Möglichkeiten lassen die Sprache zum kreativen Gestaltungselement werden. So wird Sprache im Medium Film ab diesem Zeitpunkt auf verschiedene Arten integriert. Die Filmsprache zeichnet sich heutzutage im Allgemeinen durch die Verbindung von verbalen, akustischen und visuellen Elementen aus. Dirk Delabastita (1990) unterscheidet diese nach verbalakustischen (z.B. Dialoge oder Musicalszenen) und nonverbal-akustischen (z.B. Hintergrundmusik), verbal-visuellen (z.B. Briefe, Schilder, Notizen) und nonverbal-visuellen (z.B. Bilder) Elementen (Delabastita 1990: 97-109).
In der Regel weist ein mehrsprachiger Film eine Hauptsprache auf und eine oder mehrere Nebensprachen. In Bezug auf Mehrsprachigkeit und speziell dem Auftreten von fremdsprachlichen Elementen in (cineastischen) Ausgangstexten sowie deren Übersetzung schlagen Corrius und Zalbasbeascoa (2011) die folgenden zu verwendenden Termini vor.
In addition to the two languages essentially involved in translation, that of the source text (L1) and that of the target text (L2), we propose a third language (L3) to refer to any other language(s) found in the text. (Corrius/Zalbasbeascoa 2011: 113).
Es gilt daher, die Sprachen auf folgende Weise voneinander zu unterscheiden und zu benennen:
- L1: Die vorherrschende Sprache im Film oder der Originaltext (OT), also die Muttersprache des Kinopublikums, an das es zunächst einmal gerichtet ist.
- L2: Die Metasprache (MT) oder Zieltext, die Sprache in die der audiovisuelle Text zur Verbreitung übersetzt werden.
- L3: Die Sprachen, die den audiovisuellen Text zu einem multilingualen
Text machen. Mit dieser Terminologie wird hervorgehoben, dass es sich weder um die Sprache des Originaltexts (OT) noch um die Sprache des Metatextes (MT) handelt. Diese Sprachen können natürliche Sprachen - zum Beispiel Spanisch oder Französisch - oder erfundene Sprachen - zum Beispiel Klingonisch, Sindarin oder Na'vi-Sprache12 - sein.
Da Kinofilme als audiovisuelle Texte nicht übersetzt werden, um sie zu lesen, jedoch, um sie zu sehen und/oder zu hören, muss korrekterweise von der vorherrschenden Sprache L1 + Nonverbal zu L2 + Nonverbal gesprochen werden und bei fremdsprachlichen Komponenten korrekterweise von L3OT + Nonverbal zu L3MT + Nonverbal. Nonverbal ist als visuelle Ergänzung zu verstehen, Bildmaterial, den Rezipienten helfen kann, das Gesprochene zu verstehen.
2.2.1 Funktionen von Mehrsprachigkeit in Filmen
In Filmen werden verschiedene Sprachen verwendet. Warum werden genau diese Sprachen genommen und keine anderen? Die Frage nach den Funktionen von Mehrsprachigkeit in Filmen lässt sich nicht eineindeutig festlegen, denn
[t]his multilingual inter-play can be used to convey conflict, character configuration, spatial opposition, mimesis, and suspense management. Most importantly, interlingual misunderstandings and mistranslations can be used for comic effect by bringing about what humour theorists would call an incongruity or conflict between different cognitive schemes (Delabastita/ Grutman 2005: 18-24).
De Bonis (2015) merkt an, dass die unverwechselbare Funktion eines mehrsprachigen Films “may vary significantly according to the film considered” (De Bonis 2015: 52). Mehrsprachigkeit in Filmen ist in der Regel von Autoren und Autorinnen, Regisseuren und Regisseurinnen intendiert. Das kann unterschiedliche Gründe haben, allerdings können unvorhergesehene Nuancen in Darstellung, Schnitt und Rezeption dieses Bestreben dabei gelegentlich etwas verändern (vgl. Kozloff 2000: 33). Auf jeden Fall verleiht die Verwendung von verschiedenen Sprachen dem Film ein höheres Maß an Authentizität, denn Filme wirken besonders dann realistisch, wenn sie die soziale und sprachliche Situation der Welt ihres Publikums beachten. Diese gezeichneten alltägliche Sprachsituationen bezeichnet Kozloff (2000: 47) als verbal wall-paper. Diese bilden die sprachliche Realität im Sinne eines “complex code of what a culture at a given time agrees to accept as plausible, everyday, authentic“. In Abhängigkeit von den herrschenden Bedingungen entstehen gewisse Einstellungen gegenüber Sprachen. Das bewusste Verwenden wie auch das Nicht-Verwenden von Sprachen kann dann als Kritik an der jeweiligen (Sprach)situation aufgefasst werden.
Anderssprachige Passagen (L3) müssen gewöhnlicherweise im Film kurzgehalten werden (vgl. Kozloff 2000: 80). Solche Sprachen dienen in vielen Fällen der Personenbeschreibung. Sie unterstreichen den Charakter positiv oder negativ oder belassen ihn neutral. Bestimmte Figuren werden stark stereotypisiert dargestellt oder kontrastierend zu den anderen Filmsprachen oder der Hauptfilmsprache. Gern wird Sprache auch humoristisch eingesetzt. Unfreiwillige Wortverdrehungen auf Grund von unzureichenden Sprachkenntnissen führen hier zu Missverständnissen und Situationskomik und versprechen Lacher in den Kinosälen. Nicht zu vergessen, bedingt die Sprachwahl auch die allgemeine Atmosphäre des Films (vgl. Bleichenbacher 2007: 117). So können Orte und Personen dann als besonders exotisch und aufregend oder als bedrohlich und düster angesehen werden (vgl. O'Sullivan 2011: 99).
2.2.2 Mehrsprachigkeit und Code-Switching in Filmen
Audiovisuelle Produktionen zeigen zunehmend multiethnische Gemeinschaften, die die heutige globalisierte Welt widerspiegeln sollen. Charaktere in Filmen und Fernsehserien werden häufig als zweisprachig dargestellt und sind stark auf Code-Switching angewiesen, um ihre bi-kulturelle Identität auszudrücken (vgl. Monti 2016: 69). Multilinguale Interaktionen in Filmen sind demnach oft CodeSwitching Situationen. Code-Switching ist der „Wechsel zwischen verschiedenen Sprachen [...] oder Varietäten eines Sprachsystems [...] bei bi/multilingua- len bzw. bi-/multidialektalen Sprechern [und Sprecherinnen, Anm. S.N.) innerhalb eines Gesprächs” (Bußmann 2008: 106). Als Code werden in der Soziolinguistik die Sprachvarianten bezeichnet, die in einer Kommunikationssituation vorkommen (vgl. Bußmann 1990: 210). Es handelt sich also um ein Sprachkontaktphänomen, bei dem es zum Sprachwechsel kommt, wenn zwei oder mehrere Sprachen vom selben Individuum oder in einer Sprachgemeinschaft abwechselnd verwendet werden. ,,Demzufolge stellen Sprachmischungen ein besonderes Phänomen der Mehrsprachigkeit dar, die als Wörter, Sätze oder Kontexte definiert werden, in denen mehrsprachige Individuen ihre Sprachen verwenden” (Eichler 2011: 27). In der Interaktion ist in der Regel zwischen einer Hauptsprache, auch Matrixsprache (matrix language) genannt und einer eingebetteten Sprache (embedded language) zu unterscheiden. Die Häufigkeit der Sprache entscheidet über die Dominanz der Sprache. (vgl. Myers-Scotton 1993: 4). Hinzugezogen werden kann in diesem Fall auch noch die Argumentation, dass die Matrixsprache oft zu Beginn der Interaktion zu finden sei und zudem Aussagen über das Beherrschen der Sprache getroffen werden können, da die Matrixspra- che als die, am besten beherrschte, Sprache gilt, und dementsprechend eine Funktion innehat (vgl. Muysken 1995: 182).
Code-Switching kann in unterschiedliche Typen unterschieden werden. Poplack (1980) unterscheidet drei Arten: intersententielles (interphrasal), intrasententi- elles (intraphrasal) und emblematisches (emblematic) Code-Switching (Poplack 1980: 582 u. 615). Intersententielles Code-Switching findet zwischen Sätzen statt. Dies ist auch der Fall, wenn in einer Kommunikationssituation der Kommunikationspartner die Sprache wechselt. Intrasententielles Code-Switching hingegen geschieht innerhalb eines Satzes. Ohne den Redefluss zu stören, wird mitten im Satz die Sprache verändert. Dieses Code-Switching setzt eine sehr gute Beherrschung der Sprachen voraus und kommt am meisten bei Bilingualen zur Anwendung. Es ist sehr anspruchsvoll und verlangt in der Umsetzung eine hohe Kompetenz in grammatischen Kompetenzen (vgl. Poplack 1980: 594-615). Die dritte aufgeführte Art ist das emblematische Code-Switching. Es weist mehrere Untertypen aufzeigt wie Interjektionen (miércoles), Füllwörter (ya sabes) und idiomatische Ausdrücke (ni hablar). Im Vergleich zum zuvor erwähnten Typ des intrasententiellen Code-Switching wird beim emblematischen CodeSwitching vom Sprecher keine große sprachliche Kompetenz erwartet. Es lässt sich problemlos in fast alle Stellen innerhalb eines Satzes einordnen und beeinträchtigt die grammatikalische Struktur nicht (vgl. Poplack 1980: 589, 600 u. 614).
Die Gründe für Code-Switching sind vielfältig. Die Funktionstheorie nach Blom/Gumperz (1972) fragt nach der Verwendung zweier Sprachen oder Sprachvarianten in verschiedenen Kontexten und daraus resultierenden Funktionen (vgl. Heller 1988: 4f.) Sie unterscheidet situatives (situational) von me- thaphorischen (methaphorical) beziehungsweise konversationellem Code-Switching (vgl. Blom/Gumperz 1972: 425; Gumperz 1982: 59).
Zum Situativen Code-Switching zählen Situationen der Veränderung, in denen der Sprachwechsel eine Normabweichungen darstellt, oder aber Formalitätsgrade, Themen oder Beziehungen zwischen den Gesprächspartnern oder Gesprächspartnerinnen, welche einen Wechsel von einer in die andere Sprache verantworten (vgl. Myers-Scotton 1993: 52). Es ist eher von äußeren Bedingungen beeinflusst.
Konversationelles oder metaphorisches Code-Switching auf der anderen Seite zeigt die innere Motivation des Sprechers oder der Sprecherin. Die Sicht auf die Gesprächsthemen ist hier entscheidend. Kann der Gesprächspartner oder die Gesprächspartnerin sein oder ihr privates Anliegen besser in der anderen Sprache ausdrücken kommt es zu dieser Art des Sprachwechsels (vgl. Nilep 2006: 8; Myers-Scotton 1993: 52). Es geht um die bewusste Entscheidung, mit der der oder die Gesprächsteilnehmer oder Gesprächsteilnehmerin auch Personen aus der Unterhaltung bewusst ausklammern, wenn der oder die Andere dieser Sprache nicht mächtig ist (vgl. Blom/Gumperz 1972: 425).
Nach Appel/Muysken (1987) können Code-Switching Situationen sechs verschiedene soziale Funktionen zeigen: zum ersten eine referentielle Funktion (referential function): Der Sprecher oder die Sprecherin wechselt die Sprache, weil er sich so besser ausdrücken kann. Zum Teil handelt es sich nur um ein Wort oder ein paar Wörter, die der Sprecher in seiner Ausgangssprache nicht kennt oder ihm gerade nicht einfallen (Appel/Muysken 1987: 118). Wechselt der Sprecher oder die Sprecherin die Sprache, um andere Menschen aus der laufenden Konversation aus- oder mit einzuschließen wird von einer direktiven Funktion (directive function) gesprochen (Appel/ Muysken 1987: 119). Bei der expressiven Funktion (expressive function) wechselt der Sprecher in die eingebettete Sprache, um seine gemischte Identität zu zeigen (Poplack 1980: 594). Die pha- tische Funktion von Appel und Muysken stimmt überein mit dem metaphorischen Code-Switching von Blom und Gumperz (1972) (Appel/Muysken, 1987: 119). Eine weiter Funktion ist die der metalinguistischen Funktion (metalinguistic function), bei der etwas, das in der anderen Sprache gesagt wurde, kommentiert wird, oft um anderen zu imponieren (Appel/ Muysken 1987: 120). Die letzte Funktion ist die poetische Funktion (poetic function), die vor allem bei Witzen und Wortspielen, Gedichten und Liedern zum Ausdruck kommt (Appel/ Muys- ken 1987: 120).
Das Wechseln von einer Sprache in die andere kann also unterschiedliche Gründe oder Funktionen haben. Dieses Phänomen lässt sich auch in Filmen beobachten, da diese in ihren Dialogen spontane Sprache imitieren.
2.2.3 Spanisch und Quechua als Filmsprachen
In Dora and the Lost City of Gold werden neben Englisch als L1-Sprache zwei weitere Sprachen gesprochen: L3a=Spanisch und L3b=Quechua. Beide gehören zu den lebenden und reellen Sprachen.
Um die Relevanz einer Sprache und die Interdependenz zwischen Sprache und Film zu verstehen, muss zunächst ein kurzer Überblick geschaffen werden, welche Anzahl von Sprechern eine Sprache hat, wo die Sprachen gesprochen werden und welchen Status sie innehaben. Spanisch ist die offizielle Landessprache in einundzwanzig Ländern und wird als Muttersprache in weiteren dreizehn Ländern von einem Teil der Bevölkerung gesprochen. So kann - in verschiedenen Graden der Sprachbeherrschung - von 580 Millionen Menschen ausgegangen werden, die Spanisch sprechen, 483 Millionen von ihnen sind nativos (vgl. Cervantes 2019). Die Studie des Instituto Cervantes (2019) gibt zudem an, dass von allen Ländern „Estados Unidos sera en 2060 el segundo pa^s hispanohablante del mundo después de México: casi uno de cada tres estadounidenses sera hispano” (Instituto Cervantes 2019).
Quechua hingegen weist rund 8 Millionen Muttersprachler weltweit auf. Es ist seit 1975 neben Spanisch - abgesehen von einigen wenigen Unterbrechungen - zum Beispiel eine der offiziell anerkannten Nationalsprachen im pluriethnischen und multikulturellen Peru. Die Statistik des Kulturministeriums zeigt, dass allein fast 4 Millionen Peruaner Quechua sprechen, also etwa 13,6 Prozent der Bevölkerung des Landes (vgl. Garda Delgado 2019).
En la ultima década han aparecido dinamicas sociales como procesos de reafirmacion y recuperacion de la identidad indlgena que han generado esto. Los resultados no pueden ser explicados unicamente por el incremento demografico, tiene que ser un asunto de identidad (Panizo, Agustin, director de Lenguas Indlgenas del Ministerio de Cultura in: Garcia Delgado 2019).
Quechua ist "[...] el protoidioma del cual proceden [las numerosas hablas quechuas] [E]mpezo a expandirse territorialmente hace por lo menos once siglos. En todo caso, teniendo en cuenta el grado de divergencia que han alcanzado hoy sus variedades y el hecho de que ninguna de ellas permita ya la comunicacion en toda el area dialectal, cabe afirmar que estamos ahora - repetimos-, no ante una lengua, sino ante una familia lingwstica, o un conjunto multilingüe com- plejo" (Torero 2007: 16). Quechua ist also die Bezeichnung für die am Weitesten verbreitete indigene Sprachfamilie im südamerikanischen Andenraum mit eng verwandten Varietäten. "El quechua es la lengua aborigen mas extendida de Su- damérica antes y después de la conquista espanola" weiß auch Carranza Romero (Carranza Romero 1993: 15). Obwohl die Quechua-Sprachfamilie Millionen von Sprechern hat, wird Quechua von der UNESCO immer noch als gefährdete Sprache eingestuft. Unter den Quechua-Sprachen gilt das Qullaw-Quechua als eine der vitalsten Varianten des Quechua in Peru und weist noch ein recht zusammenhängendes Sprachgebiet auf (Ministerio de Educacion Peru 2013).
Zum Status oder Prestige der Quechua-Sprachfamilie kann festgestellt werden, dass viele Quechuahablantes ihren Kindern oder Enkelkindern Quechua nicht beibringen, weil sie diese Sprachkenntnisse als schwere Bürde empfinden. Es mangelt an aktivem Bilingualismus in Peru, obwohl in einigen städtischen wie ländlichen Regionen der Anteil der Quechuasprecher bei 70% liegt. Die Soziolinguistin Virginia Zavala spricht in diesem Zusammenhang von linguistic ideologies, also dass durch Geschichte und Gesellschaft geformte Vorstellungen des Quechua - ähnlich wie andere indigene Sprachen - mit Armut, ländlichem Leben und Analphabetismus in Verbindung gebracht werden. Nun gelten sie als „universelle Wahrheit“, tief eingebettet in das Bewusstsein (vgl. Zavala 2020). Quechua zu lernen wird als unnötig empfunden, als „weniger wert“. Aus Scham oder Schüchternheit nutzen die Sprecher ihre Muttersprache nur im Privaten oder in intimen Gesprächssituationen. “Quechua is a mark of vulnerability,” (Zavala, Virginia in: Chavez Yacile 2019) oder ein Zeichen von Minderwertigkeit, welches seine Sprecher isoliert und verdammt. Der Revitalisierung des Quechua steht die heutige peruanische Gesellschaft ambivalent gegenüber: "A pesar de que ahora es posible encontrar una oferta de academias que ensenan este idioma, el quechua muere de vergüenza. Las personas que saben como ha- blarlo bajan la voz por miedo al rechazo y a la mofa” (El Comercio 2010). “The key to encouraging bilingualism, [so Zavala], is to fundamentally change the [social] environment” (Zavala 2020). Soziales Denken muss sich von "Quechua ist ein Problem" zu "Quechua ist eine Ressource" wandeln und zwar unterstützt von öffentlichen Institutionen mittels öffentlicher Ordnung, Stipendien und Workshops, die Quechua fördern genauso wie von den Sprechern selbst, indem sie die Sprache nun auch da nutzen, wo sie es vorher nicht taten (vgl. Zavala 2020). “The stereotype where indigenous people are seen as timeless or pure must be challenged. When native people are put in that box, we are fossilizing them (Mendoza-Mori, Américo in: Chavez Yacila 2019)”, sagt Américo Mendoza Mori. Er glaubt fest daran, dass Quechua den Rest der Welt durch Medien wie Pop-Songs bis hin zu Filmen wie Dora erreichen kann (vgl. ebd.).
Spanisch ist, neben den bereits genannten Aspekten, nicht nur die drittmeistge- nutzte Sprache im Internet, sondern auch eine der meiststudierten Sprachen. 21.882.448 Studenten aus 110 befragten Ländern studieren Spanisch als Fremdsprache, in den USA ist es die am meisten studierte Sprache. Außerdem ist sie als Diplomatensprache in der Organisation der Vereinten Nationen (UNO) an dritter und in der EU an vierter Stelle. England sieht in Spanisch „la lengua mas importante para el futuro“ (Instituto Cervantes 2019). In der Wirtschaft „el es- panol seria la cuarta lengua mas poderosa del mundo, ligeramente detras del francés y del chino, y a gran distancia del inglés“ (Instituto Cervantes 2019) und innerhalb der Europäischen Union steht die Sprache an vierter Stelle. Spanisch ist demnach eine lebendige, prestigeprächtige Sprache, die vor allem in Wirt- schaft und Bildung großes Potential aufweist. Mit Spanisch verbinden sich Lebensfreude und Kreativität, Traditionen und Kultur (vgl. Instituto Cervantes 2019).
Laut dem Jahres-Bericht des Cervantes-Instituts über den Zustand und die Verbreitung der spanischen Sprache im Ausland („Spanisch in der Welt 2019“) bleibt die Verwendung der spanischen Sprache in ausländischen Filmen hinter dem Englischen, Deutschen und Französischen allerdings zurück (vgl. Wochenblatt 2019). Von den 100 erfolgreichsten Filmen, die von 2007 bis 2018 in den USA im Kino veröffentlicht wurden, enthielten wiederum nur 3 Prozent der Filme Haupt- oder Nebenrollen mit Latino-Schauspielern. Nur 4,5% aller sprechenden Charaktere waren Latinos. Sind mehrsprachige Filme mit Spanischanteil zu finden, handelt sich oft um Einwanderungsgeschichten oder Geschichten über Drogenhandel. Knapp ein Viertel (24 Prozent) aller lateinamerikanisch sprechenden Charaktere und 28 Prozent aller hochkarätigen Latino-Darsteller wurden als Gesetzesbrecher in einer Reihe von gewalttätigen und gewaltfreien Verbrechen dargestellt. Über die Hälfte (61,9 Prozent) aller Personen, die in Filmen an illegalen Aktivitäten beteiligt waren, gehörten einer organisierten Kriminalitätsgruppe wie Gangmitgliedern oder Drogendealern an. 38 Prozent der Kriminellen wurden dargestellt, wie sie Betrug, Diebstahl, Mord begehen oder aus Gründen, die im Film zuvor nicht klargestellt wurden, im Gefängnis waren (vgl. Smith et al. 2019). Die Sprachkultur weist in Realverfilmungen zumindest bezüglich der „Latinos“ überwiegend negative Konnotationen auf. Im Vergleich dazu finden sich im mehrsprachigen Kinderfilm und hier im Animationsfilm besonders humoristische Darstellung des spanischem Sprachanteil (vgl. Cuéllar Lazaro/Hurtado Malillos 2018).
Die Verwendung indigener Sprachen im dokumentarischen ethnologischen Film ist seit geraumer Zeit eine Selbstverständlichkeit. In klassischen Westernfilmen aus Hollywood oder orientalistischen Kostümfilmen reichte zu Beginn meist eine fiktive Sprache, damit der Lokalkolorit erzeugt werden konnte. Als einer der ersten Hollywoodfilme mit großem Budget, der konsequent eine reelle indigene Sprache einsetzt, gilt Dances with Wolves (1990). Der Film zeigt sprachlich das going native der Hauptfigur, die Lakota (Lakhota) lernt. Dienen die indigenen Sprachen einmal nicht der Exotisierung, dann ist ihr Einsatz mit der bewussten Abgrenzung vom Mainstreamkino verbunden. Im postkolonialen Kino hat der indigene Film eine feste Rolle. In europäischen Festivals wird er in Sonderreihen oder bei Schwerpunkten gewürdigt. In Deutschland zum Beispiel lief er auf der Berlinale-Sonderreihe „Native“. 2009 gelingt es Claudio Llosa mit La teta asustada den Preis „Goldener Bär“ zu gewinnen (vgl. Tagesspiegel 2009). Ungefähr 40% des Films sind auf Quechua gesprochen, der Rest ist Spanisch. Ein anderes Beispiel ist der Kurzfilm Cuentos de Adobe (2020) über die Zeit des Terrorismus in Peru, ein Drama in Quechua und Spanisch, der im Januar 2021 den Preis für Bester internationaler Kurzfilm beim XIX. Nationalen Studentenfilmfestival von Guafoa gewinnt (Peru21: 2021). Diese Filme sind jedoch beschränkt auf die soziale Realität der indigenen Gruppen. Ihr Charakter ist semidokumentarisch. Ein Sonderfall ist der didaktische Einsatz indigener Sprachen im Film zur language revitalization. Sesenta y Ocho Voces, Sesenta y Ocho Corazones etwa ist ein solches Projekt für Animationsfilme in Mexiko. Bislang liegen aber erst einige wenige Filme vor, die inhaltlich Mythen und Geschichten der jeweiligen Sprecher als Thema behandeln (vgl. Lexikon der Filmbegriffe 2018). 2017 präsentiert sich "Nuna, la agoma del wamani" erfolgreich in Cannes und erzählt von einer spirituellen Reise durch die Anden (vgl. El Comercio 2017). Action-Filme, vor allem internationale, beginnen mit der Integration sprachlicher Diversität und kulturell-vielfältiger Protagonisten erst sehr spät.
Die geringe Gegenwärtigkeit von Fremdsprachen in Filmen - besonders indigene Sprachen - ist bedauerlich, da Sprachen in Filmen einen neuen Blick auf fremde Kulturen geben, der durch visuelle Reize und den einzigartigen Klang dieser Sprachen bestimmt wird. Sprachbegegnungen dieser Art führen mitunter auch zu einer tiefergehenden Auseinandersetzung mit fremden Lebensweisen und Gebräuchen. Filme sind außerdem dazu geeignet, Sprachen zu revitalisieren. "Ob- viamente, es fundamental la education formal a través de la escuela, pero de igual importacia -o tal vez de mayor importancia- es que la gente vea que su lengua esta presente diariamente en los diversos medios de comunicacion social, tales como la radio, la television, la literatura, los periodicos, las revistas, los boletines informativos, v^deos, pehculas, etc" (Coronel-Molina 2005: 47).
2.2.4 Übersetzung und Kultur
Bei der Übertragung der Ton- und Bildspur begegnen die Übersetzer und Übersetzerinnen in der Regel auch Wörtern, Phrasen oder Handlungen, die deshalb schwieriger zu übertragen sind, weil sie kulturspezifisch geprägt sind. Es ist genauso schwer, ihnen einen festen Begriff zuzuordnen. Mona Baker nennt sie culture specific (vgl. Baker 1992: 21), zu verstehen als “an abstract or concrete idea which is associated with religious, belief, social custom, and kind of food” (Baker 1992: 21). Es wird davon ausgegangen, dass die Zielkultur mit den Ideen oder Konzepten der Ausgangssprache nicht vertraut ist.
Newmark hingegen prägt den Begriff der cultural words (vgl. Newmark 1988: 193) als Worte oder Handlungen aus den Bereichen Religion, Glauben, Gewohnheiten oder auch Lebensmitteln aus der Quellsprachenkultur, die in der Zielsprachenkultur schwer zu verstehen oder gar unverständlich sind. Kulturelle Ausdrücke sind durch die kulturelle Vielfalt bedingte Wörter und Phrasen in Übersetzungen. Newmark definiert außerdem “cultural words that denote a specific material cultural object” (Newmark 1988: 193). Cultural words können laut ihm in fünf Kategorien untergliedert werden (vgl. Newmark, 1988: 94-103, siehe Tabelle 2):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Kulturelle Kategorien (vgl. Newmark 1988: 94-103, Übertragung aus dem Englischen S.N.).
Diesem Phänomen ist beim Übersetzen besondere Aufmerksamkeit zu schenken, denn die unterschiedlichen Sprachen sind mit Kulturen, Sitten und Traditionen eng verbunden und diese wiederum mit Identitäten.
[...]
1 Zum Begriff der Übersetzungswissenschaft wie er in dieser Arbeit verstanden werden will siehe 1.1 Audiovisuelles Übersetzen als Wissenschaft.
2 Zum Textbegriff wie er in dieser Arbeit verstanden werden will siehe 1.1 Audiovisuelles Übersetzen als Wissenschaft.
3 Im weiteren Verlauf der Arbeit folgt das Gendering dem Rat der „Gesellschaft für deutsche Sprache e. V. (GfdS)“. Sie schreibt in den „Leitlinien der GfdS zu den Möglichkeiten des Gend- erings“, dass der Rechtschreibrat bislang noch keine eindeutige Tendenz erkennt, welche der Möglichkeiten am besten geeignet ist, geschlechtergerecht zu formulieren. Der Rat für deutsche Rechtschreibung 2018 hat hierzu einige Kriterien formuliert, denen zu Folge die Möglichkeiten verständlich sein, lesbar sein, vorlesbar sein und grammatisch korrekt sein sollten, sowie Eindeutigkeit und Rechtssicherheit gewährleisten sollten. Die Paarformel oder Doppelnennung erfüllt die meisten der zuvor genannten Kriterien. Beide Geschlechter werden explizit und unabgekürzt genannt. Für das dritte Geschlecht gibt es bislang weder eindeutige Bezeichnungen noch adäquate Pronomen, Anrede- oder Flexionsformen. Die derzeit verwendeten Optionen sind - nach heute gültigen Regeln - grammatikalisch und orthografisch nicht vertretbar, so dass die Gesellschaft für deutsche Sprache sie nicht empfehlen kann und daher darauf verzichtet wird. Natürlich sind alle anderen Geschlechter trotzdem mitgemeint. Dies gilt für die gesamte Arbeit und sämtliche betroffene Personenbezeichnungen (vgl. GfdS 2020).
4 In dieser Arbeit werden die Begriffe „multilingual“ und „mehrsprachig“ synonym benutzt.
5 Der Terminus der audiovisuellen Übersetzung hat sich gegenüber anderen Begriffen zumindest in der wissenschaftlichen Kommunikation durchgesetzt (vgl. Chaume 2014: 3).
6 An dieser Begriffsbestimmung orientiert sich auch die Analyse im Teil C.
7 Einschränkungen können durch sogenannte Regional- bzw. Ländercodes entstehen. Sie verhindern das Abspielen der DVD bzw. BD überall und auf jedem Gerät.
8 Neben den offiziellen Übertragungen durch beauftragte Firmen gibt es immer wieder auch Bearbeitungen durch begeisterte Anhänger und Anhängerinnen. Film- oder TV-Produktionen, die von solchen Fans in Eigenarbeit mit einer neuen Tonspur versehen werden, werden „Fandubs“ (Kürzel für „Fandubbing“ oder „Fansynchronisation“) genannt und können wiederum zum einen in originalgetreue Neusynchronisationen fremdsprachiger Produktionen, zum anderen in Parodien der Originale („Fundubs“), welche neu geschriebene Dialoge enthalten, unterschieden werden. Erste translationswissenschaftliche Arbeiten zu „Fansubs“ (Kürzel für engl. fan und subtitle) erscheinen von Bogucki (2009), D^az-Cintas/Munoz Sanchez (2006) sowie Pérez-Gonzalez (2006, 2007). Es handelt sich um Fallstudien, die überwiegend produktorientiert angelegt sind, wenn auch Beschreibungen des „Fansubbing“-Prozesses vorkommen können. Der Fokus liegt auf der Beschreibung der Merkmale von Amateur-Untertiteln im Vergleich zur professionellen Untertitelung.
9 Zwar beziehen sich die Werte bei Luyken (1991) auf den Bereich des Fernsehens, sind aber im Bereich Kino ähnlich zu erwarten.
10 Das „Europäische Autorenkino“ tritt nach 1945 auf, zuerst als „Italienischer Neorealismus“, dann in Frankreich mit dem „Cinema des auteurs“, später als „Neuer Deutscher Film“. Damit sollte auch ein Kontrast zum Blockbuster aus Hollywood geschaffen werden.
11 1895 gilt als Geburtsstunde des Films. Bis zum Beginn des Tonfilms im Jahre 1929 bleibt er jedoch ein (fast) sprachenloses Medium. Trotz der Erfindung des sprechenden Films werden fremdsprachliche Filme vom Publikum zunächst nicht besonders akzeptiert. Unter den notwendigen neuen Strategien der Filmübersetzung nach der Erfindung des Tonfilms setzen sich Unter- titelung, Synchronisation und die Erstellung von Mehrsprachenversionen (multi language versio als beliebteste Verfahren durch (vgl. Garncarz 2006: 9).
12 Klingonisch ist die konstruierte Sprache der Klingonen, eine außerirdische Spezies im Star- Trek-Universum. Sindarin ist eine fiktionale Sprache, die von den Elben der erdachten Welt Mittelerde verwendet wird und die Na'vi-Sprache die konstruierte, fiktionale Sprache, welche von den Einwohnern des Mondes Pandora im Film Avatar - Aufbruch nach Pandora gesprochen wird.
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