Die sozialen Missstände des 20. Jahrhunderts im Theater

Am Beispiel des expressionistischen Dramas 'Masse Mensch' von Ernst Toller


Trabajo Escrito, 2009

16 Páginas, Calificación: 1,7


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Expressionismus
2.1. Expressionismus in der Literatur
2.2. Historischer Hintergrund
2.3. Motive, Themen und Merkmale

3. Der Neue Mensch im expressionistischen Drama
3.1. Das Verkündigungsdrama
3.2. Der Märtyrer

4. Ernst Toller

5. Masse Mensch
5.1. Die Revolution und der Neue Mensch

6. Resümee

Literaturverzeichnis

Einleitung

Es existieren verschiedene Formen und Anwendungsgebiete des Theaters, wobei politisches Zeitgeschehen heute oft aufgegriffen wird. Jedoch nur sehr wenige Stücke erheben den Anspruch, politische Zustände anzuprangern und Veränderungen herbeiführen zu wollen. Dies war nicht immer so! Der Expressionismus, welcher in Deutschland zur Zeit der Weimarer Republik seinen Höhepunkt erlebte, war eine künstlerische und politische Strömung, die mit einer gewaltigen Macht in alle Richtungen ausbrach, je nachdem welcher Ideologie sich der Einzelne zuordnete. Die Grenzen zwischen den Künsten und ihrer jeweiligen Vertretern verwischen und machen den Expressionismus zu einem komplexen Gebilde. Weder künstlerisch, noch politisch kann man einen Nenner finden, doch genau diese Undurchsichtigkeit und Verwirrtheit können Merkmale sein, welche den Expressionismus auszeichnen. Die Gemeinsamkeit liegt im Willen, eine grundsätzliche Umwälzung der bestehenden Verhältnisse zu veranlassen. Allen Bemühungen dieser Epoche wohnt ein Hang zum Aufrührerischen und Weltumstürzenden innen.[1] Gerade das Theater bot hierbei eine ideale Möglichkeit, dieses Gedankengut darzustellen und einem breiten Publikum zugänglich zu machen.

In dieser Epoche ist auch das Drama „Masse Mensch“ von Ernst Toller entstanden. Der Expressionist Ernst Toller war in den zwanziger Jahren einer der bekanntesten deutschen Dramatiker, sogar bekannter als Bertolt Brecht. Heute ist er fast vergessen; seine Stücke werden selten gespielt.[2]

Meine Arbeit beschäftigt sich mit dem immer wiederkehrenden Leitbild des Neuen Menschen im expressionistischen Theater im Kontext der sozialen Probleme dieser Zeit. Hier gibt es eine ausufernde Menge an Materialien, welche zweifellos behandelnswert wären, aber den Rahmen dieser Arbeit sprengen würden. Also entschied ich mich für das Drama „Masse Mensch“ von Ernst Toller, anhand dessen ich diese Thematik erläutern möchte. Meine Auswahl beruht darauf, da es besonders die Probleme des einzelnen Menschen in Bezug auf die Gesellschaft aufzeigt. Kapitalismus, Massenproduktion, Ausbeutung der Arbeiterklasse, und die dadurch bedingten Einschnitte in der persönlichen Entwicklung werden hinterfragt und überspitzt theatralisch dargestellt, um die Menschen zu aktivieren und zu mehr Selbst- und Umweltwahrnehmung zu besinnen. Ein Werk, das gerade durch Aufzeigen und Vorführen der gesellschaftlichen Missstände wachrütteln sollte zu mehr Courage und selbst bestimmten Handeln. Bevor ich speziell auf den gewählten Autor und das Stück eingehen werde, möchte ich eine allgemeine Zusammenfassung über die expressionistische Literatur, im zeithistorischen Zusammenhang, mit ihren Merkmalen und Zielen geben. Ich werde den Begriff des Neuen Menschen definieren, seine Vorkommnisse aufzeigen und ihn dann in Tollers Revolutionsstück sichtbar machen. Im Zusammenhang der expressionistischen Revolutionsdramatik fand sich während meiner Recherchen oft auf die Aussage, die Stücke wären heute auf Theaterbühnen unspielbar. Diese Meinung teile ich nicht und werde daher am Ende meiner Arbeit aktuelle Bezüge herstellen.

1. Der Expressionismus

Der Expressionismus (lat. expresssio = Ausdruck) war eine Kunstbewegung, bzw. Stilrichtung am Anfang des 20. Jahrhunderts, gegen die Tendenzen des Naturalismus. Zeitlich lässt er sich in drei große Strömungen einteilen. Zum einem in den Frühexpressionismus von 1910-1914, den Kriegsexpressionismus von 1914—1918 und den Spätexpressionismus in der Zeit von 1918-1925. Ausgehend von den Malern wurden alle Künste von einem neuen „Ausdruckswillen“ erfasst, die Sprache und somit das Theater wurden ebenso Reibungspunkt dieser Zeit wie die Bildende Kunst.[3]

1.1. Expressionismus in der Literatur

Kurt Hiller (Schriftsteller und Publizist) war einer der Ersten der den Begriff des Expressionismus auf die Literatur übertragen hatte. Er prägte den Begriff des expressionistischen Aktivismus, der eine Gesinnung, statt eine künstlerische Form beinhaltete. „...Aktivierung des Geistigen zur Herbeiführung einer neuen Menschheitsära...“[4] Dieser Gesinnungspathos richtet sich in jeder künstlerischen Handlung an die Öffentlichkeit, es ist eine Sprache der Ideologie und der Utopie in der jedes gedruckte oder geschriebene Wort den Leser bzw. Hörer mitreisen soll. Sehr deutlich wird dieser Anspruch in dem „Appell an die Kunst“ von Iwan Groll:

„Kunst ist kein Beruf. Kunst ist kein Schicksal. Kunst ist Liebe. Liebe erheischt Gegenliebe, ist eine bilaterale Angelegenheit. Kunst erheischt Publikum, ist eine öffentliche Angelegenheit. Kunst wird heute zur sozialen Liebestätigkeit. Darum, Künstler, tritt ins Volk und zeige ihm dein großes Herz…Licht brauchen wir: Licht, Wahrheit, Idee, Liebe, Güte, Geist! Sing Hymnen, schrei Manifeste für den Himmel und die Erde. Für den Geist!“[5] Der Kontakt zum Leben an Sich wurde wachgerüttelt, ein Erlebnis das man gemeinsam teilen wollte. Unabhängig von den jeweiligen Berufen suchten die Künstler nach neuen Lebensentwürfen. In der ersten Phase der Bewegung gab es noch kein anderes Ziel als den unbefriedigenden Zustand des Vorkrieges. Jedes Mittel schien recht, um die Banalität der Zeit los zu werden.[6]

1.2. Historischer Hintergrund

Die meisten Expressionisten wurden im letzten Jahrzehnt vor der Jahrhundertwende geboren, eine Zeit die seit 1870 friedlich verlief und in der das Bürgertum in Ruhe und Gelderwerb lebte. Die damalige, meist aus gutem Hause stammende, Jugend langweilte sich und klagte die Elterngeneration wegen verlogener Moralbegriffe an. Der immer schneller wachsende Industrialisierungsprozess bildete den Hintergrund für die Unzufriedenheit der jungen Intelligenz. Mehr und mehr wurden sich die gutsituierten Jungen ihrer Abhängigkeit gegenüber der Maschinen bewusst. Das immer größer werdende Industrieproletariat und die Erkenntnis, der damit verbundenen Abhängigkeit an eine kapitalistische Warenproduktion, unterschied die heranwachsende Generation von der Vaterwelt, gegen die sie sich auflehnten. Die Gesellschaft wurde zur Massengesellschaft und die Einzelperson verschwand. Die jungen Autoren schlossen sich so in sozialistischen Literatengruppen zusammen.

Toller beschreibt jene Zeit rückblickend folgendermaßen: „ Diese Jugend bekämpfte mehr einzelne Erscheinungen der Welt der Eltern als das Fundament der Gesellschaft. Sie wusste nur mangelhaft, was sie bekämpfte, und noch weniger, für welches Ziel sie sich einsetzte.“[7]. Die hier angesprochene Zielsuche hatte bei den meisten jungen Autoren die Folge, dass sie der Lust am Abenteuer verfielen. Als 1914 der 1.Weltkrieg ausbrach meldeten sich die meisten von ihnen freiwillig. Zu Beginn war der Enthusiasmus groß, doch die tatsächliche Kriegsrealität veränderte die Ansichten, wie eine Veränderung der Welt fortschreiten sollte und ein großer Teil jener damaliger Chauvinististen trieb die soziale Revolution von 1918/19 in Deutschland voran.[8] Neben den Ereignissen des 1.Weltkrieges und der neuen Wirtschaftslage wirkte außerdem der Darwinismus (biologische Evolutionstheorie), der Kulturpessimismus Nietzsches (Tendenzen zur negativen Fortentwicklung der Kultur) und die Psychoanalyse Freuds

(Enträtselung der Seele) auf die Schriftsteller ein.[9]

[...]


[1] Vgl. Richard Hamann/ Jost Hermand, Deutsche Kunst und Kultur von der Gründerzeit bis zum Expressionismus/V-Expressionismus, Akademie-Verlag Berlin, 1975, S. 7-8

[2] Vgl. http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,584269,00.html

[3] Vgl. Wikepedia- Die Freie Enzyklopädie/ Expressionismus

[4] Kurt Hiller, Der Aufbruch zum Paradies. Ein Thesenbuch., München Desch, 1952 (Erste Ausgabe der um einen zweiten Teil erweiterten Fassung. Der erste Teil des Bandes erschien 1922 bei Kurt Wolff unter dem Titel "Der Aufbruch zum Paradies. Sätze".)

[5] Vgl. Richard Hamann/ Jost Hermand, Deutsche Kunst und Kultur von der Gründerzeit bis zum Expressionismus/V-Expressionismus, Akademie-Verlag Berlin, 1975, S 13-14; Die Aktion, hrsg. Von Franz Pfemfert, Berlin 1910 ff.

[6] Vgl. Wolfgang Rothe, Expressionismus als Literatur, Franke Verlag Bern und München, 1969, S. 14-16

[7] Ernst Toller, Konflikte der Jugend in Deutschland, in ders.: Quer durch. Reisebilder und Reden, Kiepenheuer Berlin, 1930, S.259

[8] Vgl. Klaus Bebendorf, Tollers expressionistische Revolution, Peter Lang Verlag, Frankfurt, 1990, S.7-9

[9] Vgl. www.literaturwelt.com/epochen/express.html, Ideologischer Hintergrund

Final del extracto de 16 páginas

Detalles

Título
Die sozialen Missstände des 20. Jahrhunderts im Theater
Subtítulo
Am Beispiel des expressionistischen Dramas 'Masse Mensch' von Ernst Toller
Universidad
Erfurt University of Applied Sciences
Curso
Theaterwissenschaft
Calificación
1,7
Autor
Año
2009
Páginas
16
No. de catálogo
V137877
ISBN (Ebook)
9783640464517
ISBN (Libro)
9783640461684
Tamaño de fichero
428 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Missstände, Jahrhunderts, Theater, Beispiel, Dramas, Masse, Mensch, Ernst, Toller
Citar trabajo
Sebastian Paul (Autor), 2009, Die sozialen Missstände des 20. Jahrhunderts im Theater, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137877

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