Schifffahrt und Regionalentwicklung im Zeitalter von Globalisierung und politischen Konflikten

Die Schließung von Seehäfen als Problem und Chance der Stadtentwicklung - das Beispiel London


Term Paper, 2009

17 Pages, Grade: 2,0


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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung: Strukturwandel ehemaliger Stadthäfen

2 Die Entwicklung und der Niedergang des Londoner Hafens

3 Reaktionen und Kursänderung der Regierung

4. Die unterschiedlichen Entwicklungsphasen der Docklands

5. Abschließende Betrachtung des Strukturwandels in den Docklands

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung: Strukturwandel ehemaliger Stadthäfen

Seit den 1960er Jahren nehmen, weltweit betrachtet, die Beispiele für die Umnutzung brachgefallener Hafengebiete zu. Diese Umwandlungsprozesse konzentrieren sich vor allem auf die Gebiete zwischen der Innenstadt und der Wasserfläche, dem „port-city-interface“(Priebs 1998: 17). Die Umnutzung und Umstrukturierung der Häfen findet in See- aber auch in Binnenhäfen statt. Für diesen Prozess sind mehrere Gründe zu nennen. Die Containerisierung seit Mitte der 1960er Jahre führte zu veränderten Anforderungen an die Häfen. Die Betreiber der Hafenanlagen standen vor dem Problem, dass größere Schiffe mit mächtigerem Tiefgang und höherem Ladevolumen in die Häfen einlaufen sollten. Die dazu nötigen Veränderungen setzten einen höheren Flächenbedarf voraus. Dieser wurde für eine Tieferlegung und Verbreiterung der Fahrrinne im Hafenbecken benötigt. Weiterer Bedarf bestand auch durch die Container und die dadurch benötigte zusätzliche Be- und Entladungsfläche. Allgemeine Standortnachteile und eine unzureichende Infrastruktur führten dazu, dass sich die betroffenen Häfen nicht weiterentwickeln konnten. Ein weiterer Nebeneffekt des Containerverkehrs ist die geschlossene Transportkette, durch Bahn oder LKW- Verkehr. Dadurch sank der Bedarf an hafennahen Speichern und Lagerhäusern, was zu weiteren Brachflächen und Gebäudeumnutzungen führte. Auch die Arbeitsstruktur in den Häfen wurde durch die Containerisierung verändert. Weil die Fracht nicht mehr mit man-power gelöscht werden musste, fielen die meisten Arbeitsplätze in den Häfen weg. Diejenigen Arbeiter, die noch gebraucht wurden, waren vor allem spezialisierte Fachkräfte für die Steuerung und Kontrolle der mechanisierten Be - und Entladevorgänge und der weltweiten Transportketten (Harms 1999: 243).

Durch den vermehrten Einsatz von Containern kam es in den 70er und 80er Jahren zu einem Anstieg der Wirtschaftsleistung in großen Seehäfen. Dieses Wachstum hatte wiederum eine Ausweitung der Hafengebiete zur Folge. Weil in Hafenstädten durch Suburbanisierungs-prozesse die stadtnahen und die in der Nähe des Wassers gelegenen Flächen an Wert zunahmen, wurde ein Umzug des Hafengeländes in innenstadtferner gelegene Bereiche unausweichlich. Große Seehafenstädte waren und sind bedeutende Industriezentren, besonders für die Be- und Verarbeitung von Waren, die über den Hafen angeliefert wurden (Löbe 1979: 203). Wenn diese Industriezweige dann im Zuge einer Umnutzung aus dem Hafenbereich abwandern, bleiben viele ungenutzte Gebäude und Flächen zurück. Damit wurden große innenstadtnahe Hafenflächen funktionslos. Durch die Nähe zu der Innenstadt bestand jedoch das Potential, dass die Brachfläche als Cityergänzungsgebiet dienen könnte (Zehner 2008:272). Der Prozess der Aufwertung von innenstadtnahen Hafengebieten begann zu erst in den 1960er Jahren in Nordamerika (z.B. Boston, Baltimore und San Francisco), erreichte dann in den 1970er und -80er Jahren Europa und Australien und gelangte in den 1990er Jahren in die Schwellenländer Asiens (Hoyle, 1999: 224). Unter diesem Begriff von Revitalisierung der Hafen- und Uferzonen, werden unterschiedliche Prozesse und Planungen verstanden. Von Seiten der Hafenplanung wird darunter Modernisierung, Reorganisation, Optimierung und Verlagerung der Hafennutzungen verstanden. Aus stadtplanerischer Sicht wird überwiegend ein Nutzungswandel der ehemals hafenwirtschaftlich genutzten Flächen zu dienstleistungsorientierten Gewerbeflächen angestrebt. Große Teile der Brachflächen werden zu Bauland erklärt um eine fortschreitende Verödung der Innenstädte und den Bedeutungsverlust der City gegenüber der Peripherie aufzuhalten. Mit dieser Form von Nutzungsmischung sollen die Hafen- und Uferzonen vor allem der Erweiterung und der Attraktivitätssteigerung der Citygebiete dienen (Schubert 2007: 8). Die Gründe für die Probleme der ehemaligen Hafengebiete sind vielerorts sehr ähnlich, jedoch variieren die nötigen Lösungsansätze. Diese sind abhängig von den jeweiligen Akteurskonstellationen, den nationalen gesetzlichen Vorschriften, der lokalen Planungskultur, sowie den Zielen und Dimensionen der jeweiligen Bauvorhaben.

Viele geographisch-wissenschaftliche Arbeiten zu diesem Thema beziehen sich auf komplexe planungskulturelle, organisatorische, politische, trägerschaftliche, ökonomische, ökologische, juristische und finanzielle Fragen. Bekannte Beispiele für die Umnutzung traditioneller Hafengebiete in Europa sind die Londoner Docklands, Kop van Zuid in Rotterdam oder die Speicherstadt in Hamburg. Vor allem der Londoner Hafen ist durch seine Bedeutung für das ehemalige „British Empire“ und die „global city“ London von besonderem Interesse.

Darauf aufbauend kann sich auf zahlreiche Forschungsarbeiten zu dem Thema gestützt werden. Aus der Reihe der nennenswerten wissenschaftlichen Untersuchungen zu diesem Thema ist die ausführliche Arbeit über die Docklands von Klotzhuber (1995) zu erwähnen. Auch die Untersuchungen von Schubert (2007), der in einem Sammelband die Hafenrevitalisierungsprozesse in unterschiedlichen Räumen betrachtet, sind hier erwägenswert. Ebenfalls veröffentlichte Zehner (1999) eine Arbeit, die vor allem durch die detailierte wirtschaftsgeographische Betrachtungsweise des Konzeptes der „Enterprise Zones“ in Großbritannien und speziell in den Londoner Docklands von Bedeutung ist.

Am Fallbeispiel des Londoner Hafens werden in der vorliegenden Arbeit die Prozesse des Niedergangs und der anschließenden Hafenrevitalisierung im ehemals bedeutendsten Hafen in England dargestellt. Dabei sollen vor allem die Entwicklungsprozesse in den Docklands kritisch betrachtet werden.

2. Die Entwicklung und der Niedergang des Londoner Hafens

Die Entstehung der Londoner Docklands hatte ihren Ursprung im 18. Jahrhundert. Ausschlaggebend war der stetig wachsende Warenumschlag mit Kolonialwaren aus den Gebieten des British Empire, sowie durch die zahlreichen Kanalboote die vor allem Kohle aus dem aus dem Inland in das wirtschaftlich aufstrebende London transportierten. Die Kapazität der alten Hafenanlagen reichten daher nicht mehr aus, um die stetig steigende Zahl der Schiffe die in den Hafen einliefen, in ausreichender Zeit abzufertigen (Entmayr 1977: 17).

Im Zuge dieser Entwicklung wurden die Dockanlagen erweitert. Investitionsträger dieser neuen Dockanlagen waren große private Handelsgesellschaften. Aufgrund des weiterhin starken Wirtschaftsaufschwungs durch den regen Handel mit den Kolonien, dehnten sich die Docklands bis zum Ende des 19. Jahrhunderts weiter flussabwärts in östliche Richtung aus (Klotzhuber 1995: 157). Die Dockanlagen wurden in diesem Zeitraum von einer Anzahl konkurrierenden privaten Handelsgesellschaften errichtet und unterhalten. Trotz der Konsolidierung einzelner Unternehmen, zeichnete sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine rückläufige Wirtschaftlichkeit der Dockgesellschaften ab. Daher wurde 1908 die semistaatliche Hafenbehörde, die Port of London Authoritiy, von der Zentralregierung eingerichtet. Diese regelte nun den Betrieb der Dockanlagen. In der Zwischenkriegszeit konnte somit der Warenumschlag, gestützt durch die Waren aus den Kolonien, wieder prosperieren. Während des zweiten Weltkrieges wurden die Docklands während der Luftschlacht um England im Jahre 1940 von der Luftwaffe stark zerstört. Trotz der Verwüstungen erlebten die Docklands nach dem Wideraufbau in den 1950er Jahren eine Phase des zunehmenden wirtschaftlichen Wachstums. Dieser wirtschaftliche Aufschwung stagnierte jedoch ab den 1970er Jahren und entwickelte sich verstärkt rückläufig (Entmayr 1977: 24f.).

Die zunehmende Industrialisierung des Hafenbetriebes und der vermehrte Einsatz von Containern ab den 60er Jahren beeinträchtigte die Tragfähigkeit der Hafenanlagen. Durch die fehlenden Modernisierungspotentiale des Londoner Hafens, im Bezug auf Nutzfläche sowie Tiefe des Hafenbeckens, konnte dem nicht entgegengewirkt werden. Die neuere Generation von Frachtschiffen, die im Zuge der Containerisierung konstruiert wurden, war zu breit für die Verbindungskanäle zwischen Themse und den kleineren Dockanlagen.

Aber auch der Rückgang des Handelsvolumens durch die Unabhängigkeit vieler ehemaliger britischer Kolonien in den 60er Jahren und die wirtschaftliche Konkurrenz durch die moderneren europäischen Seehäfen, verstärkten diesen negativen Prozess zusätzlich (Schubert 2007: 197). Diese aufgezählten Nachteile betrafen vor allem die Areale der upstream docks, also der Landeinwärts gelegenen Dockanlagen, die zwischen den Jahren 1967 bis 1981 allesamt stillgelegt wurden (vgl. Abb.1). Der gesamte Hafenbetrieb wurde, bedingt durch den Standortvorteil, in den Mündungsbereich der Themse nach Tilbury verlagert. Hier gab es bereits seid 1886 Dockanlagen, an denen jetzt der gesamte Hafenbetrieb abgewickelt wurde.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Die Betriebsdauer der Londoner Dockanlagen (Quelle: www.geographie.uni-erlangen.de/London/docklands/ revital.htm)

Die soziökonomischen Auswirkungen auf die lokale Bevölkerung waren verehrend. Die Beschäftigtenzahl sank von 30.000 Menschen Anfang des 20. Jahrhunderts, auf unter 3.000 Personen. Diese Zahl betraf vor allem viele ungelernte Hafenarbeiter und die Beschäftigten der vor- und nachgelagerten Industrien im Hafen (Klotzhuber 1995: 159). Die britische Regierung, welche nun vor allem die Probleme aber auch Chancen des brachgefallenen Areals erkannte, gab 1971 die Erarbeitung eines Nutzungskonzeptes durch ein privates Planungsbüro in Auftrag. Dessen Entwurf sah den Bau einer New Town auf dem alten Hafenareal vor. Bei der Umsetzung des Planes kam es durch den machtpolitischen Wechsel, bei dem 1973 die Labourpartei die Wahlen für sich entscheiden konnte, zu einer zeitlichen Verzögerung. Der politische Richtungswechsel hatte auch eine veränderte Rahmenplanung zur Folge. Die Sanierung des brachgefallen Hafenareals fiel nun in den Aufgabenbereich des jeweiligen zuständigen Stadtbezirkes. Diese gründeten ein gemeinsames Dockland Joint Committee, welches einen Nutzungsplan erarbeiten sollte. Dieser Gebietsentwicklungsplan, der London Docklands Strategic Plan (LDSP), war durch seine Umbaupläne, dessen Schwerpunkte auf dem Häuserbau und dem Ausbau der Infrastruktur lagen, sehr an die Bedürfnisse der ansässigen Bevölkerung angepasst (Zehner 1999: 210). Durch eine fehlende rechtliche Verbindlichkeit des Planes wurden jedoch die Inhalte und Ziele von den Stadtbezirken nicht zwingend umgesetzt. Vor allem durch eine fehlende Konsensbildung, kam es zu einem jahrelangen Stillstand der Revitalisierungsmaßnahmen. Der letztendlich fehlende Einfluss und das mangelnde Durchsetzungsvermögen führten dazu, dass die DJC in den folgenden Jahren aufgelöst wurde. (Zehner 2008: 275).

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Details

Title
Schifffahrt und Regionalentwicklung im Zeitalter von Globalisierung und politischen Konflikten
Subtitle
Die Schließung von Seehäfen als Problem und Chance der Stadtentwicklung - das Beispiel London
College
University of Cologne
Grade
2,0
Author
Year
2009
Pages
17
Catalog Number
V140136
ISBN (eBook)
9783640502134
ISBN (Book)
9783640501915
File size
444 KB
Language
German
Keywords
Globalisierung, Die Schließung von Seehäfen als Problem und Chance der Stadtentwicklung - das Beispiel London, Deindustrialisierung, Habourfront Development, Revitalisierung, London, Global City, Docklands, Ca, Canary Warf
Quote paper
Benedikt Wacker (Author), 2009, Schifffahrt und Regionalentwicklung im Zeitalter von Globalisierung und politischen Konflikten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140136

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