Theatralität als publikumszentrierte Selbstdarstellung im Rahmen des Wave-Gotik-Treffens 2008


Seminararbeit, 2008

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Gliederung

Einleitung

1. Die Gothic-Szene

2. Das Wave-Gotik-Treffen
2.1 Tag 1: Die Ankunft
2.2 Tag 2: Agra-Gelände und Viktorianisches Picknick
2.3 Tag 3: Stadtrundgang

3. Der Inszenierungsbegriff
3.1. „Wir alle spielen Theater“: Die Bedeutung der Selbstinszenierung bei Erving Goffman
3.2. Theatralität und Persönlichkeit: Das Modell des Self-Monitoring von Mark Snyder

4. Theatralität als publikumszentrierte Selbstdarstellung im Rahmen des Wave-Gotik-Treffens 2008

Literaturverzeichnis:

Einleitung

Bei meinem diesjährigen Besuch des Wave-Gotik-Treffens[1] fiel mir verstärkt das nahezu schauspielerische Verhalten der Besucher auf. Die Selbstinszenierung dieser spielte offenbar eine solch entscheidende Rolle, dass viele vor allem wegen der Gäste oder aber um sich selbst zu präsentieren nach Leipzig reisten.[2] Doch kann diese Selbstdarstellung als Teil der Aufführung gesehen werden? Ist es Theater? Kunst? Oder doch „nur“ Rollenverhalten außerhalb des Kunstverständnisses?

„Jede Inszenierung, so nehme ich an, ist ein Vorgang des Handelns, aber nicht jedes Handeln ist (Teil einer) Inszenierung. Jede Inszenierung ist eine ästhetische Operation, aber nicht jede ästhetische Operation ist (Teil einer) Inszenierung. Jede Inszenierung ist ein ästhetischer Vorgang, aber nicht jede Inszenierung ist eine Operation der Kunst.[3]

In meiner Arbeit möchte ich diese Fragen klären. Dabei bin ich auf die Arbeit des Soziologen Erving Goffman und des Psychologen Mark Snyder getroffen, deren Theorien ich kurz vorstellen und dann auf die Selbstinszenierung der Besucher des WGT beziehen werde.

Zunächst werde ich jedoch einen kleinen Überblick über die sogenannte Gothic-Szene und den Ablauf des Wave-Gotik-Treffens[4] geben.

1. Die Gothic-Szene

„Ebensowenig wie die »Gothic«-Szene mit Gotik zu tun hat, dürfte ein normaler Schwarzberockter in der Lage sein, eine einigermaßen zu rechtfertigende Definition dieses mittelalterlichen Baustiles zustande zu bringen. Doch darum geht es nicht. Denn in der Gothic-Szene geht es um ein Lebensgefühl, fast weniger noch: um eine Attitüde, die vornehmlich durch stilvolle Flucht und Isolation gekennzeichtet ist; ein über Jahre perfekt gehegtes Inseldasein, das von Außenstehenden immer noch herrlich missverstanden wird.[5]

Da es keine Definition von „Gothic“ gibt, kann nur Verallgemeinerndes gesagt werden: Die Szene entstand Ende der Siebziger Jahre aus dem Punk. Vorrangig vollzog sich diese Entwicklung mit der Musik. Bands wie Joy Division, The Cure, Bauhaus, The Sisters of Mercy und Siouxsie and the Banshees werden häufig als die ersten Gothic-Bands genannt. Sie zeichnen sich vor allem durch depressive, meist sehr lyrische Texte aus.

Ihre ersten Auftritte hatten diese Bands im Londoner Club Batcave, dessen Name auch häufig als Klassifizierung der Musikrichtung dieser Bands genutzt wird.

Vor allem Jugendliche aus gebildeten Schichten, die insgesamt introvertierter waren als die Punks, schlossen sich der damaligen Bewegung an.

Fortan wurde Punk als spartanische, aggressive Ästhetik und Stilistik gesehen und dessen Stile verfeinert. Die Übergänge waren fließend. Um das Jahr 1982 wurden auch die Anhänger der Musik als Goths bezeichnet.

Aus einer Mode und einem Lebens gefühl wurde alsbald ein Lebens stil.

„Nicht selten verkam und verkommt die Intensität und verbissene Einhaltung des Stils und seiner nihilistischen Eckwerte wie Todessehnsucht, Endzeitästhetik usw. zu einem belächtelten oder von der Außenwelt als bedrohlich empfundenem Klischee. Dennoch dienten die hier verwandten Mittel und stilistischen Accessoires nie der puren Provokation (wie beim Punk z.B.), sondern waren Zweck zur eigenen tiefschwarzen Verinnerlichung.[6]

Viele sehen sich nicht als Mitglied einer Szene oder als Goth, weil sie ihre Individualität wahren wollen[7]. Auch die Vermarktungsstragien kommerzieller Medien, die auch Visual Kei und Heavy Metal als Gothic verkaufen, tragen zu einer weiteren Distanzierung des Begriffes bei. Was viele Mitglieder als Merkmale der Szene erachten, sind Toleranz, Verständnis, Offenheit, Individualität, Authentizität und Interesse an düsterer Ästhetik. Ästhetik ist, wie an dem Äußeren der Szene-Mitglieder meist zu bemerken, ein zentraler Punkt der Bewegung.

Schwarz, welches seit einigen Jahren jedoch nicht mehr die einzige Farbe der Szene ist, steht für das Beständige und weist auf das Verweigern der kurzlebigen Modetrends hin. Das Viktorianische Zeitalter, die Gründerzeit etc. erfreuen sich großer Beliebtheit. Auch das Mittelalter übt einen großen Reiz auf die Szene aus. Dieses Interesse gipfelt des Öfteren in einer regelrechten Selbstflucht.[8]

Die Szene ist jedoch unhomogen. Es existieren viele Schattierungen, was eine Definition zusätzlich erschwert.

2. Das Wave-Gotik-Treffen

2.1 Tag 1: Die Ankunft

Am Leipziger Hauptbahnhof angekommen, treibt eine schwarze Menge Richtung Ausgang. Auf dem Bahnhofvorplatz herrscht ein reges Treiben. Zwischen der Vielzahl schwarz gekleideter Menschen finden sich auch ein paar normal gekleidete, die erstgenannte interessiert begutachten. Blitze zucken über den Platz, Dutzende Kameras begleiten das Event, das sich seit über zehn Jahren jedes Jahr zu Pfingsten in Leipzig darbietet. Unter den Fotografen finden sich sowohl Szenemitglieder als auch Leipzig-Touristen sowie Leipziger Schaulustige, die sich die Gäste näher ansehen möchten. Auch TV-Sender sind mit Kameras vertreten.

[...]


[1] Im Folgenden WGT oder Treffen genannt.

[2] Diese Behauptung resultiert aus etwaigen Unterhaltungen mit anderen Besuchern des Festivals.

[3] Seel, Martin: Ästhetik des Erscheinens. München/ Wien: Hanser Verlag, 2000.

[4] Die Beschreibungen des Wave-Gotik-Treffens 2008 sind eigenen Aufzeichnungen entnommen.

[5] Stieg, Ecki: »Eine Szene ohne Namen «. In: Matzke, Peter/ Seeliger, Tobias (Hrsg.): Gothic! Die Szene in Deutschland aus der Sicht ihrer Macher. Berlin. Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag GmbH, 2000, S. 15.

[6] Ebd , S. 17.

[7] Vgl. Rutkowski, Roman: Das Charisma des Grabes. Stereotyp und Vorurteile in Bezug auf jugendliche Subkulturen am Beispiel der Schwarzen Szene. München: Books on Demand GmbH, 2004, S.56.

[8] Vgl. Farin, Klaus: Gothics. Berlin: Tilsner, 1999, S.5.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Theatralität als publikumszentrierte Selbstdarstellung im Rahmen des Wave-Gotik-Treffens 2008
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Institut für Theaterwissenschaft)
Veranstaltung
Alles Theater, oder? Einführung in die Aufführungsanalyse
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
15
Katalognummer
V143314
ISBN (eBook)
9783640526345
ISBN (Buch)
9783640526185
Dateigröße
454 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Theaterwissenschaft, Aufführungsanalyse, Selbstdarstellung, erving goffman, Mark Snyder
Arbeit zitieren
Janine Schott (Autor:in), 2008, Theatralität als publikumszentrierte Selbstdarstellung im Rahmen des Wave-Gotik-Treffens 2008, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/143314

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