Artikel 2.4 der Charta der Vereinten Nationen verbietet jegliche Androhung und Anwendung von Gewalt durch Staaten gegenüber anderen Staaten. Die Staatliche Souveränität ist durch Artikel 2.7 der Charta der Vereinten Nationen geschützt, der ferner Staaten und internationalen Organisationen verbietet, sich in die inneren Angelegenheiten von Staaten durch direkte oder indirekte Intervention einzumischen. Seit dem Ende des Ost-West-Konflikts werden das Gewaltverbot, das Interventionsverbot und das Souveränitätsrecht immer häufiger umgangen. Neue globale Bedrohungen wie der internationale Terrorismus, sowie das immer stärker wahrgenommene Phänomen schwacher oder faktisch nicht vorhandener Staatlichkeit und deren Bedrohungspotenzial rechtfertigen immer häufiger Interventionen durch Einzelstaaten und internationale Organisationen. Der Intervention folgen state-building Programme getragen vom ambitiösen Ziel, die betreffende Gesellschaft zu demokratisieren.
Eines der kontroversesten und spannungsgelandensten Beispiele von Intervention und State-building ist Afghanistan. Die Intervention der Vereinigten Staaten und die State-building - Maßnahmen der internationalen Gemeinschaft in Afghanistan, sowie die Schwierigkeiten und Dilemmata, denen das Engagement der internationalen Gemeinschaft gegenübersteht, werfen einmal mehr die Frage nach der Legitimität und den Erfolgsaussichten von State-building auf. Nach acht Jahren internationaler Präsenz im Land sieht die Erfolgsbilanz der internationalen Anstrengungen ernüchternd aus. Afghanistan ist nach wie vor eines der ärmsten und korruptesten Länder weltweit und hat auch mit internationaler Hilfe weder funktionsfähige staatliche Institutionen noch ein Gewaltmonopol errichten können. Der gewaltsame Widerstand gegen westliche Akteure sowie gegen moderate afghanische Teile der Gesellschaft seitens der erstarkenden Taliban-Bewegung nimmt zu; parallel wird die Kritik an der Vorgehensweise der im Land operierenden Kräfte immer lauter.
In dieser Arbeit werden Intervention und State-building betreffende fundamentale Fragen aufgegriffen und diskutiert. Mit welcher Berechtigung werden unter der Prämisse des Primats der staatlichen Souveränität Staatsgrenzen durchbrochen? Ist Demokratisierung (durch state-building) von außen wünschenswert und möglich? Am Fallbeispiel Afghanistan sollen die Schwierigkeiten und Dilemmata, die mit state-building und Demokratisierung verbunden sind, beleuchtet werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. State-building und Demokratisierung – realistische Ziele?
- I.1. Legitimation
- I.2. Wandel nach dem Ende des Kalten Krieges – Normenwandel auf internationaler Ebene
- I.3. Problem: Demokratisierung von außen?
- I.4. Das „Responsibility to Protect“- Prinzip (R2P)
- II. Der Fall Afghanistan: Kann State-Building in Afghanistan erfolgreich sein?
- II.1. Ausgangsbedingungen - kurzer historischer Abriss
- II.2. Macht- und Gewaltstrukturen in Afghanistan
- II.3. Externe Akteure in Afghanistan
- UNAMA
- NATO/ISAF
- II.4. Taliban: gesellschaftliche Unterwanderung
- II. 5 Bilanz
- Fazit
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Legitimität und Erfolgsaussichten von Interventionen und State-Building-Programmen am Beispiel Afghanistans. Sie untersucht die Herausforderungen und Dilemmata, die mit der Durchsetzung von Demokratisierung von außen verbunden sind, und hinterfragt die ethischen und rechtlichen Implikationen solcher Eingriffe.
- Legitimität von Interventionen in staatliche Angelegenheiten
- Der Wandel des internationalen Normensystems nach dem Ende des Kalten Krieges
- Die Rolle von internationalen Organisationen bei State-Building
- Die Herausforderungen der Machtstrukturen und Gewaltverhältnisse in Afghanistan
- Die Auswirkungen des Widerstands gegen westliche Akteure und die Kritik an der Vorgehensweise der internationalen Gemeinschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet das Spannungsfeld zwischen staatlicher Souveränität und Interventionen in Zeiten globaler Bedrohungen. Das erste Kapitel analysiert die Legitimität von Interventionen unter dem Blickwinkel des Völkerrechts und der UN-Charta. Es diskutiert die ethischen und rechtlichen Dilemmata, die mit dem Eingreifen in die inneren Angelegenheiten eines Staates verbunden sind.
Das zweite Kapitel widmet sich der Situation in Afghanistan. Es präsentiert eine kurze historische Analyse der Ausgangsbedingungen und beleuchtet die komplexen Machtstrukturen sowie die Rolle externer Akteure wie der UNAMA und der NATO/ISAF.
Schlüsselwörter
Intervention, State-Building, Demokratisierung, Afghanistan, Legitimität, Völkerrecht, UN-Charta, Responsibility to Protect (R2P), Machtstrukturen, Gewaltverhältnisse, Taliban, Internationale Gemeinschaft
- Quote paper
- Nelly Eliasberg (Author), 2009, Intervention und Statebuilding am Beispiel Afghanistan, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/143654