Osttimor stand von Oktober 1999 bis zu seiner Unabhängigkeit am 20. Mai 2002 unter UN-Verwaltung und war eines der Peace Building-Vorzeigeprojekte der Internationalen Gemeinschaft. Ziel war der Aufbau eines demokratischen und friedlichen Osttimor. Das Land war nach einem Vierteljahrhundert Bürgerkrieg und indonesischer Besatzung wirtschaftlich am Boden. Die Gesellschaft war fragmentiert, militarisiert und brutalisiert, staatliche Institutionen waren nach dem indonesischen Rückzug praktisch nicht vorhanden. Es gab also viel zu tun, sowohl für die UN, als auch für die zerstrittenen politischen Gruppierungen Osttimors. Neben dem Aufbau demokratischer staatlicher Institutionen, dem wirtschaftlichen Wiederaufbau und der Organisation der Rückkehr von Flüchtlingen gab es für die Akteure in Osttimor noch eine
weitere wichtige Aufgabe – die der Vergangenheitsbewältigung. Wie sollte die „Wahrheit“ über die Geschehnisse aus den vergangenen Jahrzehnten des Krieges herausgefunden und bewältigt werden? Wie sollten Menschenrechtsverletzungen geahndet werden? Was sollte mit den Tätern geschehen? Wie sollten die Opfer entschädigt werden? Und bestand die Möglichkeit die früheren Täter wieder in ihre lokalen Gemeinschaften zu integrieren?
In der Vergangenheitsbewältigung und der Aussöhnung sah man den Schlüssel zur „Heilung der Narben“ einer gespaltenen osttimoresischen Gesellschaft, die in den Jahren der Gewalt
und Straflosigkeit entstanden waren. Eine dysfunktionale Gesellschaft, wie man sie in allen Nach-Bürgerkriegsländern antrifft, stellt ein großes Hindernis für die demokratische und ökonomische Entwicklung eines Landes dar. Vergangenheitsbewältigung ist daher ein wichtiger Bestandteil multidimensionaler Peace Building-Missionen in Nach-Bürgerkriegsländern.
Meine Arbeit wird sich mit den Maßnahmen beschäftigen, die in Osttimor zur Vergangenheitsbewältigung ergriffen wurden. In Osttimor wurden viele Ressourcen in die Aufarbeitung der Vergangenheit gesteckt und es wurden einige beachtliche Erfolge erzielt. Trotzdem gibt es in Osttimor noch immer große soziale Spannungen und die Sicherheitslage ist weiterhin schlecht. Wie ist dies zu erklären?
Beginnen werde ich nun allerdings mit der Definition einiger Begriffe, welche für meine Arbeit von zentraler Bedeutung sind. Danach werde ich die historische Entwicklung Osttimors in Kürze nachzeichnen, und dann zum Thema der Vergangenheitsbewältigung in Osttimor kommen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Peace Building, multidimensionale Friedensoperationen und Demokratieförderung
- Vergangenheitsbewältigung als Teil von Peace Building-Operationen: Transitional Justice
- Konflikt und Peace Building in Osttimor
- Die Kolonialzeit
- Die indonesische Besatzung Osttimors, 1974-1999
- Der Weg zur Unabhängigkeit: Osttimor unter UN-Verwaltung
- Vergangenheitsbewältigung in Osttimor
- CAVR (Commission for Reception, Truth and Reconciliation), 2001-2005
- Entstehung, Aufbau und Ziele
- Maßnahmen
- Bewertung
- Weitere Formen der Vergangenheitsbewältigung in Osttimor
- SCU (Serious Crimes Unit)
- Wiedereingliederung von Kombattanten in Gesellschaft und Streitkräfte
- Die Rolle Indonesiens: Der Ad Hoc Human Rights Court in Jakarta
- CAVR (Commission for Reception, Truth and Reconciliation), 2001-2005
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Maßnahmen zur Vergangenheitsbewältigung in Osttimor im Kontext von Peace Building-Operationen. Der Fokus liegt auf der Aufarbeitung der Vergangenheit nach Jahrzehnten von Krieg und indonesischer Besatzung, wobei insbesondere die Rolle der Commission for Reception, Truth and Reconciliation (CAVR) beleuchtet wird.
- Peace Building in Nach-Bürgerkriegsländern
- Vergangenheitsbewältigung als Schlüsselfaktor für nachhaltigen Frieden
- Die Rolle der CAVR in Osttimor
- Herausforderungen und Erfolge der Vergangenheitsbewältigung
- Der Zusammenhang zwischen Vergangenheitsbewältigung und der Stabilität der osttimoresischen Demokratie
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den aktuellen Kontext in Osttimor vor und führt die Problematik der Vergangenheitsbewältigung ein. Das zweite Kapitel definiert die Begriffe "Peace Building" und "multidimensionale Friedensoperationen", während das dritte Kapitel die Rolle von Transitional Justice bei Peace Building-Operationen beleuchtet. Im vierten Kapitel wird die Geschichte Osttimors von der Kolonialzeit bis zur Unabhängigkeit unter UN-Verwaltung skizziert. Kapitel fünf widmet sich der Vergangenheitsbewältigung in Osttimor, wobei die Arbeit und die Ergebnisse der CAVR im Detail betrachtet werden. Weitere Formen der Vergangenheitsbewältigung in Osttimor, die Rolle Indonesiens und die Herausforderungen der Zukunft werden ebenfalls diskutiert.
Schlüsselwörter
Peace Building, Vergangenheitsbewältigung, Transitional Justice, Osttimor, CAVR, Menschenrechtsverletzungen, Konfliktlösung, Friedensförderung, Demokratieförderung, wirtschaftlicher Wiederaufbau, soziale Spannungen, Sicherheitslage.
- Citation du texte
- Oliver Bräuner (Auteur), 2008, Vergangenheitsbewältigung als Teildimension des Peace Building in Osttimor, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/144244