Geschlechterkonstruktionen im Wandel der Zeit

Das Beispiel der Fernsehwerbung


Examination Thesis, 2010

63 Pages, Grade: 2,0


Excerpt


1. Einleitung

„Hinter der Werbung steht vielfach die Überlegung, dass jeder Mensch eigentlich zwei sind: einer, der er ist, und einer, der er sein will.”

(William Feather[1])

Dieses Zitat des amerikanischen Werbefachmanns William Feather macht die Einstellung der Menschen gegenüber der Werbung deutlich: Die Werbung zeigt uns das, was wir sehen wollen beziehungsweise das, was wir gerne wären. Um dies zu erreichen, werden viele verschiedene Medien verwendet, seien es stilistische Mittel, wie Ironie oder Sarkasmus, musikalische Untermalungen, bekannte Gesichter aus Film und Fernsehen oder simples Klischeedenken der Bürgerinnen und Bürger.

In der heutigen Zeit kommt man nicht mehr an der Werbung vorbei, denn sie ist überall und jeder wird mit ihr konfrontiert, sei es in Zeitungen und Zeitschriften, im Radio, Kino, Internet oder Fernsehen. Die Werbeindustrie bedient sich der geschaffenen Klischees und Stereotype, die sie teilweise auch in ihren Slogans definiert. So heißt es zum Beispiel: „Für das Beste im Mann“ (Gillette), „Bau-knecht weiß, was Frauen wünschen“ (Bauknecht), „Der Duft, der Frauen provoziert“ (Axe) oder „ Weil Männer keine Frauen sind “ (DMAX). Doch welchen Einfluss haben diese geschaffenen Stereotype auf den realistischen Wandel der Geschlechterkonstruktionen?

Um genau dieses Thema handelt es sich in meiner Examensarbeit:
„Der Wandel der Geschlechterkonstruktionen: Das Beispiel der Fernsehwerbung“.

Innerhalb dieser Arbeit möchte ich mehreren Fragen nachgehen, die eng mit dieser Thematisierung verbunden sind:

- Welche Klischees und Stereotype wurden seit den 1950er-Jahren in der deutschen TV-Werbung bedient?
- Wie wurde das Geschlecht mithilfe dieses Mediums konstruiert?
- Was versteht man unter einer Geschlechterrolle bzw. einer Geschlechterkonstruktion?
- In welchem Verhältnis stehen diese beiden zueinander und wie haben sie sich im Laufe der letzten 60 Jahre gewandelt?

Um der Beantwortung der Fragen gerecht zu werden, hat sich folgender Aufbau dieser wissenschaftlichen Arbeit entwickelt:

Zu Beginn werde ich mich mit dem allgemeinen Thema der Werbung befassen. Dies bedeutet, dass zuerst auf die Funktionen und Ziele dieses Mediums eingegangen wird, bevor ich eine kurze Übersicht verschiedener, aktueller Werbearten nennen und herausarbeiten möchte. Der letztendliche Schwerpunkt der Arbeit, die Fernsehwerbung, wird folgend separat thematisiert. In diesem großen Unterpunkt widme ich mich zunächst einem kurzen historischen Abriss, bevor ich versuchen werde, den Aufbau eines üblichen Werbespots zu erklären, um abschließend die Vor- und Nachteile der Fernsehwerbung gegenüber anderen Werbearten aufzulisten.

Im zweiten Teil meiner Examensarbeit geht es um die Geschlechterkonstruktion, wobei ich zuerst versuchen möchte, die Begriffe Geschlechterrolle und -differenzierung zu erläutern und deren Unterschied deutlich zu machen. Im Folgenden beziehe ich mich auf die Konstruktion von Geschlechtern, welche die Unterscheidung zwischen sozialer und symbolischer Konstruktion sowie deren Einfluss auf die Werbung umfassen. Im Anschluss folgt ein kurzer Überblick über den Wandel der Geschlechterbilder. Hierbei soll deutlich gemacht werden, wie sich das Bild der Frau und des Mannes explizit seit dem 20. Jahrhundert in Deutschland verändert hat. Dieser Überblick wird unter anderem später als Vergleich für die Spotanalyse von Bedeutung sein.

Der anschließende, dritte Bereich befasst sich mit der Beschreibung meiner Vorgehensweise bei der Analyse einzelner Werbeeinspieler. Es sollen Grundlagen und Herangehensweise kurz und kompakt dargestellt werden.

Der darauf folgende Absatz ist der Schwerpunkt meiner wissenschaftlichen Arbeit und beschäftigt sich mit der Analyse von Werbespots. Durch die Aufgliederung verschiedener Dekaden der letzten 60 Jahre werde ich versuchen, jeweils einen Spot auf die typischen Merkmale und Eigenschaften der damaligen Zeit zu untersuchen. Hierbei wird versucht, auf Basis des vorher erarbeiteten Wissens über Geschlechterkonstruktion, Werbung und des historischen Abrisses einen Eindruck über die tatsächliche Entwicklung der Geschlechterbilder zu bekommen. Nach jedem Jahrzehnt folgt eine kurze Zusammenfassung der Geschlechterkonstruktionen in Form einer Tabelle.

Im Anschluss wird eine komprimierte Schlussbetrachtung inklusive Fazit dargelegt. Intention ist es, die in der Einleitung beschriebenen und vorgenommenen Fragen zu beantworten und den vollzogenen Fortschritt der letzten 60 Jahre von Männern und Frauen in der Fernsehwerbung deutlich darzustellen und zu betrachten.

2. Werbung

2.1. Funktionen und Ziele der Werbung

2.1.1. Definition

Mit dem Beginn der Herstellung von Waren und Dienstleistungen entstand auch deren Vermarktung und Werbung. Der Begriff „Werbung“ leitet sich vom Verb „werben“ ab, welches von dem altdeutschen Wort „wervan“ stammt und letztendlich, laut Günter Schweiger und Gertraud Schrattenecker[2], „sich drehen“, „sich bemühen“ beziehungsweise „etwas betreiben“ bedeutet. Das erste und simpelste Werbemittel, über das jedes Individuum verfügt, ist die menschliche Stimme. Ob als Verkäufer auf dem Wochenmarkt, Bewerber für einen neuen Job oder Privatperson im Bekannten- und Verwandtenkreis: Allein durch den Inhalt und die Variation der Tonhöhe werben die Menschen – sei es für ein Produkt oder letztendlich für sich selber. Hieraus wird deutlich, dass sich Werbung weitläufig definieren lässt und sowohl wirtschaftliche, politische, kulturelle und durchaus auch religiöse Bereiche abdecken kann.

Im weiteren Verlauf ist daher unter Werbung immer die Wirtschaftswerbung gemeint, unter der wir

„[…] die gezielte, planmäßige Beeinflussung von Menschen (Konsumenten) ohne Anwendung von äußerer Gewalt oder Zwang im Interesse der Werbungtreibenden (Unternehmer, Erzeuger oder Verkäufer) von Waren/ Dienstleistungen“
(Hasenteufel 1980 , Seite 77)

verstehen.

2.1.2. Funktionen

Ende des zwanzigsten Jahrhunderts fand eine Revolution der Telekommunikation statt. Neben den bis dato bekannten öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern ging am 01. Januar 1984 als erster deutscher privater TV-Veranstalter die Programmgesellschaft für Kabel- und Satellitenrundfunk (PKS), später bekannt als Sat 1, auf Sendung. Nur einen Tag später folgte RTL Plus. Durch das neue TV-Programm via Kabel und Satellit eröffnete sich für die Unternehmen eine neue Möglichkeit, ihre Produkte zu bewerben, da sich die Privatsender bis heute ausschließlich aus Werbeeinnahmen finanzieren. Dies führte schlussendlich zu einem Boom, welcher die Gelegenheit bot, durch Bild und Ton (zweikanalig) für die eigenen Produkte zu werben und somit, durch beispielsweise Hintergrundmusik, die Erinnerungsrate der ausgestrahlten Einspieler und folgend der Artikel zu verbessern.

Durch dieses Ensemble aus Bild, Ton und Musik wurden Firmen nun zahlreiche Varianten dargebracht, ihr Produkt einzigartig anzupreisen. Die Übermittlung ihrer Botschaften wurde wirksamer und führte im Laufe der Zeit dazu, dass aus den Werbespots letztendlich kleine Kurzfilme wurden und die Werbung, neben der Informationsfunktion, den Unterhaltungsaspekt hinzugewonnen hat. So könnte man unter Umständen von Kunst reden, wenn man begutachtet, dass ein Werbespot im deutschen Fernsehen, welcher im Schnitt 20 – 30 Sekunden dauert[3], von verschiedensten Elementen wie Illusion, Überraschung und Übertreibung lebt.

Eine weitere wichtige Funktion ist die des Spiegelbildes. Werbung ist demnach Bestandteil und Spiegelbild einer Kultur und ihrer Hersteller, die den Ausdruck des Zeitgefühls beziehungsweise des persönlichen Lebensstils darstellen und eine bestimmte Wertverankerung vornehmen will.

„Werbung […] ist bestrebt, Spiegelbild der Werte und Bedürfnisse einer Gesellschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt zu sein.“

(Bergler 1992, Seite 19)

Dies bedeutet, dass sich die Werbung dem Wertewandel und den Bedürfnissen der Gesellschaft anpassen muss. Ändert sich demnach die Lebensqualität im Land, muss die Werbung versuchen, dieses Gefühl auch in ihren Fernsehspots zu verarbeiten und das temporäre Gefühl der Menschen widerzuspiegeln.

Hieraus wird eine weitere Funktion der Werbung erkennbar: die Allgegenwärtigkeit. Werbung ist in vielen Variationen vorhanden: Sei es im Fernsehen, im Kino, in Zeitungen und Zeitschriften, auf Bussen oder im Radio – jeden Tag wird der Mensch aufs Neue mit Informationen über Produkte konfrontiert. Doch darauf werde ich näher im Punkt 2.2. zu sprechen kommen.

Werbung ist, wie gerade angesprochen, allgegenwärtig. Mit dem Ziel, durch minimalen Reiz eine maximale Schlussfolgerung auszulösen, versucht sie die Menschen zu erreichen und zu überzeugen.[4] Um dies möglich zu machen, beziehen sich Unternehmen auf bestimmte Gestaltungsmerkmale, die zur Zielerfüllung beitragen sollen: Prägnanz, Verständlichkeit und Attraktivität. Genauer gesagt bedeutet dies, dass Werbung erstens darauf abzielt, durch Überdeutliches und Übertriebenes eine Beschäftigung auszulösen, die letztendlich auf Vorurteilen beruht (Prägnanz); zweitens bei der Wortwahl eine Sprache spricht, die jeder Zuschauer verstehen kann – egal ob Wissenschaftler oder heranwachsender Jugendlicher (Verständlichkeit); und drittens Akteure wählt, die das Bedürfnis nach Schönheit, Zuneigung und Zeitlichkeit befriedigen und dazu beitragen, sich Zeit einzuräumen um sich näher mit dem Produkt auseinanderzusetzen (Attraktivität).

2.1.3. Ziele

Nicht zuletzt aus den Faktoren der Allgegenwärtigkeit wird deutlich, dass das eindeutige Ziel der Werbung die Beeinflussung der Gesellschaft ist. Eltern beeinflussen ihre Kinder, Lehrer ihre Schüler und demnach Werbung ihre Zuschauer oder Leser. Sie dient demnach als Kommunikationsmittel zwischen Unternehmen und Konsument. Des Weiteren dient ein Werbespot dazu, sich inhaltlich und designtechnisch von der Konkurrenz abzuheben. Die zuvor angesprochene Vielfältigkeit hat den Firmen in den letzten Jahren die Möglichkeit eröffnet, durch Kombinieren aller audiovisuellen Elemente sich individuell von der Konkurrenz abzusetzen und den Erinnerungswert an das Produkt beziehungsweise die Firma deutlich zu erhöhen und somit dem primären Ziel, der Absatzwerbung, gerecht zu werden. Der Verkauf der eigenen Produkte steht für das Unternehmen immer noch im Vordergrund und Werbung ist das signifikanteste Mittel zur Realisierung seiner Ziele. Um diesen näherzukommen, bedient sich die Werbung solcher Stilmittel wie Provokation, Satire oder Ironie.

2.2. Werbearten

2.2.1 Werbung in Zeitungen

Betrachtet man alle möglichen Werbevariationen, ist die in Zeitungen seit Jahrzehnten am beliebtesten. Sei es in Tages- oder Wochenzeitungen, welche über- oder regional vertrieben werden, oder in Kauf- und Abonnement-Zeitungen: Der Reiz für Firmen, in diesen Presseerzeugnissen zu werben, ist vergleichsweise groß. Dies zeigt auch der aktuelle Markenanteil auf dem Werbeträgermarkt, welcher im Jahre 2009 laut dem Zentralverband für Werbewirtschaft e.V. (ZAW) bei 21 % lag.[5] Der Grund ist die Art und Weise, wie eine Zeitung erworben wird. Ob auf der Straße beim Kiosk oder per Abonnement nach Hause bestellt – der Leser bzw. die Leserin zeigt ein Interesse an diesem Erwerb. Die Zeitung wird idealerweise mehrmals am Tag in die Hand genommen und nimmt somit einige Zeit des Lesers in Anspruch, zumal man für die Beschäftigung damit Konzentration und Ruhe benötigt. Doch im Laufe der letzten Jahre begann das Medium Zeitung unter den Alternativen der Medienbranche zu leiden. Das Fernsehen und vor allem das Internet sorgen für eine schnellere Berichterstattung. Daher können die Zeitungsverlage aktuell nur noch eine alte Leserschaft verbuchen, auch wenn rund drei Viertel der Deutschen ab 14 Jahren regelmäßig Zeitung lesen.[6]

2.2.2 Werbung per Post

Nach den Zeitungen und dem Fernsehen ist die Post der drittgrößte Werbeträger in Deutschland. Durch beispielsweise Postwurfsendungen bietet dieser Nachrichtendienst die Möglichkeit, flächendeckend zu werben. So können spezielle Gebiete auserkoren werden, in denen man für seine Produkte werben möchte. Bei Wurfsendungen unterscheidet man generell zwischen einer adressierten, teil-adressierten (in Form von Textbausteinen) und nicht adressierten Sendung.

2.2.3 Werbung in Anzeigeblättern

Unter Anzeigeblättern versteht man ein Presseerzeugnis, welches regelmäßig – meist wöchentlich – kostenlos erscheint. In den meisten Fällen wird dieses mittwochs, samstags oder sonntags ausgeteilt. Man unterscheidet diese Art der Zeitungen in sogenannte Stadtteil- und Boulevardblätter, wobei Erstere erneut nach dem Lokalteil untergliedert werden. So befindet sich in einer dieser Variationen des Stadtblattes eine Ansammlung von Berichten aus dem lokalen Umfeld und in der Alternative wird überwiegend mit PR gearbeitet. Dass Anzeigeblätter eine attraktive Werbefläche bieten, zeigt eine Statistik aus dem Jahre 2006, nach der es 1300 verschiedene Anzeigeblätter mit einer Gesamtauflage von 86 Millionen Exemplaren gab.[7]

2.2.4 Außenwerbung

Diese Art der Werbung finden wir häufig an öffentlichen Plätzen in Form von Leucht- oder Plakatwerbung sowie als Werbung an Verkehrsmitteln, wie Autos, Bussen oder Straßenbahnen. Die Stärke dieser Variante ist zweifellos die Unvermeidbarkeit ihrer Betrachtung. Egal wo man sich befindet, man wird überall mit dieser Werbeform konfrontiert und nimmt sie – bewusst oder unbewusst – wahr. Durch das richtige Platzieren an Allgemeinstellen (Plakatsäulen), Großflächen, Mega-Lights (verglast und beleuchtet) oder Blow Ups (überdimensionale Plakate) lässt sich somit schnell eine Markenbekanntheit auf- bzw. ausbauen.

2.2.5 Werbung im Radio

Die Werbung im Radio weist zwei große Vorteile auf. Einerseits besitzt man unter dieser Prämisse die Möglichkeit, neben Worten auch die Funktion der Geräusche mit einzubeziehen und somit eine kurze Geschichte zu erzählen beziehungsweise durch Musik einen höheren Identifikationswert zu erzielen. Auf der anderen Seite bedient sich das Radio der Funktion des Gehörs, sprich man nutzt dessen Vorteil, dass es den ganzen Raum audiovisuell in Besitz nimmt und man dem Gespielten automatisch Aufmerksamkeit schenkt, da es für das Gehör unausweichlich erscheint. Hinzu kommt die Tatsache, dass rund 80 % der deutschen Bürgerinnen und Bürger täglich Gebrauch vom Radio machen.

2.2.6 Werbung im Kino

In Form der Kinowerbung wächst die Anpreisung von Produkten über sich hinaus. Es ist der einzige Ort, an dem Werbung erwartet wird. Vor jeder Filmvorstellung werden gut 15 Minuten lang Werbeeinspieler präsentiert, welche zum großen Teil Kurzfilme darstellen. Derzeit existieren rund 2000 Lichtspielhäuser und machen und machen demnach von diesem Medium Gebrauch.[8]

2.2.7 Onlinewerbung

Die Werbung der neuen Medien, sprich Internet, E-Mail und Handy, hat im 21. Jahrhundert eine große Entwicklung erfahren. Entgegen vieler Vermutungen und Darstellungen einer Verlagerung von traditionellen zu modernen Medien konnte sich die Onlinewerbung auf dem Werbemarkt mit gut 4 % Marktanteil im Jahre 2009 etablieren. Zwar sind die Nettozuwächse laut dem Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft e.V. von 49 % (2006) auf 3 % (2009) geschrumpft, dennoch ist diese Entwicklung in Anbetracht der Zeit für die Zukunft sehr vielversprechend.[9]

2.3. Fernsehwerbung

2.3.1 Historischer Abriss

Das Fernsehen ist mit einem Markenanteil von 20 % nach den Zeitungen der umsatzstärkste Werbeträger in Deutschland. Am 03. November 1956 startete im Bayrischen Rundfunk (BR) die erste Fernsehwerbung, welche aus lediglich einem TV-Spot (Persil) bestand und zwischen 19:30 und 20:00 h gesendet wurde.[10] Seither erfuhr diese Werbevariante einen stetigen Anstieg. Nachdem eine Klage vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V. (BDZV) abgewiesen wurde, erfolgte Anfang 1958 ein Werbeansturm in breiter Masse. Der Hessische Rundfunk (HR) sowie der Südwest Rundfunk (SWR) machten es dem BR nach und sendeten fortan Werbung.

Im Jahre 1962 setzte man einen Jahresdurchschnitt von zwanzig Minuten fest, der sich stark an dem ZDF-Staatsvertrag orientierte, welcher ein Werbeverbot ab 20 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen festsetzte.[11] Mit diesem Beschluss stiegen die Werbeeinnahmen deutlich an. Beliefen sich diese im Jahre 1957 noch auf 3,7 Millionen DM, konnte man den Betrag in den kommenden sechs Jahren nahezu verhundertfachen (1963: 366 Millionen DM). Auch inhaltlich hat sich im Laufe der letzten 60 Jahre einiges getan. Orientierte man sich in den 1950er- und 1960er-Jahren noch sehr am amerikanischen Vorbild der Zeichentrickfiguren und tanzenden Produkte, wurde gegen Ende der 1960er-/Anfang der 1970er-Jahre ein Trend zu Werbefiguren sichtbar. So überbrachten Tilly (Palmolive), Klementine (Ariel) oder Frau Antje den Zuschauern die Werbebotschaften.

Mit der Einführung des Farbfernsehens erhöhte sich zudem in den 1970er-Jahren der Wiedererkennungswert der Produkte. Gleichzeitig wurden thematische Tabus gebrochen (sexuelle Reize) und neue Elemente hinzugewonnen (Humor), um die gewünschten Zielgruppen effizienter anzusprechen.[12] Mit der Gründung des Privatfernsehens 1984 fand für die Werbeindustrie eine revolutionäre Veränderung statt. Wie bereits erwähnt, finanzierte sich dieses ausschließlich aus Werbegeldern und legte damit den Grundstein für eine neue Regelung zur Werbeausstrahlung, welche 1987 in Kraft trat und größtenteils noch heute gültig ist.

Der Erfolg des Privatfernsehens Ende der 1980er-Jahre führte schlussendlich zu einem Ansturm weiterer Sender, die sich mithilfe von Werbeeinnahmen finanzieren wollten. Dementsprechend gab es schon Ende der 1990er-Jahre zwölf Privatsender und einen Werbeumsatz von 2,5 Milliarden DM. Dennoch war kein Abschwung in Sicht. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts konnte man bis zu fünf Milliarden Euro an Einnahmen verbuchen, die sich teilweise konstant hielten. Nichtsdestotrotz bekam auch die Werbebranche die Weltwirtschaftskrise zu spüren und machte im Jahre 2008 Verluste. So gingen laut ZAW die Einnahmen um 2,9 % auf knapp 4 Milliarden Euro zurück.[13]

2.3.2 Aufbau eines Fernsehspots

Da, wie schon mehrfach erwähnt, der Werbespot die Elemente Bild und Ton kombiniert, ist ein gut durchdachter Aufbau besonders wichtig. Denn neben Bildern können durch akustische Darstellungen, wie Klang der Stimme, Dialekt, Lautstärke oder Geschwindigkeit, die Wahrnehmungen der Zuschauerinnen und Zuschauer beeinflusst werden. Zudem dient der Einsatz von Musik der Aufmerksamkeitsgewinnung und der Einprägsamkeit von Werbeslogan und dementsprechend der Produkte.

Um dies zu erreichen, sollte man laut Schweiger und Schrattenecker[14] einige Fakten ins Auge fassen, welche Folgende wären:

Im Mittelpunkt steht die Story (Kurzfilm), welche eine abgeschlossene Handlung beinhaltet und sich in verschiedene Darstellungsweisen unterteilen lässt:

- Problemlösung: Bei dieser Variante wird der Zuschauer bzw. die Zuschauerin vor eine (Alltags-)Situation gestellt, welche ein Problem darstellt. Beispiele hierfür wären Weinflecken auf einer weißen Tischdecke oder hartnäckiger Kalk im Bad. Nach der Problemdarstellung wird das umworbene Produkt als Lösung vermarktet, welches die Probleme mit Leichtigkeit lösen kann.
- Systemvergleich: Beim Systemvergleich stehen die Protagonisten ebenfalls vor einer Problemsituation. Aber anstatt sofort das Werbeprodukt darzustellen, bedient man sich eines direkten Vergleichs. Hierfür wird ein anonymes Produkt als Gegenüber dargestellt – natürlich mit erfolgloser Wirkung. Ein sehr bekanntes Beispiel hierfür wäre die „ Fairy Ultra “-Werbung aus den 1990er-Jahren, wo in zwei spanischen Städten nach einer großen Feier gleichzeitig mit zwei verschiedenen Produkten abgespült wird.
- Härtetest: Bei dieser Präsentationsart setzt ein Werbeunternehmen auf extreme Aufgaben, die ein Produkt im normalen Gebrauch bewältigen muss, wie zum Beispiel Ölflecken aus weißer Arbeitskleidung lupenrein zu entfernen.

Des Weiteren muss unterschieden werden, wie und mit wem man in die Werbung einführt. Hierbei wird in den meisten Fällen eine Sprecherstimme gewählt. Andere beliebte Varianten sind nationale und internationale Prominente (vorrangig bei Haarpflegemitteln) oder eine nachgestellte Interviewsituation, wie zum Beispiel in der Knoppers- Werbung.

Wichtig für die Vermarktung der Produkte ist die Alltagssituation. Daher werden in den meisten Fällen Geschichten aus dem Alltag gewählt, in denen sich die ZuschauerInnen schnell wiedererkennen können. Um dies zu verstärken, bezieht man gerne die Familie, Freunde oder Nachbarn mit in das Geschehen ein. Schweiger und Schrattenecker sprechen hier vom „Slice-of-Life“.[15]

Um auch nach der Ausstrahlung noch im Gedächtnis der möglichen Konsumenten zu bleiben, ist es wichtig, einen gut gewählten Jingle und Slogan zu haben. Durch die musikalische Untermalung und einen eingängigen Werbetext kann es einem Unternehmen durchaus gelingen, dies zu einem Markenzeichen zu machen und noch Jahre später damit in Verbindung gebracht zu werden (Beispiel hierfür: „Nichts ist unmöglich – Toyota“).

2.3.3 Vor- und Nachteile von Fernsehwerbung

Aufgrund der Tatsache, dass der Werbespot mittlerweile fester Bestandteil des Fernsehprogramms geworden ist, wird die Frage aufgeworfen, ob dies positiv oder eher negativ für das Fernsehen und letztendlich somit auch für die umworbenen Produkte sei. Klar ist, dass, je nach Betrachter, Werbung einerseits den Programmfluss stören, andererseits wiederum den Spannungs- und Unterhaltungswert steigern kann.

Egal ob als einmaliger oder gesplitterter TV-Spot (Tandem-Spot): Es wird mit dieser Art der Werbung eine breite Masse angesprochen. Obwohl jeder Haushalt um die 57 Programme empfangen kann, ist die Erreichbarkeit der Produktvermarktung trotz der angesprochenen Konkurrenz sehr hoch. Ebenso bietet das Medium Fernsehen die Möglichkeit eines großen Gestaltungsspielraums in Form von kleinen Erzählungen, ausgewählter Musik oder auffälligen Farbenspielen. Hinzu kommen neue Sonderwerbeformen, wie zum Beispiel die Split-Screen-Werbung, welche vorrangig bei Sportevents wie der Formel 1 eingesetzt wird. In einem kleinen Fenster läuft das reguläre Programm lautlos weiter, wobei gleichzeitig wenige Werbespots den restlichen Bildschirm ausfüllen.

Ein Nachteil für diese Art der Produktwerbung ist die Tatsache, dass die Sender ein Altersproblem bekommen. Die gewünschte Zielgruppe liegt im Alter zwischen 14 und 49 Jahren. Allerdings kann nicht jede Fernsehanstalt gute Werte in dieser Altersklasse vorweisen. Gerade die öffentlichen Sender, wie beispielsweise das ZDF, haben unter diesem Problem zu leiden. Ihr Programm spricht die jüngeren Zuschauer nicht an und etwaige Versuche, dies zu ändern, laufen meist ins Leere. Unter diesem Aspekt wird deutlich, dass sich die Unternehmen genau überlegen müssen, zu welcher Zeit, bei welchen Formaten und vor allem auf welchem Sender sie ihr Produkt am besten verkaufen können, damit sie die gewünschte Zielgruppe ansprechen. Ein weiterer Nachteil ist die Unterbrechung des sogenannten Audience-Flow, welcher die Zuschauerbindung zum aktuellen Programm beschreibt.[16] Durch die Werbung erhöht sich die Möglichkeit, dass die ZuschauerInnen zu einem anderen Sender wechseln und in dessen Programm „hängenbleiben“.

3. | Geschlechterkonstruktionen

3.1. | Definition Geschlechterrolle/-differenzierung

Sei es bei der Geburt, beim Einkauf neuer Kleidung oder beim Gang auf die öffentlichen Toiletten – das Geschlecht ist das wichtigste universelle Unterscheidungsmerkmal, wonach wir die Gesellschaft unterteilen. Dank dieser Gattung gibt es eine Ordnung, welche festlegt, welchem Geschlecht bestimmte Fähigkeiten, Eigenschaften oder Positionen zugesprochen werden.

Dennoch gibt es zwei unterschiedliche Positionen, die Auskunft darüber geben, welche Wirkung die Geschlechtsunterscheidung tatsächlich hat. Einerseits ist davon die Rede, dass Menschen schon von Beginn an andere Dispositionen hatten, welche im Laufe der Zeit zur Entwicklung der unterschiedlichen Interessen und Aktivitäten geführt haben. Andererseits, so Weiderer[17], sei der Mensch ein ungeformtes Wesen, welches in eine Welt hineinwächst, in der es einen Sozialisationsprozess durchlebt und demnach seine Geschlechterrolle zugesprochen bekommt.

Als Geschlechterrolle bezeichnet Helge Pross[18] ein

„Bündel von generellen Verhaltensmerkmalen für Männer und davon differenzierenden generellen Verhaltensregeln für Frauen; [ein] Bündel von Regeln über die Zuweisung von Positionen an Männer bzw. Frauen; [ein] Bündel von generellen Erwartungen hinsichtlich der von Männern bzw. von Frauen aufzuweisenden Eigenschaften und Eignungen; [ein] Bündel von generellen Richtlinien für die Sozialisation von Jungen und Mädchen; [ein] Bündel von generellen Erwartungen für die Selbstsozialisation; Ungleichheiten der Möglichkeiten für Männer und Frauen, Zugang zu Gütern und Handlungsgelegenheiten zu erhalten, die in einer Gesellschaft als erstrebenswert angesehen werden.“

(Pross 1978, Seite 28)

Demnach ist die Geschlechterrolle also eine Konstellation von Eigenschaften, von der das Individuum glaubt, dass sie einen Mann oder eine Frau in seiner Kultur kennzeichnet, seien es Eigenschaften wie Normen in Bezug auf Ausprägungen oder verschiedene Tätigkeitsbeschreibungen.

Jedoch ist der Begriff der „Geschlechterrolle“ problematisch, da er nicht einheitlich verwendet werden kann. Grund hierfür ist das Faktum, dass die Geschlechterrolle im Inhalt variieren kann und somit eine Breite an Möglichkeiten besteht, diese zu definieren, zumal man „Rolle“ als „Missverständnis von Beliebtheit, freiwilliger Übernahme oder Chance zur Verweigerung“ ansehen kann.[19] Demnach ist eine Austauschbarkeit des Rollenträgers denkbar.

„Geschlecht“ hingegen bildet die fundamentale soziale Dimension. Um diese Überlagerung zu vermeiden, spricht man von „Geschlechtsdifferenzierung“, welche das Geschlecht als soziale Dimension ansieht, die die Gesamtheit an Unterschieden kennzeichnet, die in der Gesellschaft zwischen Menschen aufgrund ihrer biologischen Geschlechtszugehörigkeit vorgenommen werden. Hierbei unterscheidet man zwischen biologischem („Sex“) und sozialem („Gender“) Geschlecht. Aufgrund dessen kann man durchaus sagen, dass die Geschlechterrolle lediglich eine Facette der Geschlechterdarstellung ist, da diese, wie bereits oben erwähnt, Aufgaben, Tätigkeitsfelder und Verantwortlichkeiten an die Geschlechter verteilt.

Jene Unterteilung, welche die Geschlechterrolle durchführt, bezweckt die Bildung von Stereotypen. Diese bilden das Maß für richtiges Verhalten sowie für die Entstehung von Klischeebildern. Zu einem derartigen Prozess kommt es, wenn von Gruppen geteilte Vorstellungen über die Mitglieder anderer Gruppen existieren, welche letztendlich zur Verzerrung der Tatsachen führen können.[20] Gefördert werden diese Klischeebilder durch die Massenmedien, wie zum Beispiel Werbung, da sie diese Inhalte und Aussagen weitergeben.

3.2. | Konstruktionen von Geschlecht

3.2.1. | Soziale Konstruktion

Wie schon im Punkt 3.1. angesprochen, lässt sich Geschlecht sowohl im biologischen als auch im sozialen Sinn ausdrücken. Unter der sozialen Konstruktion von Geschlecht, sprich Gender, versteht man die Summe aller Vorstellungen und Erwartungen gegenüber diesem. Die Genderkonzepte beeinflussen die emotionale und kognitive Entwicklung, welche eine strukturierte Sozialisation, soziale Organisation, Selbstdarstellung und (non-)verbale Kommunikation beinhaltet. Das jeweilige Verhalten richtet sich hierbei nach dem Idealbild, welches vor allem durch die Medien projiziert wird. Demnach gelten Geschlechterrollen als individuell erworbenes, aber kulturell bestimmtes Verhaltensrepertoire.[21]

Laut Brovermann[22] ist das männliche Geschlechtskonzept gekennzeichnet durch Merkmale wie nicht emotional, nervenstark, unempfindlich, psychisch stabil, aggressiv, dominant, grob, laut, aktiv, wenig einfühlsam, selbstbewusst, uneitel, einsilbig und fähig zur Führungsposition. Das weibliche Geschlechtskonzept ist eher durch Merkmale definiert wie sehr emotional, leicht erregbar, wenig selbstbewusst, sanft, still, einfühlsam, zärtlich, passiv, eitel, empfindlich und kaum fähig zu Führungspostionen. Es fällt also auf, dass das weibliche Konzept dem männlichen von Grund auf widerspricht. Die Frau wird als zerbrechliches, kostbares, sanftes und natürliches Wesen dargestellt, der Mann hingegen als kraftvoller, dynamischer Macher und Beschützer.

Hieraus wird deutlich, wie auch schon Wenger schreibt, dass das Geschlecht als natürliche Kategorie angesehen werden kann, dessen gesellschaftliche Ungleichbehandlung auf die natürliche Folge der biologischen Geschlechtszugehörigkeit zurückzuführen ist.[23] Die Unterschiede in den Lebensäußerungen lägen demnach dem kulturellen Geschlecht zugrunde, welches als unabhängige Variable angesehen werden kann.

Da gerade die Medien einen hohen Anteil an der Konstruktion unserer sozialen Wirklichkeit und Gender besitzen, benötigt man neben der sozialen auch die symbolische Konstruktion, um die Form der erscheinenden Geschlechtsbilder im Fernsehen erkennen zu können.

3.2.2. | Symbolische Konstruktion

Bei der symbolischen Konstruktion geht man vom Mann als Prototypen und von der Frau als Abgrenzung dessen aus. Sie lässt sich demnach nur aus den Geschlechterverhältnissen in einer Gesellschaft definieren. Wie bereits oben angedeutet, besitzen die Massenmedien an dieser symbolischen Konstruktion einen hohen Anteil. Sie sind der Mythengeber und entwerfen beziehungsweise definieren die Frau in unserer Gesellschaft.

Die symbolische Konstruktion ist durch Kommunikationsmittel gekennzeichnet, wie zum Beispiel durch die Körpersprache, welche soziale und psychologische Aspekte verbindet. Der Körper wird hier als Ort definiert, an dem die gesellschaftliche Ideologie mit der persönlichen Identität zu einer Einheit verschmilzt.[24] Er drückt nicht nur emotionale Befindlichkeit, Zu- und Abneigung, Intimität bzw. Sexualität aus, sondern auch den demonstrierenden Status, Macht, Dominanz und Überlegenheit. Zwei Drittel der Informationen, die wir erhalten, werden durch Körpersprache vermittelt − der Rest durch individuelle Merkmale der nonverbalen Kommunikation, wie ethnische Zugehörigkeit, Alter, Geschlecht, Emotionen, Gefühle, Zu- und Abneigung, Signale, Dominanz und sozialer Status.

3.3. | Geschlechterbilder im Wandel

Schaut man sich die verschiedenen Geschlechterbilder in den letzten 60 Jahren an, fällt auf, wie sehr sie sich entwickelt und dementsprechend verändert haben. Mit der finanziellen Unabhängigkeit und veränderten Lebensbedingungen wurden aus den traditionellen Rollenvorstellungen neue Leitbilder, welche unter anderem die partnerschaftliche Arbeitsteilung zur Folge hatten.

Mitte des 20. Jahrhunderts sah man die Frau als häusliche, mütterliche und attraktive Frau an, welche stets adrett, sexy und auf kindliche Art und Weise sinnlich und jugendlich erschien. Ihre Aufgaben konzentrierten sich dabei hauptsächlich auf die Familie und den Haushalt, wobei sie überwiegend die familiäre und erotische Funktion erfüllen sollte.[25] Der Mann hingegen nahm das Geschlechtsbild vom hart arbeitenden Karrieremann ein. Seine Hauptaufgabe lag in der Beschaffung von finanziellen Mitteln, die es der Familie ermöglichten, ein gutes und solides Leben zu führen. Er übernahm demnach primär die Rolle des Ernährers und Familienoberhauptes innerhalb der Familie. Seine Autorität und Durchsetzungskraft waren zu keinem Zeitpunkt umstritten. Er bot seiner Familie und primär seinem Nachwuchs steigenden Konsum, doch eine emotionale Bindung wurde kaum aufgebaut oder gepflegt. Zudem wurde der Mann häufig als geselliger Typ gesehen, der das Leben und vor allem seine Freizeit in vollen Zügen genoss.[26]

In den 1960er-Jahren begann durch beispielsweise die Bildungsexpansion und die Wahlmöglichkeiten für Frauen schlussendlich der Prozess der Individualität der Geschlechter und deren Rollenwandel. Demnach ergab sich ein engeres Verhältnis von gesellschaftlichem Wandel und der Veränderung im Arrangement der Geschlechter.[27] Erste Erneuerungen im privaten Lebensbereich der Männer waren erste gesellschaftliche Veränderungen, die einen Wechsel des Rollenverständnisses und somit eine Abkehr von der traditionellen Männerolle andeuteten. Dennoch waren Beruf und Ausbildung primäre Ziele bei dem männlichen Geschlecht, wobei man bei Frauen diese noch als untergeordnet bezeichnete und ihrer traditionellen Rolle eher Ziele wie Heirat und Familie zusprach. Doch schon in den 1960er-Jahren begann die Zahl der Eheschließungen immer weiter zu sinken. Dies bedeutete einen Verlust des Stellenwertes der Ehe und zugleich einen Bedeutungsanstieg der nicht ehelichen Lebensgemeinschaften. Daran lassen sich erste Anzeichen auf einen Vorstellungswandel festmachen. Zugleich stiegen in diesem Jahrzehnt, wie weiter oben bereits erwähnt, die Bildungs-, Erwerbs- und Karrierechancen der Frauen, welche zum Wandel der Geschlechterrolleneinstellungen führten und sicherlich den Durchbruch der Gleichberechtigung in den 1970er-Jahren andeuteten.[28]

In der Zeit der 1970er-Jahre gelangte der Einfluss der Frauenbewegung an die Oberfläche der Öffentlichkeit, was die Zukunft der weiblichen Gattung in Deutschland deutlich veränderte. So zeigte man eindeutige Ablehnung gegenüber dem damaligen politischen System und setzte sich Mitte der Siebzigerjahre intensiv mit dem Paragrafen 218 auseinander, in dem es um die Schwangerschaftsabtreibung der Frauen geht. Die „Aktion 218“, wie sie in der deutschen Geschichte betitelt wird, stellt letztendlich die generelle Selbstbestimmung der Frau dar. Dies führte schlussendlich dazu, dass nicht nur der Beruf, sondern auch die Familie zu einem zentralen Lebensbereich des Mannes wurde. Zwar charakterisierte man das männliche Familienoberhaupt immer noch als erfolgreichen, einflussreichen, kulturellen und wohlhabenden Karrieremann mit den Eigenschaften Treue, Fleiß und Tüchtigkeit, jedoch wurde er immer familiärer und sensibler dargestellt.[29] Die Frauen hingegen konnten ihre Chancen bezüglich der Erwerbstätigkeit deutlich verbessern, was schließlich dazu führte, dass sowohl für die Frauen als auch für die Männer diese Tatsache als Selbstverständlichkeit angesehen wurde. Trotz geringerer Löhne und schlechterer Aufstiegschancen war im Jahre 1975 jede zweite Frau im Berufsleben tätig. Zu diesem Zeitpunkt sprach man der Frauenrolle laut Guido Zurstiege die Eigenschaften der Wärme, Herzlichkeit und Begabung zum Kochen zu.[30]

Mit der Gleichberechtigung von Frauen und Männern entwickelten sich in den 1980er-Jahren neue Aufgaben für die Väter innerhalb der Familie und somit weitere Facetten eines neuen Männerbildes innerhalb der Gesellschaft. So wurden dem Mann Aufgaben im Haushalt und in der Kinderbetreuung zugesprochen. Dies bedeutete, dass der Mann innerhalb der eigenen vier Wände nicht nur für kleinere Reparaturarbeiten oder die Gartenpflege zuständig war, sondern auch in früher eher weiblich dominierten Bereichen, wie Kochen oder Putzen, mit anpacken musste. Das Gleiche galt für die Erziehung der Kinder.[31] Was man in den 1950er- und 1960er-Jahren noch allein der Mutter zugesprochen hatte, wurde in den Achtzigern auf den Vater übertragen. Man erwartete von ihm, sich aktiv an der Erziehung des Nachwuchses zu beteiligen. Dies konnte beispielsweise die Ausübung gemeinsamer Hobbies mit den Kindern oder die Integration in sportliche Aktivitäten sein, was man vor allem bei Jungen voraussetzte. Des Weiteren legte man besonderen Wert auf das Aussehen der Herren. Waren diese früher größtenteils adrett und schick angezogen, so legte man nun zusätzlich großen Wert auf einen Mann, der sich beispielsweise regelmäßig rasierte und seine Haare gelte, sprich großen Wert auf seine Körperpflege und sein äußeres Erscheinungsbild legte.

[...]


[1] http://www.zitate-online.de/autor/feather-william.

[2] Vgl. Schweiger / Schrattenecker 2005, Seite 1

[3] Vgl. Niemann 2004, Seite 34.

[4] Vgl. Bergler 1992, Seite 15ff.

[5] Informationen über die Werbemarktanalyse 2009/2010 gibt es auf der Homepage der ZAW.

[6] Vgl. Zurstiege 2007, Seite 126.

[7] Ebd.

[8] Ebd.

[9] Informationen über die Werbemarktanalyse 2009/2010 gibt es auf der Homepage der ZAW.

[10] Vgl. Zurstiege 2007, Seite 127f.

[11] Vgl. Niemann 2004, Seite 25ff.

[12] Ebd.

[13] Informationen über die Werbemarktanalyse 2009/2010 gibt es auf der Homepage der ZAW.

[14] Vgl. Schweiger / Schrattenecker 2004, Seite 244ff.

[15] Ebd.

[16] Ebd.

[17] Vgl. Weiderer 1993, Seite 11.

[18] Vgl. Pross 1978, Seite 28.

[19] Vgl. Hastenteufel 1980, Seite 18.

[20] Vgl. Weiderer 1993, Seite 12.

[21] Vgl. Wenger 2000, Seite 15ff.

[22] Ebd.

[23] Vgl. Wenger 2000, Seite 15ff.

[24] Ebd.

[25] Vgl. Zurstiege 1998, Seite 61ff.

[26] Ebd.

[27] Ebd.

[28] Vgl. Grunow in: Mühling/Rost (Hrsg.), 2007, Seite 49f.

[29] Vgl. Zurstiege 1998, Seite 67f.

[30] Ebd.

[31] Vgl. Mühling 2007, Seite 146

Excerpt out of 63 pages

Details

Title
Geschlechterkonstruktionen im Wandel der Zeit
Subtitle
Das Beispiel der Fernsehwerbung
College
University of Cologne
Grade
2,0
Author
Year
2010
Pages
63
Catalog Number
V146203
ISBN (eBook)
9783640706280
ISBN (Book)
9783640706242
File size
747 KB
Language
German
Keywords
Geschlecherkonstruktionen, Werbung, Mann, Frau, Klischees, Geschlecht, Gender, Sozialwissenschaften, Medien, Werbespot, Soziologie, Marketing, Bilder, Geschichte, Männerbild, Frauenbild, Wandel, Entwicklung
Quote paper
Benedikt Frische (Author), 2010, Geschlechterkonstruktionen im Wandel der Zeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/146203

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Title: Geschlechterkonstruktionen im Wandel der Zeit



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