Diese Rezension fasst folgende Aufsätze/Artikel zur Fremdsprachendidaktik zusammen und betrachtet sie kritisch:
- Koller, Werner: Das Problem der Übersetzbarkeit – sprachliche, textuelle und kulturelle Aspekte, in: W. Börner/K. Vogel (Hrsg.), Kontrast und Äquivalenz. Beiträge zu Sprachvergleich und Übersetzung, Tübingen, 1998, S. 118-135.
- Wotjak, Gerd: Kommunikative und kognitive Aspekte des Übersetzens, in: E. Fleischmann u.a. (Hrsg.), Translationsdidaktik. Grundfragen der Übersetzungs-wissenschaft, Tübingen, 1997, S. 46-53.
- Worbs, Erika: Plädoyer für das zweisprachige Wörterbuch als Hilfsmittel des Translators, in: H. W. Drescher (Hrsg.), Transfer. Übersetzen - Dolmetschen - Interkulturalität, Publikationen des Fachbereichs Angewandte Sprach- und Kulturwissenschaft der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz in Germersheim, Reihe A, Bd. 23, Frankfurt am Main, 1997, S. 497-510.
Im letzten Teil dieser Rezension befindet sich eine Literatursammlung zum Thema 'Übersetzen im Fremdsprachenunterricht'.
Inhaltsverzeichnis:
1. W. Koller – Das Problem der Übersetzbarkeit
2. G. Wotjak – Kommunikative und kognitive Aspekte des Übersetzens
3. E. Worbs – Plädoyer für das zweisprachige Wörterbuch als Hilfsmittel des Translators
4. Bibliographie
1. Werner Koller – Das Problem der Übersetzbarkeit
Zu Beginn seines Artikels stellt Koller die These auf, dass Übersetzung (im weiteren Sinne die Kommunikation zwischen Menschen verschiedener Kulturen und Sprache) immer möglich ist, sobald diese auch von den beiden unterschiedlichen Gruppen gewünscht wird. Daher ist Verstehbarkeit grundsätzlich herstellbar. Allerdings lässt Koller den Rahmen bzw. die Eventualitäten dieser Verstehbarkeit offen. Man stelle sich folgende Situation vor: ein europäisches Forscherteam trifft auf eine bisher unbekannte Eingeborenenzivilisation im dichten Urwald von Borneo, dessen Sprache auf einem völlig anderen linguistischen System basiert. Somit ist die verbale Kommunikation vorerst nicht herstellbar. Lediglich ein aus einfachen Gesten bestehendes Zeichensystem könnte Kommunikation bzw. Verstehbarkeit unter minimalistischen Gesichtspunkten (z. B. ‚Essen’/‚Schlafen’) ermöglichen. Doch auch die nonverbalen Gesten müssen nicht zwangsläufig zum Erfolg führen, denn diese können innerhalb der Eingeborenenkultur eine völlig andere Bedeutung haben, als in der europäischen Kultur, innerhalb welcher es ebenfalls zu Fehldeutungen bzw. Missverständnissen kommen kann. Daher lässt sich der allgemeine Charakter der Herstellung von Verstehbarkeit in einigen Kontexten durchaus anzweifeln. Jedoch relativiert Koller seine erste These, indem er von Paradoxen der Übersetzung spricht: „Jede Übersetzung bestätigt die These der prinzipiellen Unübersetzbarkeit – und widerlegt sich zugleich qua Übersetzung.“[2] Ausgehend von dieser Feststellung unterscheidet Koller zwischen der Übersetzbarkeit im denotativen Bereich und im konnotativen Bereich. Eine Übersetzung auf konnotativem Gebiet ist äußerst eingeschränkt, wenn nicht sogar unmöglich, da in diesem Sektor die ästhetische Funktion der jeweiligen Sprache (z.B. in Form von idiomatischen Redewendungen) zum Tragen kommt, während Übersetzung im denotativen Gebiet grundsätzlich möglich ist. Des Weiteren geht Koller auf die Funktion der zusammenfassenden Übersetzung eines Textes ein. Dabei stellt er unmissverständlich dar, dass der Inhalt des zu übersetzenden (nicht fiktionalen) Textes mit dem Inhalt des Textes in der Zielsprache meistens nicht mehr genau übereinstimmt, da durch das Prinzip der Auswahl bestimmte Informationen einfach weggelassen bzw. sogar richtig (aus dem Recherchenwissen des Übersetzers) gestellt werden können. Anders verhält es sich mit fiktiven Texten, da diese Textart ihr spezifisches Eigenleben selbst konstruiert (Inhalt und Rahmenbedingungen). Auch wenn der Übersetzer innerhalb dieser nicht realen Fiktivität einige Schwachstellen bzw. Reibungspunkte entdeckt, so muss er sie dennoch akzeptieren und im Zieltext genauso wiedergeben. Doch treten auch zahlreiche Probleme bezüglich der ‚Mikroebene’ der Übersetzung auf. So ist es beispielsweise schwierig, die Mehrdeutigkeit des Konjunktivs in der deutschen Sprache in skandinavische Sprachen zu transferieren, da diese über eine solche grammatische Form einfach nicht verfügen. Somit besteht hier auf eine gewisse Art und Weise eine Unübersetzbarkeit – der Übersetzer muss nun versuchen, mit anderen Mitteln den Übersetzungsauftrag sinngemäß, aber möglichst adäquat in die Zielsprache zu übertragen. Dabei findet also keine Übersetzung im eigentlichen Sinne mehr statt, sondern vielmehr eine ‚Verständlichmachung’ eines Sprachphänomens durch Umschreibung bzw. alternative Inhaltsübertragungs-strategien. Als Hilfsmittel können laut Koller dabei Kommentare, die auch als legitimes Mittel in Sachtexten (da es sich um die Vermittlung von bloßen Fakten handelt) allgemein anerkannt werden, dienen. Anders wiederum verhält es sich in literarischen Texten – Kommentare können in diesem Fall die Wirkung bzw. den Charakter des Werkes als ästhetisches Gesamtwerk gefährden, da dem Leser die interpretatorische Freiheit eingeschränkt bzw. vollständig genommen wird. Diese Diskrepanz, welche aus der Übersetzung von literarischen Werken entsteht, ist aber ein durchaus allgemein gültiges Problem. Jedem Leser, der Romane mit Fabelwesen (z. B. Harry Potter, Lord of the Rings) im englischen Originaltext und danach die deutsche Übersetzung gelesen hat, wird augenblicklich klar, dass teilweise auffällige inhaltliche Abweichungen aufgrund der übertragenden Übersetzung entstanden sind.[3] Im größeren Rahmen fasst Koller dieses Problem als „kulturbedingte Übersetzungsproblematik“[4] zusammen. Dieses Phänomen verstärkt sich, sobald der kulturelle Abstand zwischen der Ausgangssprache und der Zielsprache größer wird. Das heißt, dass beispielsweise eine selbstverständliche Begrüßungsformel, wie das Händeschütteln in Deutschland, in einem anderen Kulturraum höchstwahrscheinlich auf Unverständnis stoßen wird. Somit müsste in einem deutschen Ausgangstext, der in eine andere Sprache übersetzt wird, auf die jeweilig gängigen Begrüßungsformeln der Sprache der Zielkultur angepasst bzw. adaptiert werden (z. B. das Aneinanderreiben der Nasen in der Kultur der Inuits), um auftretende Verwirrungen zu vermeiden. Außerdem muss der Übersetzer bestimmte Selbstverständnisse (wie Feiertage oder bestimmte Konventionen) in seinem Zieltext ergänzen, da der ursprüngliche Autor des Ausgangstextes in seinem Kulturraum solche als selbstverständlich voraussetzen kann (und damit nicht explizit in seinem Text verwendet), während der Leser aus einem anderen Kulturkreis Probleme damit haben sollte. In der abschließenden Zusammenfassung trifft Koller den wesentlichen Kern des Translationsvorgangs bzw. das Dilemma des Übersetzers: „Übersetzungsarbeit ist Arbeit an und mit der Übersetzbarkeit – der Übersetzbarkeit von Sprachen, Texten und Kulturen. Jede Übersetzung reduziert Unübersetzbarkeit – und macht doch immer wieder bewusst, dass es sprachliche, textuelle und kulturelle Andersheit und Fremdheit gibt, bei der nur Annäherungen möglich sind.“[5] Hierbei wird deutlich, dass der Vorgang der Übersetzung ein äußerst vielseitiger als auch nuancierter Prozess, der außergewöhnliche Anforderungen an den jeweiligen Translator stellt. Des Weiteren stellt jede Übersetzung ein Unikat (mit jeweils eigenen Rahmenbedingungen, Inhalten und speziellen Erfordernissen) dar, sodass jeder Translationsvorgang eine neue Herausforderung mit sich bringt.[1]
[...]
[1] Vgl. Koller, Werner: Das Problem der Übersetzbarkeit – sprachliche, textuelle und kulturelle Aspekte, in: W. Börner/K. Vogel (Hrsg.), Kontrast und Äquivalenz. Beiträge zu Sprachvergleich und Übersetzung, Tübingen, 1998, S. 118-135.
[2] Ebd., S. 119.
[3] Als Beispiel sollen hier die verschiedenen inhaltlichen Konzepte von Fabelwesen dienen: in der deutschen Sprache besteht ein deutlicher Unterschied zwischen Fee bzw. Elfe. In der englischen Sprache hingegen ähneln sich die Konzepte der beiden Fabelwesen viel stärker. Das OALD gibt folgende Definitionen an: “fairy: a small imaginary being, esp. a female one, with magical powers”, “elf: a small fairy that is said to play tricks on people”, Vgl. Hornby, A.S.: Oxford Advanced Learner’s Dictionary of Current English, Ed. J. Crowther, 5th ed., Oxford, 1995. S. 359/399. Erstaunlicherweise wird in der Worterklärung von elf wird der Begriff fairy verwendet, welches auf eine klare Ähnlichkeit der zwei Fabelwesenkonzepte (Elfen als Unterart der Feen) schließen lässt.
[4] Vgl. Koller, a.a.O., S. 129.
[5] Vgl. Koller, a.a.O., S. 133f.
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.