Ist durch die Selbstbestimmung des Patienten das Recht der Tötung auf Verlangen – d.h. die aktive Sterbehilfe – ethisch vertretbar?

Hat das Recht auf Selbstbestimmung bei passiver und aktiver Sterbehilfe den gleichen Stellenwert?


Dossier / Travail, 2007

13 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsangabe

Einleitung
Einfahrung in das Thema
Problemstellung

Hauptteil
Erstes Fallbeispie
Argumente gegen die aktive Sterbehilfe
Zweites Fallbeispiel
Argumente fur die aktive Sterbehilfe

Schluss
Erorterung der anfangs der Arbeit erstellten Fragestellung auf der Grundlage der im Hauptteil erzielten Befunde

Zusatzfrage zum Erwerb des EPG 2 Scheins:
Ist das aktive Abschalten eines Beatmungsgerates aktive Sterbehilfe?

Quellenangabe

Einleitung

Einfuhrung in das Thema und Problemstellung

Das Sterben wird in der Gesellschaft vielfach verdrangt und ist mit grofien Angsten belastet, mit denen sich die Mehrheit der Menschen qualt. So z.B. die Angst unertragliche Schmerzen erleiden zu mussen oder beim Sterben allein gelassen zu werden. Hinzu kommen die Angste den Angehorigen zu Last zu fallen oder Fremden (z.B. dem medizinischem Personal) ausgeliefert zu sein. Um diesen Angsten vorzubeugen, fallt es leichter den Willen zu aufiern, dass dem Leben ein vorzeitiges Ende bereitet werden soll. Diesem Wunsch kann je nach Diagnose und verbleibende Behandlungsmethoden mit Sterbehilfe entsprochen werden. Dabei unterscheidet man vier Formen der Sterbehilfe: 1. Beihilfe zur Selbsttotung, 2.

Indirekte Sterbehilfe, 3. Passive Sterbehilfe und 4. Aktive Sterbehilfe. Gemeinsame Vorraussetzung jeder Form der Sterbehilfe ist, dass sie aufgrund des Patientenwunsches erfolgen muss und somit nicht gegen den Willen erfolgen darf. Die Beihilfe zur Selbsttotung geschieht, indem eine Person (oft der Arzt) ein Mittel zur Selbsttotung dem Patienten bereitstellt, damit dieser selbst dieses Mittel einnimmt. Indirekte Sterbehilfe ist der Einsatz von Medikamenten zur Linderung von Beschwerden, die als Nebenwirkung die Lebensdauer verkurzen. Dies erfolgt in Krankenhausern regelmafiig mit Morphium im Endstadium der Krebserkrankungen. Unter passiver Sterbehilfe versteht man hingegen die aktive Beendigung von lebensverlangernden oder -erhaltenden Mafinahmen bei expliziter oder mutmafilicher Einwilligung des Patienten. Die gezielte und von einem Arzt aktiv herbeigefuhrte vorzeitige Beendigung des Lebens durch Verabreichung todlicher Substanzen wird als aktive Sterbehilfe bezeichnet.

Viele Sterbende sind in arztlicher Behandlung und sterben in den meisten Fallen im Krankenhaus. Dabei hat jeder Mensch ein Recht auf einen wurdevollen Tod. Jeder sollte bestimmen konnen, wann er seinem Leben ein wurdevolles Ende setzen mochte. Es hangt aber oftmals vom Arzt ab, ob ein Sterbeprozess wurdevoll oder qualvoll ablauft. Hierbei besteht ein Konflikt zwischen dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten und der Fursorgepflicht des Arztes.

Im Zentrum dieser Arbeit steht die Frage wie weit das Recht auf Selbstbestimmung, das auch in der letzten Lebensphase gilt, reicht und ob das Recht auf Selbstbestimmung bei passiver und aktiver Sterbehilfe den gleichen Stellenwert hat.

Hauptteil

Erstes Fallbeispiel

Frau Muller[1] bittet die Arzte, nachdem sie Ihre Diagnose erfahrt, ihr durch aktive Sterbehilfe einen schnellen Tod herbeizufuhren.

Frau Mullers Mann bekam vor 2 Jahren ebenfalls eine schlimme Diagnose gestellt und nahm sich in der Wohnung durch einen Schuss mit der Pistole das Leben. Den Tod ihres Mannes und somit die aufgetretene Einsamkeit schien Frau Muller nicht gut zu verarbeiten. Sie litt unter Depressionen. Sie aufierte oftmals Ihrem Hausarzt gegenuber, dass sie eine schlimme Diagnose nicht verkraften konnte und auch nicht den Mut hatte wie ihr Mann sich das Leben selbst zu nehmen. Sie wunsche sich einen friedlichen und schnellen Tod. Keine Schmerzen, kein verlangertes Leid. Sie hatte sowieso niemanden, dem sie wichtig sei. Immer wieder kamen die Angste vor dem qualvollen Sterben zum Ausdruck.

Wie erahnt trat der Fall einer schweren Diagnose dann tatsachlich auf. Durch mehrere Symptome der Magenblutung, wie Blut im Stuhl und im Erbrochenem, standige Ubelkeit- und Durchfallattacken stand die Diagnose fest: Magenkarzinom.

Fur Frau Muller ein Grund genug sofort auf alle Therapiemoglichkeiten zu verzichten und den Wunsch zu aufiern mit einer Spritze einschlafen zu wollen.

Die sie behandelnden Arzte schlugen verschiedene Therapiemafinahmen vor und sahen, da ihre Krankheit noch nicht sehr fortgeschritten war, sie keine Metastasen hatte, gute Chancen auf Heilung. Doch Frau Muller liefi gar nicht erst mit sich reden. Sie hatte eine zu grofie Angst vor dem Sterben. Sie wollte den Tod schnellstmoglich herbeifuhren, schon allein aus der Tatsache, weil sie einsam war und keinen Sinn mehr in einem verlangerten Leben sah. Aber in dem Sterbeprozess zu sein und auf den Tod zu warten und in den letzten Momenten sogar auf den Tod zu hoffen, schien ihr schon allein bei dem Gedanken als eine unertragliche Qual.

Der Patientenwille ist wichtig und ausschlaggebend ob eine Therapiemoglichkeit wahrgenommen wird oder nicht. Wenn die Patientin nicht will, vorausgesetzt sie ist zurechnungsfahig, kann der Arzt, so gut die Chancen auch stehen, die Patientin nicht zwingen eine Therapie anzunehmen. Ihr Wille zahlt. Doch wie verhalt es sich mit ihrem zweiten Wunsch? Den Wunsch auf aktive Sterbehilfe? 1st der Patientenwille hier auch entscheidend? Fur ihre behandelnden Arzte nicht. Sie sprechen sich ganz klar gegen eine solche Mafinahme aus. Frau Muller fahrt in die Schweiz zu ‘Exit’, einer Organisation die Beihilfe zur Selbsttotung bereitstellt, und lasst sich dort einen Giftbecher hinstellen.

War das Verhalten der Arzte ethisch vertretbar? Warum sollte einem Menschen wie Frau Muller die sich den Tod so gewunscht hat, der Tod verweigert werden, dass sie den Ausweg in der Schweiz fand?

Argumente gegen die aktive Sterbehilfe

Das Selbstbestimmungsrecht des Patienten gilt als das zentrale Argument fur die aktive Sterbehilfe. Jedem Menschen wird allein durch sein Menschsein eine Wurde und Freiheit zuteil, die es zu achten und respektieren gilt. Den Willen eines Menschen zu missachten, kann so gedeutet werden, dass ihm der Respekt abgesprochen wird, den er als Mensch verdient. So kann der Patient sich respektlos behandelt fuhlen, wenn der Arzt ihm die aus seiner Sicht erlosende todliche Handlung verweigert.[2]

Der Wille des Patienten auf eine Therapie zu verzichten, erfahrt gesetzlich eine immer starkere Gewichtung. Erscheint es dann nicht gegensatzlich, den sonst so entscheidungsleitenden Willen des Patienten in Bezug auf die aktive Sterbehilfe fur vollkommen unerheblich zu erklaren? 1st denn der Wunsch auf Therapieverzicht moralisch so sehr von dem Wunsch auf Totung zu unterscheiden? Obwohl ein Therapieverzicht ebenfalls direkt zum Tod fuhrt, scheint nur die Intention einen moralischen Unterschied auszumachen. Therapieverzicht also passive Sterbehilfe unterscheidet sich abgrenzend von der aktiven Sterbehilfe im Sinne einer gezielten Lebensbeendigung in Zielsetzung und Durchfuhrung. Bei der passiven Sterbehilfe wird auf therapeutische Mafinahmen verzichtet, um die Qual des unausweichlich gewordenen Sterbens nicht zu verlangern. Dabei geht es aber nicht um einen volligen Therapieverzicht, sondern nur um die Reduktion bzw. Beendigung der kurativen Therapie. Die kurative Therapie wird auf palliative Versorgung des Patienten umgestellt. Unter Palliativmedizin versteht man eine Form des medizinisch begleiteten Sterbens, welche auf eine wirksame Schmerzbekampfung aufbaut.[3]

Warum aber wollte Frau Muller so schnell wie moglich sterben? Und warum hat sich ihr Ehemann nach seiner Diagnosestellung umgebracht ohne auch nur den Versuch zu starten seine Krankheit zu bekampfen? Was fur eine Vorstellung haben die Menschen in unserer Gesellschaft vom Sterben? Kann man da einiges andern um Wunsche zur aktiven Sterbehilfe gar nicht erst aufkommen zu lassen?

Das Beispiel an dem Ehepaar Muller zeigt, dass Gesprachsbedarf uber den naturlichen Vorgang des menschlichen Lebens besteht. Gesprache, die es sowohl vor einer Krankheit zu einem Normalfall machen uber das Sterben und den Tod reden zu konnen als auch nach Auftreten einer Krankheit uber die konkreten Angste und den Moglichkeiten, die sich bieten. Was hierbei in deutschen Krankenhausern teilweise sehr bewusst und engagiert durchgefuhrt aber in anderen wiederum gar nicht erst zum Thema wird, ist die Palliativmedizin. Diese hat wissenschaftlich mittlerweile einen sehr hohen Standard erreicht, der aber viel zu wenig in die Praxis umgesetzt wird.[4] Es ist also eine wichtige Aufgabe diesen Bereich der Medizin so auszubauen und der Gesellschaft nahe zu bringen, dass die Angste, die z.B. bei Frau Muller aber bei vielen anderen ebenfalls vorhanden sind, gar nicht erst auftreten.

Die Zielsetzung der Palliativmedizin ist es, die physischen und psychischen Leiden von Sterbenden und deren Angehorigen zu lindern. ]Wenn eine Moglichkeit geboten wird, wurdevoll und ohne Qual in einem Raum und Rahmen, in dem man sich wohl fuhlt, zu sterben, wurden sich viel weniger Menschen die aktive Sterbehilfe wunschen.[5] Naturlich gibt es Situationen im Leben, in denen der Anteil an Leid und Schmerz die noch moglichen Anteile an Freude und Gluck uberwiegt. Es mag fur den einen oder anderen der Gedanke eine unheilbare Krankheit zu haben so belastend sein, dass das Leben fur denjenigen keinen Wert mehr hat. Dabei hat jeder das Recht selbst zu bestimmen wie viel Defizite an Lebensqualitat er sich zumuten mochte. Es gibt aber Patienten wie Frau Muller, die aufgrund ihrer negativen Selbsteinschatzung eine durch arztliche Sichtweise gesehene vorubergehende Belastung als unerträglich empfinden. Hier weiß aber der Arzt besser, welche Art von Leidenund Behinderung tatsächlich und dauerhaft so bedrückend sind, dass weiter zu leben eine tatsächlich unzumutbare Belastung für den Patienten wäre. In solchen Fällen muss der Arzt versuchen, den Patienten in dessen eigenen langfristigen Interesse zu einer „richtigeren“ Einschätzung zu verhelfen.[6]

[...]


[1] Der Name der Patientin und der in dieser Arbeit sonst erwahnten Personen ist aus Datenschutzgrunden verandert worden. Es handelt sich bei diesem Fallbeispiel um ein wahres Geschehen.

[2] Siehe auch: Maio, G. „Die aktive Sterbehilfe als gesellschaftliche Herausforderung“. Deutsche Medizinische Wochenschrift 126 (2001): S. 1303-1304.

[3] Siehe auch: Körtner, Ulrich H.J.: Therapieverzicht am Lebensende? Ethische Fragen des medizinisch assistierten Sterbens. Zeitschrift für medizinische Ethik 48, 2002, S.24.

[4] Siehe auch: Körtner, Ulrich H.J.: Therapieverzicht am Lebensende? Ethische Fragen des medizinisch assistierten Sterbens. Zeitschrift für medizinische Ethik 48, 2002, S.24.

[5] Siehe auch: Körtner, Ulrich H.J.: Therapieverzicht am Lebensende? Ethische Fragen des medizinisch assistierten Sterbens. Zeitschrift für medizinische Ethik 48, 2002, S.24.

[6] Siehe auch: Kortner, Ulrich H.J.: Therapieverzicht am Lebensende? Ethische Fragen des medizinisch assistierten Sterbens. Zeitschrift fur medizinische Ethik 48, 2002, S.24.

Fin de l'extrait de 13 pages

Résumé des informations

Titre
Ist durch die Selbstbestimmung des Patienten das Recht der Tötung auf Verlangen – d.h. die aktive Sterbehilfe – ethisch vertretbar?
Sous-titre
Hat das Recht auf Selbstbestimmung bei passiver und aktiver Sterbehilfe den gleichen Stellenwert?
Université
University of Freiburg
Cours
Therapie - Begrenzung, Ergänzung, Überschreitung
Note
1,7
Auteur
Année
2007
Pages
13
N° de catalogue
V148150
ISBN (ebook)
9783640587896
ISBN (Livre)
9783640587735
Taille d'un fichier
451 KB
Langue
allemand
Mots clés
Selbstbestimmung, Patienten, Recht, Tötung, Verlangen, Sterbehilfe, Recht, Selbstbestimmung, Sterbehilfe, Stellenwert
Citation du texte
Ferda Cav (Auteur), 2007, Ist durch die Selbstbestimmung des Patienten das Recht der Tötung auf Verlangen – d.h. die aktive Sterbehilfe – ethisch vertretbar?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148150

Commentaires

  • Pas encore de commentaires.
Lire l'ebook
Titre: Ist durch die Selbstbestimmung des Patienten das Recht der Tötung auf Verlangen – d.h. die aktive Sterbehilfe – ethisch vertretbar?



Télécharger textes

Votre devoir / mémoire:

- Publication en tant qu'eBook et livre
- Honoraires élevés sur les ventes
- Pour vous complètement gratuit - avec ISBN
- Cela dure que 5 minutes
- Chaque œuvre trouve des lecteurs

Devenir un auteur