Das duale System der Berufsausbildung in der Diskussion


Dossier / Travail, 2002

46 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das duale System
2.1 Einordnung des dualen Systems in die Berufsbildung
2.2 Kennzeichen des dualen Systems
2.2.1 Grundlegende Kennzeichen

2.2.2 Das Lernen im Betrieb
2.2.3 Das Lernen in der Berufsschule
2.2.4 Kooperation von Betrieb und Berufsschule
2.3 Die Entstehung des dualen Systems

3. Veränderungsprozesse in der Arbeitswelt und ihre Auswirkung auf das duale System
3.1 Die Arbeitswelt im Wandel
3.2 Reformbedarf des dualen Systems auf Grund des Wandels?

4. Die Diskussion um die Zukunft des dualen Systems
4.1 Die Stärken des dualen Systems
4.2 Die Schwächen des dualen Systems
4.3 Ursachen der Krise
4.4 Lösungsansätze

5. Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Wunsch nach einer Ausbildung im dualen System und Realisierung unmittelbar nach Schulende

Abbildung 2: Betriebe und Ausbildungsbetriebe nach Betriebsgrößenklassen

Abbildung 3: Ausbildungsformen im Gewerbe

Abbildung 4: Für die Berufsausbildung relevante Aufgaben der Kammern

Abbildung 5: Verfahrensweise zur Erarbeitung und Abstimmung von Ausbildungsordnungen und Rahmenlehrplänen

Abbildung 6: Arbeitslosenquoten in Deutschland

Abbildung 7: Anteil der Ausbildungsbetriebe nach Betriebsgrößenklasse in den alten Bundesländern

Abbildung 8: Vorzeitig gelöste Ausbildungsverträge

1. Einleitung

Wird das duale System in 10 Jahren noch existieren? Falls ja, so wie bisher oder sind tiefgreifende Veränderungen notwendig? Falls nein, wie sehen die Alternativen aus?

Das duale System der Berufsausbildung ist Gegenstand einer kontroversen Auseinander- setzung geworden. Während die einen bei weiterem Stillstand befürchten, dass es „ ...zu einer unbedeutenden Restveranstaltung verfallen wird – mit absehbaren Folgen für die gesamte Arbeitskultur in Deutschland.“1, meinen andere: „Die ins Feld geführten Kritikpunkte sind ( zumeist ) nicht neu, die Argumentationsbasis ist ( häufig ) nicht stichhaltig, die Reformvor- schläge sind nicht überzeugend, und ernst zunehmende, die Grundstruktur des dualen Systems verändernde, Alternativen werden nicht genannt.“2

Das duale System befindet sich zur Zeit in einer eigenartigen Situation:

Wie kein anderer Bildungsbereich wurde es in den letzten Jahren auffallend unterschiedlich beurteilt.3 Die Debatten werden dabei in unterschiedlichsten Foren geführt, beispielsweise von Wissenschaftlern, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und anderen Interessenvertretern. Die Kritikpunkte, Abwehrbemühungen oder Reformansätze richten sich dabei auf eine Reihe von Bezugspunkten.4

In dieser Hausarbeit soll zunächst das duale System ausführlich beschrieben werden:

Begonnen wird mit der Einordnung des dualen Systems in die Berufsbildung. Anschließend werden die grundlegenden Kennzeichen sowie die besonderen Kennzeichen der Ausbildung im Betrieb und der Berufsschule dargestellt. Nachdem kurz auf die notwendige Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Ausbildungsträgern eingegangen wurde, wird eine der Hauptursachen der Krise des dualen Systems beschrieben: Seine historische Entwicklung.

Das traditionell geprägte deutsche Ausbildungssystem musste sich in der letzten Zeit grundlegenden Veränderungsprozessen stellen. Ob dadurch für das bis dahin so hoch gelobte duale System ein Reformbedarf entstanden ist, soll im dritten Kapitel analysiert werden.

Thema des vierten Kapitels sind die am häufigsten genannten Stärken und Schwächen. Dabei überwiegt der Anteil derjenigen, die das duale System in einer Krise sehen. Deshalb soll anschließend versucht werden, die Ursachen dieser Krise zu finden.

Darauffolgend werden einige der Reformvorschläge näher betrachtet. Dabei soll deutlich werden, dass die Meinungen der Interessenvertreter in vielen wichtigen Fragen sehr unterschiedlich sind. Ein Konsens aller ist mehr als fraglich.

Mit einem kritischen Ausblick wird die Hausarbeit beendet.

2. Das duale System

2.1 Einordnung des dualen Systems in die Berufsbildung

In der Bundesrepublik Deutschland besteht die Berufsbildung gem. § 1 Abs.1 BBiG aus drei Teilbereichen:

- Berufsausbildung
- Berufliche Fortbildung
- Berufliche Umschulung

In der Hausarbeit beschränke ich mich, bedingt durch das Thema, auf die Berufsausbildung. Diese muss gem. § 1 Abs. 2 BBiG folgende - gesetzlich festgeschriebene - Vorgaben erfüllen, die als Ziele interpretiert werden können5:

- Vermittlung einer breit angelegten beruflichen Grundbildung
- Vermittlung der für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse in einem geordneten Ausbildungsgang

- Erwerb von erforderlichen Berufserfahrungen ermöglichen

Zu der beruflichen Erstausbildung gehören:6

- die Berufsausbildung im Verbund von Betrieb und Berufsschule („Duales System“)

- die Berufsausbildung in vollzeitschulischer Form

Einige Autoren zählen die akademische Ausbildung in Fachhochschulen und Universitäten ebenfalls zur beruflichen Erstausbildung, weil die bedeutendsten Studiengänge eindeutig auf die Einmündung in eine bestimmte Berufstätigkeit orientiert sind.7

Die Ausbildung im dualen System ist jedoch unbestritten die quantitativ bedeutendste Form der beruflichen Erstausbildung.8 So wird eine Erstausbildung im dualen System am häufigsten gewünscht und realisiert.9

Abb.1: Wunsch nach einer Ausbildung im dualen System und Realisierung unmittelbar nach Schulende

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigendarstellung, aufbauend auf den Angaben im Berufsbildungsbericht 2002, S.196 f.

2.2 Kennzeichen des dualen Systems

2.2.1 Grundlegende Kennzeichen:

Das duale System zeichnet sich durch das Zusammenwirken der beiden Ausbildungsträger - Ausbildungsbetrieb und Berufsschule - aus. Diese sind rechtlich voneinander unabhängig, haben aber das gemeinsame Ziel der beruflichen Qualifizierung.10

Die entscheidende Eigenschaft des dualen Systems ist die Dualität zweier Regelungs- und Steuerungsmuster: Marktregelung und Staatssteuerung.11 Auf der einen Seite gibt es den privatwirtschaftlichen, durch Marktregeln funktionierenden Ausbildungssektor, auf der anderen Seite das staatlich gesetzte Berufsbildungsrecht, das diesen Markt steuert.

Folgende Kennzeichen sind für duale Ausbildungssysteme laut GREINERT grundlegend:12

- Duale Ausbildungssysteme sind vom allgemeinen Bildungssystem weitgehend isoliert und markieren einen Qualifizierungssektor mit dem Berufsbildungsgesetz als bestimmendem Element
- Der Betrieb ist der bestimmende Lernort in diesem System. Jugendliche sind dort Auszubildende auf Grund eines privatrechtlichen Ausbildungsvertrages. In der Berufsschule fungieren sie als Schüler
- Ausbildungsordnungen werden in Abstimmung mit Arbeitgebern, Gewerkschaften und staatlichen Instanzen verbindlich festgelegt. Es überwiegt die Ausbildung in den Betrieben
- Die Kosten der Ausbildung werden aufgeteilt: Den schulischen Teil trägt die öffentliche Hand, der betriebliche Teil wird einzelbetrieblich aufgebracht
- Duale Ausbildungssysteme haben einen traditionellen, handwerklichen Hintergrund. Das Prinzip der Beruflichkeit von Ausbildung und das Prinzip der Selbstverwaltung prägen das System

Die berufspraktische Ausbildung findet überwiegend im Betrieb statt, während die berufstheoretische Unterweisung und der allgemeinbildende Unterricht hauptsächlich in der Berufsschule erfolgt.13

Im Prinzip steht das duale System allen Jugendlichen, ungeachtet der jeweiligen Vorbildung, offen.14

2.2.2 Das Lernen im Betrieb

Da etwa dreiviertel der Ausbildungszeit im Rahmen der dualen Berufsausbildung im Betrieb zu absolvieren sind, ist dieser der weitaus wichtigere Lernort.15

Allgemein verläuft die betriebliche Ausbildung nach dem Ausbildungsrahmenplan. Dieser ist gem. § 25 Abs.2 BBiG definiert als „Anleitung zur sachlichen und zeitlichen Gliederung der Fertigkeiten und Kenntnisse“. Er beschreibt beispielhaft, in welcher zeitlichen Abfolge die vorgeschriebenen Kenntnisse und Fertigkeiten im Betrieb vermittelt werden sollen.16

Die Ausbildungsstätte soll anhand des Ausbildungsrahmenplans einen betrieblichen Ausbildungsplan erstellen, der auch den vertraglichen Vereinbarungen über die sachliche und zeitliche Gliederung der Berufsausbildung entsprechen muss.17 Somit ist er eine Anleitung zum Aufstellen des Ausbildungsplans nach den berufspädagogischen und organisatorischen Gegebenheiten des jeweiligen Ausbildungsbetiebes.18

Grundlage für den Ausbildungsrahmenplan ist die Ausbildungsordnung des anerkannten Ausbildungsberufes. Insgesamt gibt es 346 staatlich anerkannte Ausbildungsberufe.19

Die Ausbildungsordnung wird durch den Bundeswirtschaftsminister oder durch den sonst zuständigen Fachminister im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Bildung und Forschung erlassen.20

Sie hat gemäß § 25 Abs.2 BBiG mindestens festzulegen:

1. die Bezeichnung des Ausbildungsberufes
2. die Ausbildungsdauer
3. die Fertigkeiten und Kenntnisse, die Gegenstand der Berufsausbildung sind (Ausbildungsberufsbild)
4. eine Anleitung zur sachlichen und zeitlichen Gliederung der Fertigkeiten und Kenntnisse (Ausbildungsrahmenplan)
5. die Prüfungsanforderungen

An das Lehrpersonal in den Ausbildungsbetrieben werden formale Qualifikations-anforderungen gestellt.21 Dabei gibt es zwischen dem handwerklichen und dem nicht-handwerklichen Bereich erhebliche Unterschiede:

In beiden darf gem. § 20 Abs.1 BBiG bzw. § 21 Abs.1 HwO Auszubildende22 nur ausbilden, wer persönlich und fachlich geeignet ist.

Persönlich geeignet ist gem. §20 Abs. 2 BBiG bzw. § 21 Abs.2 HwO sowohl im Handwerk als auch im nicht-handwerklichen Bereich grundsätzlich jeder, allerdings nicht Personen, die:

- Kinder und Jugendliche nicht beschäftigen dürfen
- Wiederholt oder schwer gegen dieses Gesetz oder die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften und Bestimmungen verstoßen haben

Fachlich geeignet sind gemäß § 20 Abs.3 BBiG nur Personen, die:

1. die erforderlichen beruflichen Fertigkeiten und Kenntnisse besitzen und
2. die erforderlichen berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse besitzen

Die erforderlichen beruflichen Fertigkeiten und Kenntnisse werden im Handwerk gem. § 21 Abs.3 HwO durch die Meisterprüfung nachgewiesen. Diese dient gleichzeitig als Nachweis der erforderlichen berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse.

Im nicht-handwerklichen Bereich - hier am Beispiel Industrie und Handel - besitzt gem.

- 76 Abs.1 BBiG nur derjenige die fachliche Eignung, der das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat.

Die erforderlichen beruflichen Fertigkeiten und Kenntnisse werden durch die Abschluß-prüfung in dem entsprechenden Ausbildungsberuf nachgewiesen.23 Um die erforderlichen berufs - und arbeitspädagogischen Kenntnisse zu erwerben, muss gem. § 21 BBiG und §§ 2,3 Ausbilder-Eignungsverordnung eine gesonderte Prüfung bestanden werden.

Beim Lernen im Betrieb muss berücksichtigt werden, dass Betriebe verschiedener Größenklassen ausbilden.24 Dieses zeigt die folgende Übersicht:

Abb.2: Betriebe und Ausbildungsbetriebe nach Betriebsgrößenklassen 2000

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigendarstellung, aufbauend auf den Angaben im Berufsbildungsbericht 2002, S.279 und S.283

Beispielsweise machten im Jahr 2000 in den alten Ländern ca. 51,5% aller Auszubildenden die Ausbildung in einem Betrieb mit bis zu 49 Beschäftigten.25 In den neuen Ländern betrug der Anteil ca. 44,2 %. 26

Die Größe des Betriebes beeinflusst die Form der Berufsausbildung. In der gewerblichen Ausbildung lassen sich innerhalb des dualen Systems unterscheiden:

Abb.3: Ausbildungsformen im Gewerbe

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigendarstellung , basierend auf Greinert 1998, S.121 ff.

Um Qualifikationsdefizite auszugleichen, gibt es seit Anfang der 70er Jahre überbetriebliche Bildungsstätten.27

Im Handwerk sind sie eine Ergänzung und Anpassung der Ausbildung an den neuesten Stand der Technik in solchen Betrieben, die auf Grund ihrer spezifischen Struktur nicht alle in der jeweiligen Ausbildungsordnung geforderten beruflichen Kenntnisse vermitteln können. Die überbetriebliche Ausbildung im Handwerk wird in den Berufsbildungseinrichtungen der Handwerkskammern durchgeführt.

[...]


1 Greinert 1999,S.132

2 Münch 1997, S.160

3 Vgl. Alex 1994, S.65

4 Vgl. Sloane/Euler 1997, S.V

5 Vgl. Bauer 2000, S.24

6 Vgl. Bauer 2000, S.21 f.

7 Vgl. Bauer 2000, S.30

8 Vgl. Bauer 2000,S.23

9 Vgl. Berufsbildungsbericht 2002, S.196 f.

10 Vgl. Zedler 1994, S.7

11 Vgl. Greinert 2000, S.39

12 Vgl. 1998, S.23

13 Vgl. Kümmerlein 1999, S.13

14 Vgl. Grünwald/Moraal 2001, S.11

15 Vgl. Greinert 1998, S.121

16 Vgl. Zedler 1994, S.8

17 Vgl. BMBF 2000, S.12

18 Vgl. Zedler 1994, S.8

19 Vgl. Berufsbildungsbericht 2002, S.304

20 Vgl. Bauer 2000, S.25

21 Vgl. Bauer 2000, S,26

22 In der Handwerksordnung (HwO): Lehrlinge ( Auszubildende )

23 Die beruflichen Fertigkeiten und Kenntnisse können auch gem. § 76 Abs.1 Punkt 2 f. nachgewiesen werden

24 Vgl. Zedler 1994, S.8

25 Vgl. Berufsbildungsbericht 2002, S.280

26 Vgl. Berufsbildungsbericht 2002, S.284

Fin de l'extrait de 46 pages

Résumé des informations

Titre
Das duale System der Berufsausbildung in der Diskussion
Université
University of Hannover  (Berufspädagogik)
Cours
Organisatorische und rechtliche Grundlagen der Berufsausbildung
Note
1,3
Auteur
Année
2002
Pages
46
N° de catalogue
V14831
ISBN (ebook)
9783638201339
ISBN (Livre)
9783638699099
Taille d'un fichier
697 KB
Langue
allemand
Mots clés
System, Berufsausbildung, Diskussion, Organisatorische, Grundlagen, Berufsausbildung
Citation du texte
Anthony Darko (Auteur), 2002, Das duale System der Berufsausbildung in der Diskussion, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14831

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