Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Konstruktivistische Lerntheorie
Konstruktivismus und problemorientiertes Lernen
Kennzeichen des problemorientierten Unterrichts
Historie des problemorientierten Unterrichts
Ziele des problemorientierten Unterrichts
Ablauf des problemorientierten Lernens
1. Phase: Die Situations- oder Problemanalyse
2. Phase: Die Problembearbeitung
3. Phase: Die Phase des erweitertes Problemverständnis bzw. der Problemlösung
Fertigkeiten im problemorientierten Unterricht
Arbeiten in Unterrichtsgruppen
Die Rolle der Lehrenden im problemorientierten Lernen
Möglichkeiten des problemorientierten Unterrichts im Studium
Literaturverzeichnis
Einleitung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem problemorientierten Lernen auf der Grundlage konstruktivistischer Lerntheorien. Es ist nach Meinung pädagogischer Experten im Rahmen eines konstruktivistischen lerntheoretischen Ansatzes eine Methode, die nachhaltiges Wissen und für den Beruf notwendige Kompetenzen vermittelt (vgl. Kubanski, Jürgensen 2008, S. 35). In meiner persönlichen Einschätzung bietet das problemorientierte Lernen eine sehr gute Möglichkeit, lebenslanges Lernen zu erfahren und zu üben, um es im Verlauf des Lebens in den unterschiedlichsten Situationen anwenden zu können.
Konstruktivistische Lerntheorie
In der konstruktivistischen Auffassung, wird die Konstruktion einer subjektiven Wirklichkeit aufgrund der eigenen Erfahrungen durch den einzelnen Lernenden unterstellt. Der Lernende steht ganz eindeutig im Mittelpunkt. Er ist aktiv und steuert das Lerngeschehen relativ selbständig. Als Voraussetzung hierfür müssen spezifische Fähigkeiten auf der Seite des Lernenden gegeben sein. Er muss zum Beispiel in der Lage sein, Fragen zu stellen und Lernstrategien selbstverantwortlich anzuwenden. Bedeutsam ist bei konstruktivistischen Modellen die Gestaltung der Lernumwelt zur Auslösung und Optimierung von Lernprozessen. Dabei soll die Lernsituation möglichst authentisch sein, so dass die gestellten Aufgaben den späteren Aufgaben in der realen Anwendungssituation auch ähnlich sind. Wichtig dabei ist, dass die Aufgaben für den Lernenden relevant sind und somit sein Interesse wecken, wodurch die intrinsische Motivation des Lernenden aktiviert wird, sich dieser Aufgabe zu widmen. Die Lernsituation für den Lernenden wird durch den Lehrenden problemorientiert ausgerichtet. Bei konstruktivistischen Modellen steht das Transfermanagement in Richtung des Anwendungsbezugs im Vordergrund. Desweiteren ist bei konstruktivistischen Verfahren die Kooperation wichtig, so dass teamorientiertes Arbeiten kennengelernt, angewendet und trainiert werden kann (vgl. Edelmann 2000, S. 287 - 288). Die Kognitionspsychologie verabschiedete sich mit ihrer Vorstellung von Lernen von Theorien der amerikanischen Verhaltenspsychologen um 1950 (wie Watson, Pawlow, Skinner, Thorndike, u.a.), die das Gehirn als ‚black box‘ verstanden, in das eine Information hinein gefüllt wird und ein bestimmtes, erwartetes Ergebnis herauskommt. Im erkenntnispsychologischen Lernkonzept von Landwehr, welches auf konstruktivistischen Annahmen entsprechend der Theorien von Piaget u.a. basiert, bedeutet Lernen:
a) das Bewusstmachen und Problematisieren bestehender Schemata
b) die Korrektur vorhandener Schemata
c) die Ausdifferenzierung vorhandener Schemata
d) der Aufbau neuer bzw. neuer Verknüpfung der Schemata.
Neuere Erkenntnisse aus der Kognitionspsychologie, Hirnforschung, Neurobiologie, Linguistik und Informatik haben in den vergangenen Jahren zu einem veränderten Verständnis über die Abläufe beim Lernen geführt. Sie bündeln sich in der Erkenntnistheorie des Konstruktivismus. Die Kernthese des radikalen Konstruktivismus, „Menschen sind auto-poetische, selbstreferentielle, operational geschlossene Systeme“ hat Horst Siebert in die zugespitzte Formulierung übersetzt: „Erwachsene sind lernfähig, aber unbelehrbar“ (vgl. Siebert 1996, S.17+23 in Schwarz-Govaers 2003, S. 38). Mit diesem neuen Verständnis vom Lernen heißt es für die Lehrenden Abschied nehmen von schön vorbereiteten Referaten und Folien, die zwar sehr viel Arbeit in der Vorbereitung machten, aber v.a. den Lehrenden eine Menge an neuen Erkenntnissen bringen. Die Lehrenden haben eine Menge über den Lerninhalt verstanden und wollen dies nun auch an die Lernenden weitergeben. Diese speichern die Darbietung der Lehrenden auch in ihrem Gedächtnis ab und geben es z.B. in der Prüfung korrekt wieder. Doch von den Lernenden wird wenig davon in die Praxis umgesetzt. Es bleibt „träges Wissen“, sofern es nicht mit Praxissituationen und dem eigenen Vorwissen verknüpft wird (vgl. Schwarz-Govaers 2003, S. 38).
Konstruktivismus und problemorientiertes Lernen
Die konstruktivistisch orientierte, kognitive Psychologie und ihre Lerntheorien sind deklarierte Grundlage des problemorientierten Lernens. Folgende Prinzipien können identifiziert werden:
- ermöglicht das Andocken an bereits bestehende neuronale Gedächtnisstrukturen durch Aktivierung des Vorwissens
- erleichtert im richtigen Kontext die Verarbeitung neuer Informationen
- aktiviert bereits bestehendes Wissen durch Anknüpfen an eigene Erfahrungen
- fördert das Abrufen gespeicherter Informationen, da es in einem ähnlichen Kontext steht wie die Fälle in der Praxis
- über das Lernen am Fallbeispiel in der Gruppendiskussion werden Informationen besser im Gedächtnis gespeichert.
- dabei sind intrinsische Motivation und selbstgesteuerte Neugier wichtiger Antrieb für das Lernen
(vgl. Norman, 1992 in Schwarz-Govaers 2003, S.39).
Kennzeichen des problemorientierten Unterrichts
Der problemorientierte Unterricht (englisch: „problem-based-learning“) beinhaltet eine Problembeschreibung, die die Lernenden zum Nachdenken anregt. Dabei kann es sich um ein theoretisches Problem handeln, das auch sprachlich formuliert wird oder es handelt sich um ein praktisches Problem. Es werden die Vorkenntnisse der Lernenden dazu genutzt, das Nachdenken zu aktivieren. Es geht vor allem auch um Fragen, die beim Nachdenken auftauchen und um das Bedürfnis oder die Motivation, in einem Buch nachzulesen, im Internet zu recherchieren oder Experten zu befragen, um diese Fragen zu beantworten. Für das problemorientierte Lernen gilt, dass man mit anderen zusammen nachdenkt, die ebenfalls an diesem Problem interessiert sind. Vervollständigt wird dieses Konzept, wenn ein Dozent dabei ist, der das Lernen begleitet. Werden diese Kennzeichen auf ein Unterrichtsprogramm angewendet, so wird dem Lernenden am Beginn des Lernprozesses ein Problem vorgelegt. Dies geschieht demnach, bevor der Lernstoff erarbeitet wird. Die Aufgabe des Lernenden besteht darin, das vorliegende Problem zu analysieren. Meist geschieht dies in einer Kleingruppe, die durch einen Tutor währenddessen betreut wird. Auf der Grundlage der vorhandenen Vorkenntnisse der Gruppe wird eine vorläufige Analyse des Problems erstellt. Während dieser ersten Analyse in der Gruppe tauchen Fragen über Einzelheiten des Problems auf, die zum derzeitigen Zeitpunkt durch die Gruppe nicht zu beantworten sind. Auf der Basis dieser Wissenslücken werden Lernziele für das Selbststudium der Lernenden formuliert. In der Zeit zwischen zwei Gruppensitzungen, die in der Regel mehrere Tage umfasst, arbeiten die Lernenden an den Lernzielen, indem sie Literaturrecherchen betreiben, Experten befragen, Filme sichten und so weiter. Danach wird in der nächsten Gruppensitzung durch die Lernenden den anderen Gruppenteilnehmern berichtet, was sie herausgefunden haben und gemeinsam wird darüber diskutiert, ob sie dieses Problem jetzt besser verstehen können und wie sie das Herausgefundene bewerten (vgl. Moust, Jos H. C. 1999, S. 2).
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