Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Sinn und Aufgabe Politischer Soziologie
3 Theorien der Macht
4 Theorien der Herrschaft
5 Bourdieus männliche Herrschaft
6 Macht und Herrschaft vs. Feministische Konzepte und politische Realität
7 Zusammenfassung und Fazit
8 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Dass Frauen und Männer unterschiedliche Wesen sind, diese Erfahrung dürfte wohl ein Jeder in seinem Leben gemacht haben. Und das Interesse, worin die Unterschiede – abgesehen von der Anatomie des Körpers – zu finden sind und woher sie kommen, ist in den letzten Jahren wesentlich stärker ausgeprägt als es noch vor Jahrzehnten der Fall gewesen ist. In der Literatur und bei einschlägigen Künstlern des Fernsehens und der Comedyszene ist zu beobachten, dass Frauen und Männer wichtige Themen bilden.
Die vorliegende Arbeit versucht im Rahmen der Politischen Soziologie das Geschlechterverhältnis abseits von Klischees und Allgemeinplätzen zu untersuchen. Moderne Staaten sollen in dieser Arbeit verstanden werden, als die Länder, die als Industrienationen gelten, speziell mitteleuropäische Staaten. Demokratische Grundstrukturen und die Überwindung feudaler Systeme sind entscheidende Faktoren, die solche Staaten kennzeichnen. Die Theorien, auf die im Laufe dieser Darstellung zurückgegriffen werden wird, sind größtenteils von europäischen Autoren entwickelt worden.
Der Frage, der nachgegangen werden soll, ist die, ob es wirklich eine sogenannte männliche Herrschaft in unserer Gesellschaft gibt wie es viele Wissenschaftler unterstellen. Und wenn es sie gäbe, soll untersucht werden, wie es zu einer solchen gekommen ist. Die These lautet: wenn es in unserer modernen Gesellschaft wirklich eine männliche Herrschaftsform gibt, so kann diese nur gesellschaftlich konstruiert worden sein.
Methodologisch wird zunächst der Begriff der Politischen Soziologie näher erläutert (Kapitel 2), da es sich bei dieser wissenschaftlichen Disziplin um eine spezielle Fachrichtung der Politischen Wissenschaft handelt. Die Besonderheiten und Aufgaben sollen näher erörtert werden, damit im weiteren Verlauf der Arbeit keinerlei Verständnisprobleme auftreten, weshalb in dieser Form die Ausführungen gemacht werden. Danach erfolgen Definitionen zu den Begrifflichkeiten der Macht (Kapitel 3) und der Herrschaft (Kapitel 4) und verschiedene Theorien von Wissenschaftlern werden vorgestellt. Dies ist meines Erachtens nach sinnvoll, da Macht und Herrschaft unterschiedliche Dimensionen beinhalten und andere Voraussetzungen benötigen, um als solche gesellschaftlich erkannt zu werden. Macht und Herrschaft werden so voneinander abgegrenzt und differenzierter dargestellt. Im Hauptteil wird dann die männliche Herrschaft in ihrer Form und in ihren Ursprüngen behandelt (Kapitel 5). Der Text, der diesem Kapitel zu Grunde gelegt wird, ist „Die männliche Herrschaft“ von Pierre Bourdieu. Es handelt sich hierbei um eine sehr ausführliche und detaillierte Darstellung, die beweisen wird, dass es eine männliche Herrschaftsform auch in unserer Gesellschaft und unserem sozialen Leben gibt. Die Begründung wird anhand der historischen und gesellschaftlichen Entwicklung gemacht werden. Abschließend soll noch Raum für eine Behandlung der Emanzipationsbewegung gegeben sein (Kapitel 6), da es sich hier um eine neuere Erscheinungsform unserer Gesellschaft handelt. Besonderes Augenmerk wird auf die männliche Herrschaftsform gelegt und in ihren wissenschaftlichen Theorien werden ebenfalls Erklärungen abgeliefert und Empfehlungen abgegeben, wie man der primären Stellung des männlichen Geschlechts entgegentreten könnte. Ziel ist eine Gleichberechtigung beider Geschlechter zu erlangen. Ziele und Erfolge sollen hier skizzenhaft umrissen werden um einen aktuellen und gesellschaftlichen Bezug der bis dahin vorgestellten Theorien zu ermöglichen. Nachdem dies alles geschehen ist, werden die wichtigsten Aussagen noch einmal zusammengefasst und es erfolgt ein Fazit, inwiefern die These Berechtigung haben darf (Kapitel 7).
Es sei an dieser Stelle noch gesagt, dass Macht und auch Herrschaft grundlegende Strukturen gesellschaftlichen Zusammenlebens sind, die offen oder versteckt das Zusammenleben der verschiedenen Individuen prägen und gestalten. Man kommt, um Gesellschaft verstehen zu wollen, an diesen beiden Begriffen nicht vorbei, was die Berechtigung der Themenauswahl hinreichend erklären dürfte.
2 Sinn und Aufgabe Politischer Soziologie
Zunächst sollte der Begriff der „Politischen Soziologie“ kurz erörtert werden. Im Kern geht es um die Lösung politischer Grundprobleme und für das Ziel arbeitet die Soziologie mit der Politischen Wissenschaft zusammen, da die Gegenstandsbereiche der Politischen Soziologie ein Dreieck aus Wirtschaft, Gesellschaft und Politik bildet (vgl. Lenk 1982: S.10).
„Gegenstand der Sozialwissenschaften ist der soziale, der gesellschaftlich lebende und handelnde Mensch. Er ist es, der in der Gesellschaft mit seinesgleichen die materiellen Schöpfungen und Ideen, die Institutionen und Verhaltensweisen hervorbringt, die zusammen die menschliche Kultur und die menschliche Gesellschaft ausmachen und die ihrerseits das menschliche Leben prägen und bestimmen [...] So gesehen, sind die Geschichtsschreibung, Politische Wissenschaft und Soziologie von der realen Entstehung und Entwicklung ihrer wirklichen Gegenstände, der modernen Kultur und Politik, des modernen Staates und der „bürgerlichen Gesellschaft“ nicht zu trennen“ (von Oertzen 1965: S. 103ff).
Das Forschungsinteresse richtet sich dabei darauf, die Interdependenzen zwischen gesellschaftlichen Gruppen sowie politischer Ordnung und Geschehen zu untersuchen – es kommt hier demnach die enge Verflechtung von Gesellschaft und Politik zum Ausdruck. Die Politische Soziologie braucht verschiedene sozialwissenschaftliche Disziplinen, da Gesellschaft und Kultur sich schnell verändern und die politische Ordnung dem unterliegt. Somit handelt es sich hierbei um eine „Gegenwartswissenschaft“, die gesellschaftspolitische Entwicklungen beobachtet, analysiert und interpretiert (vgl. Stammer/Weingart 1972).
Dennoch gilt es noch soziales und politisches Handeln zu unterscheiden. Während soziales Handeln sich auf das Verhalten anderer bezieht und in seinem Ablauf orientiert ist, zeichnet sich politisches Handeln dadurch aus, dass es an Gruppen und deren Normen, Werten und Regeln orientiert wird. Dennoch ist Handeln und Verhalten auch immer Ausdruck von Beeinflussung und/oder Veränderung der Gesellschaft (vgl. Lenk 1982).
„Da menschliches Handeln aber sinnvolles, in die Zukunft gerichtetes Handeln ist, heißt dies zugleich, die Leitbilder, Normen und Zwecke der Handelnden verstehen, heißt es, die fraglichen Situationen in ihrer Wirklichkeit auf ihre Möglichkeiten hin zu interpretieren“ (von Oertzen 1965: S. 106).
Dies soll nun im Folgenden an Herrschaft und Macht gezeigt werden in Bezugnahme auf die Geschlechterkonstruktion in den modernen Staaten. Denn Frauen und Männer haben sich in der von ihnen selbst geprägten und gemachten Geschichte unterschiedlich entwickelt. Während Frauen Rechte einfordern im Zuge der Emanzipation verharren Männer bisweilen auf den althergebrachten Normen und Werten. Für diesen Untersuchungsgegenstand ist das Instrument der Politischen Soziologie durchaus anzuwenden, um zu einem befriedigenden Ergebnis zu gelangen.
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