In der Bundesrepublik Deutschland sind legislative Entscheidungsebenen derart verflochten, dass der Zwang zur Kooperation zwischen Bund und Ländern zwangsläufig zu Kompromissen führt – oder zu Reformblockaden, etwa bei divergierenden Parteimehrheiten zwischen Bundestag und Bundesrat.
Mit dem Ziel, die schwerfällige Entscheidungsfindung bei Bund-Länder-Angelegenheiten zu entflechten, trat die Große Koalition an und verabschiedete im Mai 2006 die Föderalismusreform I. Ist dadurch die Entflechtung der Zuständigkeiten gelungen? Nur sehr begrenzt. Die Politikverflechtungsfalle konnte nicht ausgetrickst werden. Warum, werde ich auf den folgenden Seiten erklären. Zunächst wird in Abschnitt zwei die Politikverflechtungsfalle skizziert, um den Zusammenhang dieser Falle mit der Reform der föderativen Ordnung zu verdeutlichen. Um die Effekte der Reform zu analysieren, werde ich in Abschnitt drei konkrete Grundgesetzänderungen herausarbeiten und in einem weiteren Schritt in Abschnitt vier beleuchten, was diese für Implikationen auf den „wildwüchsigen Kompetenzdschungel zwischen Bund und Ländern“ bewirken. Insbesondere die Frage, ob die Anfälligkeit für Blockaden abgeschwächt werden konnte – eines der deklarierten Reformziele - soll geklärt werden, sofern sich das unter Berücksichtigung jüngster Studien sagen lässt. Zum Schluss sollen in Abschnitt fünf die gewonnenen Ergebnisse kritisch reflektiert werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Politikverflechtungsfalle
- Die Gesetzgebung nach der Föderalismusreform
- Von der Verflechtungsfalle zur Reform
- Konkrete Maßnahmen der Föderalismusreform I
- Abschaffung der Gemeinschaftsaufgaben des Hochschulbaus und der Rahmengesetzgebung
- Neuordnungen im Katalog der konkurrierenden Gesetzgebung
- Ausschließliche Gesetzgebung des Bundes und der Länder
- Möglichkeit der Abweichgesetzgebung
- Zustimmungspflicht des Bundesrates
- Neuer Artikel 84 GG
- Neuer Zustimmungstatbestand: Artikel 104 GG
- Bewertung der Ergebnisse
- Reduzierte Zustimmungsquote als Gewinn für den Bund?
- Ergebnisse aus Ländersicht
- Entflechtung der Verflechtung? Eine Stellungnahme
- Die Politikverflechtungsfalle und ihre Auswirkungen auf die Entscheidungsfindung in Deutschland
- Die konkreten Maßnahmen der Föderalismusreform I und deren Auswirkungen auf die Gesetzgebungskompetenzen
- Die Bewertung der Reform aus der Sicht des Bundes und der Länder
- Die Frage, ob die Reform die Entflechtung der Zuständigkeiten tatsächlich bewirkt hat
- Die Auswirkungen der Reform auf die politische Landschaft Deutschlands
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Problematik der Politikverflechtungsfalle in Deutschland dar und erläutert die Zielsetzung der Arbeit. Sie führt die Relevanz der Föderalismusreform I für die Entflechtung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern aus.
- Die Politikverflechtungsfalle: Dieses Kapitel beschreibt die Theorie der Politikverflechtung nach Scharpf und erläutert die Funktionsweise der „Politikverflechtungsfalle“. Es wird dargestellt, wie die Verflechtung der legislative Ebenen in Deutschland zu Kompromissen und Blockaden führen kann.
- Die Gesetzgebung nach der Föderalismusreform: Dieses Kapitel analysiert die konkreten Maßnahmen der Föderalismusreform I und deren Auswirkungen auf die Gesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern. Es werden die Veränderungen im Katalog der konkurrierenden Gesetzgebung, die Einführung der Zustimmungspflicht des Bundesrates und die Möglichkeit der Abweichgesetzgebung beleuchtet.
- Bewertung der Ergebnisse: Dieses Kapitel befasst sich mit der Bewertung der Ergebnisse der Föderalismusreform I. Es werden die Auswirkungen der Reform auf die Entscheidungsfindung in Bund-Länder-Angelegenheiten aus der Sicht des Bundes und der Länder analysiert. Insbesondere wird die Frage untersucht, ob die Reform die Anfälligkeit für Blockaden abgeschwächt hat.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Effekte der Föderalismusreform I auf die Politikverflechtungsfalle in Deutschland. Sie untersucht, ob die Reform die Entflechtung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern tatsächlich bewirkt hat. Die Analyse fokussiert dabei auf die neujustierten Gesetzgebungskompetenzen und deren Auswirkungen auf die Entscheidungsfindung in Bund-Länder-Angelegenheiten.
Zusammenfassung der Kapitel
Schlüsselwörter
Föderalismusreform, Politikverflechtungsfalle, Gesetzgebungskompetenzen, Bundesrat, Bundestag, Entscheidungsfindung, Blockaden, Entflechtung, Verflechtung, Kompetenzdschungel, kooperativer Föderalismus.
- Citation du texte
- Tobias Fülbeck (Auteur), 2009, Entflechtung der Verflechtung?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/151316