Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die göttliche Existenz
2.1 Argumente für den Theismus
2.1.1 Das kosmologische Argument
2.1.2 Das teleologische Argument
2.1.3 Das ontologische Argument
2.1.4 Das moralische Argument
2.1.5 Der Theismus bei Swinburne
2.2 Argumente gegen den Theismus
2.2.1 Sartre
2.2.2 Russell
2.2.3 Mackie
3. Ist eine Ethik ohne Annahme der Existenz Gottes begründbar?
3.1 Ethik
3.1.1 Moral/Sitte (=eϑοV)
3.1.2 Moralität/Sittlichkeit (=hϑοV)
3.2 Begründung der Ethik durch endliche Vernunft
3.2.1 Glück
3.2.2 Freiheit
3.2.3 Das Gute
4. Kritik
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Menschliches Dasein wird wesentlich durch sein Handeln bestimmt. Und dieses menschliche Handeln wird sowohl von dem Handelnden selbst, als auch von dessen Umwelt als „gut“ oder „schlecht“ bzw. „böse“ bewertet. Solchen Bewertungen einer menschlichen Handlung kommt also eine sittlich-moralische Bedeutungsqualität zu. Diese unmittelbaren normativen Aussagen verlangen ihrerseits zwangsläufig nach einer Instanz, an der sich diese sittlich-moralischen Qualitäten messen lassen. Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit der für das Abendland prägendsten Instanz für die Letztbegründung von Handlungsnormen - nämlich der Göttlichen. Ausgehend von Sartres „Der Existenzialismus ist ein Humanismus[1] “ und Russells kleinen Abhandlungen „Warum ich kein Christ bin[2] “ sowie „Hat die Religion nützliche Beiträge zur Zivilisation geleistet[3] “ und darüber hinaus gestützt auf Mackies „Ethik – Die Erfindung des moralisch Richtigen und Falschen[4] “ wird zu Beginn die Frage nach der Möglichkeit von Gottesbeweisen gestellt sowie Gegenargumente des Theismus aufgezeigt. Im Anschluss daran wird die Frage behandelt, ob eine Ethik ohne Theismus begründbar ist. Hierbei muss zuerst der Gegenstand der Ethik bestimmt werden, um diesem folgend die Ausführungen der o. g. Philosophen auf die Grundfragen der Ethik hin zu analysieren.
Zum Schluss dieser Hausarbeit wird untersucht, ob eine Ethik ohne Theismus begründbar ist und inwiefern die bis dahin analysierten Argumente dazu dienlich sind.
2. Die göttliche Existenz
In der Philosophiegeschichte kristallisieren sich mehrere Argumente heraus, die auf unterschiedlichen Zugangswegen anstreben, eine übernatürliche Wirklichkeit (d.i. Gott) zu beweisen.
2.1 Argumente für den Theismus
Die Auseinandersetzung mit den Gottesbeweisen weist auf eine reichhaltige philosophische Tradition zurück, die bis in die Antike zurückreicht. Hier sollen nur die wichtigsten Argumente dargestellt werden.
2.1.1 Das kosmologische Argument
Den Ausgangspunkt dieses Argumentes stellt die Existenz des Kosmos bzw. der Erde (im Folgenden als „das Seiende“ benannt) dar. In diesem Seienden zeigt sich, dass jedes existierend Seiende seinen Ursprung in einem vorausgegangenen Verursachenden hat. Dieses Verhältnis impliziert die Frage, wer bzw. was diese Verursachungsabfolgen initiiert hat, da dieses Seiende weder logisch allzeitig existent noch unverursacht entstanden gedacht werden kann. Da es eine (denknotwendige) unverursachte Ursache geben muss – andernfalls führe die Frage nach der Verursachung des in sich nicht notwendig Existierenden zu einem infinitiven Regress – wird als unverursachte Ursache Gott angenommen.
2.1.2 Das teleologische Argument
Im Zentrum dieses Argumentes steht die Wahrnehmung von geplanten Wirklichkeiten des Daseins. Vertreter des teleologischen Argumentes erkennen im Dasein ein gewisses Ordnungsgefüge (Ordo). Von dieser natürlichen geplanten Ordnung wird nun auf einen „Planer“ bzw. „Ordner“ geschlossen, der als Gott bezeichnet wird.
2.1.3 Das ontologische Argument
Dieses Argument begründet sich darin, dass der Mensch den Begriff „Gott“ internalisiert hat. Gott wird dabei von dem einzelnen Menschen als ein Wesen gedacht, dessen Vollkommenheit nicht steigerungsfähig ist. Da ein solches Wesen ubiquitär gedacht wird, muss dieser Begriff dem Menschen von jenem vollkommenen Wesen eingegeben worden sein. Und dieses Wesen ist ein existenter Gott.
2.1.4 Das moralische Argument
Unter dem moralischen Argument lassen sich jene Zugangsweisen subsumieren, die zum einen das moralische Empfinden (im Sinne eines Bewusstseins moralischer Wahrheiten) im menschlichen Bewusstsein als primären Gegenstand fokussieren – wobei diese Moral als Beweis für göttliche Moraleingebung angesehen wird. Zum anderen kommen die Argumentationen für eine Existenz Gottes hinzu, die das Vorhandensein der Moral, die Tatsache, dass es verbindliche moralische Wahrheiten gibt, als Argument für die Existenz Gottes sehen, weil die letztgültige Verbindlichkeit nur von einem selbst nicht endlichen fehlbaren Wesen gewährleistet sein kann.
2.1.5 Der Theismus bei Swinburne
Im Gegensatz zu den bisher angeführten Argumenten, will R. Swinburne[5] auf induktivem Wege die Wahrscheinlichkeit der göttlichen Existenz aufzeigen. Dabei geht er von der Prämisse aus, dass Gott existiert: „Ich setze dabei voraus, daß die Aussage >Gott existiert< in sich logisch widerspruchsfrei ist, daß wir also zu Recht nach Beweisen für ihre Wahrheit oder Falschheit Ausschau halten können[6] “. Vorausgesetzt wird in diesen Überlegungen die Definition Gottes, die mit der allgemeinen christlichen Auffassung von Gott identisch ist. So beschreibt Swinburne Gottes Existenz logisch gleichbedeutend mit: Es ist eine Person, körperlos (d.h. ein Geist), ewig, vollkommen frei, allmächtig, allwissend, vollkommen gut und Schöpfer aller Dinge.
2.2 Argumente gegen den Theismus
Jeder Beweis der Existenz Gottes ist auf Axiome gestützt. Diese Axiome gründen im menschlichen Verstand bzw. dem menschlichen Bewusstsein und werden vorausgesetzt - jedoch weiter nicht begründet.
2.2.1 Sartre
J.P. Sartre zählt neben G. Marcel zu den bedeutendsten französischen Existentialisten der Gegenwart. Der Existentialismus geht davon aus, dass der Mensch sich in seiner geschichtlichen Existenz aus Freiheit selbst bestimmt - dafür aber auch total verantwortlich für seine Entscheidungen einstehen muss. Im Sinne des Existentialismus Sartres muss der Glauben an Gott zu Gunsten der Freiheit des Menschen abgelehnt werden. Sartre vergleicht metaphorisch die Auffassung der Schöpfungstheologie, nämlich, dass das Wesen (die Essenz) zunächst als Fertiges im Denken Gottes existiert und dann via Schöpfungsakt in die Existenz gesetzt wird, mit der Herstellung eines Brieföffners. Die Herstellung des Brieföffners erscheint unlogisch, wenn der Handwerker diesen nicht zu produzieren und zu definieren weiß. Ebenso wie dieser Brieföffner somit determiniert sei, so wäre es auch der Mensch, wenn die Essenz der Existenz vorausgeht. Diese Determinierung, so Sartre, beraube den Menschen sowohl seiner Freiheit als auch seiner Verantwortung. Provokant kehrt Sartre diesen Gedanken um, sodass die Existenz dem Wesen vorausgeht und spricht dem Menschen somit ein selbstverantwortliches Leben in Freiheit zu. Dieses impliziert einen moralischen Appell. Dadurch, dass sich der Mensch in Folge dessen nun nicht mehr auf eine göttliche Entität berufen kann, ist er verantwortlich für jedwedes Tun und somit auch Unterlassen. An anderer Stelle konkretisiert Sartre: „...der Mensch ist nichts anderes als das, wozu er sich macht[7] “. Somit vertritt Sartre einen atheistischen Existentialismus. Dadurch, dass für ihn Gott nicht existiert, kann es in logischer Folge auch kein a priori Gutes mehr geben. Daraus folgt, dass es keinen Determinismus geben kann. Der Mensch ist frei und selbstverantwortlich.
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[1] Sartre, J.-P.: Der Existentialismus ist ein Humanismus, in: ders.: Gesammelte Werke, Bd. 1 Philosophische Schriften. Hamburg 1994
[2] Russell, B.: Warum ich kein Christ bin, in: ders.: Warum ich kein Christ bin. Hamburg 1968
[3] Russell, B.: Hat die Religion nützliche Beiträge zur Zivilisation geleistet?, in: ders.: Warum ich kein Christ bin. Hamburg 1968
[4] Mackie, J. L.: Ethik. Stuttgart 2000
[5] Swinburne, R.: Die Existenz Gottes. Stuttgart 1987
[6] Swinburne, R.: Die Existenz Gottes. Stuttgart 1987, S. 9
[7] Sartre, J.-P.: Der Existentialismus ist ein Humanismus, in: ders.: Gesammelte Werke, Bd. 1 Philosophische Schriften. Hamburg 1994, S.120 f.