Die Frage der Verlustberücksichtigung innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes gewinnt immer mehr an Bedeutung für den Steuerpflichtigen. Im Rahmen des vereinigten Europas ergeben sich neue Möglichkeiten der wirtschaftlichen Betätigung, aber
auch Problembereiche, die den steuerrechtlichen Bereich betreffen. Da innerhalb der Europäischen Union noch keine harmonisierte Steuergesetzgebung existiert und dies auf
absehbare Zeit angesichts der stetig wachsenden Anzahl der Mitglieder der Gemeinschaft wohl auch nicht der Fall sein wird, kommt es immer wieder zu steuerlich relevanten Entscheidungen innerhalb der europäischen Gerichtsbarkeit wie z.B. dem Europäischen Gerichtshof. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die direkt Beteiligten sondern auch auf alle anderen Staaten der innerhalb der EU. Auf der einen Seite stehen die „alten
und historisch gewachsenen“ Ansätze des kontinentalen und angelsächsischen Europas mit den unterschiedlichen Beziehungen ihres jeweiligen Steuerrechts zum Handelsrechts und den daraus resultierenden Unterschieden. Auf der anderen Seite die neuen
osteuropäischen Beitrittsstaaten, welche allesamt auf Grund der Geschichte ein neues steuerliches Konzept aufstellen mussten, was das Konfliktpotenzial aufzeigt. Die voranschreitende
Integration innerhalb Europas wird auch in der nationalen Gesetzgebung Deutschlands deutlich. So wurde im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2009 der Versuch unternommen, einige Regelungen europarechtskonform auszugestalten, um den
Folgen eines Vertragsverletzungsverfahren, welches auf Grund der Europarechtswidrigkeit einzelner gesetzlicher Bestimmungen bereits eingeleitet worden war, zu entgehen. International operierende Konzerne sind gezwungen, jede einzelne Betätigung in einem Land vor dem Hintergrund der steuerlichen Regelungen und den damit verbundenen Kosten, wie der unterschiedlichen Gewinnermittlung, abzuwägen. Hier sei dann auch auf die Frage der Berücksichtigung eines etwaigen Gewinnes oder Verlustes im Sitz der Muttergesellschaft bzw. des Unternehmens hingewiesen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1 Problemstellung und Zielsetzung
- 1.2 Abgrenzung und Gang der Untersuchung
- 2. Darstellung des Rechtsstandes und Berücksichtigung von Verlusten
- 2.1 § 2a EStG als Verlustberücksichtigungsbeschränkung
- 2.1.1 Allgemeines
- 2.1.2 Allgemeiner Anwendungsbereich des § 2a EStG
- 2.1.3 Einkünfte aus Gewerbebetrieb durch Personengesellschaften
- 2.2 Einkünfte von Kapitalgesellschaften im Ausland
- 2.3 Problematiken in Verbindung mit Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)
- 2.3.1 Das OECD-Musterabkommen und Regelungen der OECD
- 2.3.1.1 Das OECD-Musterabkommen
- 2.3.1.2 Der OECD-Betriebsstättenbericht
- 2.3.1.3 Betriebsstättendefinition der OECD und nach deutschem Recht
- 2.3.2 Doppelbesteuerungsabkommen
- 2.3.2.1 Allgemeines
- 2.3.2.2 Darstellung und Vergleich von Doppelbesteuerungsabkommen
- 2.4 Zwischenfazit
- 3. Europarecht
- 3.1 Grundfreiheiten (Primärrecht)
- 3.1.1 Grundlegendes
- 3.1.2 Niederlassungsfreiheit
- 3.1.3 Kapitalverkehrsfreiheit
- 3.2 Verordnungen und Richtlinien
- 3.3 Der Europäische Gerichtshof (EuGH)
- 3.4 Vorabentscheidungsverfahren
- 3.4.1 Grundlegendes
- 3.4.2 Zeitliche Einschränkung
- 3.4.3 Räumliche Beschränkung
- 4. Rechtliche Aspekte und Problembereiche
- 4.1 Verluste
- 4.1.1 Verluste von ausländischen Tochtergesellschaften und Betriebsstätten
- 4.1.1.1 Tochtergesellschaften
- 4.1.1.2 Betriebsstätten
- 4.1.2 Endgültigkeit
- 4.1.3 Berücksichtigungszeitpunkte der finalen Verluste
- 4.1.3.1 Phasengleiche Berücksichtigung
- 4.1.3.2 Berücksichtigung im Finalitätszeitpunkt
- 4.1.3.3 Das Schreiben des BMF zu der Verlustberücksichtigung
- 4.2 Organschaft über Landesgrenzen?
- 4.2.1 Allgemeines
- 4.2.2 Der Gewinnabführungsvertrag
- 4.2.3 Europarechtskonformität der deutschen Organschaftsregelung?
- 4.2.4 Mögliche Rechtfertigung einer Benachteiligung
- 5. Möglichkeiten und Alternativen
- 5.1 Betriebliche Ebene
- 5.1.1 Bei Bestehen der ausländischen Aktivität
- 5.1.1.1 Grundsätzliches
- 5.1.1.2 Liquidation und Beendigung der Auslandsaktivität
- 5.1.1.3 Umwandlung und Übertragung
- 5.1.1.4 Weitere Möglichkeiten
- 5.1.2 Vor Beginn und Ausübung einer Auslandsaktivität
- 5.2 Einzelstaatliche Ebene (Deutschland)
- 5.2.1 Einführung eines Gruppenbesteuerungssystems
- 5.2.2 Anpassung der nationalen Gesetzgebung
- 5.2.3 Abschaffung der Organschaft
- 5.3 Auf Europa-Ebene
- 5.3.1 Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage
- 5.3.1.1 Allgemeines
- 5.3.1.2 Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage
- 5.3.2 Mitteilung der Europäischen Kommission zur steuerlichen Behandlung von Verlusten
- 5.3.2.1 Allgemeines
- 5.3.2.2 Die Vorschläge der Kommission
- Rechtliche Rahmenbedingungen der Verlustberücksichtigung im deutschen und europäischen Recht
- Probleme bei der Verrechnung von Verlusten im Kontext von Doppelbesteuerungsabkommen und der Niederlassungsfreiheit
- Analyse der Organschaft im internationalen Kontext und deren europarechtliche Zulässigkeit
- Möglichkeiten zur Verbesserung der Verlustberücksichtigung auf betrieblicher, einzelstaatlicher und europäischer Ebene
- Bewertung verschiedener Lösungsansätze und deren Auswirkungen auf die Steuergerechtigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit dem Thema der grenzüberschreitenden Verlustberücksichtigung in der Europäischen Union. Ziel ist es, die Probleme und Gestaltungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit der Verrechnung von Verlusten von ausländischen Tochtergesellschaften und Betriebsstätten mit den Einkünften der deutschen Muttergesellschaft zu analysieren.
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 führt in die Problemstellung ein und erläutert die Zielsetzung der Arbeit. Kapitel 2 stellt den Rechtsstand und die Berücksichtigung von Verlusten in Deutschland dar, wobei insbesondere § 2a EStG und die Problematiken im Zusammenhang mit Doppelbesteuerungsabkommen beleuchtet werden. Kapitel 3 befasst sich mit dem Europarecht, insbesondere mit den Grundfreiheiten und der Rolle des Europäischen Gerichtshofs. Kapitel 4 analysiert rechtliche Aspekte und Problembereiche im Zusammenhang mit Verlusten von ausländischen Tochtergesellschaften und Betriebsstätten, sowie die Organschaft über Landesgrenzen hinweg. Kapitel 5 schließlich beleuchtet verschiedene Möglichkeiten und Alternativen zur Verbesserung der Verlustberücksichtigung auf betrieblicher, einzelstaatlicher und europäischer Ebene.
Schlüsselwörter
Grenzüberschreitende Verlustberücksichtigung, Europäische Union, § 2a EStG, Doppelbesteuerungsabkommen, OECD-Musterabkommen, Niederlassungsfreiheit, Kapitalverkehrsfreiheit, Europäischer Gerichtshof, Organschaft, Gruppenbesteuerung, Steuergerechtigkeit, Wettbewerbsfähigkeit.
- Quote paper
- Jan Daniel Witten (Author), 2010, Grenzüberschreitende Verlustberücksichtigung in der EU, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/153179