Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Lesekompetenz
2.1 Lesekompetenz als Erfolgsbedingung in der Mediengesellschaft
2.2 Lesekompetenz nach Definition der Vergleichsuntersuchung IGLU
3. Lesemotivation
3.1 Motivation
3.2 Lesemotivation
4. Leseförderung / Lesedidaktik
4.1 Lautlese-Verfahren
4.2 Viellese-Verfahren
4.3 Leseanimation
5. Antolin – Eine Web-basierte Plattform zur Leseförderung
5.1 Was ist Antolin?
5.2 Wie motiviert Antolin direkt?
5.3 Wie motiviert Antolin indirekt?
6. Gewinner und Verlierer von Antolin
6.1 Förderung und Motivation von Kindern mit Migrationshintergrund durch Antolin
6.2 Förderung und Motivation von guten Lesern durch Antolin
6.3 Förderung und Motivation von schwachen Lesern durch Antolin
7. Kritik an Antolin
8. Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
1. Einleitung
Die vorliegende Arbeit ist mit dem Ziel erstellt worden, Möglichkeiten und Grenzen der Leseförderung und Lesemotivation in der Grundschule mithilfe der Web-basierten Plattform Antolin darzustellen.
Die Arbeit ist wie folgt aufgebaut: Kapitel 2 beschreibt, weshalb Lesekompetenz eine Erfolgsbedingung in der Mediengesellschaft ist und stellt die Definition von Lesekompetenz nach der Vergleichsuntersuchung IGLU vor. In Kapitel 3 wird Grundsätzliches zu Motivation und Lesemotivation dargestellt. Kapitel 4 beschäftigt sich mit Leseförderung / Lesedidaktik auf dem ,althergebrachten Weg‘; beispielhaft werden hierfür das Lautlese-Verfahren, das Viellese-Verfahren und die Leseanimation vorgestellt. In Kapitel 5 wird das Web-basierte Programm Antolin vorgestellt und auf Lesemotivation und -förderung mithilfe diesem eingegangen. Das sich anschließende Kapitel 6 geht der Frage nach, ob es bei der Antolin-Nutzung nur Gewinner oder auch Verlierer gibt. Kapitel 7 legt Kritik an Antolin dar. Im letzten Kapitel ziehe ich auf Grundlage der dargestellten Untersuchung abschließende Schlussfolgerungen. Dabei beziehe ich mich in Kapiteln 6 bis 8 auf Daten, die ich mit Hilfe einer qualitativen Erhebung in einer Grundschule gewonnen habe.
Der besseren Lesbarkeit halber wird im vorliegenden Text immer nur die weibliche oder männliche Form eines Wortes auftauchen; auch wenn in dem verwendeten Kontext ebenso oder zusätzlich die männliche / weibliche Form hätte verwendet werden können. Eine wie auch immer geartete Diskriminierung ist damit nicht beabsichtigt. Die erhobenen Daten wurden anonymisiert und wurden nur für diese Hausarbeit verwendet.
2. Lesekompetenz
Kapitel 2 beschreibt, weshalb Lesekompetenz eine Erfolgsbedingung in der Mediengesellschaft ist und stellt die Definition von Lesekompetenz nach der internationalen Vergleichsuntersuchung IGLU vor.
2.1 Lesekompetenz als Erfolgsbedingung in der Mediengesellschaft
Nur wer lesen kann, kann in einer Mediengesellschaft bestehen. Lesen ist eine zentrale Kulturtechnik und der Schlüssel um Medienkompetenz zu erwerben (Kulturtechniken sind Sprache anwenden und verstehen können, Schreiben und Lesen, Rechnen, Computer-Literacy / Medienkompetenz. Vgl. Sesnik 2006, S. 49f) und darauf aufbauend wesentliche Kompetenzen für das Leben in einer Medien- und Wissensgesellschaft (Medien = Informationsträger) zu erlangen. Wer nicht lesen kann, hat nicht nur Probleme im Alltag (Einkaufen, Arztbesuche, Behördengänge, Ausbildung und Beruf, Bankgeschäfte) sondern auch in der Wissensgesellschaft bei der selbstständigen Erschließung und Erarbeitung von weiterführenden Informationen, der Weiterentwicklung eigenen Wissens und Fertigkeiten, der mündigen Nutzung und Bewertung von Inhalten, aber auch bei der (aktiven) Teilhabe an sozialen Online Communities und für die generelle Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Hinzu kommt, dass das Internet (als ein Beispiel für eine zukunftsfähige Technologie) auch zukünftig auf der Verschriftlichung von Informationen basieren wird. Wer nicht (ausreichend gut) lesen kann, ist in so gut wie allen Lebensbereichen auf die Hilfe Dritter angewiesen. Diese Abhängigkeit kann im schlimmsten Fall stark ausgenutzt werden. Kurz gesagt ist Lesekompetenz nötig, um „geschriebene Texte zu verstehen, zu nutzen und über sie zu reflektieren, um eigene Ziele zu erreichen, das eigene Wissen und Potenzial weiterzuentwickeln und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen“ (Pisa 2010).
2.2 Lesekompetenz nach Definition der Vergleichsuntersuchung IGLU
IGLU ist eine International durchgeführte Grundschule Leseuntersuchung (IGLU), bei der das Leseverständnis und die bedingenden schulischen Lernbedingungen von Schülern der 4. Klassen untersucht wird. Diese internationale Vergleichsstudie wird alle fünf Jahre durchgeführt. Die letzte Untersuchung fand im Jahr 2006 statt; an der Erhebung nahmen 29 Staaten teil. Lesekompetenz umfasst nach IGLU das Verständnis der Textinformationen, die Leseintention (mit Unterscheidung zwischen literarischen und rein informierenden Texten) und Lesemotivation, Leseselbstkonzept und Leseverhalten der Leser. Dabei werden vier Verstehensaspekte unterschieden: Erkennen und Wiedergeben explizit angegebener Informationen, das Ziehen einfacher Schlussfolgerungen, das Ziehen und Begründen komplexerer Schlussfolgerungen und Interpretation des Gelesenen sowie das Prüfen und Bewerten von Inhalt und Sprache (vgl. Bos et al. 2007, S. 83). Zu den vier Verstehensaspekten und den fünf von IGLU 2006 definierten Lesekompetenzstufen siehe Grafiken im Anhang (S. 41f).
3. Lesemotivation
In Kapitel 3 wird Grundsätzliches zu Motivation und Lesemotivation dargestellt.
3.1 Motivation
In der Psychologie wird als Motivation (motus = lat. Bewegung) der aktive Antrieb zur Veränderung der momentanen Lage (Ist-Wert) in die gewünschte Ziellage (Soll-Wert) definiert (vgl. Nolting und Paulus 1999, S. 54). Besonders motivierend in Lehr-Lern-Arrangements sind vor allem Rückmeldungen, die die eigenen, individuellen Entwicklungsschritte in Richtung Ziel berücksichtigen. Ein Vergleich mit der Leistung anderer Lernenden ist dagegen weniger motivierend (vgl. Oerter und Montada 2002, S. 935).
Bei der Motivation wird zwischen intrinsisch motivierten Verhaltensweisen und extrinsisch motivierten Verhaltensweisen unterschieden. Intrinsisch motivierte Verhaltensweisen entstehen aus dem eigenen, individuellen Antrieb und führen zu selbstbestimmten Handlungen. Sie sind oft spontan. Extrinsisch motivierte Verhaltensweisen werden durch bestimmte Anreize von außen stimuliert bzw. in Gang gesetzt. Dabei sind sie oft mit bestimmten Belohnungen (gute Noten, Geld, Anerkennung) verknüpft.
3.2 Lesemotivation
Im Rahmen der Lesesozialisation muss es ein zentrales Anliegen sein, bei den Kindern die Lesebereitschaft und die Lesefreude zu wecken und / oder zu erhalten. Erst wenn sowohl Lesebereitschaft als auch Lesefreude vorhanden sind, wird ein Kind die Eigeninitiative ergreifen und von sich aus zum Buch greifen und lesen sowie dem Lesen von Büchern im Alltag eine positive Bedeutung erteilen. In der Schule ist es dabei wichtig, nicht nur die vielfältigen Lesefähigkeiten der Kinder sondern auch ihre individuellen Leseinteressen zu berücksichtigen, um möglichst alle Kinder zu erreichen und zu motivieren. Dies kann in der Schule durch freie, ritualisierte Lesezeiten im Stundenplan geschehen. Zu diesen Lesezeiten sollte den Schülern idealerweise ein freier Zugang zu Büchern aus möglichst vielfältigen Interessengebieten ermöglicht werden (zum Beispiel durch Einrichtung von Schulbücherei oder Büchertauschbörse beziehungsweise durch Zusammenarbeit mit der örtlichen Bibliothek – Stichwort: Medien-/ Bücherkisten). Ziel ist es von einer extrinsischen (von außen angeregten) Lesemotivation zu einer intrinsischen (das Kind liest aus eigenem Antrieb und Genuss, ohne Anreize von außen) Lesemotivation zu kommen.
4. Leseförderung / Lesedidaktik
Kapitel 4 beschäftigt sich mit Leseförderung / Lesedidaktik auf dem ‚althergebrachten Weg‘. Beispielhaft werden hierfür das Lautlese-Verfahren, das Viellese-Verfahren und die Leseanimation vorgestellt. Dabei werden jeweils unterschiedliche der drei aufeinander aufbauenden Ebenen des Lesens gefördert (vgl. Mehrebenen-Modell des Lesens, Nix & Rosebrock 2008, S. 16): die Prozessebene, die Subjektebene und die soziale Ebene.
4.1 Lautlese-Verfahren
Auf der Prozessebene liegen die kognitiven Fähigkeiten, die für den Leseprozess notwendig sind (Entziffern, Dekodieren und die verschiedenen Verarbeitungsschritte, vgl. a.a.O., S. 15f.). Zur Förderung der Leseflüssigkeit kann das Lautlese-Verfahren verwendet werden. Vier Dimensionen bestimmen den Begriff der Leseflüssigkeit (Fluency) und erklären dessen Verbindung zum Textverständnis.
„Leseflüssigkeit (Fluency) umfasst ...
- die exakte Dekodierfähigkeit von Wörtern.
- die Automatisierung der Dekodierprozesse.
- eine angemessen schnelle Lesegeschwindigkeit.
- die Fähigkeit zur sinngemäßen Betonung des gelesenen Satzes, also zu einem ausdrucksstarken Vorlesen“ (a.a.O., S. 38).
Explizite Förderverfahren zur Leseflüssigkeit unterscheiden sich von dem bekannten Reihumlesen in der Deutschstunde des Schulunterrichts. Spezielle Lautlese-Verfahren, die die Leseflüssigkeit fördern sind das ‚Wiederholte Lautlesen‘ und das ‚Begleitende Lautlesen‘ (vgl. a.a.O., S. 39). Beide Verfahren sind dazu geeignet, sowohl Leseflüssigkeit als auch Textverständnis schwacher Leser zu verbessern.
Dabei wird das ‚Wiederholte Lautlesen‘ im Förderunterricht eingesetzt. Der Schüler liest dabei seinem Lehrer einen für ihn mittelschweren Text immer wieder laut vor. Wichtig ist hierbei die kontinuierliche Wiederholung. Nur so können sich dem Schüler neue Buchstaben- und Wortkombinationen einprägen. Zudem kann er sich durch die Wiederholungen den Text vom Sinn her erschließen und betonter lesen, da er durch die Wiederholungen auch verstärkt auf „bestimmte Signale im Text (Zeichensetzung, Satzzeichen, inhaltliche Schlüsselwörter)“ (a.a.O., S. 40) achten wird. Durch Schaffung von Rahmenhandlungen durch den Lehrer (Inszenierungen von Radio- oder Hörspielsendungen, Gestaltung von Vorleseaktionen für jüngere Kinder aus Kindergarten oder niedrigeren Klassenstufen, …) kann einer eventuell durch die permanente Wiederholung auftretenden Langeweile vorgebeugt werden.
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