Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Vorbesinnung
2. Sprachliche Analyse des Textes
2.1 Jesu Selbst in Abgrenzung zum ,,Ihr”
2.2 Bildreden
2.3 Zeitebenen
3. Übersetzungsvergleich
3.1 Gewählte Übersetzungen
3.2 Parallelität von V 49 und V 50
3.3 Übereinstimmungen
3.4 Differenzen bei einzelnen Begriffen
4. Abgrenzung des Textes und Kontext
5. Gliederung des Textes
5.1 Jesu Rede über sich selbst
5.1.1 Feuer
5.1.2 Taufe
5.2 Jesu Rede zu den Zuhörern.
5.2.1 Rhetorische Frage nach der Meinung der Zuhörer
5.2.2 Jesu Antwort zu den Folgen seines Kommens/ Auftrages
5.3 Beschreibung der gegenwärtigen/ zukünftigen Zwietracht.
5.3.1 Erläuertung des Beispiels der Entzweiungen
6. Literarkritik und synoptischer Vergleich
7. Formkritik
8. Mündliche Überlieferungsgeschichte.
9. Redaktionsgeschichte.
10. Traditionsgeschichte.
11. Religionsgeschichtlicher Vergleich
12. Einzelexegese
13. Skopus
14. Verkündigungsansatz für heute
Literaturverzeichnis
Bibeltext: Lukas 12, 49 - 53
49 Ich bin gekommen, ein Feuer anzuzünden auf Erden; was wollte ich lieber, als dass es schon brennte!
50 Aber ich muss mich zuvor taufen lassen mit einer Taufe, und wie ist mir so bange, bis sie vollbracht ist!
51 Meint ihr, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf Erden? Ich sage: Nein, sondern Zwietracht.
52 Denn von nun an werden fünf in einem Hause uneins sein, drei gegen zwei und zwei gegen drei.
53 Es wird der Vater gegen den Sohn sein und der Sohn gegen den Vater, die Mutter gegen die Tochter und die Tochter gegen die Mutter, die Schwiegermutter gegen die Schwiegertochter und die Schwiegertochter gegen die Schwiegermutter.[1]
1. Vorbesinnung
Ein erstes Lesen des Textes ruft bei mir Verwunderung hervor. Entgegen den prophetischen Ankündigungen eines kommenden Friedefürsten deutet Jesus seinen Auftrag als einen nahezu kriegerischen. Ich habe mich bisher nicht mit diesem Text auseinandergesetzt, wusste aber grob, dass Jesus entgegen der Annahme, er bringe Frieden, auch mancherorts das Gegenteil behauptet.
Als verwirrend empfinde ich die Stelle, wo Jesus seine bevorstehende Taufe als Last empfindet, ihm geradezu bange ist. Ein sich fürchtender Jesus passt – außerhalb des Passionsgeschehens – nicht in mein Jesus-Bild. Möglicherweise gibt dieser Text Anlass, mein Christus-Bild neu zu überdenken und gegebenenfalls zu korrigieren.
Konkret stoße ich bei der ersten Lektüre außerdem auf die Frage nach der Bedeutung der Zahl Fünf, die Jesus in Zwei und Drei aufgliedert. Welche alttestamentlichen oder jüdischen Traditionen und Vorstellungen spielen bei dieser Zahl eine Rolle?
Insgesamt fallen mir in dem doch recht kurzen Text vielfältige sprachliche Bilder auf, deren inhaltlicher Zusammenhang nicht sofort ins Auge springt. Bezüglich ihrer Herkunft und Bedeutung hoffe ich im Laufe der Exegese nähere Hinweise zu finden.
2. Sprachliche Analyse des Textes
2.1 Jesu Selbst in Abgrenzung zum ,,Ihr”
Die sehr scharf wirkende Jesusrede beginnt mit Jesu Schilderung seines Auftrages und dessen Konsequenzen, weshalb dieser erste Teil davon gekennzeichnet ist, dass Jesus in der Ich-Form spricht[2]. Inhaltlich deutet zunächst nichts auf einen Dialog hin bis in V 51[3] direkt und in fast polemischer Weise die Zuhörer (und Leser) angesprochen werden und die mögliche vorherige Selbstreflexion Jesu in eine Art Predigt mündet. Zum Ende hin scheint sich – da die Formulierungen allgemein gehalten sind – der Adressatenkreisnoch weiter geöffnet zu haben. Man kann also anhand der Pronomina ,,ich” und ,,ihr” eine Steigerung ausmachen, die sich möglicherweise sogar über diesen Rahmen hinaus fortsetzt.
2.2 Bildreden
Wie eingangs erwähnt fallen als Besonderheit des Textes sprachliche Bilder ins Auge. Metaphorisch spricht Jesus zunächst vom Feuer (V 49). Ob er in der anschließenden Rede über die Taufe (V 50) die Bild- oder Sachebene bedient, ist auch vom unmittelbaren Kontext her zunächst nicht zu erschließen. Es ist jedoch – geht man von Jesus bereits geschehener Taufe im Jordan aus - anzunehmen, dass er im übertragenen Sinne von (s)einer kommenden Taufe spricht.
Weiterhin macht er in V 52 den kommenden Unfrieden anhand von wahrscheinlich symbolisch gemeinten Zahlen deutlich[4]. Dieser wie auch der folgende Vers können als Erläuterung seiner These, Zwietracht zu bringen (V 51), verstanden werden. In der Metapher in Vers 53 werden chiastisch die auf verschiedenen Ebenen stattfindenden Feindseligkeiten innerhalb einer Hausgemeinschaft dargestellt, z.B. ,,[...] der Vater gegen den Sohn [...] und der Sohn gegen den Vater [...]”[5].
2.3 Zeitebenen
Auffallend am Text ist auch ein nahezu spielerischer Umgang des Autors mit verschiedenen Zeitformen. Jesu einleitende Worte im Perfekt, es sei ,,gekommen”, münden in den Konjuktiv (,,wollte”, ,,brennte”), welcher den Wunschcharakter der Aussage unterstreicht. In der zwar präsentisch wiedergegebenen Aussage von V 50 steckt futurisch gemeinter Inhalt.
Ein zweiter Neuansatz wird in V 51 mit der Wiederholung des perfektischen ,,gekommen” markiert. Jesu Einspruch ist antagonistisch ganz klar in die Gegenwart gesprochen: ,,[...] Ich sage: Nein [...]”(V 51b). Die die Zukunft betreffende Ankündigung Jesu ,,[...] von nun an [...]”(V 52a) wird formal durch die Verwendung des Futur unterstrichen.
3. Übersetzungsvergleich
3.1 Gewählte Übersetzungen
Als Grundlage dieser historisch kritischen Exegese habe ich die Bibelübersetzung nach Dr. Martin Luther in der revidierten Fassung von 1984 gewählt[6]. Wo nicht anders vermerkt, ist diese Bibelübersetzung Basis der Arbeit, so z.B. in Zitaten. Ich habe sie gewählt, da Luthers Übersetzung Grundlage der evangelischen Kirche in Deutschland ist und durch eine zuweilen fast poetische und recht bildhafte Sprache hervorsticht. Jene Bildhaftigkeit spielt im vorliegenden Bibeltext eine entscheidende Rolle.
Im Rahmen dieser Arbeit ziehe ich zum Vergleich verschiedener Übersetzungen des Weiteren die griechisch-deutsche Interlinear-Übersetzung[7], sowie die Übersetzung nach Schlachter[8] heran.
3.2 Parallelität von V 49 und V 50
Bei einem vergleichenden Blick auf den Bibeltext in den jeweiligen Übersetzungen fallem zumeist formale Unterschiede auf, die sich im Satzbau und der Wortanordnung niederschlagen. Die von Bovon beobachtete Paralleliät der VV 49 und 50[9] wird erst nachvollziehbar, wenn man einen Blick in den griechischen Urtext wirft. „[...] Feuer bin ich gekommen zu werfen [...] Mit einer Taufe aber muß ich getauft werden [...]“[10] [11]. Zwar bleibt auch bei Luther eine gewisse Parallelität sichtbar, z.B. in der Wiederholung des Satzbauschemas: Aussagesatz und angefügte rhetorische Frage, jedoch fällt die tatsächliche und möglicherweise vom Autor beabsichtigte Übereinstimmung nur in der urtextbasierten ILÜ auf. Im Gegensatz zu Luther behält die Schlachter-Übersetzung trotz Glättungen die wiederholte Einleiteformel „wie“ zu Beginn der Frage-Nebensätze bei, was die Rhytmik des Urtextes etwas beibehält.
[...]
[1] Die Bibel nach der Übers. Martin Luthers, Lk 12, 49 – 53.
[2] Vgl. Bovon: Das Evangelium nach Lukas, S. 345.
[3] Im folgenden wird Vers mit ,,V” und der Plural mit ,,VV” abgekürzt.
[4] Vgl. Bovon: Das Evangelium nach Lukas, S. 356. Er begründet die Zahl fünf mit der Annahme, sie sei gebräuchlich, um kleine Einheiten dazustellen; auch habe sie als ungerade Zahl manchmal einen negativen Beigeschmack.
[5] ie Bibel nach der Übers. Martin Luthers, Lk 12, 53a.
[6] Die Bibel nach der Übers. Martin Luthers.
[7] Das Neue Testament. Interlinearübersetzung Griechisch-Deutsch .
[8] John Mac Arthur Studienbibel. Schlachter Version 2000, Lk 12, 49 – 53.
[9] Vgl. Bovon: Das Evangelium nach Lukas, S. 345.
[10] Das Neue Testament. Interlinearübersetzung Griechisch-Deutsch, Lk. 12, 49a. 50a.Im Folgenden abgekürzt mit ILÜ.
[11] Hervorhebungen von der Verfasserin.