John Dewey hat im Laufe seines langen Lebens sehr viel geschrieben und publiziert. Immer verfolgte er dabei ein praktisches Interesse und glaubte an die Möglichkeit des Fortschritts und der Verbesserung der gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse bzw. der betroffenen Menschen vor allem durch (institutionell organisierte) Erziehung als Wachstumsprozess.
Die Erziehung bzw. die Theorie über sie nimmt also in seinem gesamten Theoriegebäude eine zentrale Rolle ein, zu ihrer Fundierung jedoch bedarf es gesonderter anthropologischer Studien, welche die Möglichkeiten und Grenzen von Erziehung ermitteln und aufzeigen. Denn, so sagt Dewey: „Lack of understanding of human nature is the primary cause of disregard for it. (…) What cannot be understood cannot be managed intelligently“ (Dewey 1944, S. 3). Oder wie Bollnow es formuliert hat: „Die Anthropologie ist der Schlüssel jedes pädagogischen Systems“ (Bollnow 1952, S. 25). Zwar wird Dewey seine Analyse der menschlichen Natur nicht nur für eine Begründung seiner Pädagogik geschrieben haben, sondern z.B. auch in Hinsicht auf eine Ethik und den Umgang mit Moral überhaupt, doch uns interessiert hier vor allem der Bezug zur Erziehung.
Eigentlich fordert Dewey für die Erforschung der menschlichen Natur (und ihre Modifizierbarkeit) ein empirisches Vorgehen ein. Interessanterweise verfasst er selbst dennoch ein anthropologisches Werk, welches das Wesen und das Verhalten des Menschen rein theoretisch behandelt („Human Nature and Conduct“), wenngleich die Erfahrung stets eine wichtige Rolle in seinen Ausführungen spielt.
Seine anthropologischen Aussagen werden in dieser Arbeit zum Zweck eines tieferen Einblicks in sein Denken und des besseren Verständnisses seiner philosophischen Pädagogik in zusammengefasster und systematisierter Form dargestellt und diskutiert werden. Nachdem der allgemeine theoretische Hintergrund ausgebreitet worden ist, werden nacheinander die wichtigsten Aspekte seiner Anthropologie vorgestellt und besprochen. Zum Schluss sind wir in die Lage versetzt, ein vorsichtiges Fazit zu ziehen.
Inhaltsverzeichnis
- 1 EINLEITUNG
- 2 HAUPTTEIL
- 2.1 Allgemeiner Hintergrund
- 2.1.1 Das Verhältnis von Mensch und Welt
- 2.1.2 Kontingenz vs. Notwendigkeit und Idealismus vs. Realismus
- 2.2 „Habits“ als zentrale Determinanten des Menschseins
- 2.2.1 Der Begriff „habit“ bei Dewey
- 2.2.2 Entstehung und Veränderung von Gewohnheiten
- 2.3 Triebe, Instinkte und Motive
- 2.3.1 Die Plastizität der Triebe und die Änderung der menschlichen Natur
- 2.3.2 Das Wesen und die Funktion von Motiven
- 2.3.3 Einteilung bzw. Abgrenzung der verschiedenen Instinkte
- 2.4 Intelligenz, Vernunft und Bewusstsein
- 2.4.1 Der Ort des Denkens
- 2.4.2 Das Verhältnis der Intelligenz zu Trieb und Gewohnheit
- 2.4.3 Der Denkvorgang und das Wesen der Überlegung
- 2.4.4 Ziele und Grundsätze
- 2.5 Freiheit und Sittlichkeit
- 2.5.1 Handlungs- und Willensfreiheit
- 2.5.2 Sittlichkeit
- 3 SCHLUSS
- 4 LITERATURVERZEICHNIS
- Das Verhältnis von Mensch und Welt: Deweys holistische Sichtweise auf den Menschen als integrativen Bestandteil der Umwelt.
- Die Rolle von Gewohnheiten: „Habits“ als zentrale Determinanten des Menschseins und ihre Bedeutung für Lernen und Entwicklung.
- Die Funktion von Trieben und Motiven: Die Plastizität der Triebe und die Einflussfaktoren auf die Bildung von Motiven.
- Intelligenz, Vernunft und Bewusstsein: Der Ort des Denkens und die Wechselwirkung von Intelligenz, Trieb und Gewohnheit im Prozess der Überlegung.
- Freiheit und Sittlichkeit: Deweys Verständnis von Handlungs- und Willensfreiheit im Kontext der Entwicklung von Sittlichkeit.
- Einleitung: Der Text stellt John Deweys pädagogisches Interesse und seine Überzeugung vom Fortschritt und der Verbesserung gesellschaftlicher Verhältnisse durch Erziehung als Wachstumsprozess dar. Deweys Theorie der Erziehung wird als zentraler Aspekt seines gesamten Theoriegebäudes hervorgehoben und die Notwendigkeit einer anthropologischen Fundierung für die Erforschung der Möglichkeiten und Grenzen der Erziehung erläutert. Die Bedeutung von Deweys anthropologischen Analysen für die Erforschung der menschlichen Natur und deren Modifizierbarkeit im Kontext der Erziehung wird betont.
- Hauptteil: Der Hauptteil der Arbeit beschäftigt sich mit Deweys anthropologischen Aussagen und präsentiert wichtige Aspekte seiner Anthropologie in zusammengefasster und systematisierter Form.
- Allgemeiner Hintergrund: Dieser Abschnitt beschreibt Deweys holistische Sichtweise auf den Menschen, die eine Trennung zwischen Subjekt und Objekt ablehnt und den Menschen als integrativen Bestandteil der Welt begreift. Deweys Betonung der Veränderbarkeit des Menschen und seiner Lernfähigkeit als angeborene Eigenschaft wird hervorgehoben.
- Das Verhältnis von Mensch und Welt: Deweys Ablehnung eines strikten Dualismus zwischen Mensch und Welt und seine Betonung der dynamischen Wechselwirkung zwischen Subjekt und Objekt wird dargestellt.
- Kontingenz vs. Notwendigkeit und Idealismus vs. Realismus: Deweys „Metaphysik“ der Kontingenz, die die Unbeständigkeit und Unvorhersehbarkeit der Welt betont, wird im Kontrast zu traditionellen philosophischen Vorstellungen einer stabilen und berechenbaren Welt gesetzt. Deweys Sichtweise auf die gegenseitige Bedingtheit von Kontingenz und Notwendigkeit sowie Veränderung und Stetigkeit wird erklärt.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den anthropologischen Grundlagen der Erziehungstheorie von John Dewey. Sie zielt darauf ab, Deweys Verständnis des Menschen und seines Wesens im Kontext seiner philosophischen Pädagogik zu erforschen und zu erläutern. Dabei werden die zentralen Elemente seiner Anthropologie, wie das Verhältnis von Mensch und Welt, die Rolle von Gewohnheiten, die Bedeutung von Trieben und Motiven sowie die Funktion von Intelligenz und Vernunft, untersucht und in Bezug zu Deweys pädagogischen Ansätzen gesetzt.
Zusammenfassung der Kapitel
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter und Fokusthemen dieser Arbeit sind: John Dewey, Anthropologie, Erziehungstheorie, „Habits“, Triebe, Instinkte, Motive, Intelligenz, Vernunft, Bewusstsein, Freiheit, Sittlichkeit, Kontingenz, Notwendigkeit, empirische Forschung.
- Quote paper
- Magister Artium Jan Nilbock (Author), 2007, Die anthropologischen Voraussetzungen von Deweys Erziehungstheorie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/153627