Reverse Mortgage - Ein innovatives Produkt für den deutschen Markt?


Tesis, 2010

102 Páginas, Calificación: 1,7


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Symbolverzeichnis

1 Einleitung

2 Reverse Mortgage in den USA
2.1 Geschichte
2.2 Grundsätzliche Merkmale
2.3 Abgrenzung zur üblichen Darlehensgewährung
2.4 Home Equity Conversion Mortgage
2.4.1 Beteiligte Parteien
2.4.2 Auszahlungsmöglichkeiten
2.4.3 Auszahlungshöhe
2.4.4 Pflichten des RM-Nehmers und Rückzahlung
2.5 Marktpotential und Absatz

3 Adaption der Reverse Mortgage auf den deutschen Markt
3.1 Innovation
3.1.1 Definition
3.1.2 Differenzierung nach Neuheitsgrad
3.1.3 Dimensionen
3.1.4 Bedeutung
3.1.5 Produktlebenszyklus
3.2 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
3.3 Das Marktpotential für Reverse Mortgages in Deutschland
3.4 Produkte
3.4.1 Heim und Rente, HVB Immobilienrente, Zustifterrente
3.4.2 DKB-Immorente
3.4.3 FörderImmorente
3.5 Zusammenfassung

4 Die Immobilie als Sicherheit einer Reverse Mortgage
4.1 Wertermittlung
4.2 Besicherung auf dem Beleihungsobjekt

5 Umgang mit Risiken einer Reverse Mortgage
5.1 Risiko allgemein
5.1.1 Definition von Risiken
5.1.2 Risikomanagement-Prozess
5.1.3 Risikosteuerung
5.2 Risiken einer Reverse Mortgage
5.2.1 Liquiditätsrisiko
5.2.2 Operationelles Risiko
5.2.3 Laufzeitrisiko
5.2.4 Marktpreisrisiken
5.2.4.1 Zinsänderungsrisiko
5.2.4.2 Risiko volatiler Vermögenswerte
5.2.4.2.1 Adressenausfallrisiko
5.2.4.2.2 Moral Hazard
5.2.4.2.3 Binnenwanderung
5.2.4.2.4 Phasen der Wohnungsnachfrage
5.2.5 Innovationsrisiko
5.3 Risikomaßnahmen für Risiken einer Reverse Mortgage
5.3.1 Reduzierung des Liquiditätsrisikos
5.3.2 Vermeidung operationeller Risiken
5.3.2.1 Beteiligte Abteilungen
5.3.2.2 Durchführung
5.3.3 Risikomaßnahmen für Marktpreisrisiken
5.3.3.1 Überwälzung des Zinsänderungsrisikos
5.3.3.2 Reduzierung der Risiken volatiler Vermögenswerte
5.3.3.2.1 Vertragliche Vereinbarungen
5.3.3.2.2 Ausgabe nicht deutschlandweit
5.3.3.2.3 Produktelimination und Limitierung
5.3.4 Reduzierung von Risiken
5.3.4.1 Nutzung des Portfolio-Effekts
5.3.4.2 Nutzung von Risikointerdependenzen

6 Kalkulation einer HECM
6.1 Anfänglich verfügbarer Kreditbetrag
6.1.1 Berücksichtigung des Zinssatzes
6.1.2 Maximum Claim Amount
6.1.3 Ermittlung des Principal Limit Factors
6.1.3.1 Barwert der Summe der erwarteten Verluste
6.1.3.2 Barwert der Versicherungsprämien
6.1.3.3 Zusammenführung zum Principal Limit Factor
6.2 Tatsächlich verfügbarer Kreditbetrag
6.3 Berechnung der monatlichen Rente

7 Akzeptanz des Produktes und Alternativen
7.1 Vorteile für RM-Nehmer
7.2 Bisheriger Absatz
7.3 Nachfrageseitige Akzeptanzprobleme
7.4 Kulturelle Unterschiede Deutschland und USA
7.5 Alternativen für ältere Immobilieneigentümer
7.6 Produktverbesserung und Marktpotentialerweiterung

8 Fazit

9 Anhang

10 Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Verlauf von Hypothek und Reverse Mortgage im Vergleich

Abb. 2: Zusammenwirken der Einheiten bei Vergabe einer HECM

Abb. 3: Verteilung der Zielgruppe in den USA in 2008

Abb. 4: Vergebene HECM seit Einführung

Abb. 5: Innovationstyp - Basis- vs. Verbesserungsinnovation

Abb. 6: Modell eines strategischen Innovationsmanagements

Abb. 7: Der Produktlebenszyklus

Abb. 8: Portfolio-Analyse

Abb. 9: Verschiebung der Altersstruktur

Abb. 10: Ablauf DKB-Immorente

Abb. 11: Verlauf der DKB-Immorente

Abb. 12: Ablauf FörderImmorente

Abb. 13: Risikomanagementprozess

Abb. 14: Überschuldungsrisiko

Abb. 15: Binnenwanderung von 1991 bis 2006

Abb. 16: Wohnungsnachfrage in der jeweiligen Altersgruppe

Abb. 17: Die Zusammensetzung des Projektteams für einen NPP

Abb. 18: Die NPP-Matrix

Abb. 19: Positionen in einem Swap-Geschäft

Abb. 20: Swappartner und RM-Nehmer

Abb. 21: Portfolios innerhalb einer Bank

Abb. 22: Verlauf der Barwerte

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Lebenslange monatliche Rentenzahlung

Tab. 2: Auf zehn Jahre befristete Rentenzahlung

Tab. 3: Marktpotential in Deutschland

Tab. 4: Vergleich Stundungspauschale und Zinseszinseffekt

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Der Deutsche und sein Haus - noch immer gilt in Deutschland, dass eine Immobilie die beste Altersvorsorge ist1. Doch wie kommen Menschen im Rentenalter an Geld, wenn alle Ersparnisse immer nur in die eigenen vier Wände gesteckt wurden und die staatliche Rente nicht für den Lebensunterhalt ausreicht? Wie sollen die im Alter notwendigen Gesundheitsausgaben bezahlt werden? Aus welchen Mitteln kann ein altersgerechter Umbau finanziert werden?

Zu diesem Zweck sind Finanzinstitute gefordert, Produkte zu entwerfen, aus denen zum Einen Gewinn erwirtschaftet und zum Anderen die Bedürfnisse der Kunden in dem geschilderten Sachverhalt befriedigt werden können.

Die Globalisierung bietet in diesem Fall hiesigen Banken die Möglichkeit, Produkte anderer Nationen genauer zu betrachten und eine eventuelle Markteinführung zu prüfen. Für eine Idee bzw. Anregung können an dieser Stelle die USA und ihr Immobilienverzehrprodukt, die Reverse Mortgage (RM), dienen.

Währenddessen es bereits seit langer Zeit Leibrenten in Deutschland gibt, halten die als Umkehrhypotheken bezeichneten RMs erst seit der Jahrtausendwende in Deutschland und Europa Einzug. Diese werden allerdings meist in abgewandelten Formen - vor allem als Sale-and-Lease-Back-Produkte - angeboten. Eine wirkliche Marktdurchdringung ist dabei noch in keinem europäischen Land festzustellen2.

Das Ziel ist es, herauszufinden, ob es sich bei der RM um ein innovatives Produkt für den deutschen Markt handelt. Dazu ist auch der Bedarf der potentiellen RMNehmer zu überprüfen.

Bisher ist das Angebot aus den USA nur von einer Bank angenommen und folglich nur eine RM auf dem deutschen Markt platziert worden. Um die Frage nach der Zurückhaltung seitens der Institute bei der Produkteinführung beantworten zu können, ist es daher notwendig, das Produkt und seine Eigenschaften tiefgründig zu betrachten.

Da der Erfolg der RM auch maßgeblich von der Akzeptanz der Kunden abhängt, findet ein Vergleich der Möglichkeiten der Anbieter zu den Wünschen der Kunden statt. Die Arbeit setzt sich dabei nicht mit dem volkswirtschaftlichen Problem der Schließung der Rentenlücke auseinander und sieht diese auch nicht als Hauptgrund für eine Produkteinführung.

Zur Erreichung der definierten Ziele werden zunächst im Kapitel 2 der Ursprungsmarkt - die USA - und dessen Vorzeigeprodukt, das Home Equity Conversion Mortgage (HECM) vorgestellt. Die Besonderheiten liegen für dieses Produkt in der Absicherung durch den Staat.

Im Anschluss erfolgt mit der Definition von Innovationen und deren Bedeutung für Unternehmen die Betrachtung des deutschen Marktes. Um eine Markteinführung der RM zu rechtfertigen, werden die Zielgruppe und das Marktpotential in diesem Abschnitt analysiert. Auch verschiedene deutsche Produkte werden vorgestellt und ihre Ähnlichkeiten zur ursprünglichen RM untersucht.

Bei einer RM erfolgt die Absicherung über eine Immobilie, weshalb die Bewertung und die Besicherung auf dem Beleihungsobjekt in Kapitel 4 vorgestellt werden.

Das zweite Ziel wird schließlich in Kapitel 5 verfolgt. Hier werden die Risiken der RM und mögliche Maßnahmen zur Steuerung der einzelnen Risiken vorgestellt. An dieser Stelle wird klar, warum bisher nur eine Bank das Produkt am Markt platziert hat. Die Gesamtheit dieser Risiken findet schließlich Berücksichtigung in der Kalkulation der Auszahlungsquoten für das US-amerikanische HECM, welche in Kapitel 6 erläutert wird.

Da ein Markt nur dann vollständige Betrachtung erfährt, wenn auch die Zielgruppe beachtet wird, sollen im siebten Kapitel die Vorteile einer RM für den Kunden dargestellt werden. Im Anschluss wird der bisherige Absatz und die nachfrageseitigen Akzeptanzhemmnisse vorgestellt. Um festzustellen, ob die Absatzhemmnisse an der deutschen Kultur liegen, erfolgt ein Vergleich mit der amerikanischen Kultur, bevor Alternativen für die Zielgruppe aufgezeigt werden. Abschließend werden Ideen und Vorschläge zur Verbesserung einer RM beschrieben, die für eine Erhöhung des Absatzes sorgen können. In diesem letzten Teilkapitel erfolgt zusätzlich die kurze Vorstellung eines der RM sehr ähnlichen Produktes, das durch Zielgruppenwechsel zur Marktpotentialerweiterung beitragen kann.

2 Reverse Mortgage in den USA

In den USA ist mit der RM eine Möglichkeit geschaffen worden, mit der ältere Hauseigentümer mit einem Mindestalter von 62 Jahren aus ihrer Immobilie Zahlungen generieren können, ohne dass das Darlehen vom RM-Nehmer zurückgeführt werden muss3.

2.1 Geschichte

Die erste RM ist 1961 in Maine vereinbart worden. Sie wurde von der Deering Savings and Loan of Maine an die Kundin Nellie Young vergeben4. Es handelte sich dabei nicht gleichzeitig um die Vergabe eines Standardproduktes, sondern stellte einen einzelnen Abschluss in Form einer speziellen Vereinbarung dar5. Als nächster Meilenstein ist 16 Jahre später das „Reverse Mortgage Study Project“ in Wisconsin unter der Führung von Ken Scholen 1977 durchgeführt worden. Als Ergebnis erfolgte ein formaler Vorschlag über ein vom Staat gefördertes Produkt an die Regierung6. Im gleichen Jahr wurde auch das National Center of Home Equity Conversion gegründet7. Diese Organisation existiert noch heute und klärt die Bevölkerung über die verschiedenen RM-Produkte auf8. Für erschöpfende Medienpräsens sorgten in den Folgejahren Fehler an den bisher verbreiteten Produkten, welche durch die Zinsentwicklung weiter verstärkt wurden9. So lagen die Zinssätze in der Zeit zwischen zwölf und fünfzehn Prozent p. a., wodurch die RM sehr schnell angewachsen ist und der erreichte Darlehensbetrag nicht mehr aus dem Immobilienwert zurückgeführt werden konnte. Der erreichte Fehlbetrag zwischen Immobilienwert und Höhe der RM musste schließlich von den Erben zurückgezahlt werden. Dieser war in einigen Fällen auf mehr als $100.000,00 angestiegen. Die Regierung um Ronald Reagan musste schließlich einschreiten und hat im Jahr 1989 das HECM per Gesetz fixiert. In diesem Programm werden Fehlbeträge in beide Richtungen des Zahlungsstroms versichert10. Zu den Richtungen des Zahlungsstroms zählen zum Einen die Zahlung des Fehlbetrags bei unzureichendem Immobilienwert durch die Federal Housing Administration (FHA) an den RM-Geber während der Abwicklung und zum Anderen die fortlaufende Rentenzahlung an den RM-Nehmer, sofern der RM-Geber diese nicht mehr erbringen kann.

In der ersten Entscheidung wurde 1989 durch Ronald Reagan eine Abnahme von maximal 2.500 Stück für die nächsten Jahre autorisiert. Im Jahr 1990 sind weitere

25.000 für die nächsten vier Jahre autorisiert worden. Darüber hinaus ist auch die Kreditlinie als Form der Abnahme entstanden und löste das Korsett, das ausschließlich die monatliche Auszahlung ermöglichte11. Das von der Staatsbank Fannie Mae (ehemals Federal National Mortgage Association) eingeführte Produkt HomeKeeper Reverse Mortgage ist 1996 eingeführt worden. Dadurch kam RM auch für Senioren in Frage, für die das HECM nicht zutreffend war12. Als drittes wesentliches Produkt ist 2001, d.h. 40 Jahre nach der ersten RM in Maine, der Financial Freedom Cash Account Plan eingeführt worden. Dieses erfüllt den Bedarf der Senioren, für die weder das HECM noch Fannie Mae’s HomeKeeper sinnvoll sind13. Die Hauptunterschiede der drei Programme betreffen die maximale Auszahlungshöhe, die an den maximal anzusetzenden Immobilienwert gekoppelt ist. Für das HECM wird dieser durch den maximal versicherten Betrag in Form eines County Limits begrenzt. Von 2006 bis 2008 beträgt das County Limit $362.790,00 für die beste Lage und $200.160,00 für die schlechteste Lage14. Für Fannie Maes Home Keeper beträgt der maximale Immobilienwert zu diesem Zeitpunkt $417.000,00 und für den Financial Freedom Cash Account Plan ist ausschließlich der tatsächliche Immobilienwert bindend15. Im Dezember 2008 ist als neuer nationaler Maximalbetrag für die HECM die Summe von $417.000,00 durch die Home and Urban Department (HUD) festgelegt worden16. Da sich Fannie Maes HomeKeeper bis zu diesem Zeitpunkt nicht am Markt etabliert hat, wurde dieses Programm in diesem Zuge beendet17. Die nächste Erhöhung des nationalen Maximalbetrags folgte im Frühjahr 2009 auf $625.500,0018.

Ungefähr 95% der abgenommenen RM sind vom Typ HECM. Die Ursachen liegen im längeren Bestehen und in dem Ausschütten der vergleichsweise höchsten Zahlungen19. Aus diesem Grund erfolgt ausschließlich die Vorstellung der HECM für die Produkte aus den USA.

2.2 Grundsätzliche Merkmale

Ob eine Person eine RM erhält, hängt nicht von ihrer Bonität ab. Für die materielle Kreditwürdigkeit dient nur das Wohneigentum als Grundlage. Auch für die Höhe der Auszahlung ist hauptsächlich das als Sicherheit dienende Wohneigentum des RM-Nehmers relevant20. Als weitere Parameter für die Höhe der Auszahlung sind das Alter des RM-Nehmers, die aktuelle Zinssituation und die sonstigen Kosten entscheidend. Im Allgemeinen gilt daher, dass je älter der RM-Nehmer, je höher der Wert des Hauses und je niedriger der Zinssatz sind, umso höher wird die Auszahlung der RM ausfallen21.

Von der Auszahlung bis zur Fälligkeit sind keine Zahlungen vom RM-Nehmer an den RM-Geber zu leisten22. Die Fälligkeit einer RM liegt vor, wenn der RM-Nehmer die Immobilie nicht mehr bewohnt oder der RM-Nehmer verstirbt23. Darüber hinaus ist die RM zur Rückzahlung fällig, wenn der RM-Nehmer in einer Pflegeeinrichtung für mindestens 365 Tage kommt24. Die Auszahlung kann für eine RM in drei verschiedenen Formen auftreten. Der RM-Nehmer hat die Möglichkeit, eine Gesamtsumme, eine Kreditlinie oder monatliche Auszahlungen bis zum Lebensende zu erhalten25. Alle Auszahlungen aus der RM sind steuerfrei26.

2.3 Abgrenzung zur üblichen Darlehensgewährung

Bei der Betrachtung von einer RM und einem Darlehen ist festzustellen, dass deutliche Unterschiede vorliegen. Dazu werden im folgenden Bild der Verlauf eines Annuitätendarlehens und der Verlauf einer RM dargestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Verlauf Hypothek und Reverse Mortgage im Vergleich27

Wie in der Gegenüberstellung ersichtlich, erfolgt bei der üblichen Aufnahme eines Darlehens die Auszahlung der Darlehenssumme zu Beginn der Laufzeit und der Darlehensnehmer zahlt bereits nach Vollauszahlung das Darlehen in monatlichen Raten zurück28. Bei Aufnahme einer RM steigt die Kredithöhe sukzessive an - unabhängig davon ob eine Auszahlung in einer Summe oder als Rente erfolgt.

Eine Darlehensvergabe an einen Kunden erfolgt nur dann, wenn das Kreditinstitut einem Kunden vertraut - an den Kunden glaubt (lat. credere = glauben)29. Um dieses Vertrauen zu prüfen, erfolgt eine Kreditprüfung durch das Kreditinstitut. Diese enthält eine Kreditfähigkeits- und eine Kreditwürdigkeitsprüfung. Die Kreditfähigkeitsprüfung beinhaltet ausschließlich die Überprüfung der Geschäftsfähigkeit. Die Kreditwürdigkeit unterscheidet sich in persönliche und materielle Kreditwürdigkeit30. Die persönliche Kreditwürdigkeit beinhaltet, ob der zukünftige Darlehensnehmer aufgrund seiner Zuverlässigkeit und seiner beruflichen sowie fachlichen Qualifikation Vertrauen erhält. Die materielle Kreditwürdigkeit gilt als gegeben, sofern die Zins- und Rückzahlungsleistungen vom Darlehensnehmer erwartet werden können31, d. h. ob sich der Darlehensnehmer eine monatliche Annuität aus seinen bestehenden Einnahmen leisten kann. Die Höhe des herausgereichten Darlehens ist folglich bei der üblichen Darlehensvergabe auch an die Bonität des Darlehensnehmers gebunden32.

Bei der RM ist die Bonität des RM-Nehmers nicht relevant, so dass eine Prüfung entfällt.

2.4 Home Equity Conversion Mortgage

2.4.1 Beteiligte Parteien

Alle HECMs sind durch die Federal Housing Administration (FHA) versichert. Die FHA stellt einen Teil des HUD dar. Sobald 98% des maximalen Kreditbetrages ausgezahlt sind, wird die Forderung durch den RM-Geber, Fannie Mae, Freddie Mac oder Ginnie Mae an die FHA abgegeben. Daher ist eine den anfänglich festgesetzten Immobilienwert übersteigende RM gesichert und ein Fehlbetrag ist nicht mehr von den Erben zu zahlen. Diese Risiken werden durch den General Insurance Fund abgefangen33. Nach Abgabe werden sämtliche Zahlungen an den RM-Nehmer von der FHA getragen und entbinden den RM-Geber von allen Verpflichtungen34. Trotz der Abgabe bei Erreichen von 98% des maximalen Kreditbetrages kann die HECM für die FHA werthaltig sein. Dies resultiert aus der Beständigkeit des ursprünglich maximalen Kreditbetrags, der während der gesamten Laufzeit nicht angepasst wird35.

Das folgende Schaubild stellt das grundsätzliche Zusammenwirken der verschiedenen Einheiten dar:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Zusammenwirken der Einheiten bei Vergabe einer HECM

Um die Vergabe einer HECM nicht zu gefährden, autorisiert die HUD sowohl die Berater als auch die RM-Geber. Vor Zulassung des RM-Beraters erfolgt die Ausbildung über die American Association of Retired Persons (AARP)36. Eine Liste der bevorzugten Berater, die sich dem Verhaltenskodex der Organisation verpflichtet haben, wird vom National Center of Home Equity Conversion (NCHEC) veröffentlicht. Damit Vertrauen zu den RM-Nehmern gewonnen wird, enthält diese Liste ausschließlich die Berater, die keine Vermittlungsgebühren verlangen, RM’s unabhängig an Banken vermitteln und vor allem den Schutz der Privatsphäre gewährleisten. Bezüglich der Aufklärung über die Grenzen und Möglichkeiten von RM’s erhält der Kunde ein Zertifikat. Der RM-Geber ist vom HUD autorisiert und ist befugt einen HECM-Vertrag mit dem Kunden zu schließen. Bei Fälligkeit sind die herausgegebenen HECM’s durch das herausgebende Kreditinstitut abzuwickeln37.

Eine weitere Einheit bei der Vergabe ist die Service-Agentur. Diese übernimmt die Zustellung von Kontoauszügen und die Überprüfung von Versicherungs- und Grundsteuerzahlungen durch den Wohneigentümer38. Durch dieses Outsourcing kann der RM-Geber Kosten sparen39. Die Versicherungszahlungen werden an die FHA weitergeleitet. Auch die Abwicklung wird durch die Service-Agentur übernommen40.

Als weitere Möglichkeit für den RM-Geber besteht der Verkauf der HECM an Fannie Mae. Der Ankauf durch Fannie Mae erfolgt nur dann, wenn es sich um variabelverzinsliche HECMs handelt41. Die Kreditbedingungen werden vollständig übernommen. Die Verbriefung erfolgt durch Fannie Mae oder durch Ginnie Mae. Zugelassene RM-Geber können HECMs direkt in den HECM Mortgage Backed Securities - Pool (HMBS-Pool) der Ginnie Mae einliefern. Hinter beiden Unternehmen stehen Garantien der US-Regierung, wobei die Garantie für Ginnie- Mae-Papiere nur in Höhe der Garantien von US-Schatzbriefen besteht42.

2.4.2 Auszahlungsmöglichkeiten

Für die Aufnahme eines HECM bestehen drei grundsätzliche Möglichkeiten für den Auszahlungsplan und zwei Mischformen:

Monatliche Auszahlungen bis zum Lebensende

Der RM-Nehmer hat die Möglichkeit sich die RM in monatlichen Raten bis zum Ableben oder Auszug aus der Immobilie zu erhalten. Die monatlichen Raten bleiben dabei identisch und verringern oder erhöhen sich nicht. Die Raten sind geringer als bei einer Vereinbarung über einen begrenzten Zeitraum43.

Monatliche Auszahlungen für einen bestimmten Zeitraum

Der RM-Nehmer vereinbart mit dem RM-Geber in diesem Fall eine monatliche Auszahlung für einen abgegrenzten Zeitraum. Dies kann mehrere Gründe haben. Eventuell ist ein Umzug aus dem Objekt mit dem aktuellen Gesundheitsstand nicht möglich und der RM-Nehmer benötigt die finanziellen Mittel nur für die Genesung, bevor schließlich die Immobilie verkauft werden soll44. Bei Vereinbarung eines abgegrenzten Zeitraums ist die monatliche Zahlung des RM-Gebers höher als bei Auszahlung bis zum Lebensende. Die Auszahlung endet dafür allerdings auch zum vereinbarten Zeitpunkt. Allgemein gilt folglich je kürzer der Abgrenzungszeitraum umso höher die monatliche Rate. Die Fälligkeit der Rückzahlung besteht dennoch nur bei Auszug aus der Immobilie oder bei Ableben des RM-Nehmers. Der RM-Nehmer hat bis zum Erreichen eines dieser Zeitpunkte ausschließlich die Immobilie zu erhalten sowie die Steuern und Versicherung zu zahlen45.

Einräumung einer Kreditlinie

Als weitere Möglichkeit kann der RM-Nehmer mit dem RM-Geber eine Kreditlinie vereinbaren. Folglich erhält der RM-Nehmer analog einem Dispositionskredit eine Kreditlinie. Diese kann der RM-Nehmer in Teilbeträgen oder als Gesamtsumme abrufen. Die Zinsen werden nur für den abgerufenen Teil angerechnet. Dadurch erhöht sich bei einem Abruf in Teilbeträgen die ursprünglich vereinbarte Kreditlinie monatlich. Die Erhöhung errechnet sich wie folgt:

Erhöhung = 1/12 x Zinssatz x nicht abgerufener Teilbetrag - 1/12 x 0,5% der jährlichen Versicherungsrate46.

Mischformen: Einräumung einer Kreditlinie und monatliche Zahlung

Die Einräumung einer Kreditlinie und eine monatliche Rentenzahlung lassen sich kombinieren. So besteht für den RM-Nehmer die Möglichkeit sich eine Kreditlinie einräumen zu lassen und entweder die monatliche Auszaahlung für einen bestimmten Zeitraum oder bis zum Lebensende zu wählen47.

2.4.3 Auszahlungshöhe

Wie unter Punkt 2 beschrieben, ist die Auszahlung grundsätzlich von drei Faktoren abhängig - Alter des jüngeren RM-Nehmers, Wert der Immobilie und die aktuelle Zinssituation48. Derzeit gilt als aktueller Maximalbetrag für die HECM das nationale Limit von $625.500,0049.

Darüber hinaus wird der tatsächliche Immobilienwert berücksichtigt. Dieser wird in einem Gutachten ermittelt50. Die Kosten für das Gutachten in Höhe von ca. $300,00 bis $400,00 trägt der RM-Nehmer. Der Gutachter stellt sicher, dass keine strukturellen Schäden an der Immobilie vorliegen. Zu den groben Strukturschäden gehören z. B. ein schlechtes Fundament, ein durchlässiges Dach oder ein Termitenbefall. Diese Schäden sind vom RM-Nehmer vor Aufnahme der RM zu reparieren. Dafür kann ein Bauunternehmer mit der Reparatur beauftragt werden. Nach Ausbesserung bzw. entsprechender Reparatur ist der gleiche Gutachter erneut zu beauftragen. Dieses zweite Gutachten ist ebenfalls kostenpflichtig und vom RM-Nehmer zu bezahlen. Da es sich um ein abgekürztes Gutachten handelt, bei dem nur die Reparaturen überprüft werden, kostet dieses Zweitgutachten mit $50,00 bis $75,00 weniger als das Erstgutachten51.

Der ermittelte Immobilienwert kann bei Übersteigen des vom HUD festgelegten Maximalbetrags, der den versicherten Betrag darstellt, reduziert werden. So kann es sein, dass das Gutachten für eine Immobilie einen Wert in Höhe von $900.000,00 aufweist. In diesem Fall werden ausschließlich $625.500,00 in der Berechnung unterstellt.

Die folgenden Tabellen verdeutlichen in Abhängigkeit vom Alter des jüngeren RMNehmers und dem Immobilienwert die Höhe der gezahlten Renten:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab.1: Lebenslange monatliche Rentenzahlung52

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2: Auf 10 Jahre befristete monatliche Rentenzahlung53

Für alle Beispiele wird ein Zinssatz in Höhe von 8,50% unterstellt54. Darüber hinaus sind die Versicherungsgebühr in Höhe von 2,00% der maximalen Auszahlungssumme, die Vertragskosten in Höhe von $2.000,00 und die monatlichen Servicekosten in Höhe von $30,00 berücksichtigt55. Das Alter kennzeichnet in allen folgenden Tabellen das Eintrittsalters des jüngeren RM- Nehmers. Der Unterschied beider Tabellen liegt in der Dauer der Auszahlung. Bei der ersten Tabelle handelt es sich um eine unbefristete Rentenzahlung und bei der zweiten Tabelle um eine für zehn Jahre befristete Rentenzahlung. Beide Tabellen sehen als Auszahlungsform eine Rentenzahlung vor. Dennoch wird trotz der nur begrenzten Rentenzahlung von zehn Jahren nicht für jedes Eintrittsalter der gleiche Rentenbetrag gezahlt. Dies ist der erhöhten Lebenserwartung geschuldet, in der auch nach Ablauf der Auszahlungsperiode noch Zinsen für die ausgezahlten Mittel anfallen. Beide Tabellen machen deutlich, dass von einer Lebenserwartung > 95 Jahre ausgegangen wird. Das lässt sich von der identischen monatlichen Auszahlung für das Eintrittsalter von 90 Jahren ableiten, jedoch abweichender monatlicher Auszahlung bei einem Eintrittsalter < 90 Jahren. Die entsprechenden Abschläge und die Ermittlung der Auszahlungshöhe werden in einem späteren Abschnitt dargestellt.

2.4.4 Pflichten des RM-Nehmers und Rückzahlung

Der RM-Nehmer verpflichtet sich, alle Kosten für die Aufnahme der RM zu übernehmen. Wie bereits genannt, gehören dazu die Vertragskosten, die Versicherungsgebühr, die Kosten für das Gutachten56 und die Servicegebühren57. Darüber hinaus muss der RM-Nehmer seine Immobilie Instand halten, die Eigentumssteuern und die Gebäudeversicherung tragen58.

Wie bereits erläutert, ist die RM unter folgenden Umständen zur Rückzahlung fällig:

Eigentümer und letzter RM-Nehmer zieht um

Alte Menschen entscheiden sich aus verschiedenen Gründen zum Umzug. In vielen Fällen erfolgt dabei der Umzug in wärmere Staaten, wie Florida, Texas oder Arizona. Die RM knüpft dabei keine Bedingungen an den Verkauf des Objektes, außer dass die RM zur Rückzahlung fällig ist. Der RM-Nehmer sollte daher beim Verkauf der Immobilie mindestens sicherstellen, dass er die RM zurückzahlen kann59.

Sofern nur für den Verbleib im Winter der Süden vorgezogen wird und der RM-Nehmer einen Großteil dieser Jahreszeit im Süden verbringt, ist die RM nicht betroffen. Dies ist erst dann der Fall, wenn die eigene Immobilie für mehr als ein Jahr verlassen wird60.

Ein anderer Grund die eigene Immobilie zu verlassen, besteht in der Verantwortung die Immobilie zu pflegen und Instand halten zu müssen. Dabei ist die Physis der RM-Nehmer für den Umzug in betreutes Wohnen bzw. in eine Eigentumswohnung ausschlaggebend61.

Eigentümer und letzter RM-Nehmer ist für eine längere Zeit in einer Pflegeeinrichtung Wenn ein RM-Nehmer in ein Krankenhaus oder zur Rehabilitation in eine Pflegeeinrichtung eingewiesen wird, darf die von der RM beliehene Immobilie nicht länger als 365 Tage unbewohnt sein. Dafür muss sichergestellt sein, dass der Ehegatte/ die Ehegattin in der Immobilie verbleibt62.

Eigentümer und letzter RM-Nehmer verstirbt Wenn der letzte Eigentümer verstirbt, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder die Erben verkaufen das Haus oder, sofern die Erben die Immobilie selbst nutzen möchten, ist die RM durch diese zurück zu zahlen. Der überstehende Betrag steht den Erben in voller Höhe zu63. Ein Fehlbetrag zwischen Verkaufspreis und RM-Höhe liegt im Risiko des RM-Gebers64.

2.5 Marktpotential und Absatz

Das Marktpotential kennzeichnet die maximale Aufnahmefähigkeit eines Marktes für ein Produkt oder eine Dienstleistung. Bei bereits erschlossenen Märkten bezeichnet das Marktpotential noch nicht abgeschöpftes Absatzpotential65.

Das Marktpotential für die RM ergibt sich folglich aus der Anzahl der über 62- Jährigen mit eigengenutzten Immobilien. Die Zielgruppe ist in den USA stetig angewachsen. So waren 1960 nur 17 Millionen Amerikaner älter als 65. 1980 waren es bereits 26 Millionen, 1989 31 Millionen und im Jahr 2000 35 Millionen. Dies entspricht 13 Prozent der Gesamtbevölkerung der USA im Jahr 2000. Im Jahr 1980 besitzen 72 Prozent (18,72 Millionen über 65 Jährige) eine selbstbewohnte Immobilie. Von diesen Immobilien sind 84% unbelastet und bilden folglich das Marktpotential für eine RM im Jahr 198066. In 2008 ist eine Studie durchgeführt worden, in der die über 62-Jährigen genauer betrachtet wurden. In den USA gibt es 27,1 Millionen Menschen die älter als 62 Jahre sind67. Die Verteilung der Gesamtanzahl auf die jeweiligen Anteile können der folgenden Grafik entnommen werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Verteilung der Zielgruppe in den USA in 200868

Die Grafik zeigt eine Gruppe mit 6,1 Million Menschen, die nicht für eine RM geeignet sind. Ein Grund dafür kann das Alter des Ehepartners sein, da dieser noch nicht zur Zielgruppe gehört und das 62. Lebensjahr noch nicht erreicht hat. Ein weiterer Grund dafür kann die Nutzung eines mobilen Heims als primäre Residenz sein. Ältere Menschen ohne Hauseigentum (6 Millionen) gehören nicht zur Zielgruppe, genau wie die Personen (1,8 Millionen), deren Immobilie einen geringen Immobilienwert mit kleiner $20.000,00 aufweist. Die Zielgruppe besteht folglich aus 13,2 Millionen Menschen69. Gemäß Definition ist das Marktpotential bei bereits erschlossenen Märkten gleich dem noch nicht abgeschöpften Absatzpotential.

Um dieses festzustellen, erfolgt die Einbeziehung des bisherigen Absatzes. Da zu 95% das HECM als RM-Produkt abgeschlossen wird, ist die Ermittlung des tatsächlichen Marktpotentials über den Absatz des HECM ausreichend.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Vergebene HECM seit Einführung70

Die Statistik zeigt, dass sich die Abnahme der RM seit der Einführung des HECM jährlich erhöht hat. Sie belegt darüber hinaus, dass der Stellenwert zugenommen hat und die Bevölkerung das Produkt immer besser annimmt71. Gemäß Definition des Marktpotentials liegt dieses bei bereits erschlossenen Märkten im noch nicht abgeschöpften Absatzpotential (NNAA) vor. Dazu wird in der folgenden Gleichung vom gesamten Marktpotential (MP) die Anzahl der bereits verkauften HECMs (VHECM)abgezogen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Gemäß der Formel ergeben sich für das noch nicht abgeschöpfte Absatzpotential 12,85 Millionen.

3 Adaption der Reverse Mortgage auf den deutschen Markt

In diesem Kapitel erfolgt zuerst die allgemeine Darstellung und Definition von Innovationen. Danach wird die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht

(BaFin) vorgestellt, die neben der Bundesbank als deutsche

Marktregulierungsbehörde fungiert. Um die Möglichkeiten der RMs auf dem deutschen Markt zu rechtfertigen, wird in diesem Kapitel das Marktpotential in Deutschland vorgestellt. Im Anschluss erfolgt die Vorstellung verschiedener deutscher Produkte, zu welchen sowohl gescheiterte Produkte als auch vor kurzem eingeführte oder kurz vor der Einführung stehende Produkte gehören. Zum Ende dieses Kapitels erfolgt die Bewertung der Produkte hinsichtlich einer tatsächlichen Innovation.

3.1 Innovation

3.1.1 Definition

Wie bereits bei der Abnahme von RM-Produkten in den USA ersichtlich, benötigen Innovationen einen langen Atem bei der Marktdurchdringung. Gleiches gilt für die Marktdurchdringung auf dem deutschen Markt. Nach Pepels ist eine Innovation „…die Durchsetzung neuer technischer, wirtschaftlicher, organisatorischer oder sozialer Problemlösungen in Unternehmen und Markt“72.

Gemäß EU-Kommission steht der Begriff Innovation für73:

- Umstellung und Ausweitung des Produkt- und Dienstleistungsangebots und der entsprechenden Märkte,
- Umstellung der Produktions-, Zulieferungs- und Vertriebsmethoden,
- Einführung von Änderungen im Management, in der Arbeitsorganisation sowie bei den Arbeitsbedingungen und Qualifikationen der Arbeitnehmer.

Als dritte Definition soll die Definition nach Schumpeter dienen. Dieser definiert Innovationen als Durchsetzung neuer Kombinationen. Als ersten Punkt wird auch hier die „Herstellung eines neuen, d. h. dem Konsumentenkreis noch nicht vertrauten Gutes oder einer neuen Qualität eines Gutes“74 aufgeführt. Schumpeter sieht darüber hinaus eine Innovation als gegeben an, wenn eine neue Produktionsmethode eingeführt, ein neuer Markt erschlossen oder eine neue Bezugsquelle für Rohstoffe oder Halbfabrikate erobert wird. Als weitere Möglichkeit sieht er in der Durchführung einer Neuorganisation, wie z. B. die Schaffung einer Monopolstellung75.

Die Gemeinsamkeit, die alle Definitionen haben, liegt im Merkmal Neuheit. Gemäß dem Grünbuch der EU können nahezu alle Arten von Veränderungen - sogar Personalentscheidungen - als Innovationen angesehen werden. Auch wenn Pepels‘ Definition, die an Schumpeters Definition angelehnt scheint, ebenfalls sehr weitgefasst ist, so grenzt diese den Begriff dennoch mehr ein. So ist seiner Definition durch „Problemlösungen in Unternehmen und Markt“ zu entnehmen, dass eine Weiterentwicklung innerhalb des Unternehmens stattfindet um sich besser am Markt zu etablieren.

Die Definitionen nach Schumpeter und auch nach Pepels grenzen den Begriff Innovation zudem vom Begriff der Invention ab. So besteht Einigkeit darüber, dass es sich um eine Invention handelt, sofern eine erstmalige technische Realisierung einer neuen Problemlösung vorliegt. Diese kann in einem späteren Stadium zu einem Innovationsprozess führen.

3.1.2 Differenzierung nach Neuheitsgrad

In dem Merkmal der Neuheit kann in fünf Innovationsarten unterschieden werden - Basisinnovation, Verbesserungsinnovation, Anpassungsinnovation, Imitation und Scheininnovation76.

Basisinnovationen eröffnen neue Industriezweige, bzw. nichttechnische Basisinnovationen neue Betätigungsfelder. Diese können in der öffentlichen Verwaltung oder im sozialen Dienst liegen77. Basisinnovationen bilden die grundlegende Innovationsform, da ohne den Durchbruch mit einem Produkt keine weiteren Innovationsformen vorliegen können78. Eine Basisinnovation zieht in der Regel Verbesserungsinnovationen nach sich, um das neue Produkt noch besser am Markt zu platzieren. Dazu wird eine Verbesserung eines oder mehrerer Nutzenparameter vorgenommen. Grundlegende Eigenschaften werden beibehalten79.

Ob eine Basisinnovation vorliegt, hängt davon ab, welche Erkenntnissee und Erfahrungen in einem Unternehmen bezüglich des Ausmaßes und der Unvorhersehbarkeit von Abweichungen vorliegen. Bei Verbesserungsinnovationen ist hingegen die Affinität zu bereits bestehenden Prozessen und Produkten hoch. Dazu gehören auch Folgeprodukte, Verbesserungen von Produkt-Funktionalitäten und Anpassungen existierender Produkte an lokale Märkte. Die Anpassungen sollten dabei anhand eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses erfolgen80.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.5: Innovationstyp - Basis- vs. Verbesserungsinnovation81

Eine Form der Verbesserungsinnovation ist die Anpassungsinnovation. So liegt der Antrieb der Anpassung komplett in den Bedürfnissen der Kunden. Als Beispiel ist an dieser Stelle die Anpassung von Autoscheinwerfern zu nennen, die auf Grundlage der neuen Modellgeneration vom Zulieferer angepasst werden. Eine Verbesserung ist eher das Nebenprodukt - z. B. die bessere Performance eines Computers durch Weiterentwicklung der Prozessoren82.

Eine Imitation bezeichnet das Nachahmen von Problemlösungen anderer Unternehmen. Diesem innovativen Vorgehen geht keine eigene kreative Leistung voraus, wodurch diese Art Innovation grundsätzlich als negativ anzusehen ist83.

Als letzte Innovationsart hinsichtlich der Neuheit eines Produktes ist die Scheininnovation zu betrachten. Eine Scheininnovation liegt vor, wenn sich beispielweise das Design eines Werkzeugs verändert, ohne dass für den Kunden ein zusätzlicher Nutzen entsteht84.

3.1.3 Dimensionen

Über den Neuheitsgrad hinaus lassen sich Innovationen in verschiedene Dimensionen unterteilen - die Marktinnovation, die Unternehmensinnovation, die Produktinnovation oder die Verfahrensinnovation85.

Bei der Marktinnovation handelt es sich um ein Produkt, das erstmals an einem Markt verfügbar ist. Diese Innovationsdimension wird auch als absolute Innovation bezeichnet86.

Die Unternehmensinnovation beschreibt ein Angebot, welches ausschließlich für das betreffende Unternehmen neuartig ist. Sofern ein absolut oder relativ neues Produkt am Markt platziert wird, handelt es sich um eine Produktinnovation87.

Bei einer Verfahrensinnovation handelt es sich um eine neue Methode zur Produkterstellung88.

[...]


1 Vgl. LANG, G. (2008), S. 15.

2 Vgl. SCHNEIDER, M. (2009), S. 83 bis 94.

3 Vgl. TEDESCHI, B.(2008), S. 1.

4 Vgl. SENIOR EQUITY FINANCIAL (2008), S. 1.

5 Vgl. SCHNEIDER, M. (2009), S. 49.

6 Vgl. LAWSON, S. (2004), S. 131.

7 Vgl. HOWARD, S. A. (1989), S. 78.

8 Vgl. MERCHANTCIRCLE (2010), S. 1.

9 Vgl. LAWSON, S. (2004), S. 131.

10 Vgl. LAWSON, S. (2004), S. 131.

11 Vgl. LAWSON, S. (2004), S. 131.

12 Vgl. HIGHBEAM RESEARCH (1995), S. 1.

13 Vgl. LAWSON, S. (2004), S. 132.

14 Vgl. OPDYKE, J. D. (2007), S. 1.

15 Vgl. BENCZE, M. (2006), S. 1.

16 Vgl. BELL, P.; HICKS, D. (2008), S. 1.

17 Vgl. REVERSE MORTGAGE GUIDES (2008), S. 1.

18 Vgl. HOLLIS, R. (2009), S.1.

19 Vgl. LAWSON, S. (2004), S. 69.

20 Vgl. FAST FACTS (2007), S. 3.

21 Vgl. PRICE, M, (2008), S. 1.

22 Vgl. BELL, P. (2008), S. 1.

23 Vgl. LYONS, S. G.; LUCAS, J.E. (2005), S. 10.

24 Vgl. LAWSON, S. (2004), S. 102.

25 Vgl. TERGESEN, A. (2008), S. 1.

26 Vgl. KELLY, T. (2008), S. 1.

27 Vgl. VETTER, M. (2006), S. 87.

28 Vgl. WURM, G., WOLFF, K., ETTMANN, B. (2003), S. 391 - 394.

29 Vgl. BORCHERT, M. (2001), S. 34

30 Vgl. GRILL, H., PERCZYNSKI, H. (2004), S. 349.

31 Vgl. WURM, G., WOLFF, K., ETTMANN, B. (2003), S. 333.

32 Vgl. CHIA, N., TSUI, A. (2005), S. 2.

33 Vgl. KELLY, T. (2005), S. 46.

34 Vgl. SCHNEIDER, M. (2009), S. 63.

35 Vgl. SCHNEIDER, M. (2009), S. 63.

36 Vgl. AARP FOUNDATION NEWS (2008), S. 5.

37 Vgl. SCHNEIDER, M. (2009), S. 62.

38 Vgl. SCHNEIDER, M. (2009), S. 62.

39 Vgl. VAHS, D. (2005), S. 258 und 259.

40 Vgl. SCHNEIDER, M. (2009), S. 62.

41 Vgl. SCHNEIDER, M. (2009), S. 62.

42 Vgl. TEMPLETON (2010), S. 1

43 Vgl. KELLY, T. (2005), S.46.

44 Vgl. KELLY, T. (2005), S. 47.

45 Vgl. KELLY, T. (2005), S. 47.

46 Vgl. KELLY, T. (2005), S. 46.

47 Vgl. KELLY, T. (2005), S. 47.

48 Vgl. HABER, D. (2007), S. 39.

49 Vgl. HOLLIS, R. (2009), S. 1.

50 Vgl. KELLY, T. (2005), S. 25.

51 Vgl. KELLY, T. (2005), S. 34.

52 Vgl. FANNIE MAE (2002), S. 21.

53 Vgl. FANNIE MAE (2002), S. 21.

54 Vgl. FANNIE MAE (2002), S. 20 und 21.

55 Vgl. FANNIE MAE (2002), S. 20.

56 Vgl. KELLY, T. (2005), S. 34.

57 Vgl. KELLY, T. (2005), S. 34.

58 Vgl. HABER, D. (2007), S. 44.

59 Vgl. LAWSON, S. (2004), S. 100 und 101.

60 Vgl. LAWSON, S. (2004), S. 101.

61 Vgl. LAWSON, S. (2004), S. 101.

62 Vgl. LAWSON, S. (2004), S. 102.

63 Vgl. LAWSON, S. (2004), S. 102.

64 Vgl. HABER, D. (2007), S. 43.

65 Vgl. PREIßLER, P. (2008), S. 213.

66 Vgl. KADLEC, R. J. (1995), S.1.

67 Vgl. STUCKI, B. (2008), S. 2.

68 Vgl. STUCKI, B. (2008), S. 2.

69 Vgl. STUCKI, B. (2008), S. 2.

70 Vgl. SCHNEIDER, M. (2009), S. 58.

71 Vgl. HAIMANN, R. (2009), S. 1.

72 Vgl. PEPELS, W. (2006), S. 3.

73 Vgl. EU KOMMISION (1995), S.1.

74 Vgl. SCHUMPETER, J. (1952), S. 100.

75 Vgl. SCHUMPETER, J. (1952), S. 100 und 101.

76 Vgl. VAHS, D.; BURMESTER, R. (1999), S.79.

77 Vgl. WELSCH, J.(2005), S. 45.

78 Vgl. VAHS, D.; BURMESTER, R. (1999), S.79.

79 Vgl. VAHS, D.; BURMESTER, R. (1999), S.79.

80 Vgl. GASSMANN, O. (1997), S. 139.

81 Vgl. HAUSCHILDT, J. (1996), S. 12.

82 Vgl. VAHS, D.; BURMESTER, R. (1999), S.79.

83 Vgl. VAHS, D.; BURMESTER, R. (1999), S.79.

84 Vgl. VAHS, D.; BURMESTER, R. (1999), S.79.

85 Vgl. PEPELS, W. (2006), S. 4.

86 Vgl. PEPELS, W. (2006), S. 4.

87 Vgl. PEPELS, W. (2006), S. 4.

88 Vgl. PEPELS, W. (2006), S. 4.

Final del extracto de 102 páginas

Detalles

Título
Reverse Mortgage - Ein innovatives Produkt für den deutschen Markt?
Universidad
Berlin School of Economics
Calificación
1,7
Autor
Año
2010
Páginas
102
No. de catálogo
V153807
ISBN (Ebook)
9783640661831
Tamaño de fichero
2404 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Innovation, HECM, Reverse Mortgage in den USA, Reverse Mortgage in Deutschland, deutsche Reverse Mortgages, Marktpotential für Reverse Mortgage in Deutschland, Marktpotential für Reverse Mortgage in den USA
Citar trabajo
Diplom-Kaufmann Christian Enger (Autor), 2010, Reverse Mortgage - Ein innovatives Produkt für den deutschen Markt?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/153807

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