Praktische Berufsvorbereitung im Rahmen eines wissenschaftlichen Studiengangs - Band 1


Thesis (M.A.), 2002

164 Pages, Grade: 1,7


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Mehr Praxisbezug! Das Verhaltnis von Wissenschaft und Praxis
1.1 Funktionswandel der Hochschulen
1.1.1 Historische Aspekte zum Praxisbezug
1.1.2 Vorgaben des Hochschulgesetzes
1.2 „Praxisbezug"
1.2.1 Motive fur Praxisbezug
1.2.1.1 Legitimation
1.2.1.2 Weg in die Profession
1.2.1.3 Marketing- und Motivationsargument
1.2.1.4 Studentische Prioritaten
1.2.2 Herausforderungen im Kontext von Praxisbezug
1.2.2.1 Missachtung des Bildungsauftrages
1.2.2.2 Fremde Kompetenzen
1.2.2.3 Einzelinitiativen statt umfassender Studiumsreformen
1.2.2.4 Instrumentalisierung
1.2.2.5 Und zu guter Letzt: „Entthematisierung"?
1.2.3 Fragmente einer Definition
1.2.4 Fazit und Versuch einer Definition
1.3 Hochschule als Qualifikationsinstanz
1.3.1 Studiumskonzeptionen und -abschlusse
1.3.2 Ausbildung von Schlusselqualifikationen
1.3.3 Integration in wissenschaftliche Arbeit
1.3.4 Kooperationen und Praxisveranstaltungen
1.3.5 Praxisinitiativen, Simulationen und Praktika
1.4 Zusammenfassung

2 Das Praxisreferat am IfKW
2.1 Entstehung
2.2 Entwicklung bis heute
2.2.1 Finanzierung
2.2.2 Angebotsformen
2.2.3 Kommunikation und Vermarktung
2.3 Studien zum Praxisreferat
2.3.1 Image- und Akzeptanzanalyse, Karl Pauler, WS 1998
2.3.2 Konzeption des Online-Praxisreferats, Thomas Wolf, WS 1998
2.3.3 Inhaltsanalyse der Stellenangebote, Martina Korff, SS 2002

3 Studienperspektiven nach Reinhard Gawatz

4 Forschungsfragen und Umsetzung im Fragebogen
4.1 Forschungsfragen
4.2 Methode, Grundgesamtheit und Stichprobe
4.2.1 Methode
4.2.2 Grundgesamtheit
4.2.3 Stichprobe
4.3 Fragebogen
4.4 Pretest

5 Ergebnisse der Studentenbefragung am IfKW
5.1 Soziodemographische Daten
5.2 Studiumsentscheidung
5.2.1 Einflusse der beruflichen Vorgeschichte
5.2.2 Nutzen des Studiums
5.3 Verhaltnis von Studium und Beruf
5.3.1 Grunde fur berufliche Tatigkeit
5.3.2 Einfluss von Berufsvorstellungen auf die Studiumsgestaltung
5.3.3 Berufsvorbereitung im Rahmen des Studiums
5.3.4 Studentische Nebentatigkeiten
5.4 Bachelor-/Master-System
5.5 Praxisreferat
5.5.1 Konkurrenz des Praxisreferats
5.5.2 Stellenangebote
5.5.3 Art und Bereich der gesuchten Tatigkeit
5.5.4 Erfahrungen
5.5.5 Konzeptionelle Veranderungen des Praxisreferats
5.6 Praxisbezug
5.7 Studienperspektiven
5.7.1 Verteilung auf die Studienperspektiven
5.7.2 Studienperspektiven und das Verhaltnis von Studium und Beruf
5.7.2.1 Wissenschaftlerperspektive
5.7.2.2 Professionsperspektive
5.7.2.3 Akademikerperspektive
5.7.2.4 Karriereperspektive
5.7.2.5 Sachbearbeiterperspektive

Fazit

Quellenverzeichnis

Lebenslauf

Ehrenwortliche Erklarung

Darstellungsverzeichnis

Darstellung 1 - Beruflicher und personlicher Nutzen von Studienstrategien

Darstellung 2 - Verteilungen in der Stichprobe

Darstellung 3 - Relative Verteilung des Alters in der Stichprobe

Darstellung 4 - Verteilung der Geschlechter nach Hauptfachern

Darstellung 5 - Schwerpunkt im Magisterstudium Kommunikationswissenschaft

Darstellung 6 - Einkommenquellen im Vergleich: IfKW - Deutschlandweit

Darstellung 7 - Indizes aus den Faktoren zur Studiumsentscheidung

Darstellung 8 - Nutzen des Studiums - nach Geschlecht

Darstellung 9 - Nutzen des Studiums - nach beruflicher Vorgeschichte

Darstellung 10 - Nutzen des Studiums - nach Studiumsfortschritt

Darstellung 11 - Studiumsintensitat

Darstellung 12 - Grunde fur Berufstatigkeit nach Teilgruppen

Darstellung 13 - Nutzlichkeit und Umsetzungsstatus von Studienstrategien fur den beruflichen Erfolg

Darstellung 14 - Berufliche Qualifikation durch den Studiengang KW

Darstellung 15 - Wahrnehmung des Praxisreferats

Darstellung 16 - Qualifikationsprofile fur die haufigsten Tatigkeitsbereiche

Darstellung 17 - Nachfrage und Angebot von Tatigkeitsarten

Darstellung 18 - Nachfrage und Angebot von Tatigkeitsbereichen

Darstellung 19 - Berufliche Wertorientierungen

Darstellung 20 - Dimensionen von Praxisbezug im Urteil der Befragten

Darstellung 21 - Verteilung von KW-Studenten auf die Studienperspektiven

Darstellung 22 - Eigenschaftsraume der Studienperspektiven

Vorbemerkung

Ziel dieser Arbeit ist es nicht nur, einen Abschluss in Kommunikationswissen- schaft vorzubereiten, sondern vor allem auch dem Leser ein kurzweiliges und aufschlussreiches Lesevergnugen zu bereiten.

Das Institut fur Kommunikationswissenschaft (Zeitungswissenschaft) wird we- gen der zu erwartenden haufigen Nennung im Rahmen dieser Arbeit mit „IfKW" abgekurzt. Damit ist immer das Munchner Institut gemeint, auch der Zusatz „(Zeitungswissenschaft)" ist - zumindest gedanklich - darin enthalten. Ahnlich wird mit der Fachbezeichnung Kommunikationswissenschaft verfahren, die durch die Abkurzung „KW" ersetzt werden kann. „LMU" steht fur die Ludwig- Maximilians-Universitat Munchen.

Um auch im Schriftbild der Gleichberechtigung von Mann und Frau Rechnung zu tragen, tauchen in Veroffentlichungen immer wieder abenteuerlich verander- te, gleichzeitig Mann und Frau bezeichnende Substantive auf, die nicht nur das Lesen, sondern auch die formal richtige wie grammatikalisch sinnvolle Darstel- lung erschweren. In dieser Arbeit wird auf derartige Experimente verzichtet. Der mannliche Plural „Studenten" bezeichnet gleichermafien Mann und Frau. Der Anteil von fast 73% Frauen, die derzeit am IfKW der LMU eingeschrieben sind, wird verstehen, dass ich mich gegen die, den Gesetzen der Mehrheit folgende, Bezeichnung „Studentinnen" entschieden habe.

Martina Korff Munchen, September 2002

Einleitung

„Kommunikationswissenschaft?! Was macht man denn damit?" - wie oft musste ich in den letzten funf Jahren diese Frage beantworten. Inhalt und Nachdruck meiner Antwort haben sich uber die Jahre verandert: Am Anfang war es eher ein unbeholfenes „Alles, was mit Kommunikation zu tun hat." Das „Glaube ich" habe ich mir dazu gedacht. Nach dem dritten Semester, die Zeit meiner Zwi- schenprufung, stellte ich mir die Sinnfrage: „Nichts!", „Bucher lesen und dumme Theorien lernen!" oder „Bald gar nichts mehr!" war in diesem Moment der Ver- lorenheit zwischen Erwartung und Realitat aus meinem Mund zu horen. Ich nutzte ein Auslandspraktikum, um mir daruber klar zu werden, ob ich uber- haupt weiter studieren werde, ob ich nicht lieber eine Ausbildung machen sollte, endlich die Armel hochkrempeln und richtig was tun. Wie man sieht, habe ich weitergemacht - und auch eine neue Antwort parat: „Professionell kommunizie- ren, was denn sonst!?".

Die Frage, was man mit dem gewahlten Studium spater einmal anfangen mochte oder kann, muss jeder Student irgendwann beantworten. Tatsache ist, dass ein Studium eine Station auf dem Weg in die Berufstatigkeit ist - die konkrete Stel- lung allerdings, die es dabei einnimmt, hangt sowohl von dem personlichen Weg, als auch von (hochschul-) politischen, gesellschaftlichen und arbeitsmarkt- bezogenen Faktoren ab.

So hat sich gerade im 19. und 20. Jahrhundert die Funktion der Hochschule ein- schneidend verandert: von einer geistigen Bildungsinstitution fur soziale Eliten hat sie sich mittlerweile zu einem multifunktionalen Dienstleistungsunterneh- men entwickelt.[1] Weitgehende Akademisierung der Berufswelt und die gleichzei- tige Vergesellschaftung der Wissenschaft machen eine immer starkere Verzah- nung von Berufspraxis und Wissenschaft unumganglich. Eine Folge davon ist, dass berufsorientierte, wissenschaftlich basierte Ausbildung mittlerweile eine zentrale Aufgabe der Hochschule beschreibt. Historie und gegenwartige Konzep- tion vor allem wissenschaftlicher Studiengange stehen diesem Anspruch jedoch derzeit noch entgegen. Gleichzeitig werden Stimmen laut, die sich deutlich gegen eine Koppelung wissenschaftlicher Ausbildung an die Bedurfnisse des Arbeits- marktes wenden.

Vor diesem Hintergrund, der im Laufe meiner Arbeit eingehend beleuchtet wird, stellt sich die Frage, welche Rolle berufs- oder praxisorientierte Aspekte im Rah- men eines wissenschaftlichen Studiengangs spielen und welche Erwartungen damit verbunden sind. Dies beschreibt den ersten Aspekt meiner in drei Teile geteilten Leitfrage.

Teil eins dieser Arbeit widmet sich dementsprechend dem Verhaltnis von Wis- senschaft und Praxis. Dabei geht es zunachst darum, die Funktion der Universi- tat vor dem Hintergrund der Arbeitsmarktentwicklungen des letzten Jahrhun- derts bis heute zu betrachten (Kap. 1.1). Die Offnung der Universitaten und die steigende Akademikerarbeitslosigkeit haben in den 70er Jahren zu einer verstar- ken Diskussion des Praxisbezugs wissenschaftlicher Studiengange gefuhrt. Al- lerdings lasst sich bis heute kein einheitliches Konzept oder Verstandnis von Praxisbezug und dessen Umsetzung vorlegen, so dass zuerst Potentiale und Her- ausforderungen von Praxisbezug geschildert werden mussen, bevor - auf Grundlage vereinzelter Definitionen - allgemeine Wesenszuge abgeleitet werden konnen (Kap. 1.2). AbschlieEend werden Strategien betrachtet, die dazu geeignet sind, Praxisbezug - in der definierten Art und Weise - im Rahmen eines Studi- ums tatsachlich umzusetzen (Kap. 1.3).

Kooperationen mit externen Unternehmen und studiumsbezogene Praktika be- schreiben eine derartige Strategie, der im zweiten Teil verstarkt Aufmerksamkeit geschenkt wird: 1982 wurde das Praxisreferat des Instituts fur Kommunikati- onswissenschaft gegrundet, dessen Aufgabe es ist, den Studenten des IfKW Prak- tika zu vermitteln und gleichzeitig die Beziehungen zwischen Institut und beruf- licher Praxis zu intensivieren. Die letzten zwanzig Jahre haben eine Vielzahl vermittelter Studenten, langjahrigen, intensiven Kontakt zwischen Wissenschaft und Berufspraxis und einige Herausforderungen mit sich gebracht, die in Kap. 2 dargestellt und aufgearbeitet werden.

Zentrale Frage zum Praxisreferat - und damit der zweite Teil meiner Leitfrage - ist, welche Rolle das Praxisreferat in der praktischen Berufsvorbereitung spielt und wo sich unter Umstanden Verbesserungen aufzeigen lassen.

Damit sind - wie in zahlreichen Arbeiten zu diesem Thema - theoretische Uber- legungen und mogliche Umsetzungen von Praxisbezug auf Hochschulseite skiz- ziert. Bisher noch nicht dazu in Beziehung gesetzt wurden die Erwartungen und Vorstellungen der letztendlich „Leidtragenden" - der Studenten. Dies soil im Rahmen dieser Arbeit geschehen. Reinhard Gawatz hat 1991 funf Studienper- spektiven veroffentlicht, die sich konkret auf das Verhaltnis von Studium und Beruf beziehen und mir damit die Moglichkeit geben, in einer explorativen Ana­lyse, Ubereinstimmungen und mogliche Missverstandnisse zwischen theoreti- scher Konzeption und studentischem Verstandnis zu identifizieren (Kap. 3).[2] Der letzte Teil meiner Leitfrage bezieht sich auf die Erwartungen, die Studenten an praktische Berufsvorbereitung im Rahmen eines Studiums stellen.

Dazu habe ich eine standardisierte, schriftliche Befragung unter 222 Studenten der Kommunikationswissenschaft durchgefuhrt, aus der sich nicht nur die Stu- dienperspektiven ableiten lassen, sondern die gleichzeitig auch Einblicke in das Verhaltnis von Studium und Beruf erlaubt und Einstellungen zum Praxisreferat offenbart (Kap. 4 und 5). Die Darstellung des Praxisreferats wird erganzt durch eine Inhaltsanalyse aller dort veroffentlichten Stellenangebote in den Jahren 2000 bis 2002. Damit ist die Moglichkeit gegeben, abgefragte Praktikumswunsche und Beruf svorstellungen der Studenten mit dem tatsachlichen Angebot zu verglei- chen.

Die Literatur zum Funktionswandel der Hochschule ebenso wie die meisten Pra- xisbezugskonzeptionen beschaftigen sich hauptsachlich mit geistes- und sozial- wissenschaftlichen Studiengangen, ohne eine weitere Differenzierung nach Dis- ziplinen vorzunehmen. Der erste Teil meiner Arbeit ist daher, ohne Einschran- kung auf ein bestimmtes Fach, allgemein gehalten, da ich der Meinung bin, dass alle Erkenntnisse auch auf das Studium der Kommunikationswissenschaft uber- tragen werden konnen.[3] Ansatze, die aus dem kommunikationswissenschaftli- chen Bereich stammen, zeichnen sich durch eine zu starke Konzentration auf das Berufsziel Journalismus aus, so dass sie sich nicht als alleinige Grundlage fur diese Analyse eignen.[4]

Vorteile ergeben sich jedoch daraus, dass gerade das kommunikationswissen- schaftliche Studium Station auf dem Weg in ein breit angelegtes Berufsfeld ist. Studenten und Hochschule stehen hier verstarkt vor der Herausforderung diver­se Tatigkeitsprofile und verschiedene wissenschaftliche Schwerpunkte in eine umfassende, qualifizierende Ausbildung zu integrieren.

Die Analyse wird zeigen, dass haufig Missverstandnisse oder falsche Erwartun- gen der Grund dafur sind, warum Studenten - ebenso wie ich - an ihrer Studi- umsentscheidung fur ein „praxisfernes", wissenschaftlich orientiertes Fach zwei- feln oder sogar bis zu ihrer Abschlussarbeit theoretische Inhalte meiden.[5] Gleich- zeitig wird deutlich, dass auch ohne langwierige Studiumsreformen, neue Ab- schlusse oder abenteuerliche Schwerpunkte im Rahmen eines wissenschaftlichen Studiengangs viel fur die praktische Berufsvorbereitung der Studenten getan werden kann.

1 Mehr Praxisbezug! Das Verhaltnis von Wissenschaft und Praxis

1.761.000 Studierende gibt es im Wintersemester 2000 in Deutschland.[6] 1.334.000 davon studieren an Universitaten, der Rest verteilt sich auf Fachhochschulen, Technische Universitaten und andere Hochschularten. 49% betragt der Anteil der weiblichen Studenten und hat sich damit seit 1975 um 13% fast auf „Gleichstand" erhoht. Die Verteilung auf die einzelnen Fachergruppen zeigt vor allem eins:

„ein massives Wachstum der gesellschaftswissenschaftlichen, einen ebenso massi- ven Ruckgang der Lehramtsstudiengange, einen eher durchschnittlichen Anstieg von Mathematik/Naturwissenschaften und eine Stagnation der Ingenieurwissenschaf- ten“[7]

Die Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften stellen mit knapp 360.000 im Wintersemester 2002 die grofite Gruppe aller Universitatsstudenten. Interessan- terweise entfallen auf diesen Fachbereich auch jeweils 30% aller mannlichen und weiblichen Studierenden.[8]

Jeder einzelne Student dieser Statistik steht fur eine berufliche Zukunft, ein per- sonliches Ziel und individuelle Anspruche und Erwartungen an seine Ausbil- dung. Dem gegenuber stehen - nicht immer positiv und kooperierend - der Ar- beitsmarkt, die Hochschule und vielleicht auch die eigenen Eltern oder Freunde.

Zu studieren bedeutet im Jahre 2002 nicht mehr zwingend, einer privilegierten gesellschaftlichen Schicht anzugehoren, Wissenschaftler zu werden oder einen seit Jahrhunderten existierenden, anerkannten Beruf ergreifen zu wollen. Es ist vielmehr notwendiger Meilenstein des eigenen Werdegangs geworden, will man eines Tages einen ebenso anspruchvollen wie anspruchserfullenden Beruf und einen - mehr oder weniger - sicheren Arbeitsplatz sein eigen nennen. Folglich zielen Erwartungen an wissenschaftliche Ausbildung in vielen Fallen auf eine praktische Berufstatigkeit, und das individuelle Streben nach Wissen ist struktu- riert und gelenkt von dessen beruflicher Anwendungsrelevanz.

Das Zusammenspiel wissenschaftlicher Theoriearbeit und beruflicher Praxis ges- taltet sich in Abhangigkeit von Historie und Entwicklungsstand des Faches: Ulrich Schneekloth identifiziert drei Entwicklungsstufen: explorative, paradig- matische und finalisierte Phase.[9] Damit ist der Weg gekennzeichnet von dem „kognitiv ungesteuerten [Forschungsprozess] von Einzelwissenschaftlern" uber die „[kognitive] Strukturierung" und „zu erreichende Abschliefibarkeit von The- orien" bis hin zur extern gesteuerten Wissenschaft, die „ohne Anwendungsbezug nicht mehr produktiv wissenschaftsimmanent entfaltbar" ist.[10] Geistes- und Sozialwissenschaften sind analog zu diesem Konzept meist in der explorativen oder paradigmatischen Phase anzusiedeln: Wissenschaft findet hau- fig losgelost oder auch bereits ansatzweise mit Blick auf mogliche Anwendungs- szenarien statt. Zu einer starken Verschrankung und gegenseitiger Einflussnah- me und Strukturierung zwischen Theorie und Anwendung ist es bisher in den meisten Fallen nicht gekommen. Die Praxis greift hier zwar im Idealfall je nach Bedarfssituation auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse zuruck, Berufsstruktu- ren und -prozesse sind jedoch nicht vollstandig in die wissenschaftliche Struktur und Orientierung ubernommen.

Es scheint jedoch als seien vor allem die Geistes- und Sozialwissenschaften eifrig bestrebt, das Verhaltnis von Wissenschaft und beruflicher Praxis nachhaltig zu verandern: Praxisbezug, Praxisnahe und Berufsvorbereitung sind jetzt Eigen- schaften, die von Studenten und Arbeitsmarkten mit einem geistes- oder sozial- wissenschaftlichen Studium assoziiert werden sollen.

Wenn auch hier besonders auffallig, so ist diese Tendenz doch allgemeiner Na- tur: die Funktion eines wissenschaftlichen Studiums allgemein, ebenso wie das Verhaltnis von Studium und Beruf im Speziellen befindet sich seit Jahren im Umbruch.

Vorab gilt es jedoch einen Schritt zuruckzutreten und zu betrachten, vor wel- chem Hintergrund diese Diskussion gefuhrt wird. Dazu zahlt zum einen die Ei- genschaft der Universitat als ,Ort des Wissens' und zum anderen gesellschafts- und arbeitsmarktpolitische Entwicklungen der letzten Jahre.

1.1 Funktionswandel der Hochschulen

„Im Mittelpunkt [der Funktionsbestimmung; MK] steht heute die Orientierung an einer differenzierten Multifunktionalitat [Hervorhebungen im Original; MK] einer Universitat als Dienstleistungsinstitution: - integrierte Hochleistungsforschung, - Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses, - „berufsqualifizierende“ Erstausbildung, - Wei- terbildung sowie - regionaler Dienstleistungsbezug. Qualitativ neu gewichtet wird die Notwendigkeit, Orientierungswissen und kulturelle Identitat zu vermitteln."[11]

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts veroffentlicht Wilhelm von Humboldt seine Denkschrift „Uber die innere und aufiere Organisation der hoheren wissenschaft­lichen Anstalten zu Berlin" und legt damit den Grundstein fur ein geschlossenes Verstandnis von Wissenschaft und Universitat, in dessen Mittelpunkt der huma- nistische Bildungsauftrag steht.[12]

„Knapp zusammengefattt [sic!] bedeutet HUMBOLDTs Modell der Universitat jene Institution, in der sich Lehrende und Lernende als gleichberechtigte Forscher in Ein- heit von Forschung und Lehre, um in Einsamkeit und Freiheit der reinen Wissen­schaft nachzuspuren und durch diesen Prozett [sic!] sittliche und geistige Vervoll- kommnungzu erfahren [Hervorhebungen im Original kursiv; MK]."[13]

Die Philosophie ist in diesem Konzept die alles vereinende Wissenschaft, die los- gelost von Politik und Wirtschaft betrieben wird.

Finalisierungsprozesse und Vergesellschaftung, also die Offnung der Wissen­schaft gegenuber Belangen und Zwecken der aufieruniversitaren Umwelt, fuhren universitatsintern verstarkt zu Differenzierung und Spezialisierung der beste- henden Disziplinen. Der Wissenschaftsraum wird beschrieben von einer Vielzahl von Einzelwissenschaften, mit je eigenem Gegenstand und Material. Vertreter dieser Einzeldisziplinen sind hochspezialisierte Experten, die in immer weniger Bereichen, fur die sie sich zustandig fuhlen, uber immer mehr Wissen verfugen. Universitatsextern wandelt sich Wissenschaft zur zweckgebundenen Produktiv- kraft, die - „industrieller Prozessoptimierung" entsprechend - arbeitsteilig orga- nisiert ist.[14] Helmut Spinner hat fur die Entwicklung der Wissenschaft vier auf- einander folgende Phasen definiert, in deren Verlauf die Aufienorientierung und -bestimmung der Wissenschaft zunimmt: Theorie, Praxis, Technik und Indust­rie.[15]

Eng verknupft mit der Vergesellschaftung der Wissenschaft ist die Verwissen- schaftlichung der Berufswelt: immer mehr Berufe, die fruher reine Lernberufe waren, verlangen heute nach einer akademischen Ausbildung. Die zunehmende Komplexitat gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Vorgange erfordert wissen- schaftliche Fahigkeiten und Strategien fur Informationsbeschaffung, -verstandnis und -verarbeitung.

Vor diesem Hintergrund war ein einschneidender Funktionswandel der Univer- sitat unausweichlich: weg von einer personlichkeitsbildenden Institution, hin zu einem wissenschaftlichen Dienstleistungsunternehmen und einer Vermittlungs- statte „wissenschaftlich fundierter Berufsqualifikation"[16].

1.1.1 Historische Aspekte zum Praxisbezug

Die Praxisferne des, auf eine Beamtenlaufbahn in der Forschung ausgelegten Studiums wird vor diesem Hintergrund zum zentralen Kritikpunkt.[17]

„Im Kern handelte es sich bei der ab Ende der 60iger Jahre einsetzenden sozialde- mokratischen Hochschulreform aus der Perspektive der strukturell gesellschaftlichen Anforderungen, um eine durch ein spezifisch reformiertes gesellschaftliches Krafte- verhaltnis gepragte Vergesellschaftungsvariante. Neben der notwendigen Expansion im Hochschulzugang orientierte die Reformphase auf:

- die Studienreform in Bezug auf die Ausbildungsabschlusse, Praxis- und Berufs- feldbezugsowie modernerer Wissensvermittlung durch forschendes Lernen."[18]

Die Studiumsreformen stehen dabei vor der Herausforderung, stetig wachsendes Wissen in Studienplane zu fassen, hoch spezialisierte Einzeldisziplinen und ar- beitsteilig organisiertes Wissen sinnvoll in einem Ausbildungskatalog zusam- menzufassen und uralte Konflikte und Missverstandnisse zwischen Wissenschaft und Praxis, wenn schon nicht zu losen, so doch wenigstens zu umgehen.[19] Ihren vorlaufigen Hohepunkt findet die Diskussion uber den Praxis- und Anwen- dungsbezug des Studiums in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts, wenn die Berufsvorbereitung im Rahmen eines Studiums so offiziell wird, dass sie 1976 im §7 des Hochschulgesetzes festgeschrieben wird.[20]

Bereits davor, Ende der sechziger Jahre, entfachen Studenten eine Diskussion uber „den Zerfall der deutschen Wissenschaft zwischen ,Elfenbeinturm' einer- seits und adaptiver Instrumentalisierung fur unreflektierte Zwecke anderer- seits".[21] Dies soll jedoch erst spater konkret auf die Praxisorientierung ubertragen werden.

Berufsspezifischer Praxisbezug - im Gegensatz zu allgemeiner Annaherung von Wissenschaft und Praxis[22] - wird dann im Kontext steigender Akademikerar- beitslosigkeit erneut zum zentralen Thema. Es zeichnet sich ab, dass die Sicher- heit, nur auf Grund des Studiums eine akademische Position erhalten zu konnen, nicht mehr fur alle Studenten garantiert werden kann. Bei steigenden Studenten- zahlen und sinkendem Lehrerbedarf - dem traditionellen Beschaftigungsgebiet der Geistes- und Sozialwissenschaften - rucken Fragen nach Sinnhaftigkeit und Legitimation dieser Facher in den Vordergrund.

„Dies forderte die Hochschulen und fur das Bildungssystem verantwortliche Politiker heraus, deutlich zu machen, daft die Absolventen wertvolle Beitrage fur bisher ver- nachlassigte Aufgaben in der Gesellschaft leisten konnen und daft in vielen Berufen, die bisher typischerweise nicht von Hochschulabsolventen besetzt waren, Hoch- schulabsolventen sinnvoll eingesetzt werden konnen."[23]

In der Folge setzt die vertikale Ausweitung der Akademikerbeschaftigung ein: immer mehr Absolventen ubernehmen Berufe, die ehemals reine Ausbildungsbe- rufe waren. Die Vermittlung berufspraktischer Fahigkeiten, die naturlich Teil einer Berufsausbildung sind, wird nun ebenfalls auf die Universitaten ubertra- gen. Dies hat weitreichende Folgen fur Studiumsorganisation und -inhalte. Denn es steht in Konkurrenz zu der Konzeption von Forschung und Lehre, wie sie einst Wilhelm Humboldt formulierte: „Der Vorrang der Forschung, der standi- gen Suche, befreit die Universitat wiederum von dem Zwang zur unmittelbar praktischen Ausrichtung."[24]

1.1.2 Vorgaben des Hochschulgesetzes

Diese Entwicklung findet sich im Hochschulgesetz abgebildet. Als Beispiel soil hier ein Ausschnitt aus dem Bayerischen Hochschulgesetz dienen:

„Die Hochschulen bereiten auf eine berufliche Tatigkeit vor, welche die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und wissenschaftlicher Methoden ... fordert.“[25]

„Lehre und Studium sollen den Studenten auf ein berufliches Tatigkeitsfeld vorberei- ten und ihm die dafur erforderlichen fachlichen Kenntnisse, Fahigkeiten und Metho­den dem jeweiligen Studiengang entsprechend so vermitteln, so daR er zu wissen­schaftlicher ... Arbeit und zu verantwortlichem Handeln in einem freiheitlichen, de- mokratischen undsozialen Rechtsstaatbefahigt wird.“[26]

„Die Hochschulen haben die standige Aufgabe, ... Studieninhalte und Studienrefor- men, Studiengange und Hochschulprufungsordnungen im Hinblick auf die Entwick- lungen in Wissenschaft und Kunst, die Bedurfnisse der beruflichen Praxis und die notwendigen Veranderungen in der Berufswelt zu uberprufen und weiter zu entwi- ckeln. ... Die Studienreform soll gewahrleisten, daR ... die Studieninhalte im Hinblick auf Veranderungen in der Berufswelt den Studenten breite berufliche Entwicklungs- moglichkeiten eroffnen."[27]

Die drei Ausschnitte aus dem Bayerischen Hochschulgesetz beschreiben die Soll- Funktionen der wissenschaftlichen Ausbildung: Berufsvorbereitung an erster Stelle, Personlichkeitsbildung und Vermittlung von sozialem und politischem Verantwortungsbewusstsein gleich an zweiter. Die Berufsvorbereitung darf da- bei nicht von einem nach innen gekehrten, rein wissenschaftsorientierten Blick gelenkt werden. Berufliche Zukunftschancen sollen geschaffen werden, eine Ori- entierung an der Berufswelt, ihren Gesetzen, ihren Bedurfnissen und ihren Struk- turen ist dafur unabdingbar. Die Weiter entwicklung der Studieninhalte und -formen, der Prufungsordnungen und Studienabschlusse wird damit direkt an Veranderungen in der Berufswelt gekoppelt.

Es scheint also, als ware „Praxisbezug" quasi vom Hochschulgesetz verordnet. Doch es werden keine konkreten Aussagen daruber getroffen, wie dies tatsach- lich umgesetzt werden kann. Von „Hinblick" und „Weiterentwicklung" ist die Rede und von „Kenntnisse vermitteln". Art. 71, Abs. (2), Ziff. 3 fuhrt zusatzlich an, dass praktische Tatigkeiten, mit dem Studium abzustimmen „und nach Mog- lichkeit in den Studiengang einzuordnen" sind.[28]

Hammerer widerspricht der konkreten Berufsvorbereitung durch ein Studium und folgert aus dem Hochschulgesetz, „daS die Aufgabe der Universitaten nicht darin besteht, die Studierenden fur einen konkreten Beruf zu qualifizieren, son- dern sie auf ein Berufsfeld vorzubereiten [Hervorhebung im Original; MK]."[29]

1.2 „Praxisbezug“

Bei jeder Befragungsrunde, die ich fur meine Magisterarbeit durchgefuhrt habe wiederholte sich dasselbe Spiel. Ich betrat den Seminarraum, bewaffnet mit ei- nem dicken Stapel Fragebogen und der Ausstrahlung nie enden wollender Moti­vation. Die Studenten, denen nicht schnell genug eine gute Ausrede einfiel, uber- liefien sich teils mit gequalter, teils mit wissender Mine den neugierigen Bogen. Ein Kreuz folgte dem anderen, angestrengte Mimik wechselte sich mit nachdenk- licher oder uberraschter ab. Gegen Ende wurde es spannend. Der Schlusssatz meines Fragebogens lautet: „Keine Kreuzchen mehr: Bitte nutze doch die Ruck- seite des Fragebogens, um kurz mit eigenen Worten zu beschreiben, wie Du fur Dich ,Praxisbezug' definierst."[30] Die Atmosphare wurde ab diesem Punkt deut- lich geschaftiger. Fast jeder konnte und wollte etwas zu diesem Thema sagen.[31] Damit hat sich nur ein weiteres Mal bewiesen, was seit jeher problematisch ist: jeder kennt den Begriff, alle benutzen ihn - aber niemand fragt, was der andere damit meint.[32] Machen wir uns also auf den Weg:

1.2.1 Motive fur Praxisbezug

Unabhangig vom konkreten Verstandnis von Praxisbezug, das in Kap. 1.2.3 ein- gehender analysiert wird, existieren unterschiedliche, keinesfalls trennscharfe und sicher auch nur schwer vollstandig zu erfassende Motivkomplexe fur die Einfuhrung, Betonung oder Negierung von Praxisbezug. Ihnen ubergeordnet ist sind die beiden Motive, die Arbeitsmarktchancen fur Akademiker zu verbessern und - mit dem Ziel beiderseitig von den Synergien zu profitieren - eine Annahe- rung von Wissenschaft und Praxis herzustellen.

1.2.1.1 Legitimation

„Die Philologien [und ebenso andere wissenschaftliche Disziplinen; MK] reagieren damit auf die Beschaftigungskrise in den Akademikerberufen (insbesondere auf die Kluft zwischen akademischer Ausbildung und beruflichen Anforderungen in den Ma- gisterstudiengangen) sowie auf den gesellschaftlichen Legitimationsdruck, unter dem die Geisteswissenschaften stehen."[33]

Praxisorientierte Studiengange, hier in dem Sinne, dass sie berufspraktische Ele- mente integrieren und auf einen Beruf hin ausbilden, entsprechen den Vorstel- lungen der Berufswelt. Sie garantieren, dass der aufieruniversitaren Umwelt Ex- perten zur Verfugung stehen, die gleichzeitig uber hochspezialisiertes Wissen und allgemeine berufliche Fahigkeiten, wie analytisches Denken, Informations- bewusstsein und wissenschaftliche Methoden, verfugen. Wo sonst als in den Geistes- und Sozialwissenschaften findet man Mitarbeiter, die sich eingehend mit dem „[volkstumlichen] Liedgut der Tuareg im Raum ostliche Sahara" oder ahnli- chen Kuriositaten beschaftigen?[34] Und genau darin zeigt sich ein offensichtlicher Widerspruch: wurden sich alle wissenschaftlichen Disziplinen entsprechend den Bedurfnissen des Arbeitsmarktes organisieren - also Verwertung und Bedarf von Wissen vor Erkenntnisstreben stellen[35] - gabe es genau diese Experten bald nicht mehr. Die Seltenheit ihrer Einsatzmoglichkeiten liefie den Studiengang unrenta- bel werden und die wissenschaftlichen Bemuhungen wurden eingestellt. Damit ware genau das Gegenteil dessen erreicht, was der Arbeitsmarkt fordert. Praxisbezug darf folglich nicht bedeuten, sich am Ist-Zustand der Berufswelt zu orientieren und darauf hin Arbeitskrafte auszubilden. Gerade in der Unabhan- gigkeit von beruflichen Profilen deutet sich hier die Existenzberechtigung der

Geistes- und Sozialwissenschaften an. Aufgabe des Praxisbezugs einer wissen- schaftlichen Ausbildung kann in diesem Kontext daher maximal bedeuten, Schlusselqualifikationen und berufliches Grundwissen, zu vermitteln und zu fordern. Vorteilhaft dabei ist, dass gerade Disziplinen, die wegen Ihrer „Praxis- ferne" gerne an den Pranger gestellt werden, von ihren Studenten meist mehr Organisationssinn, Fachverstandnis und Engagement in der zielstrebigen Durch- fuhrung verlangen, als dies bei den „verschulten Praxisdisziplinen" der Fall ist, die demgegenuber haufig als Vorzeigebeispiel benutzt werden.

„Praxisbezug" stellt damit nicht nur die wissenschaftlichen Disziplinen vor die Aufgabe, die Potentiale, uber die sie bereits verfugen, bewusst zu nutzen, son- dern ist auch eine Herausforderung an den Arbeitsmarkt. Dieser muss sich im klaren daruber werden, welche Konsequenzen die industrielle Organisation von Wissenschaft fur das zukunftige Arbeitskrafteprofil nach sich zieht. Legitimati- onsstrategien, die darauf ausgerichtet sind, die Existenzberechtigung wissen- schaftlicher Disziplinen an deren genannten Praxisgehalt zu messen, erweisen sich damit nicht nur als sinnlos, sondern im Gegenteil sogar als kontraproduktiv. Uberspitzt gesagt, legitimiert sich die berufsvorbereitende Funktion wissen- schaftlicher Ausbildung gerade darin, dass sie sich nicht, oder zumindest nicht diktatorisch, an den Bedurfnissen der Berufswelt orientiert.[36] Auf Grund mangelnder Vereinheitlichung praxisorientierter Elemente kann bis jetzt auch noch nicht verlasslich auf das positive Veranderungspotential praxis­orientierter Reformen geschlossen werden. Zu grofi ist hier der Einfluss lokaler Faktoren wie Wirtschaftslage, Konkurrenz der Ausbildungslandschaft (so z.B. Fachhochschulen, Akademien, etc.) und Verfugbarkeit von Fachkraften.

1.2.1.2 Weg in die Profession

Professionen[37] sind Produkte des Professionalisierungsprozesses, der den „0bergang von einer traditionalen sozialen Ordnung zu einer sozialen Ordnung [mar- kiert; MK], in welcher der Status des einzelnen von den Aufgaben abhangt, die er er- fullt, und wo die Aufgaben nach „rationalen“ Kriterien (Kompetenz und Spezialisie- rung) verteiltwerden."[38]

Sie unterscheiden sich von nicht-professionalisierten Berufen durch den wesent- lich hoheren Anspruch an Qualifikation und Qualifizierung - also Ausbildung. Professionen lassen sich nach Kepplinger / Vohl anhand folgender Kriterien identifizieren:

„Die Angehorigen einer Profession wenden

1. spezialisierte Kenntnisse an, die
2.. auf einer theoretischen Grundlage beruhen,
3. in einer systematischen Ausbildung erworben wurden,
4. deren Beherrschung mit einem speziellen Test gepruft wird und damit
5. den Berufseintritt regelt.
6. Sie verfugen uber eine berufsstandische Organisation, sind
7. einer Standesethik verpflichtet, besitzen
8. eine grofte personliche Verantwortlichkeit und verfugen deshalb uber
9. eine relative Autonomie im Sinne der Freisetzung von Laienkontrolle.

Die Tatigkeit der Professionsangehorigen geschieht daruber hinaus

10. im Dienste allgemein anerkannter gesellschaftlicher Werte.“[39]

Typische, etablierte Professionen sind Wirtschaftsprufer, Architekten, Bauingeni- eure, Zahnarzte, Juristen und Mediziner.[40] Sie beschreiben gesellschaftlich aner- kannte Berufe mit langer Tradition, deren Ausbildung an der Universitat ange- siedelt, also wissenschaftlich basiert ist.[41] Dennoch ist die berufliche Tatigkeit in den meisten Fallen auf die Praxis, auf die Anwendung des Wissens ausgerichtet.

Zugang zur Berufswelt verschafft die bestandene Abschlussprufung, die die Be- herrschung des fachlichen Wissens ebenso wie die praktische Handlungsfahig- keit uberpruft und bestatigt.[42] Bestandteil des Studiums muss daher also im Be- sonderen auch die berufspraktische Ausbildung sein. Berufstatige, deren Tatig- keit als professionalisiert verstanden wird, verfugen uber „eine grofie personliche Verantwortlichkeit" und leisten ihre Arbeit „im Dienste allgemein anerkannter gesellschaftlicher Werte".[43] Ihr berufliches Handeln und ihre wissenschaftliche Ausbildung ist von der Gesellschaft akzeptiert und als wichtig angesehen.[44]

Den Prozess der Professionalisierung fasst Wilenksy folgendermafien zusammen:

„Zunachst wird eine Tatigkeit zu einem Ganztagsberuf, der seinen spezifischen Ar- beitsbereich abzustecken beginnt. Die ersten, die die neue Technik beherrschen oder der den Beruf tragenden Bewegung angehoren, beginnen, sich um den Nach- wuchs zu kummern und richten Ausbildungsschulen ein. Werden diese nicht gleich als Teil von Universitaten gegrundet, so erreichen sie den akademischen Status in der Regel nach zwei oder drei Dekaden. Die Lehrer dieser Schulen und andere Akti- visten des Berufs organisieren sich zunachst in lokalen, aber schon bald auch in na- tionalen Verbanden ... Erst dann wird die staatliche Lizensierung des Berufsmono- pols erreicht; und am Ende des Prozesses kommt es zu einer Neuformulierung der Berufsregeln und deren Zusammenfassung zu einer formlichen »Ethik«.“[45]

Vor der Profession existiert im Normalfall also das „Handwerk", das berufsprak- tische Wissen. Dieses wird, im Zuge der Professionalisierung, „verwissenschaft- licht" und die Ausbildungskompetenz wird an akademische Institutionen uber- tragen. Die Kombination von wissenschaftlich basierter und berufspraktisch ori- entierter Ausbildung ist damit Voraussetzung fur den Weg in die Profession, praxisbezogenes Wissen dafur unumganglich. Auf „Praxisbezug" ausgerichtete Bemuhungen rein wissenschaftlich orientierter Disziplinen scheinen diesen Weg ruckwarts gehen zu wollen.[46] Die Ausrichtung auf bestimmte Berufe, oder sogar das konkrete Ubernehmen von Berufsprofilen, erweckt den Eindruck, dass Men- schen, die in diesem Bereich tatig sein mochten, uber die jeweilige Ausbildung verfugen sollten. Kurzfristig gesehen ergibt sich daraus eine Legitimation aus Arbeitsmarktsicht, die in Kapitel 1.2.1.1 bereits als problematisch skizziert wur- de. Zum anderen aber kann eine langfristige Ausrichtung von Wissenschaft - sollte sie denn zum richtigen Zeitpunkt und am richtigen Ort stattfinden - auch dazu beitragen, dass Berufe, die bisher nicht professionalisiert sind, einen Schritt in diese Richtung machen.[47]

1.2.1.3 Marketing- und Motivationsargument

„Solange und weil die vorbereitende Berufsausbildung an der Universitat wissen­schaftlich, das heittt: theoretisch ist, gilt sie als nicht praxisrelevant, als „artfremd“ gar. Zur akzeptablen „Wissenschaft“ [Hervorhebung von mir; MK] wird sie - jeden- falls in den Augen ihrer berufenen und unberufenen Kritiker - erst in dem Augen- blick, in dem sie nicht mehr wissenschaftlich, sondern ganz praktisch vorgeht und eben Praxis anbietet."[48]

Nicht nur Studenten, auch Arbeitgeber beurteilen Studiengange mafigeblich nach deren Praxisgehalt. Dies ist eine Tatsache, die sich in zahlreichen Untersuchun- gen und in ebensoviel Diskussionen wie Flurgesprachen jeden Tag aufs Neue bestatigt.[49]

Ein Studierendensurvey fur die Jahre 1993 bis 1998 zeigt dies fur die studentische Sicht: Mit Mittelwerten von 3,1 und 3,9 bilden ein fester Berufswunsch und die Vielfalt der beruflichen Moglichkeiten eine wichtige Motivation bei der Fach- wahl.[50] Damit verbunden sind Erwartungen, dass das Studium auch auf diesen Beruf vorbereitet. Die HIS-Studienanfangerbefragung 2000/2001 unterstreicht dieses Ergebnis: 58% der Studienanfanger an Universitaten wunschen sich, dass das Studium mehr auf berufliche Ziele ausgerichtet ist.[51] Sogar 70% fordern eine „starkere Darstellung des Berufs- und Praxisbezugs der konkreten Studieninhal- te". Knapp dahinter, mit 63%, ist der Wunsch nach „mehr Informationen uber berufliche Aussichten und Moglichkeiten" angesiedelt. Die Spitze jedoch nimmt folgender Aspekt ein: „mehr Vermittlung von Praxiskontakten" (72%). Demge- genuber geben immerhin 48% der Studienanfanger an Universitaten an, dass „wissenschaftliches Interesse" wichtig war, bei ihrer Entscheidung fur das Studi- um.[52]

Grunde fur diese Verteilungen liegen in dem Nutzen, den Studenten mit dem Studium verbinden: fur 73% westdeutscher Universitatsstudenten ist das Studi- um ein sehr nutzlicher Weg, um spater eine interessante Arbeit zu haben.[53] Nur 7% dagegen absolvieren ein Studium mit der Absicht, die Berufstatigkeit mog- lichst lange hinauszuschieben.

Aus diesen Daten wird deutlich, dass Studenten bei der Wahl ihres Studiums ihre Berufsvorstellungen konkret vor Augen haben und Gestalt und Ausrichtung von Studiengangen dahingehend uberprufen.[54] So fuhlen sich 57% aller Universi- tats- und FH-Studenten „sehr gut" oder „gut" uber die „[beruflichen] Aussichten im gewahlten Studiengang" informiert. 43% bestatigen dies zudem fur die „Stu- dienanforderungen im gewahlten Studiengang" und 35% fur die „Wahl- und Gestaltungsmoglichkeiten hinsichtlich Hochschule, Studienfach und Studien- schwerpunkten."[55] Studenten, die sich durch ihren Studiengang in ihren praxis- bezogenen Erwartungen bestarkt fuhlen, zeichnen sich durch eine hohere Studi- umsmotivation aus.[56]

Hochschulen, respektive Studiengange, die diesen Anspruchen Rechnung tragen, konnen sich mit hoher Wahrscheinlichkeit uber gesteigertes Interesse seitens der Studenten freuen. Dabei bleibt allerdings zu beachten, dass auch der Ruf der Hochschule, die geographische Lage und das soziale Umfeld eine wichtige Rolle bei der Entscheidung spielen.

Praxisbezug bedeutet in diesem Kontext, sich gegenuber der AuSenwelt, die in den meisten Fallen Heimat der Praxis ist, zu offnen. Dass heiSt, sich als wissen- schaftliche Institution bereit zum Dialog zu zeigen und nicht nur Studenten, son- dern auch dem Arbeitsmarkt deutliche Signale zu geben dass man bereit ist, sich mit diesem Thema tatsachlich kritisch auseinander zu setzen und uber konkrete Vorschlage zur Umsetzung von „Praxisbezug" verfugt. Mogliche positive Kon- sequenzen dieser Bemuhungen sind bereits in Kapitel 1.2.1.2 angesprochen. Pra- xisbezug wird damit zu einem kritischen Punkt in der Vermarktung und Positio- nierung von Studiengangen in der nationalen und internationalen Hochschul- landschaft.[57] Denn - und hier gelten die Gesetze der freien Wirtschaft - fur einen guten Ruf braucht man Jahre, fur einen schlechten unter Umstanden nur eine Sekunde. Die oben genannten Arbeiten verdeutlichen, dass Erwartung und Er- fahrung von Studenten gerade in diesem Bereich allerdings noch nicht zueinan- der gefunden haben.[58]

Hammerer fuhrt als moglichen Grund fehlende Information an:[59] Studenten sind sich nicht immer bewusst, welche Inhalte sich tatsachlich hinter einer viel ver- sprechenden Fachbezeichnung verbergen, geschweige denn sind sie ausreichend uber den wissenschaftlichen Bildungsauftrag der Universitat informiert. Gleich- zeitig verhindern gesellschaftliche Zwange und fehlende Studiumsalternativen, z.B. an Fachhochschulen, von vornherein eine Entscheidungsprozess, der umfas- sende Information verlangen wurde.[60]

1.2.1.4 Studentische Prioritaten

Gegenuber den auf Praxisbezug ausgerichteten Bemuhungen der wissenschaftli- chen Institutionen gilt es auch zu beachten, dass das studentische Verhalten selbst auf Praxisbezug ausgerichtet sein kann. Die unterstellte Orientierung an beruflichen Tatigkeiten lasst vermuten, dass Studenten Arbeits- und Auslandser- fahrungen, guten Noten und allgemeinen Kenntnissen eine hohe Wichtigkeit beimessen. Gleichzeitig sollte das Interesse an wissenschaftlicher Tatigkeit deut- lich geringer ausgepragt sein. Ergebnisse des 7. Studierendensurveys bestatigen dies (vgl. Darstellung 1, S. 19).

Die Darstellung zeigt, dass Studenten mit einer Diskrepanz zwischen den beruf- lichen Erfolgsaussichten und der personlichen Entwicklung konfrontiert sind. Eine gute Note und ein schneller Studiumsabschluss werden hauptsachlich mit beruflichen Hintergedanken angestrebt, fur die Personlichkeit werden dagegen verstarkt Auslandsaufenthalte und Arbeitserfahrungen als wichtig empfunden. Praxisbezug wird also nicht nur mit Blick auf die Qualifikation fur einen Beruf verfolgt, er spielt auch aufierhalb der Ausbildung eine wichtige Rolle.[61] Interessant ist, dass die Anteile der Studenten, die vor dem Studium eine Be- rufsausbildung absolvieren seit 1997 konstant gesunken sind. Der schnelle Be- rufseintritt scheint hier erfolgsversprechender zu sein, als eine Doppelqualifika- tion. Ein deutlicher Unterschied zeigt sich zwischen Universitats- und Fachhoch- schulstudenten. 20% gehen im Jahr 2000 mit einer Berufsausbildung an die Uni, an der FH sind es dagegen 53%.[62] Dies entspricht der starker auf Berufstatigkeit ausgerichteten Lehre an Fachhochschulen, die geeignet ist, die eigene Ausbil- dung aufzuwerten, ohne das Feld der Praxis komplett verlassen zu mussen.

Darstellung 1 - Beruflicher und personlicher Nutzen von Studienstrategien

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Bargel, Tino / Ramm, Michael / Multrus, Frank, Studiensituation, 2001, S. 155.

Wird der Studienbeginn nicht direkt im Anschluss an die Qualifikation aufge- nommen, so finden sich - abgesehen von Wehrdienst und Berufsausbildung - Praktika, Auslandsaufenthalte und Berufstatigkeit in der Liste der Grunde.[63] Dies wiederum lasst darauf schliefien, dass Studenten sich schon vor der Aufnahme
ihres Studiums um praktische Erfahrung bemuhen, einerseits vielleicht, um ein geeignetes Studienfach zu finden, andererseits eventuell um die bereits getroffe- ne Entscheidung zu bestatigen.

1.2.2 Herausforderungen im Kontext von Praxisbezug

Kluge / Neusel / Teichler fassen das Dilemma des Praxisbezugs zusammen:

„Praxisorientierung ist auch deshalb immer ein sehr kontroverses Thema, weil es Statusangste der beteiligten Institutionen und Personen hervorruft; Bemuhungen um Praxisorientierung konnten ja bedeuten, daR eine Hochschule weniger als eine ande- re fur den wissenschaftlichen Nachwuchs vorbereite; Einlassen auf die Praxis konnte ja bedeuten, daR man etwas fur die ,Armen im Geiste’ tate; Antizipation des Berufes konnte ja bedeuten, daR es sich nicht um den klassischen akademischen Beruf handle. Praxisorientierung wird schlieRlich auch in der Berufspraxis kontrovers blei- ben, denn oft hatte sich hinter dem Vorwurf der Praxisferne der Hochschule ja nicht unbedingt der Wunsch verborgen, den Anteil der Hochschulabsolventen erheblich zu vergroRern, die kreativ mit den Spannungen von Wissenschaft und Praxis umge- hen.“[64]

Was die Autoren konkret mit dem letzten Satz dieses Zitats meinen, bleibt unge- klart. Dennoch ist anzunehmen, dass sie sich auf das Konfliktpotential beziehen, das Hochschulabsolventen mit sich bringen konnten, wenn sie mit ihren innova- tiven, wissenschaftlich fundierten Kenntnissen auf die eingefahrenen Strukturen der Berufspraxis treffen.

1.2.2.1 Missachtung des Bildungsauftrages

Marlene Fries fuhrt zwei weitere Begriffe in die Diskussion um Praxisbezug ein: „Berufsbefahigung" und „Berufsfertigkeit".[65] Der erste beschreibt das Ziel der Lehre an Universitaten, der zweite dagegen das Ziel der Lehre an Fachhochschu- len. So zumindest sieht es das Idealkonzept vor.[66] Die Diskussion um Praxisbe­zug, ausgelost durch Akademikerarbeitslosigkeit und Legitimationsforderungen, fuhrt jedoch dazu, dass fur die Ausbildung an der Universitat „mit Blick auf ei- nen gezielten beruflichen Einsatz multi-, trans- oder interdisziplinare Studienan- gebote"[67] entwickelt werden, die der traditionellen Struktur der Wissenschaft in Einzeldisziplinen entgegensteht.

„Differenzierungskriterien fur das Ausbildungsziel an Fachhochschulen und Universitaten sind daraus nicht mehr abzuleiten. Auch der unterschiedliche Bil- dungsauftrag erschliefit sich daraus nicht mehr."[68] Hinzu kommt, dass praxisori- entierte Konzepte in vielen Fallen ohne wissenschaftstheoretische Begrundung institutionalisiert werden, oder Form, Umfang und Intensitat der Praxisorientie- rung ganzlich in die Hande der Studenten geben.[69]

Durch Ausrichtung auf die Vermittlung von Berufsfertigkeit verliert eine univer- sitare Ausbildung den Bezug zu ihren Wurzeln und begibt sich auf ein Feld, wo sie - man verzeihe meine profanen Worte - „nichts zu suchen" hat.

1993 definiert der Wissenschaftsrat in seinen zehn Thesen zur Hochschulpolitik: „Ausbildung als Aufgabe der Universitat zielt nicht auf Berufsfertigkeit, sondern soll eine nicht auf spezifische Berufe beschrankte Berufsfahigkeit erzielen."[70] Spe- zialisierungsleistungen mussen und sollen von der beruflichen Praxis erbracht werden. Anstatt sich weiter zu bemuhen, Praxis immer realistischer in der wis- senschaftlichen Ausbildung abzubilden, gilt es fur die Hochschulen, sich auf ihre ursprungliche Funktion zu besinnen: die Fachbildung. „Der Begriff der Bildung umfafit Forschung, Lehre, Ausbildung und Anwendung."[71] Dies beinhaltet weni- ger berufliche Spezialkompetenzen, als vielmehr grundsatzliche - und vor allem wissenschaftliche - Fahigkeiten, die eine schnelle Adaption an berufliche Situati- onen ermoglichen. Alle Initiativen, die sich gegen diese Ausrichtung wenden, tragen letztendlich dazu bei, dass die Universitat weder ihrem Bildungsauftrag nachkommt, noch „qualitativ hochwertige Arbeiter" hervorbringt. Denn die Strukturen der Universitat erlauben keine, der Schnelligkeit des Arbeitsmarktes entsprechende, Flexibilitat in der Studiumsorganisation, wie dies fur eine „Be- rufsschule" wichtig ware. Indem auf wissenschaftliche Bildung zugunsten prak- tischer verzichtet wird, fallt genau das Unterscheidungsmerkmal weg, das Uni- versitatsabsolventen besser fur bestimmte Tatigkeiten qualifiziert als andere: ihre fachliche, wissenschaftliche Bildung. Steinwachs pladiert an dieser Stelle dafur, sich darauf zu besinnen, „dafi die ,klassische Kombination' eines grundstandigen

Studiums mit anschliefiendem berufsintegrierenden Ausbildungsprogramm ... der bildungs- und berufsorientierende Konigsweg war und ist."[72] Daran schliefit sich direkt der zweite Kritikpunkt an praxisorientierten Konzep- ten an.

1.2.2.2 Fremde Kompetenzen

Ruckbesinnung der Universitat auf ihren Bildungsauftrag - die wie oben gezeigt mit einer wissenschaftsbewussten Praxisorientierung einhergehen muss - heifit jedoch nicht, dass Jahrzehnte der Praxisdiskussion umsonst gefuhrt wurden. Denn zu grofie „Distanz [zwischen Wissenschaft und Praxis; MK] [kann] .. in Isolation, in Unverantwortlichkeit gegenuber der gesellschaftlichen Realitat und in Unfahigkeit zur praktischen Problemverarbeitung umschlagen."[73] Fur die Wis- senschaft bedeutet dies, dem Wissenstransfer mit der Praxis gegenuber aufge- schlossen zu sein, ohne sich selbst deren Anspruchen vollstandig unterzuordnen oder zu versuchen, deren Kompetenzen zu ubernehmen. Die Wissenschaft ver- fugt uber Kompetenzen in der Ausbildung von akademischen Arbeitskraften, die von niemandem in aquivalenter Art und Weise ubernommen werden konnen. Anders gestaltet sich dies mit der handwerklichen und berufspraktischen Aus- bildung; diese sollte von erfahrenen Praktikern erbracht werden, die - im Ideal- fall - in die wissenschaftliche Ausbildung integriert sind, um so einen Wissens- transfer zu ermoglichen und sicherzustellen, dass die Inhalte der praktischen und wissenschaftlichen Ausbildung harmonieren.

1.2.2.3 Einzelinitiativen statt umfassender Studiumsreformen

Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse konkretisieren sich die Vorgaben des Hochschulgesetzes.[74] Die Universitat wird als Institution betrachtet, die im Rah- men eines Studiums fur eine spatere, wissenschaftliche Methoden erfordernde, Berufstatigkeit befahigt. Die Tatsache, dass ein Grofiteil der Studenten niemals in Erwagung ziehen wurde, ihre berufliche Zukunft direkt in der wissenschaftli- chen Arbeit zu suchen, ist ebenso berucksichtigt, wie die fur eine Ausbildungsin- stitution notwenige Nahe zur Berufswelt. Der Blick auf die Realitat jedoch ist recht ernuchternd. Umfassende Studienreformen sind meist „derart langwierig, daR - angesichts der raschen Veranderungen von Berufsrollen und Stellenbedarf auf dem Arbeitsmarkt - schlieRlich eingerichtete [oder reformierte; MK] Studiengange sich schon wieder als disparat zu den Erwartungen der Praxis erweisen."[75]

Michael Daxner und Peter Glotz beschaftigen sich eingehend mit genutzten und ignorierten Potentialen von Hochschul- und Studiumsreformen, sowie deren Voraussetzungen und Folgen fur die deutsche Hochschullandschaft.[76]

Einzel- oder Modellinitiativen fur neue Studiengange oder -elemente jedoch, die sich - zumindest manchmal - einfacher und schneller umsetzen lassen, sind ger- ne mit dem Problem behaftet, dass uber Erfolg und Misserfolg letztendlich das Engagement oder die Verfugbarkeit der initiierenden Person entscheidet.[77] Da sie haufig aus konkreten Bedarfssituationen vor Ort entstehen, passiert es leicht, dass bei inhaltlicher Konzeption, organisatorischer Integration und externer Pra- sentation „ohne systematisch kontrollierte Folgen fur weitere disziplinare Ent- wicklungen, also fur die Differenzierungen und Entdifferenzierungen im Wis- senschaftssystem, verfahren"[78] wird. Unubersichtlichkeit und mangelnde Ver- gleichbarkeit deutschlandweit sind die Folgen nicht nur fur Studenten, sondern auch fur potentielle Arbeitgeber. Dies hat in den meisten Fallen negative Aus- wirkungen auf Akzeptanz und Bekanntheit neuer, spezifisch berufsbezogener Studiengange oder -elemente. Dennoch verfugen gerade Einzelinitiativen uber das Potential kurzfristig neue Wege zu beschreiten und so Erfahrungsgrundla- gen fur langfristige Reformen zu schaffen. Wunschenswert ware daher, dass be- rufsbezogene Initiativen besser wissenschaftlich begleitet und mit Blick auf po- tentielle Nachahmer fur die Aufienwelt dokumentiert werden.[79]

1.2.2.4 Instrumentalisierung

Leider erweist sich die Integration von Wissenschaft und Praxis in der Realitat nicht annahernd so problemlos und fruchtbar, wie es in den Artikeln des Bayeri- schen Hochschulgesetzes anmutet.[80] Als negative Folgen extremer Praxisorientie- rung wird vor allem angefuhrt, dass sich die Wissenschaft von einer reflektie- renden in eine - finanziell und folglich geistig - abhangige Institution verwan- deln wurde. Erkenntnisfortschritt ware damit zum einen an Auftraggeber ge- bunden, Studiumsreformen zum anderen an Bedurfnisse von Markten, die es in zwei Jahren vielleicht gar nicht mehr gibt.[81]

Der erste Fall definiert Praxisorientierung im Sinne industrialisierter Wissen­schaft:[82] Wissen wird unter dem Aspekt der Verwertbarkeit produziert. Finan- zielle Zuwendungen bestimmter Interessensgruppen spielen dabei eine besonde- re Rolle. Sie ermoglichen die Realisation von Projekten, fur die von offentlicher Hand keine Gelder zur Verfugung stehen, sind aber im Gegenzug meist an Vor- gaben oder Erwartungen gebunden, die von den Geldgebern diktiert werden.[83] Deren Einfluss erstreckt sich dabei nicht nur auf das Was, sondern haufig auch auf das Wie. So ist die Ausgabe von Geldern an vordefinierte organisatorische Strukturen, an die Einbindung bestimmter Personen und teilweise auch die Teil- nahme bestimmter, besonders qualifizierter Studenten gebunden.[84] Ergebnisse dieser Projekte konnen unter Umstanden nur schwer oder teilweise auf andere Konstellationen ubertragen werden. Die Transferfunktion und systematische Reflexion durch Wissenschaft wird dadurch eingeschrankt.

Instrumentalisierung ist aber nicht nur eine Herausforderung fur die wissen- schaftliche Arbeit, sondern auch fur die wissenschaftliche Ausbildung. Je enger Studiengange mit der Praxis verknupft werden, sei dies in Form von speziellen Fahigkeitsprofilen, die vermittelt werden oder in Form von strategischen Koope- rationen mit bestimmten Unternehmen, desto mehr schranken sie ihre eigene Flexibility - und die ihrer „Auszubildenden" ein. Studenten konnen vor lauter praktischer Arbeit nicht einmal mehr richtig zitieren oder kennen die Bibliothek nur aus der Einfuhrungsvorlesung.

1.2.2.5 Und zu guter Letzt: „Entthematisierung“?

Die Diskussion um Praxisorientierung des Studiums, die ihren Anfang in den siebziger Jahren nimmt, scheint Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre zum Erliegen gekommen sein.[85] Statt aufwandiger Forschungen zu diesem The- ma rucken andere Aspekte, so z.B. die Einflussnahme des Staates auf die inhaltli- che Gestaltung von Studienplanen, in den Vordergrund. Gleichzeitig geht inner- halb der Praxisorientierung ein Wandel vor: im Gegensatz zur allgemeinen und vorerst unspezifischen Berufsvorbereitung fur Akademiker, werden immer spe- ziellere Programme konzipiert, die auf einzelne Arbeitsbereiche ausgerichtet sind. Sie unterscheiden sich in Gestalt und Ausformung konkreter Zielsetzungen meist deutlich voneinander, so dass ein gemeinsamer Uberbegriff nur noch schwer gefunden werden kann und demzufolge auch weniger verwendet wird. Zusatzlich nimmt Situation der Hochschulen im Verhaltnis zu anderen Einfluss: im Sinne der Vergleichbarkeit und des hochschulischen Leistungswettbewerbs treten Grofien wie „Ressourcen und Wahlentscheidungen der Studierenden" und „Forschungsreputation und Beliebtheit der Absolventinnen bestimmter Hoch­schulen bei Beschaftigern [sic!]" in den Vordergrund.[86]

Dennoch kann von Entthematisierung keine Rede sein. Die Integration von Pra­xis in die wissenschaftliche Ausbildung ist nach wie vor kontrovers diskutiert. Allerdings haben sich die Ebenen der Diskussion weiter differenziert, das Finden von Uberbegriffen wird immer schwieriger. Die Umstellung auf das Bachelor-/ Master-System gibt dem Thema erneut Impulse, doch es zeigt sich dabei auch, dass umfassende Fortschritte in Richtung einer besseren Vergleichbarkeit und einer einheitlichen Strukturierung innerhalb der Hochschullandschaft noch nicht erfolgt sind. Auch wird deutlich, dass alte Angste aller beteiligten Seiten noch nicht uberwunden sind, der Wille zu besserer Kooperation zwar vorhanden, der Mut, die letzten Schritte dahin zu gehen, aber noch nicht gefunden ist.

Aus diesem Grund ist es auch nicht moglich, „das" Konzept fur Praxisbezug zu prasentieren. Es konnen jedoch „Fragmente einer Definition" prasentiert werden, die die vielschichtigen Interpretationsmoglichkeiten skizzieren.

1.2.3 Fragmente einer Definition

„Praxisbezug" wird gerne synonym mit den Begriffen „Praxisorientierung" und „Praxisnahe" verwendet, auch „Anwendungsbezug" findet sich haufig. Grund- satzlich wird damit ein Zusammenhang, ein Aufeinander bezogen sein von zwei Bereichen - hier Wissenschaft und Praxis - beschrieben, dessen Folge der gegen- seitige Austausch oder die wechselseitige Integration verschiedener Elemente aus der Praxis oder dem Anwendungsbereich zum Zweck der Erganzung ist. Gleichzeitig druckt sich darin das konkrete, angesichts der Omniprasenz des Wortes scheinbar schon schmerzhafte Fehlen bestimmter Elemente in der wis- senschaftlichen Ausbildung aus, das in einer bestimmten Art kompensiert wer- den muss.[87]

Im Folgenden finden sich - vorerst vollig wertfrei aneinandergereiht - verschie-

dene Definitionen von Praxisbezug.

„Die einen verlangen, daR ein Studium in seiner Ganze verwertbar ist, sie fragen nach dem Gebrauchswert dessen, was ihnen wahrend des Studiums vermittelt wird; andere wiederum fordern einen ,gesellschaftsverandernden’ Praxisbezug; eine wei- tere Gruppe stellt sich vor, daR Studierende auch lernen, wie das Gelernte umge- setzt, das heiRt angewandt werden kann.“[88] raxisbezug beschreibt Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse Beruf kann im Gegensatz zur Wissenschaft definiert werden als praktische, er- gebnisorientierte Anwendung von Wissen.[89] Wissenschaft ist hier verstanden als die Suche nach und der Erhalt von Wissen. Vorgehensweise und Konzeption sind theoriegeleitet und losungsorientiert, wobei das Ziel einer Losung Erkennt- nis, entweder im Sinne von Feststellung oder Erklarung, und nicht wirtschaftli- che Rentabilitat oder Befriedigung gruppenspezifischer Interessen ist.

[...]


[1] Vgl. Schneekloth, Ulrich, Hochschulen, 1990.

[2] Vgl. Gawatz, Reinhard, Studienperspektiven, 1991.

[3] Katrin Hammerer hat in ihrer Magisterarbeit konkret die Entwicklungen im Medienbereich nachgezeichnet:

Hammerer, Katrin, KW, 1999, S. 5ff.

[4] Spezifika der Journalismusausbildung ergeben sich vor allem durch die Begabungsideologie, den offenen

Berufszugang und die gleichzeitigen Professionalisierungsbemuhungen des Berufsfeldes. Literatur dazu findet sich in Fu&note 158.

[5] Die Ergebnisse, zu denen Katrin Hammerer in ihrer Analyse kommt, bestatigen sich damit. Vgl. Hammerer, Katrin, KW, 1999, S. 105.

[6] Heine, Christoph, HIS, 2002, S. 132f. Bis zum Jahr 2015 werden es 1.805.000 sein, erst danach ist eine

abnehmende Zahl von Studierenden in Deutschland prognostiziert. Vgl. BMBF, Daten, 2001, S. 160.

[7] Heine, Christoph, HIS, 2002, S. 135, auch Grafik S. 134.

[8] Heine, Christoph, HIS, 2002, S. 138.

[9] Zum Finalisierungskonzept siehe Bohme, G. / van den Daele, W. / Krohn, W., Finalisierung, 1974.

[10] Schneekloth, Ulrich, Hochschulen, 1990, S. 36f.

[11] Schneekloth, Ulrich, Hochschulen, 1990, S. 8.

[12] Vgl. Kopetz, Hedwig, Universitat, 2002, S. 40.

[13] Kopetz, Hedwig, Universitat, 2002, S. 41.

[14] Vgl. Schneekloth, Ulrich, Hochschulen, 1990, S. 40f, 63ff. In der Folge etablieren sich vermehrt technisch-

naturwissenschaftliche Studiengange - im Gegensatz zu den philosophischen Disziplinen.

[15] Ein tabellarische Ubersicht dieser Wissenschaftsformen und ihrer Begleittransformationen findet sich in Anhang 1.1, Band 2. Vgl. Spinner, Helmut, Wissenschaft, 1997.

[16] Schneekloth, Ulrich, Hochschulen, 1990, S. 43.

[17] Zu Konzeption und Problematik der Ordinarienuniversitat vgl. Schneekloth, Ulrich, Hochschulen, 1990, S. 58ff.

[18] Schneekloth, Ulrich, Hochschulen, 1990, S. 74.

[19] Vgl. ausfuhrlich Schneekloth, Ulrich, Hochschulen, 1990, S. 143ff.

[20] Inhaltlich entspricht diesem Paragraphen der Artikel 71 des Bayerischen Hochschulgesetzes von 2002. Vgl. Fu&note 26.

[21] Kluge, Norbert / Teichler, Ulrich, Praxisorientierung, 1988, S. 213.

[22] Schlagwort fur diese allgemeine Annaherung ist das „Studium generale“, „mit [dem] die auf Fachdisziplinen beruhende spezielle Ausbildung fur einen Berufseintritt gewisserma&en uberhoht und zugleich fundiert werden [sollte].“ Oehler, Christoph, Hochschulwesen, 1988, S. 298.

[23] Kluge, Norbert / Teichler, Ulrich, Praxisorientierung, 1988, S. 213.

[24] Kopetz, Hedwig, Universitat, 2002, S. 46. Wissenschaftliche Tatigkeit zielt in diesem Verstandnis in erster Linie auf Personlichkeitsbildung.

[25] Bayerisches Hochschulgesetz, 2002, Art. 2 Aufgaben, Abs. (1), Ziff. 2.

[26] Bayerisches Hochschulgesetz, 2002, Art. 71 Studienziel, Studiengang, Abs. (1), Ziff. 1 und 2.

[27] Bayerisches Hochschulgesetz, 2002, Art. 76 Studienreform, Abs. (1).

[28] Bayerisches Hochschulgesetz, 2002.

[29] Hammerer, Katrin, KW, 1999, S. 27.

[30] Anhang 6.3, Band 2, S. 85.

[31] Die Ergebnisse finden sich in Kapitel 5.6, Praxisbezug.

[32] Folgende Zitate zeigen, mit welcher Selbstverstandlichkeit das Wort „Praxisbezug“ benutzt wird: “Praxisbezug ist keine Entfernung aus der Wissenschaft.'' - Was dann? Wie ist Wissenschaft definiert? “Lehre und Praxisforschung an den Hochschulen mussen starker an den Realitaten der Lebens- und Ar- beitswelt orientiert sein, einfach naher am Puls des Lebens sein.“ - Wie ist das mit Wissenschaft - im obigen Sinne - vereinbar?

“In der Praxis beruflichen Handelns kommt es auf eine gelungene Kombination und - soweit moglich - auf synergetische Wirkungen zwischen generellem Wissen und speziellem Praxiskonnen an; ... Studen­ten mussen Generalisten und Spezialisten zugleich sein und dies bereits wahrend ihres Studiums erler- nen konnen.“ - Was mussen sie also lernen, wodurch zeichnet sich Praxiswissen im Unterschied zum wissenschaftlichen Wissen aus?

“Somit kann Praxisbezug wahrend des Studiums dem Praxisschock vorbeugen und der spateren Reputa­tion dienen.“ - Ersetzt Wissen somit Erfahrung?

Die Antwort auf die Frage, wie dieser Praxisbezug hergestellt werden kann, findet sich hier:

“Erforderlich sind stabile, finanziell verlassliche und gute organisatorische sowie flexible Rahmenbedin- gungen und Voraussetzungen!“ - Das Urteil uber diese Aussage mochte ich dem Leser uberlassen.

Alle Zitate: Bassarak, Herbert, Praxisforschung, 1997, S. 9.

[33] Jager, Georg / Schonert, Jorg, Wissenschaft, 1997, S. 9. Vgl. auch Steinwachs, Burkhart, Praxis, 1997.

[34] Stellenanzeige der Langenscheidt Verlagsgruppe, Anhang 1.2, Band 2.

[35] Auch konkret berufspraktisches, handwerkliches Wissen anstelle von wissenschaftlicher Arbeit.

[36] Vgl. Schindler, Beufsfahigkeit, 1993, S. 80.

[37] Mit inhaltlichen Interpretationen und Wortbedeutungen - und vor allem der Abgrenzung zum englischen ..professions" - hat sich eingehend Hans Albrecht Hesse beschaftigt. Vgl. Hesse, Hans Albrecht, Profes- sionalisierung, 1968.

[38] So Max Webers Verstandnis von Professionalisierung. Dargestellt in Boudon, Raymond / Bourricaud, Frangois, Stichworte, 1992, S. 402.

[39] Kepplinger, Hans Mathias / Vohl, Inge, Professionalisierung, 1976, S. 310.

[40] Vgl. Wilensky, Harold, Profession, 1972, S. 200.

[41] Zwar ergibt sich aus dem von Kepplinger / Vohl zusammengestellten Kriterienkatalog dies nicht als Aus- schlussvoraussetzung, die theoretische Grundlegung der beruflichen Handlung fordert dies aber implizit.

[42] Wie der Arbeitsmarkt mit derartigen Zertifikaten umgeht haben Teichler, Ulrich / Buttgereit, Michael / Holt- kamp, Ralf analysiert. Vgl. Teichler, Ulrich / Buttgereit, Michael / Holtkamp, Ralf, Hochschulzertifikate, 1984. Kurzfassung: Buttgereit, Michael, Hochschulzertifikate, 1988.

[43] Vgl. Definition nach Kepplinger, Mathias / Vohl, Inge, S. 14.

[44] Vgl. Berufsprestige-Skala, Anhang 1.3, Band 2.

[45] Wilensky, Harold, Profession, 1972, S. 205.

[46] Thomas Gruber definiert auch dieses Hervorgehen eines neuen, praktischen Berufes aus einer ehemals theoretischen und jetzt angewandten Wissenschaft als Professionalisierungsprozess.

[47] Vgl. Timmer, Gregor, Professionalisierung, 1990, S. 207.

[48] Wagner, Hans, Kommunikationswissenschaft, 1997, S. 157. Die Aussage bezieht sich zwar speziell auf das Studium der Kommunikationswissenschaft, kann jedoch ohne weiteres auch auf andere Wissen- schaften ubertragen werden.

[49] Stellvertretend seien hier nur ein paar, in Munchen (unter anderem) am Institut fur Kommunikationswis- senschaft entstandene Arbeiten, genannt:

Jungbauer-Gans, Monika, Fakultat, 2000; siehe dazu auch Anhang 2, Band 2.

Hammerer, Katrin, KW, 1999. Rademacher, Bettina, 10 Jahre, 1990. Prommer, Elisabeth, Studienanfan­ger, 1991. Und auch schon Kosslick, Dieter, Zeitungswissenschaft, 1974/1975 und Mahle, Walter, Zei- tungswissenschaft, 1973. Fur die Arbeitgeberseite: Blamberger, Gunter / Glaser, Hermann / Glaser, Ul­rich, Berufsbezug, 1993.

[50] Skala von 0 = ganz unwichtig bis 6 = sehr wichtig. Alle Werte beziehen sich auf Angaben aus den alten Landern - gemeinsame Zahlen fur alte und neue Lander liegen leider nicht vor.

[51] Vgl., auch fur die folgenden Zahlen, Heublein, Ulrich / Sommer, Dieter, Studienanfanger, 2002, S. 15.

[52] Heine, Christoph, HIS, 2002, S. 104.

[53] Bargel, Tino / Ramm, Michael / Multrus, Frank, Studiensituation, 2001, S. 78.

[54] Praxisbezug wird hier auch zum Qualitatskriterium. Vgl. Kap. 1.2.3, Fragmente einer Definition, S. 28.

[55] Heine, Christoph, HIS, 2002, S. 114.

[56] Vgl. Bargel, Tino / Multrus, Frank / Ramm, Michael, Studierende, 1996. Gleichzeitig geht von praxisorien- tierten Elementen auch Motivation durch Abwechslung aus.

[57] Aspekte des Hochschulmarketings - das sich an vielen Stellen vom unternehmerischen Marketing unter- scheidet - behandeln Troegele, Ulrich, Marketing, 1995, und Hermeier, Burghard, Hochschulmanage- ment, 1992.

[58] Vgl. Fu&note 49. Siehe auch BMBF, Geisteswissenschaften, 2001, S. 229f.

[59] Hammerer, Katrin, KW, 1999, S. 106.

[60] Kepplinger, zitiert in Hammerer, weist auf ein weiteres Problem hin: “Viele haben gar keine wissenschaftlichen Interessen, aber mit einem Abitur von 1,5 mu& man an die Uni, sonst verhalt man sich gesellschaftlich nicht adaquat. Dabei waren die Leute in einer Fachhochschu- le viel besser aufgehoben." Hammerer, Katrin, KW, 1999, S. 29.

[61] Weitere Details zu den Ergebnissen, sowie lander-, studien- und geschlechtsspezifische Unterschiede finden sich bei Bargel, Tino / Ramm, Michael / Multrus, Frank, Studiensituation, 2001, S. 153ff.

[62] Vgl. Schnitzer, Klaus / Isserstedt, Wolfgang / Middenhoff, Elke, Sozialerhebung, 2001, S. 66f.

[63] Vgl. Schnitzer, Klaus / Isserstedt, Wolfgang / Middenhoff, Elke, Sozialerhebung, 2001, S. 67ff.

[64] Kluge, Norbert / Neusel, Ayla / Teichler, Ulrich, Studium, 1981, S. 35f.

[65] Vgl. Fries, Marlene, Lehre, 1997. Vgl. dazu auch Schindler, Gotz, Berufsfahigkeit, 1993.

[66] MittelstraH beschaftigt sich mit Moglichkeiten, Ausbildungsaufgaben gezielt von der Universitat an die Fachhochschulen zu ubetragen. Vgl. MittelstraH, Jurgen, Anwendung, 1993.

[67] Fries, Marlene, Lehre, 1997, S. 104.

[68] Fries, Marlene, Lehre, 1997, S. 106.

[69] Dies ist der Fall bei den Magisterstudiengangen. Sie sehen zwar ein Drei-Fach-Studium vor, das grund- satzlich der berufspraktischen Realitat eher entspricht als ein monodisziplines Studium. Die letztendliche Facherkombination ist dabei jedoch weder fachtheoretisch begrundet noch stark reglementiert. Die Ein- bindung von Praktika wird empfohlen und geduldet, ist jedoch ebenfalls nicht vorgeschrieben.

[70] Wissenschaftsrat, Thesen, 1993, S. 37.

[71] Fries, Marlene, Lehre, 1997, S. 109.

[72] Steichwachs, Burkhart, Praxis, 1997, S. 122. Dies setzt allerdings voraus, dass derartige Ausbildungsprogramme in dem jeweiligen Tatigkeitsbereich vorhanden sind.

[73] Kluge, Norbert / Teichler, Ulrich, Praxisorientierung, 1988, S. 211.

[74] Vgl. Kap. 1.1.2, Vorgaben des Hochschulgesetzes.

[75] Schonert, Jorg, Entwicklungen, 1997, S. 19.

[76] Vgl. Daxner, Michael, Uni, 1996 und Glotz, Peter, Verrottet, 1996.

[77] Beispiel dafur, dass Modellversuche dagegen bei vernunftiger Planung und umsichtiger Integration nicht unbedingt zum Scheitern verurteilt sind, ist der Munchner Diplom-Studiengang Journalistik.

[78] Schonert, Jorg, Entwicklungen, 1997; S. 18f.

[79] Vgl. zu diesem Problem auch Kap. 2, Das Praxisreferat am IfKW.

[80] Vgl. Kap. 1.1.2, Vorgaben des Hochschulgesetzes.

[81] Ein illustratives Beispiel ist der Einbruch des Neuen Marktes im Jahr 2000. Zahllose Softwarespezialisten, die nur zwei Jahre vorher noch die Bedingungen ihrer Einstellung selbst diktiert haben, freuen sich heute, wenn ihr Wissen uberhaupt noch gebraucht wird, zumal sie in vielen Fallen noch nicht einmal ihr Studium abgeschlossen haben.

[82] Also nicht als Eigenschaft der wissenschaftlichen Ausbildung, sondern als Beweggrund wissenschaftlicher Arbeit. Vgl. Spinner, Wissenschaft, 1997.

[83] Schneekloth weist dagegen auf positive Auswirkungen hin, die die Bemuhung um Drittmittel mit sich bringt: z.B. Qualitatskontrolle, Wissenstransfer, Ausbildung des Nachwuchses. Vgl. Schneekloth, Ulrich, Hoch- schulen, 1990, S. 100ff.

[84] Steinwachs sieht in dieser Eliten-Bildung zwar den Vorteil, dass die Leistung von „besonders leistungswilli- gen und geeigneten Bewerbern" (S. 123) zum Erfolg eines Projektes beitragt, weist jedoch gleichzeitig darauf hin, dass noch keine langfristigen Urteile uber Konsequenzen fur den wissenschaftlichen Bil- dungsbetrieb getroffen werden konnen. Vgl. Steinwachs, Burkhart, Praxis, 1997, S. 123.

[85] Der Titelbegriff ist entnommen aus: Kluge, Norbert / Teichler, Ulrich, Praxisorientierung, 1988, S. 229.

[86] Kluge, Norbert / Teichler, Ulrich, Praxisorientierung, 1988, S. 231.

[87] Weiter mochte ich mich auf das Hoheitsgebiet der Linguistik nicht vorwagen - der Leser moge mir das Fehlen einer detaillierten semantischen Analyse verzeihen.

[88] Fippinger, Franz, Universitat, 1985, S. 10. Auch diese, wahrend einer Diskussionsrunde vorgetragene Aussage zeigt, wie vielfaltig einerseits und miteinander verwoben andererseits die Verstandnisse von Praxisbezug sein konnen. Denn obwohl Anfang und Ende des Zitats scheinbar zwei Dinge meinen, be- ziehen sie sich eigentlich auf ein und denselben Sachverhalt.

[89] Das Wort „kann“ ist bewusst gewahlt, da diese Definition davon abhangt, wie Wissenschaft definiert ist.

Excerpt out of 164 pages

Details

Title
Praktische Berufsvorbereitung im Rahmen eines wissenschaftlichen Studiengangs - Band 1
College
LMU Munich  (Institut für Kommunikationswissenschaft)
Grade
1,7
Author
Year
2002
Pages
164
Catalog Number
V15693
ISBN (eBook)
9783638207409
File size
1018 KB
Language
German
Notes
Analyse der Funktion der Universität im Rahmen praktischer Berufsvorbereitung (v.a. bei Geistes- und Sozialwissenschaften), Darstellung und Diskussion historischer Entwicklungen der Praxisbezugsdiskussion und Ableitung von Herausforderungen und Potentialen, Analyse von Studentenerwartungen und Anwendung auf das Praxisreferat des Instituts für Kommunikationswissenschaft
Keywords
Praktische, Berufsvorbereitung, Rahmen, Studiengangs, Band
Quote paper
Martina Korff (Author), 2002, Praktische Berufsvorbereitung im Rahmen eines wissenschaftlichen Studiengangs - Band 1, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15693

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Title: Praktische Berufsvorbereitung im Rahmen eines wissenschaftlichen Studiengangs - Band 1



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