Der deutsche Soziologe NIKLAS LUHMANN beschäftigt sich in seinem 1964 erstmals erschienen Frühwerk „Funktionen und Folgen formaler Organisation“ mit dem Wesen formalisierter Sozialsysteme. Er entwickelt einen ganz eigenen theoretischen Zugang, in welchem er die Grundannahmen der traditionellen Organisationswissenschaft in Frage stellt. Organisation erschließt sich bei Luhmann nicht über Menschen, sondern über Kommunikationsstrukturen. Auf der Basisannahme, dass menschliches Handeln nicht auf Individuen oder absolute Werte zurückführbar ist, analysiert er unter der ihm eigenen Systemperspektive. Mit der Formalisierung wird ein besonders hohes Maß an Systemstabilität erzeugt. Dennoch sind Organisationen keine technischen Apparate, sondern auf menschlichen Kommunikationen beruhend. Die Formalität bietet nur Rahmen und Grenzen, als Orientierungsgrundlage für das menschliche Handeln und bestimmt somit die Leistungsfähigkeit des Systems, die innere Ordnung nach außen „relativ invariant“ zu halten.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, auszugsweise anhand des praktischen Beispiels der Schule als eine formale Organisation, LUHMANNs Grundgedanken zu den funktionalen Zusammenhängen formaler und informaler Systemleistungen nachzugehen. Dabei soll vor allem ein analytischer Aspekt besondere Berücksichtigung finden, welcher seinem Werk innerhalb der Organisationswissenschaft wegweisende Bedeutung gab. Formalisierte Sozialordnungen weisen neben „besonders herausgehobenen formalen Erwartungen“ als Grundlage der Organisation eine Vielzahl faktischer Verhaltensweisen auf, die sich Ersteren nicht zuordnen lassen. So entspricht die faktische Verhaltensstruktur innerhalb formaler Systeme ganz wesentlich auch informalen Erwartungen. Am Gedanken des Systemerhalts orientiert, wird speziell der Frage nachgegangen, welche Bedeutung diesen, in der formalen Erwartungsstruktur nicht ausdrücklich festgeschriebenen, informalen Erwartungsstrukturen am Beispiel der Organisation Schule und ausführlicher an der Position des Lehrers zukommt.
Die vorliegende Arbeit basiert auf den Ausarbeitungen der oben benannten Monographie. Damit orientieren sich theoretische Aussagen und Definitionen am entsprechenden zeitlichen Entwicklungsstand LUHMANNs Theorie.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Terminologische Grundlagen
- Formalisierung am Beispiel Schule
- Funktionen und Folgen der Formalisierung
- Formalisierung und Stabilität
- Informalität und Elastizität
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit LUHMANNS systemfunktionalem Ansatz, insbesondere mit der Frage, wie formale Organisationen, am Beispiel der Schule, durch die Interaktion von formalen und informalen Erwartungen ihre Stabilität und Leistungsfähigkeit sichern. Dabei werden die Grundannahmen der traditionellen Organisationswissenschaft kritisch beleuchtet und die Bedeutung von Kommunikationsstrukturen für den Systemerhalt hervorgehoben.
- LUHMANNS systemfunktionaler Ansatz
- Formalisierung als Mittel zur Stabilisierung formaler Organisationen
- Die Rolle informaler Erwartungen im Systemerhalt
- Das Beispiel der Schule als formale Organisation
- Die Bedeutung von Kommunikationsstrukturen für soziale Systeme
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in die grundlegenden terminologischen Begriffe, die LUHMANNS Theorie der formalen Organisationen zugrunde liegen. Dabei wird der Begriff des Systems, des sozialen Systems und die Bedeutung von Erwartungsstrukturen für den Systemerhalt erläutert. Im zweiten Kapitel wird die Formalisierung am Beispiel der Schule analysiert. Es wird gezeigt, wie formale Erwartungen, wie beispielsweise Lehrpläne und Richtlinien, die Organisation und Funktionsweise der Schule strukturieren. Der dritte Teil der Arbeit befasst sich mit den Funktionen und Folgen der Formalisierung. Es werden sowohl die positiven Aspekte, wie die Stabilisierung und Rationalität, als auch die Herausforderungen der Formalisierung, wie die Notwendigkeit von Flexibilität und Elastizität, beleuchtet.
Schlüsselwörter
LUHMANNS Systemtheorie, formale Organisationen, Schule, Formalisierung, Informalität, Stabilität, Elastizität, Kommunikationsstrukturen, Systemerhalt.
- Citation du texte
- Ulrike Triebel (Auteur), 2008, Luhmanns systemfunktionaler Ansatz - Schule als formale Organisation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/157397