Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die demografische Entwicklung in Deutschland
3. Ältere Arbeitnehmer im Betrieb
3.1 Lernen im Alter
3.2 Ressourcen älterer Mitarbeiter
4. Kurzer Überblick über die möglichen Strategien einer alterssensiblen Personalpolitik
5. Alternsgerechte Qualifizierungsmaßnahmen
5.1 Weiterbildungsstrategien für ältere Mitarbeiter
5.2 Qualifikation und Lebenslanges Lernen 13 5.3 Modelle zur Nutzung der Ressourcen älterer Mitarbeiter
5.4 Aktueller Stand der Weiterbildungs-beteiligung in den Betrieben
6. Bewertende Zusammenfassung mit Ausblick
Literaturverzeichnis
Erklärung
1. Einleitung
Auch die 12. Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes zeigt auf, dass sowohl die Gesamtbevölkerung Deutschlands wie auch die Bevölkerung im Erwerbsalter schrumpfen und stark altern werden. (Egeler 2009, S.11) Trotz dieser Prognose sind in den meisten Unternehmen noch immer eine gegenläufige Entwicklung und weiterhin eine jugendzentrierte Personalpolitik zu beobachten. (Schöpf 2007, S. 9) Obwohl ältere Mitarbeiter viel Potenzial und Ressourcen haben, werden diese von den Betrieben vernachlässigt, da immer noch die Vorstellung eines „Defizitmodells“ vorherrscht. (Rump/Eilers 2007, S.46)
Diese Hausarbeit geht der Frage nach, ob und wie deutsche Betriebe die Ressourcen und Potentiale älterer Mitarbeiter in der Personalentwicklung nutzen. Da es sich hierbei um ein sehr umfangreiches Thema handelt, die Seitenzahl aber begrenzt ist, wird eher ein Einblick in diese Thematik gegeben, wobei die Maßnahmen der Qualifikation und der Ressourcennutzung etwas detaillierter erläutert werden. Im Vordergrund stehen bildungs-wissenschaftliche, betriebspädagogische Gesichtspunkte, daher werden die Handlungsfelder der betrieblichen Weiterbildung fokussiert und andere personalpolitische Strategien nur kurz erwähnt.
In Kapitel 2 wird ein kurzer Einblick auf die Entwicklung und Problematik des demografischen Wandels gegeben. Anschließend wird in Kapitel 3 näher auf die älteren Mitarbeiter eingegangen. Die Vorurteile, denen sie ausgesetzt sind, und die daraus resultierenden Benachteiligungen und Diskriminierungen werden veranschaulicht. Es wird auf das Lernen im Erwachsenenalter eingegangen und auf die Potenziale und Ressourcen älterer Mitarbeiter. Danach erfolgt in Kapitel 4 eine kurze, eher zusammenfassende Vorstellung der möglichen personalpolitischen Maßnahmen zur Bewältigung der demografischen Herausforderung. In Kapitel 5 werden zuerst die möglichen betrieblichen Weiterbildungsstrategien erläutert, die Modelle zur Nutzung der Ressourcen älterer Mitarbeiter näher dargestellt und die momentane aktuelle Situation der betrieblichen Weiterbildung verdeutlicht. Zum Abschluss erfolgt eine Zusammenfassung mit einem Ausblick.
Aus Gründen der Lesbarkeit wird die männliche Form verwendet, selbstverständlich sind beide Geschlechter angesprochen.
2. Die demografische Entwicklung in Deutschland
„Seit 1972 hat es in Deutschland in jedem Jahr mehr Sterbefälle als Geburten gegeben.“ (BPB 2008, S.2) Neben dem Rückgang der Geburten führt eine höhere Lebenserwartung aufgrund der medizinischen Fortschritte und eine niedrigere Zuwanderungsrate zu einem demografischen Wandel, der „natürlich nicht vor den Toren unserer Betriebe und Verwaltungen halt macht.“ (Heinze/Naegele 2008, S. 14)
Die Bevölkerungszahl schrumpft und die Altersstruktur innerhalb des Erwerbsalters verschiebt sich deutlich in Richtung einer Alternden Belegschaft. Berkowski und Dievernich (2008, S.53) nennen dieses Phänomen das „Duplex- Dilemma“. Die Veränderung der Altersstrukturen hat nicht nur eine Alterung der Belegschaft zu Folge, sondern führt auch zu einem Erwerbspotential- und Fachkräftemangel, da junger, qualifizierter Nachwuchs zum Nachrücken immer knapper wird. (Ulmer/Ulrich 2008, S.5ff.)
In den Unternehmen liegt das Durchschnittsalter derzeit bei 43 Jahren, 2030 soll es 53 Jahre betragen. Die Anzahl der 60- Jährigen soll bis 2030 auf 35,4 % der Gesamtbevölkerung steigen. Der Anteil der Erwerbstätigen der 55- bis unter 65- Jährigen ist zwar gestiegen - auf 51,5 % im Jahre 2007, ist aber im Vergleich zu anderen Ländern wie Dänemark oder Schweden noch immer geringer. (BPB 2008, S.4f., Bellmann/Leber/Stegmaier 2007, S. 81)
Trotz der demografischen Entwicklungen herrscht zum Beispiel weiterhin das Denken über das Karriere- Ende ab 45 vor. Es ist nahezu aussichtslos ab 50 eine Neueinstellung zu finden. Obwohl die deutschen Unternehmen auch im Hinblick des Globalisierungsprozesses, der rasenden Technologieentwicklung und der so gestiegenen Konkurrenz personalpolitisch für die Zukunft schnell gegen die Auswirkungen des „Duplex- Dilemmas“ handeln müssten, reagieren diese eher noch verhalten, obwohl mittlerweile der Führungsebene die Problematik dieses Themas bewusst ist. In einer im Jahre 2005 durchgeführten Befragung im Rahmen des Projekts „Promet“ gaben von 750 Unternehmen lediglich 19 % an, spezifische Strategien im Umgang mit der älteren Belegschaft zu verfolgen. (Picker/Schöpf 2007, S. 108)
Gründe für das zurückhaltende Verhalten könnten sein, dass Personalverantwortliche eher Ad- hoc- Maßnahmen für heutige Probleme ergreifen und teilweise auch nicht über die notwendigen Kenntnisse von Demografie- Maßnahmen verfügen. (Berkowski/Dievernich 2008, S. 51f.)
Ebenso als ein wichtiger Grund wird das veraltete, aber immer noch stark verankerte „Defizit- Modell“ gesehen, das Maßnahmen der Personalentwicklung bezüglich Älterer hemmend beeinflusst. (siehe Kapitel 3) Eventuell spielen auch betriebswirtschaftliche Hintergründe eine Rolle, da den älteren Mitarbeitern aufgrund ihres Alters höhere Gehaltsstufen zustehen und daher meistens Jüngere zum Beispiel bei einer Neueinstellung bevorzugt werden. (Drees 2009, S. 166)
Die bisherigen Instrumente wie Altersteilzeit, Vorruhestandsregelungen und Abfindungen waren zum Beispiel Maßnahmen, die auf kurzfristige Sicht versuchten, die aufgrund in den letzten Jahrzehnten zunehmend auftretenden Arbeitsmarktprobleme und die dadurch entstandenen schlechten Beschäftigungschancen der Jüngeren zu verbessern. Sie bewirkten eine Verjüngung der Belegschaft von heute, stellen jedoch keine adäquaten Maßnahmen für das Problem in der Zukunft dar. Zwar ist die „Rente mit 67 Jahren“ ein Vorgehen in die richtige Richtung, diese Aktion nimmt zumindest erheblich den Druck auf die Rentenfinanzen, die durch die veränderte Relation der Altersgruppen immer schwerer finanzierbar sein werden, aber ohne gezielte Strategien wird es für die Arbeitnehmer oft nicht möglich sein bis zum 67. Lebensjahr erwerbstätig zu bleiben. (Bertelsmann Stiftung 2004, S. 2f., Stößel 2007, S. 123)
Das nächste Kapitel beschäftigt sich unter anderem mit den Vorurteilen, die gegenüber den älteren Mitarbeitern bestehen und die daraus resultierenden Benachteiligungen, unter denen sie leiden müssen. Es wird auf das Lernen im Erwachsenenalter eingegangen und danach auf die Ressourcen älterer Mitarbeiter.
3. Ältere Arbeitnehmer im Betrieb
Ab welchem Alter gehört man zu den „Älteren“? „Es wird gesellschaftlich definiert, wer zu den Alten gehört. (…) Die Gesellschaft schreibt uns ein soziales Alter zu, so heißt es bei Jean Améry.“ (Brandenburg/Domschke 2007, S. 64) Das Altern hat eine biologisch- physiologische, eine psychologische und eine sozial- kulturelle Dimension. Zahlreiche Faktoren wie zum Beispiel die Art der Tätigkeit, die Arbeitsbedingungen oder auch die wirtschaftliche Situation beeinflussen das individuelle Altern und die Zuordnung zur Gruppe der „älteren Arbeitnehmer“. Die Weltgesundheitsorganisation definiert den „aging worker“ mit 45 Jahren. Arbeiter werden früher als „alt“ eingestuft als Angestellte. (Brandenburg/Domschke 2007, S. 63ff.)
Es beeinflussen wie bereits angemerkt leider immer noch veraltete Vorstellungen über die Lern- und Leistungsfähigkeit von älteren Mitarbeitern das Denken und Handeln in der betrieblichen Personalentwicklung. Ältere werden bei innerbetrieblichen Aufstiegsprozessen benachteiligt und erhalten weniger Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten. In einem Modellversuch im Jahre 2002 gaben 42 % der befragten Unternehmen den folgenden Grund für die Ausgrenzung an, dass nämlich „Weiterbildung ab einem gewissen Alter (ab 45) keinen Vorteil mehr bringe.“ (Axhausen/Christ/Röhrig 2002, S. 16)
Zwar hat sich mittlerweile in den Führungsebenen der Unternehmen ein Bewusstsein für die Problematik des demografischen Wandels entwickelt und es werden schon einige Maßnahmen durchgeführt, die ältere Mitarbeiter berücksichtigen, dieses erfolgt aber in einem noch sehr geringen Maße.
Die letzte nationale Zusatzerhebung über die berufliche Weiterbildung im Unternehmen von 2008 (CVTS3- Zusatzerhebung) ergab, dass in Deutschland lediglich 21 % der 55- Jährigen und älteren Beschäftigten an Weiterbildungen teilnimmt. Deutschland nimmt somit in Europa den 16. Platz ein und liegt damit hinter den meisten nord- und westeuropäischen Ländern, wobei die skandinavischen Länder die Spitzenposition einnehmen. Zwar wird in 64 % der befragten Unternehmen das Problem des Rückgangs des Arbeitskräfteangebots realisiert, aber nur 31 % der weiterbildenden Unternehmen setzen Maßnahmen ein, um ältere Beschäftigte längerfristig zu binden. (Moraal/Lorig/Schreiber/ Azeez 2009, S. 8f., Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010, S. 144)
Als eine wichtige Ursache für die Untätigkeit bzw. die ausgrenzenden Maßnahmen der Unternehmen wird das so genannte veraltete „Defizit- Modell“ gesehen, das besagt, dass Altern mit einem Verlust von Fähigkeiten verbunden ist. Es entstand in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und beinhaltet unter anderen folgende Aussagen wie: „Ältere Beschäftigte sind kaum mehr lernfähig. Sie sind langsamer in der Informationsaufnahme. Sie sind weniger leistungsfähig und häufiger krank. Ältere Mitarbeiter sind weniger produktiv und weniger flexibel.“ (Rump 2008, S. 35, Schöpf 2007, S. 10, BAuA 2008, S. 6) Da diese Stereotypen noch immer stark verankert sind, fördern die Betriebe ältere Mitarbeiter nicht mehr und beteiligen sie nicht mehr an Personalentwicklungsmaßnahmen. Die Älteren nehmen diese Ausgrenzung wahr und beginnen sich mit den ihnen gesetzten Bedingungen zu arrangieren. Sie ziehen sich häufig zurück, entwickeln eine Frühverrentungsmentalität, lassen sich so in das Muster des Defizitmodells drängen und verhalten sich auch im Sinne einer „Selffulfilling Prophecy“ dementsprechend. Sie sind dann wirklich weniger lern- und leistungsfähig. (Schöpf 2007, S. 13, Rump/Eilers 2007, S. 47)
Zwar nimmt die körperliche Leistungsfähigkeit mit dem Alter ab, doch kann dieser Abbau verzögert werden, indem zum Beispiel auch vom Arbeitgeber spezielle Programme zum Gesundheitsschutz und Gesundheitsförderung angeboten werden. Dieses können unter anderem auch Weiterbildungskurse sein, die die Wichtigkeit einer gesunden Lebensweise vermitteln, oder spezielle Maßnahmen der Arbeitsorganisation. ( Heinze/Naegele 2008, S. 17, Rump 2008, S. 35) Die körperliche Leistungsfähigkeit im Unternehmen spielt aber nicht mehr so eine vordergründige Rolle wie früher in der Industriegesellschaft, die Lernfähigkeit ist in der heutigen Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft von viel größerer Bedeutung. (Rump/Eilers 2007, S. 40)
Gilt denn nun das bekannte Sprichwort „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr“? Im Folgenden werden die Stärken und Schwächen älterer Mitarbeiter genauer erläutert.
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